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Dresdner Journal : 19.12.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189612198
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18961219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18961219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-12
- Tag 1896-12-19
-
Monat
1896-12
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 19.12.1896
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ve»««»tzrei»: Kür Dresden vieNcljährlich: 2 Mart SO Pf., bei den Kaiser, lich deutschen Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer halb de« Deutschen Reiche» Poß. uud Etempelzuschlaa. Ein-rlne Nummern: IO Pf Erschetue«: Täglich mit Nu»nahme der Sonn- und Feiertage abend» Fernlpr -Anschluß: Nr 12SS Nrrs-mr W IMmal. Auküudi,«n,»gebühre«: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Pf. Unter „Pingesandt" die Zeile so M. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Aufschlag Herausgeber: KSniglickr Expedition de» Dresdner Journal» Dresden, Zwingerstr SO Fernspr -Anschluß: Nr 1L-5 ^2»S. Sonnabend, den 19. Dezember, abends. 18S«. Aekessungen auf das „Dresdner Journal" für das nächste Vierteljahr werden zum Preise von 2 M. 50 Pf. angenommen für Dresden: bei der unterzeich neten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für aus wärts: bei den Postanstalten des betreffenden Orts zum Preise von o M. In Dresden-Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2, wo auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden und wo, ebenso wie bei dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigand (Personenhauptbhf.), Herrn Kaufmann Simon, Cirkusstr.24 (Ecke Pillnitzer Straße), Herrn Kaufmann Lebr. Wesser, Prager Straße 2 und Frau verw. Siegmeier, Alaunstr. 19, eiuzelue Nummer« des „Dresdner Journals" zu haben sind. Wir ersuchen unsere geehrten Post bezieher um rechtzeitige Erueuerung der Be- stelluugeu bei deu betreffenden Postämtern, da mit in der Zustellung der bezogenen Exemplare keine Unterbrechung eintritt. tiönigl. Lkpcdition des Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Tres-eu, 19. Dezember. Se. Majestät der König haben Mergnädigst geruht, den nachbenannten Offi zieren, Sanitätsoffizieren, Beamten und Unteroffizieren die Erlaubniß zur Anlegung der ihnen verliehenen uichtsächsischeu Insignien zu ertheilen, und zwar: -cs Königlich Preußischen Rothen Adler-Ordens 4. Klasse: dem Garnison-Bauinspektor Kämmel vom Baukreis IN Dresden, -es Königlich Preußischen Kronen-Ordens 4. Klasse: dem Garnison-Verwaltungs-Inspektor Elstner von der Garnis.-Verwalt, des Truppenübungsplatzes Zeithain; des Ritterkreuzes l. Klasse des Königlich Bayerischen Militär- Verdienst- Ordens: dem Major Bauer, BatS.-Kommandeur, dem Hauptmann Feller, Komp.-Chef, dem Oberstabsarzt 1. Kl. vi. Koerner, Regiments arzt, — vom 3. Jnf.-Regt. Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern"; des Ritterkreuzes 2. Klasse desselben Ordens: den Premierlieutenants Löffler, Hoepner, dem Sekondlieutenant v. Seydlitz, — vom 3. Jnf.- Regt. Nr. 102 „Prinz Regent Luitpold von Bayern"; des Königlich Bayerischen Militär-Verdienstkreuzes: dem Stabshoboisten Berger, dem Feldwebel Walther, den Unteroffizieren Paulaseck, Drobeck, Roth mann, — vom 3. Jnf.-Regt. Nr. 102 „Prinz- Regent Luitpold von Bayern"; des Verdienftkreuzes vom Königlich Bayerischen Verdienstorden des heiligen Michael: dem Zahlmeister Kremtz vom 3. Jnf.-Regt Nr. 102 „Prinz-Regent Luitpold von Bayern". Lunst und Wissenschaft. K. Hostheater. — Alstadt — Am 18. d Mts: Drittes Symphonie-Konzert der Generaldirektion der König! musikalischen Kapelle und der Hoftheater. Das gestrige Konzert brachte als orchestrale Werke die Us-äur-Symphonie von Mozart, welcher ein Unbekannter den Nebentitel „Schwanengcsang" gegeben hat, und die Ouvertüre „Im Frühling" von C. Goldmark. Die klassische Tondichtung die als Ganzes wie im Einzelnen das voll kommenste Ebenmaß, die größte Harmonie von Form und Inhalt ausweist und im vollen Strome ihres Frohsinns neben dem Bilde des glücklich dreinschauenden Meisters auch die Züge Haydns abspiegelt, kam zu sehr erfreulicher, alle Klangschönhcit enthüllender und ausdruckooller Wieder gabe Desgleichen die Ouvertüre, ein Paradestück für die König!. Kapelle, das von ihr mit großem Schwung und prächtiger Tonwirkung gespielt wurde. Die Kom- Position gehört durch innerliche Wärme und leuch tendes Kolorit zu den tüchtigsten Hervorbringungen Gold marks, trotzdem seine pathetische Natur ihn auch hier an einer Stelle zu forcierter Steigerung des Vortrag« mit übermäßiger Anspannung der Tonmittel verleitet hat Als Solist wirkte Hr Eug-mc Psaye aus Brüssel mit, ein Geiger von bestem und allgemeinem Ruf. Er spielte ein Konzert (op. 61) von Saint-SaiMs und Max Bruchs Schottische Phantasie. Letztere ist als eine violinistisch dankbare Komposition bekannt, die an mariner Melodik und interessanten Einzelgestaltungen nicht arm, in ihrer Gesamtwirkung doch unter dem Ilbermaß von Andante-Musik leidet Samt-Sai'»«' Konzert kennzeichnet sich al» eine echte französische Produktion; sie ist fein, anmutig, «ohlgemischt au» ein wenig Leidenschaft und Sentiment, gar nicht reich oder tief in der Empfindung, aber immer gewählt und durch die Art de» Vortrags die Kleinheit de« Gedankens verhüllend, dabei ohne falsche Prätension und Takt für Takt klar und faßlich. Im ersten Satze Se. Majestät der König haben dem Oberwerkführer bei der Staatseisenbahnverwaltung Rschlitz in Chemnitz daS Ritterkreuz 2. Klasse vom Albrecht» orden Allergnädigst zu verleihen geruht. WeKanntrnachung. Die Kreishauptmannschaften, AmtShauptmann schäften und Polizeibehörden werden hierdurch davou in Kenntmß gesetzt, daß für die im Jahre 1897 zur Verwendung kommenden Paßkarten der gelbe Unter- druck gewählt worden ist. Die zur Ausstellung von Paßkarten befugten Be Hörden werden gleichzeitig mit darauf aufmerksam ge macht, daß sie nach der Verordnung vom 18. Juli 1870, den Vertrieb von Druckformularen für die Polizei- rc. Behörden betr. (Gesetz- und Verordnungsblatt von 1870 S. 269), verbunden mit der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1870, die Einsendung der bei ihnen am Schlüsse des laufenden Jahres noch vorhandenen ungebrauchten und unverdorbenen Paßkartenformulare vom Jahre 1896 behufs des Umtausches mit der spätestens am 1. Oktober 1897 zu bewirkenden Be stellung neuer Formulare bei dem Geudarmerie- wirthschastsdepot auszuführeu und deren Bezugspreis an dem nach 8 3 der Verordnung vom 18. Juli 1870 bei der Bestellung mit einzusendenden Geldbeträge zu kürzen haben Sollten ungebrauchte und unverdorbene diesjährige Paßkartenformulare später als am 1. Oktober 1897 au das Gendarmeriewirthschaftsdepot zurückgegebcn werden, dann findet weder ein Umtausch noch die Er stattung des Bezugspreises derselben statt. Dresden, am 17. Dezember 1896. Ministerium des Innern, II. Abtheilung. v. «harpeutier. Gebhardt. Erueuuuuge«, Versetzungen re. t« öffentlichen Dienste. Departement des Kultus und öffentlichen Unterricht». Erledig, beziehentlich zu besetzen sind die nachgenannten, unter Kollatur de» Königl. Ministeriums de- Kultus und öffent lichen Unterricht- stehenden Lehrcrsteven: 0 die Kirchstelle zu Dorsschellenberg. Das Einkommen beträgt bei freier Dienstwohnung im Schulhause 1000 M. vom Schuldienste, 900 M. vom Kirchendienste und 72 M. für den Unterricht in der Fortbildungsschule; 2) die 4. und die ncnerrichtete S. stündige Lehrerstelle in Eppendorf. Da- Einkommen jeder der beiden Stellen beträgt 1000 M Gehalt und 180 M Wohnungsgeld für einen verheirateten und 120 M. für einen unverheirateten Lehrer. Der Inhaber der 4. Stelle bezieht außerdem noch 72 M für den Unterricht in der einen Klaffe der Fortbildungs schule Bewcrbungsgesuche sind bis zum 9 Januar >897 an den König! BezirkSschnlinspektor Schulrat Dachselt in Chemnitz einzurcichen Erledigt: die Schulstelle zu Tellerhäuser (26 28 Schulkinder). Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen außer freier Wohnung und Gartengenuß: Gehalt 1000 M, für Fortbildungsschule 72 M., für Heizung des Schulzimmers 80 M., für einige während des Winters abzuhaltcndc Bet stunden voraussichtlich 20 M, eventuell für Handarbtitsunter richt an die Frau des Lehrers 86 M Bewerbungsgesuche nebst den erforderlichen Beilagen sind bis 28. Januar l897 an den Königl. Bezirksschulinspektor 1>r. Hauns in Schwarzenberg eiuzureichen. Zu besetzen: die 2. ständige Lehrerstelle zu Heidenau bei Pirna. Kollator: das Königl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. Tie Stelle gewäh:t außer freier Wohnung im Schulhause mit etwas Garten ein jährliches Ein kommen von 1000 M ni d das gesetzliche Honorar für Er teilung von Fortbildungsschulunterricht. Gesuche sind an den Kollator zu richten und mit den nötigen Beilagen bis zum 7. Januar 1897 an den Königl. Bezirksjchulinspcklor Schulrat Lehmann zu Pirna einzurcichen. Nichtamtlicher Teil. Zur Beleuchtung des deutsch-russische» Neutralitätsvertrages, die sich der Verfasser des gestern im Auszüge von uns gebrachten Aufsatzes in der „Neuen Fr. Presse" angelegen sein ließ, trägt nun auch ein ungenannter, aber anscheinend mit den diesbezüglichen Verhältnissen in den leitenden russischen Kreisen wohlvertrauter russischer Preßpolitiker durch einen in der einflußreichsten russi schen Monatsrevue „Wjestnik Jewropy" veröffentlichten Artikel bei, dessen wichtigste Stellen wir in nach stehendem reproduzieren, weil dadurch die bisherige Lücke in der Beurteilung der thatsächlichen Bedeutung jenes außerhalb Rußlands viel besprochenen Vertrages durch die dabei zunächst beteiligte russische Presse auS- gefüllt wird Der Bersasser facht zunächst die Frage zu beantworten, warum Fürst Bismarck leine Enthüllungen von rufsifcher Seite befürchtet habe und ruhig in feinem aggressiven Vorgehen gegen Rußland, sowohl auf finanziellem als aus politifchcm Gebiete, fortgesahrcn sei, da doch der Vertrag mit Rußland dem Gerste dcS Dreibundes widersprochen haben solle. Als zu Beginn des Jahres 1888 - so lauten die diesbezüglichen Aasklärungen des „Wjestnik Jewropy" — der Text des gegen uns gerichteten Bündnisses zwischen Oesterreich Ungarn und Deutschland gleich zeitig in Berlin und Wien veröffentlicht wurde, hätten wir unserseits mit einer Veröffentlichung unseres Vertrages ant Worten sollen und hätten damit wahrscheinlich den Dreibund gesprengt. Warum haben wir das nicht gethan, warum haben wir die Waffe nicht benutzt, die wir in der Hand hielten? In edem Falle hätte Fürst Bismarck solche Enthüllungen erwarten müssen — und folglich hatte er feine gewichtigen Gründe, die eS ihm gestatteten, auf rin Schweigen der russischen Diplomatie zu rechnen oder aber von dec Ungesährlichkcit solcher Enthüllungen überzeugt zu sein. Tie neueste Polemik hat einiges Licht in diese dunkle Frage geworfen. Wir er fahren vom Fürsten Bismarck, daß er nur aus das dringende Verlangen der russischen Regierung hin den Vertrag geheim- gehalten habe; er selbst aber wäre geneigt gewesen, de» Inhalt desselben den verbündeten Regierungen mi'zuteilen Schon daraus ist ersichtlich, daß dcr Vertrag nickt gegen den Trei- bund gerichtet gewesen sein kann. Zu Beginn des Jahres 1890 brachte Gras Schuwalow die Verlängerung des Vertrags in Anregung, doch da brach die KanzlerkrisiS aus; England bekam von den Verhandlungen Wind, und nach der Berabichiednng des Fürsten Bismarck wnrde der Vertrag nicht wieder er neuert, insolge starker persönlicher Einflüsse, denen Gras Caprivi nicht entgegenzuwirken verstand So wird der wahre Sinn des Vertrages, der bereits 1884 cbgeschlossen war, recht klar. Er setzte gegenseitige Neutralität für den Fall fest, daß Deuifchland oder Rußland von einer dritten Macht angegriffen werden würde Wer tonnte Rußland an- greifen? Gewiß nicht Österreich-Ungarn, da sein Vertrag mit Deutschland einen ausschließlich desensivcn Charakter trug. Damals beschäftigte unsere Diplomatie gerade ein Konflikt mit England wegen Asghanistan, und als die Krisis sich nach der Schlacht om Kusch zuspitzte, schien der Krieg unvermeidlich zu sein. Um sich sür den Fall eines englischen Krieges den Rücken gegen den Dreibund zn sichern, schloß Rußland eine geheime Verbindung mit Deutschland und verpflichtete sieh dabei seiner seits — im Falle eines durch die Franzosen, die damals gerade die Periode Boulanger durchlebten, veranlaßten Krieges — Neutralität zu beobachten. Der Vertrag war damals für beide Teile vorteilhaft und erleichterte dem Dreibunde die Nieinr- wersung Frankreichs um ein Bedentendes In systematischer Weise wurden damals von Berlin aus chauvinistische Ausbrüche der Franzosen provoziert. Im Falle eines Krieges hätte Frankreich dann mit ten vereinigten Kräften Teutfchlands und Italiens zu 1h»n gehabt, ohne auf die Hilfe Ruß lands hoffen zu körnen, das durch den Nationalitäts- Vertrag mit Deutschland gebunden war. Österreich - Ungarn wäre nicht gezwungen gewesen, aktiv am Kriege teckzu- nchmen und die Niederwersung Frankreichs würde unter Be dingungen vor sich gegangen sein, wie sie sür Deutschland und seine Bundesgenossen nicht günstiger gedacht werden konnten. Darnm gaben sich auch Fürst Bismarck und seine osfiziösen Organe alle Mühe, die Franzosen zu einem Angriff gegen Deutschland zn rerzcn —, und nur das Zusammentreffen einer Reihe günstiger Umstände rettete Frankreich vor dem Unglück seligen Kriege Tie Gefahr eines englisch-russischen Zusammen- stoßes fchwand sehr bald, und zu Ente der achtziger Jahre war von ihr überhaupt nicht mehr die Rede, während die Aus sicht eines französisch - deutschen Kriege» tortsuhr, wie ein ist weder das Allegrothema noch das Gesangsmotiv bedeutend, aber beide sind prägnant und tauchen immer zur rechten Zeit aus dem Passagen-Allerlei heraus Dcr zweite Satz ist auf eine kurze Volksweise aufgebaut und ein wenig zu lang, aber unter Ausnutzung koloristischer Mittel stimmungsvoll mit gefälligstem Reiz entwickelt Das Finale fällt dagegen stark ab, weil es in seinen Wirkungen zersplittert, die Pikanterie des Anfangs mit dem heldischen Aufschwung dcr Tonsprache im zweiten Abschnitt nicht zusammcnstimmt. Hr. Psaye ist dcr rechte Mann für Saint-Saöns' Konzert, er hat die Anmut, die Beweglichkeit, den Charme des Vortrags, die hier ge- fnrdert werde». Sein Ton ist ungleichmäßig, etwas dünn auf der bl-Saite, aber sonor auf der 0-Saite und von eigentümlichem Reiz in der Mittellage, wodurch er uns an Wilhelms erinnert Da er den Ruf eines Geigers ersten Ranges genießt und verdient, braucht man über seine bravouröse Technik nicht erst viele Worte zu machen. Seine Intonation scheint unfehlbar zu sein, wenigstens haben wir gestern nicht einen mißglückten Ton gehört Als ein besonderer Vorzug ist sein polyphones Spiel bei halber Tonstärke zu erwähnen, als eine vielleicht nur von zufälliger Disposition ab hängige Erscheinung die nicht immer volle Durchsichtig keit seines Passagenspiels. Hr. Maye trug auch die Schottische Phantasie Bruchs mit vollem künstlerischem Gelingen vor und wurde dafür vom Publikum mit leb haftestem Beifall bedacht. Noch stärker war letzterer nach dem Saint-SaonSschen Komert, nach besten Schluß die Hörer den Geiger wohl ein Halo Dutzend Male auf die Bühne zurückriefen — Hr Hagen leitete das Konzert mit einer Frische und Freudigkeit, die nach seinem Operndienst in dieser Woche und noch dazu mit einem Gast, der viel Aufmerksamkeit erfordert, besonders anerkannt seien H. P. Residenztheater. Am 17 und 18 Dezember: „Der Schnüffler". Posse mit Gesang in drei »Akten nach einer Idee de« Poole von Ludwig Held Musik von Leo Held — Gastspiel de« Wiener Fliegenden Ballets, arrangiert vom K. K. Hofballetmeister Carl Godlewsky. Warum das Residcnztheater sich noch in den für jede Bühne unfreudigen Tagen vor dein Feste die Arbeit auf erlegt hat, eine so schale, salzlose Poste cinzustudieren, wie dieser „Schnüffler" ist, bleibt vollkommen unverständlich Das Motiv ist uralt und gleichsam schon versteinert; c» wieder flüssig und wirksam zu machen, würde beträchtlich mehr Aufwand an Lebens- und Bühnenkcnntnis, an Charakteristik und Witz, an komischem Behagen und glück lichen Einfällen erfordern, als der Verfafser im Vermögen hat. Es bleibt, ein paar untergeordnete Szenen aus genommen, überall bei dem bloßen Vorsatz höchst belusti gend zu sein, die ausgeklügelten Späße wollen zum größten Teil nicht verlangen, die Herren Harrer und Engelroth, der Neffe Karl und das Fraulein Fanny erfüllen uns, mit dem Fürsten Bismarck zu reden, mit dem Gefühl der „größten Wurschtigkeit" Wenn dcr fabelhafte Herr Schanzl, der schnüffelnde Privatier Gepp, der sprachreinigende Haus besitzer Klar und die ehemalige Schauspielerin Laura Lohner ein klein wemg mehr Teilnahme in Anspruch nehmen, so haben sie dies kaum dem Verfasser und Kom ponisten, sondern den Herren Carl Witt (Schanzl), Friese (Gepp), Morway (Klar) und der Frau Minna Hänsel (Laura Lohner) zu danken Schade um den Fleiß, den diese und die übrigen Darsteller auf eine Un möglichkeit verwendet haben Das Gastspiel des Wiener „Fliegenden BalletS" ist in seiner Art sehenswert und das Schweben der Gestalten in der Luft mit den wechselnden Beleuchtungseffekten nicht ohne Anmut. Aber die Wirkungen, um die eS sich hier handelt, liegen außerhalb dessen, was eine Bühne, wie da« Residenztheater, anstreben und geben soll und gehören zu dem, was im Zirkus und den Variet«-Theatern „artistisch" geheißen wird A St. Reue Romane. Die Romanflut ist im stetigen Anschwellen und die Ter Hamburqer streik ist von den Ereignissen im Innern beinahe noch das einzige von wirklich „aktueller" Bedeutung, wie dcr technische Ausdruck der heutigen Journalistik lautet Denn bei den Betrachtungen über die Thaten der Herren v. Lützow, v. Tausch und Leckert kommt von Tag zu Tag immer weniger heraus. Heute wird regel mäßig ganz oder teilweise dementiert, was gestern als funkelnagelneue „Enthüllung" den staunenden Lesern durch die Sensationsblätter, die General anzeiger, Neuesten und Allerneuesten Nachrichten und ähnliche vornehme journalistische Erscheinungen ver kündet worden war. Und über das mangelnde Ver trauen des „Volkes" — soll natürlich heißendes frei sinnigen Volkes — zu den Richtern ereifert sich nur noch in ihrer bekannten komischen Weise die „Bossische Zeitung". Was den Hamburger Streik anlangt, so ist eine augenfällige Veiänderung dir Sachlage bisher noch nicht zu verzeichnen, wenn auch an dem schließlichen Siege der Arbeitgeber gar nicht zn zweiseln ist. Jedenfalls schwinden die schweren Betriebs- und Ver kehrsstockungen immer mehr. Es sind überall ge nügend Ersatzleute vorhanden, nnd der Betrieb geht, wenn auch noch etwas langsam, so doch stetig weiter Unseres Erachtens beharren die Arbeitgeber mit vollem Rechte auf ihrem Standpunkt, sich auf keinerlei Ver handlungen einzulassen, ehe der Ausstand seitens des Streikkomitees als beendet erklärt wird. Wenn diese Be dingung erfüllt ist, wird der Arbeitgeberverband es gewiß für seine Pflicht erachten, sich auf Unterhandlungen in Betreff der Verbesserung der Lage derArbeiter einzulassen. „So wie die Dinge heute liegen" — bemerkt zu treffend die „Schiffahits- nnd Seehandels Korrespon denz" — „wäre es Thoiheit, den Arbeitgebern zu- zumuten, sich einem Schiedsgerichte zu unterwerfen Für die Arbeiter ist die Sache unrettbar verloren, und in einem Kampfe, wie cs der Streik nun einmal ist, wird man dem Sieger nicht zumnten können, sich hinterher die Friedensbedingungen durch ein Schieds gericht vorschreiben zu lassen. Wenn es den Arbeiter führern um das Wohl und Wehe der Arbeiter zu thun wäre, so würden sie diesen jetzt raten, die Arbeit wieder aufzunehmen, denn das muß auch diesen Herren sitzt klar sein, daß für ihre Partei nichts mehr zu ge winnen ist. Für den den Arbeitern offenbar ungünstigen Stand des Streiks spricht es offenbar auch, daß die frühere Siegeszuversicht des „Vorwärts", sich von Tag zu Tag herabmindert. In England — so philo- bevorstehende Ebbe zwischen 'Neujahr und Ostern sür eifrige Leser wird gerade nur ausreichen, um Versäumtes nachzuholen Auch die Kritik vervollständigt im allgemeinen das Bild von der Flut dadurch, daß sie es als hoffnungs los aufgiebt, die einzelnen Wellen noch zu unterscheiden Wenn man sieht, welche Bezeichnungen gleichmäßig an gute, leidliche und offenbar schlechte Erzählungslitteratur tagtäglich verschwendet werden, daß es gar kein schmückendes Beiwort mehr giebt, das neben dem Meister nicht auch dem Stümper zu teil würde, so sollte man glauben, alles Unterscheidungsvermögen sei schlechthin verloren gegangen Uuo doch ist nichts gewisser, als daß in verhältnismäßig kurzer Zeit, wenn sich auch diese Wasser einmal wieder verlaufen haben, die Werke von bleibendem LebeuSgehalt und künstlerischen Absichten allein vorhanden und die andern verschwunden sein werden Unter diesen Werken steht ein in seiner Weife be deutender Roman, wie „Sylvester von Geyer. Ein Menschenleben" von Georg Frhrn v. Ompteda (Ber- lin, F Fontane u Co. 1896) fraglos obenan. Es ist ein schlichter, fast spröder Lebensernst in dieser Geschichte eines durchaus schein- und glanzlosen, mit vierundzwanzig Jahren schon endenden Dasein« Die Geschichte und innere Entwickelung eine« jungen Offiziers, der aus einer der Familien stammt, denen durch Geburt und Überlieferung bestimmte Lebenswege gewiesen sind und eine Lebens haltung auferlegt ist, die oft nur unter den schmerzlichsten Opfern aufrechterhalten werden kann, stellt nicht sowohl ein Menschenschicksal als da« Schicksal von Hunderten und Tausenden dar Das eigentliche und höchste Verdienst dieses biographischen Romans liegt nach unserer Empfind ung nicht darin, daß der Verfasser gerade aus dem Armeeadel, der Krieaerkastc, die er selbst eine typische Schicht unsres deutschen Volke« nennt, der wir Große« und Tüchtiges verdanken, seinen Helden gewählt hat, sondern daß er überhaupt empfunden hat, in welche öde Einseitigkeit, in welche efiekthaschendc Unwahrheit der deutsche Roman mit der ausschließlichen Wiedergabe de« goldschimmernden Oben nnd des nachtdunkeln Unten, der Damoklesschwert über Europa zu schweben Trotzdem war unsere Diplomatie 1890 bereit, den Neutralität-Vertrag mit Deutschland zu erneuern. Die Motive dieses Entschlusses sind uns unbekannt. Zum G'ück für uns und sür Frankreich kam der Vertrag au- Gründen, die von uns unabhängig waren, nicht zustande, und wir entrannen so einer verwickelten Situation, die uns keinen Vorteil mehr brachte und sür den Weltfrieden gefahrdrohend war Wenn c< dem Fürsten Bismarck gelungen wäre, den Vertrag noch vor seinem Sturze wieder sum Abschluß zu bringen oder aber, wenn unter seinem Nach folger das Anerbieten Schuwalows nicht zurückgewicsen wordcn wärt, so hätte auch noch 1890 unsere formale Verbindung mit dem Deutschen Reiche soltgcdauert, und es wäre weder zu den Manifestationen in Kronstadt, noch zu den Festen in Toulon, ja vielleicht nicht einmal zu dcr gegcnwärtigen srankorussischen Entente gekommen. Ereignisse und Stimmungen in Berlin, die mit unseren Interessen nichts zn thun hatten, spielten bis in die jüngste Zeit aus bestimmten Gründen eine bedeutende Rolle bei sehr, sehr wichtigen Akten unserer auswärtigen Politik; diese Seite der Enthüllungen des Fürsten Bismarck, die unsere Diplomatie betrifft, bedarf noch der Aufklärung von autoritativer Seite. Wie dem aber auch sci, die Dreibundmächtc hatten keinen Grund, mit dem alten Kanzler um des Vertrages mit Rußland willen zu grollen - , sür sie bedeutete die Nicht crneuerung desselben 1890 cinen Gewinn
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