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Mittwoch Nr. 236. 22. November 1843 MM Deutsche Allgemeine Zeitung. ML Ausland,«. . " - «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueber-lick. Deutschland. "Aus NordAcutschland. Die Bolljährigkeitserklärung der Königin Isabella. "" Stuttgart. Reise und Gefolge des Kron prinzen. Die Eisenbahnen. "Äict. Die dänische und die schleswig- holsteinische Erbfolge. Preußen. "Aus Thüringen. Die Fristbewilligungcn in den preußi schen Gerichten. ' Von der russischen Grense. Die aus Rußland übertretenden Deserteurs und militairpflichtigcn Juden.— Fürst Felix Lichnowski. tvefterreich. * Presburg. Konferenz über den Sprachenstrcit. Dcak. Spanien. * Paris. Botschaft an die Königin wegen der Volljährig keitserklärung. Anrede des Senatspräsidcnten. Eidesleistung der Kö nigin. Der Anfall auf Narvaez. Jriarte. Großbritannien. O'Connell'ö Ermahnungen an die Repealer. Ver änderungen im diplomatischen Personal. Die ostindische Post. Ver- urtheilung vonj Buchhändlern. Verhandlungen in Canada. "'London. Die Unterhandlungen Englands und Brasiliens. Frankreich. Das Journal La France über die Reisen der Herzoge von Bordeaux m^Mliemvurs. Der Bischof von Chalons. Zuflucht für die Thcilnehmn der Aufstände im Kirchenstaate- Der Marquis de Dalmatie. Belgien. Wahlen des Senats. Niederlande. "Amsterdam. Handclspolemik. Schweiz. Antworten der Cantone an Zürich. Italien. Rom. In Umbrien und Bologna spukt es noch. Eine auf- rührische Schrift. Brafilien. " Rio Janeiro. Der Krieg in Rio Grande do Sul. Wissenschaft und Kunst. "Braunschweig. Die Vorlesungen am Collegium Carolinum. Plan zur Personenhalle für die Eisenbahn. "Mels. Ausgrabungen. 0r. Begin. Handel und Industrie. "Aus Westprcussen. Die Berlin-Kö nigsberger Eisenbahn. «nkündtgungen. Deutschland. *Aus Norddeutschland, t9. Noo. Möglich, daß, wie cs in einer Corresponbenz aus Paris (Nr. 227) hieß, die Volljährigkeits- crklärung der Königin Isabella die Wirkung haben wird: „die Dynastie und den Thron allen den Schlägen preiszugeben, welche sich bis jetzt an einer, vorübergehenden Staatsgewalt brachen." Möglich bei der so sehr großen Jugend der Königin, bei einer weiblichen Negierung unter so schwierigen Umständen, bei der vorhergegangcncn Verwilde rung, wenn nicht des Volks, doch der streitenden Parteien, hauptsäch lich bei dem an sich streitigen Rechte der Königin und der Zweideutig keit ihrer jetzigen Einsetzung in die Selbstregicrung. An sich aber und wenn an die Stelle einer wechselnden, überdcm doch nicht im Wege Les Rechts und Gesetzes zur Gewalt gelangten Regentschaft, ein durch ein klares und unbestreitbares Erdfolgcrecht zum Throne berufener Prinz diesen bestiegen hätte, würden wir grade das Gcgenthcil für wahr scheinlicher halten, und cs würde dabei auf die persönlichen Eigenschaf ten und das Verhalten jenes Prinzen sehr wenig ankommcn. Denn der Grund, warum Espartero seine Vorgänger gestürzt hat und warum er wieder gestürzt worden ist, und warum Die, welche ihn gestürzt ha ben, auch wieder gestürzt werden würden, wenn sie sich nicht lhcilö frei willig zurückzögcn, thcils doch in eine bescheidenere Stellung, als die des Regenten, begäben, liegt zunächst darin, daß Jene auf einem Wege zur Gewalt gelangt waren, auf welchem noch viele Andere dahin zu gelangen hoffen durften, folglich es auch versuchten. Sobald die oberste Gewalt den Glanz und den Werth hat, der ihr in unsern dichtbeoöl- kcrtcn Ländern und unsern complicirtcn Zuständen unter jeder Verfas sung zustehen wird, und sobald sie dann ein dem freien menschlichen Streben eines Jeden erreichbares Gut ist, so wird cs nie an Solchen fehlen, die den Versuch wagen, geschehe eS auch auf Kosten der Ruhe ihrer Mitbürger, der patriotischen Tugend, des Ncchtsstandes und je der gedeihlichen Entwickelung dcS Staals und Volks. Nur wo die oberste Gewalt, dieser glänzendste Zielpunkt menschlichen Ehrgeizes, diese lockendste aller Versuchungen, ein dem menschlichen Willen geradezu unerreichbares Gut erscheint, nach welchem nur zu streben Verbrechen jvnd Wahnsinn ist, fügt sich der Ehrgeiz darein, seine Befriedigung in einer weniger glänzenden, aber nützlichem Weise zu suchen, und wird der Freisinn ehe? auf Schutzwehren gegen die Macht gerichtet, als daß er zum Deckmantel ihrer Erstrebung gemisbraucht würde. Es sühlt ferner auch der stolzeste «Spanier sich nicht gekränkt, einer Königstoch ter zu dienen, der Erbin so vieler Könige, denen seine Väter gehul digt, durch Verfassung und Recht, persönlich durch die Gunst des Glücks, dem Gläubigen nach dem Willen der Vorsehung, zum Throne berufen, schon im Purpur geboren und von der Geburt an in erhabe ner, von den Kreisen des Volks geschiedener Stellung. Ein Espar tero aber, den so Mancher noch in sehr untergeordneten Verhältnissen gekannt, an dcm gar vieler Schmutz des Weges klebte, den er ge wandelt — und die spanischen Parteiführer dürften sich zählen lassen, die in diesen Zeiten rein geblieben — neben dcm cs jedenfalls Viele gab, die sich gleicher Thaten, gleicher Eigenschaften, gleicher Ansprüche rühmen konnten, einem Solchen zu dienen, war für Tausende drückend, am drückendsten für Die, die erst neben ihm, über ihm gestanden, und jedenfalls der Gedanke gar Manchem natürlich: wo der steht, könnte ich auch stehen. Dcm Gedanken folgt der Versuch, wo die Gelegen heit so lockend, wo cs so leicht ist, durch Jntrigucn, Complot und Aus stand den Gewalthaber zu stürzen. Zudem ist Lchtcrcr selbst in seiner unsichern und gefährdeten Stellung versucht, sich jeder Jntriguc und Gewalt zu bedienen, um sich zu schützen, zu behaupten. Durch That- kraft und Unternehmungsgeist gehoben, fügt cr sich schwerer in die scheinbar passioö, jedenfalls gemessene Rolle des konstitutionellen Re genten. Das Alles gibt dann Anlaß und Vorwand. Er hat Anhän ger, Werkzeuge, Helfershelfer zu belohnen, an sich zu ketten, er hat Die zu berücksichtigen, durch die er gestiegen oder durch die er sich hal ten will. Daraus erwachsen Neid, Mißgunst und Begierden in Menge und rufen neue Verwickelungen, neue Versuche hervor. Die spanischen Vorgänge haben Jahr für Jahr Belege zu diesen allerdings schon durch die Geschichte in allen Zeiten und Zonen bestätigten Sätzen ge liefert. Auch die verhältnißmäßigc Ruhe, das zunehmende Gedeihen Brasiliens seit d^r Volljährigkeit des Kaisers, im Gegensätze zu den elenden, verworrenen Zuständen der südamerikanischcn Republiken, wo gleichfalls alles Staatslebcn in dem Streit um die Herrschaft aufgcht und dieser Streit sich als eine unversiegliche Quelle der Entsittlichung beweist, der Gewalthaber mit den schlimmsten Mitteln angegriffen wird und mit nicht bessern sich vertheidigt, oder im Gegensätze selbst zu den Vorgängen unter der brasilischen Regentschaft lehren Dasselbe. Auch bci den bloßen Regentschaften taugt das Princip der Wahl nichts. Uebrigcns wollen wir hoffen, daß denn doch auch in Spanien das Be- dürfniß der Ruhe und Ordnung, der Wunsch, endlich einmal etwas von den verheißenen Früchten so vieler Umwälzungen zu kosten, sich durchdrängen wird, und daß auch sonst die alte Ergebenheit der spani schen Nation an den königlichen Namen, der ritterliche Sinn dieses Volks, der doch nicht in Allen erloschen sein kann, der Enthusiasmus, mit dcm man diese Jahre daher die königliche Waise gefeiert hat, de ren Geburt ja diese ganze Entwickelung verdankt ward, die junge Kö nigin schützen werden. Möge auch dort der Thron der Punkt sein, von welchem aus sich Recht, Ordnung, Frieden und Ehrfurcht über das Volk verbreiten und die tiefen materiellen Wunden, die schlimmem sittlichen Entartungen heilen. ** Stuttgart, K>. Nov. Der Kronprinz reist bald auf ein halbes Jahr nach Italien. Zu seinem Gefolge sind Oberststallmeister v. Maucler, Lieutenant v. Berlichingen und der ncuernannte Secretair, der als Literat bekannte Hackländer, bestimmt.— Die Eisenbahn - technikcr sind nun von ihrer Reise nach der badischen Grenze und Karlsruhe zurückgekommen. Auf die Resultate und die Berichte, die ic erstatten werden, ist man begierig. Es verlautet aber darüber noch nichts. . *Aiet, 16. Noo. In zwei Beilagen der Deutschen Allgemeinen Zeitung (Nr. 197 und 200) ist vor kurzem das Gcwcbc der Verhand- ungcn und die Wahrscheinlichkeit des Ausgangs mit Sachkunde dar gelegt worden in Bezug auf die dänische und hessische Erb folge. Nur soweit die schleswig-holsteinischen Verhältnisse hineinge- ^ogen, scheint der Verfasser nicht auf gleiche Weise unterrichtet zu sein. Es ist dieser Mangel nicht sehr zu verargen; denn wer im übrigen Deutschland hat sich "bisher um diesen Winkel des Vaterlandes, der an demselben treuer und fester hängt alö vielleicht irgend ein Theil, viel bekümmert? Jetzt erst scheint man zu erkennen, daß die Suc-