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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.12.1913
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1913-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19131210010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1913121001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1913121001
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-12
- Tag 1913-12-10
-
Monat
1913-12
-
Jahr
1913
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tHorgcn^uggobe fOc ttlpjlo unö Dorort* Onr ® antm Crtgtr 0prKl|C • undeptOtteurt »maltäglichIn«(au« gebraut i monatlich l .25 m., oi«rtetiät>rlld) 3.75 01. Otl ö«t e«fiMR«fltUt, unfern Jlllaltn und RuegabtfteUen abgt(olt> monatlich 1 Ul.. ol»rt«(iabrllch 3 01. Durch die Pofti Innerhalb Deutfchlande und der deutfdten Kolonien monatlich 1.50 01.. olertelldhrllch «.50 01.. au«f<hlleßli<h PoRbefteUgeld. Dao leipziger dageblatt erfchetnt toerftag« «mal «onn*u $elertag«lmal. 3n lelpjlg, den Oadtbarorten und den (Drtcn mit eigenen Jltlaten wird die Abendauogabe noch am Rbenö de« «rfdtelnen« In« (au« geliefert, •erllnce RedaKion« 3n den Jetten 17, Jernfprecb*Anf<htuB> OJoabit Oe. «97. Amtsblatt bes Rates unb bes Polijeiamtes ber Stabt ieivjio BebaftUa and •ef4dft«fleae> ?«banai«gaf|i Oe. 9. • |ernfpreft«Rn|<hiuB Or. 14991 14093 and 14094. 107. ^aßrgong DHv*UoMH«Atfo< 10» Jnfcrate au« teipjig und Umgebung di« /in JKIy KtipFKl J K • tfpaltlge P etltj eile 25 Pf., die Retlamejelle 1 01., oon auetnärt« 30 PL, Retlamen 1.20 01., Jamlllen« u. Heine Rnjelgen die Petltjeilc nur 2OPL,3nferate oon Sebdrden im amtlichen Seil die Petitjelle 50 Pf. ©efchäftoanjeigen mit ptanoorfd>rift im Prelle erhöbt. Rabatt nach Carlf. Sellagegebübr: Sefamtauflagc 5 01. pro laufend extl Poflgebübr. Rnjelgen'Rnnabme: lobanmegafle«, bei lämtlichen tiltalen Oeo tcipjigee Sageblatte« und allen Rnnoncen.Cxpedltionen de« 3n. und Hueluude«. Se|chaft«ReUe für Berlin u. die Pt Oran tnburg Oirrftion tfalter Jlicget, Berlin W. 10. tOargarctbenftralie 4. Jernfpred). RnfchluB* tüoorn 8971. Ur. 626 fflittmodj, den 10. Dejembet. 1913. Das Wichtigste. * Die 3 ® e i t e K a m m e r verabfeßiebete am Dienstag mehrere Etatsfapitel, barunter fianbes» Io11erie, Tilgung ber Staatsftßulben unb Eanbtagstoften. Es tarn babei au einer lebhaften Ausfpradjc. * Der K a i f e r ßat bie Abhaltung fportlicßer unb turnerifdjer Hcereswetttämpfe für ©ffijicre unb Mannfcßaften im Mai 1914 gc» tieljmigt. Das Arotettorat ßat ber Kron» p r i n a übernommen. (S. 6p. u. 6p.) * 3m 51 e i <f> s t a g c fpracf> Reidjstanaler oon A c t ß m a n n H o 11 in e g am Dienstag über bie auswärtige Aolitit. Rad) ihm ergriffen bie Abgeordneten 6cf)eibemann (605.), Dr. S pa ß n (3tr.) unb Aaffcrmann (5latl.) bas üBort. (6. 2eitart. u. Ser.) * Generalfclbmarfcßan oon Einbequift ool» lenbet am heutigen Tage fein 7 5. Ecbensjaßr. (6. Sol- Ueberf.) * 3n ber ungarifdjen Delegation tarn Graf Acrdjtolb am Dienstag noch einmal auf bie Aolitit ber öfterrcidjifcßcn Regierung toährenb ber beiben Aaltantriege au fprechen. (Sießc Sol. Ueberf.) * 3n bem Koßlenbergwcrt S r i 10 f (Aejirt Abclsbcrg) finb infolge SBafiereinbrudjs 11 Acrg» laute verfeßüttet worben. (6. Eeßt. Radjr.) Die auswärtige Politik im Reichstage. 0 Acrlin, 9. Dejcmber. Btvifdjen Freitag unb heute hat bie Stint- tnung im Aarlament fid) gemanbelt; nidjt bau man' im allgemeinen bie 'polttif bee> SVanjlers nun anberS beurteilt aI3 vor vier Tagen. Unb in ber Speaialfrage gar, bie am Donnerstag fünf ecdiftcl beS Rcidiötagö veranlaßte, Herrn non Scthmann ihre Mißbilligung 311 bcfdjciiti- gen, beult wohl ein jeglicher nodj genau jo wie bamalS. 'Aber ganj äbgefeßen banon — wer iljn fdjon burdj viele ^aljre beobachtet, ivirb bas immer ioicbcr beftätigt gefunben hoben — bag biefer ^Reichstag nidjt bas Talent fjat, eine ein* Ijeitlidjc Stimmung alljulange fcitjuljaltcn; e» hat in ben lebten Tagen fidj and) mancherlei nidjt ganj Aelänglofeö ergeben. B utt öd)|t ift in ber Sadic jclber baä 2Bc|'entlid)fte gejrfjefjen; baö Seftrcbcii, ivenigjienö fRemebur 311 fdjafieit, ift mit gutem Gciviffcn nidjt mehr ju leugnen. Sdjon bas hat in meitcrem Umtreife bie Cie* müter befeinitigt. Denn nidjt leichten .verjins — man muß ba$ immer fcftljalten — hoben in ber vorigen SBodjc bie bürgerlidjen S arte i cn gegen bie ^Regierung aufbcgcfjrt. Taju fommt ein anbcreS, baS man nidjt ju billigen braudjt, ba-3 aber lehtcn GnbeS nur ju gut ju Verfloßen ift. Geroifi, unferc politifdjen 3u|tänbe finb Viel* fadj unbefriebigenb. t’Iber fic finb e3 311 feßr beträchtlichem Teile bodj aus Grünbcn, bie fidj ber Seeinfluffung burdj bie jRcgicrung unb erft redjt burdj baS Sarlament entziehen. Unb auf bie Berufung neuer SRänncr i)t ber JReidjStag nun fdjon VollenbS oljnc Ginfluß. $eber Slemter* wedifel bebeutet, mie bie Dinge bei uns liegen, einen Sprung ins Dunflc, unb ba man bas Dunfcl fdjeut, ftärtt fidj ganj von fclbfr bie fRei» gung bcs Scharrens. SJir iviffeit, maS mir haben; mir miffen nicht, iva§ hinterher fommt. Die .Qonfervativen au gemiffen 3 c ' tcn ®uS* genommen, finb Talent unb £uft jur SRiniftcr* ftürjerei bei uns nidjt eben anSgcbilbct. 3nnfdjen ftreitag unb fjeute, fagten mir vorhin, hätte bie 'Stimmung im ^Reichstag fidj geroanbelt: Son bet jubent nidjt einmal fonber* ließ jaljlreitfjen Slorona, bie heute beifammen mar, ljattc .§err Von Setljntanit eine grunb* fäßlidjc Oppofition nidjt mehr ju fürchten. Der .vjerr 9ieidj?lanjler fdjicn beim audj fidjtlidj guten 2Rutc3 ju fein. Gr hatte lädjelnb ba$ •VauS betreten, in ber Sphäre ber SRinifter- häufe föänbebrürfe nadj redjtS unb linfS au3* gctaufdjt unb, nadjbem eine Snjaßl flcinerer Anfragen von .fterrn von 3 n gom, Gjjellenj Gafpar unb Jperrit von ^oncquiöreS beanimortet morben mar, alfobalb ju reben begonnen. Ueber auSmärtigc Solitif, auSfdjließlidj über fic: baö jagcnberiihnite „Grpofe", von bem .^err von öertling unö erft nculidj in ber baprifdjen Kammer verheißen hatte, cö mürbe bebcutjame '2lufjdjlüffe über bie Skltlagc unb ben Staub unferer auömärtigcn Schiebungen enthalten. 2öir mödjten einftmeilen annehmen, baß ber Slanjier bem Sunbeöratöauöfdjuß für bie auö* märtigen Angelegenheiten feinerjeit bodj mcljr unb anbereö verraten hat. Sidjerlidj, über nodj nidjt abgefdjloffenc Scrßanblungeit mit einem auswärtigen Staat finb erfdjöpfenbc Susfünftc nidjt ju erwarten. Die fann fein Staatsmann vor ber Ccffcntlidjfeit geben unb hat pueß no.rfj nie einer gegeben. Aber, maö ber §err 9?cidj§* fanjler unö heute bot, mar benn bodj von einer fdjier herauöforbernben Dürftigfeit. Das follte eine fojufagen „pragmatifdje" Darftellung fein unb mar am leßten Gnbe feine. 2Baren bei aller Knappheit unb fdjtvunglofen SRüdjtcrnljeit bodj audj nur Hoffnungen unb Gntmürfe, bei Sidjt befeljen nur bie alte, unferen Cffijiöfen ewig neue ßitanei über baö jumal in biefem ftubiläumSjaljr reidjlidj abgcljanbcltc Tfjema: 2Bie fjerrlidj meit mir eS gebracht. Der Drei* bunb fefter benn je, mit Gnglanb in auö* fid)tSreichen Serhanblungcn, bem ßarenreidj in einer lyreunbfdjaft Vcrbuitbeit, mie bie Herren Sfajonoro unb StofoiDjow erft fürjlidj micber bc» fräftigt hätten, unb ju ^rantreidj in Se* jieljungen von erfreulicher Slorrcttljeit: üRein .yerj roaS millft bu nodj mcljr! lieber alles baö, maö bei uns unb in © e ft e r r e i dj in bem hinter unS licgenbcn $)ahre gcrabe bie benfen- ben unb iveitfidjtigen Solititcr beivegt hatte, mußte ber furje, an fidj gemiß fijnipathifdjc Saß genügen: Das Sünbniö fei in ben ßcbenS* verhältnifjen beiber fRcidje begrünbet. Dann ftürmtc mit GilyigSgeidjminbiglcit He« ü °u iöetßmann bem Schluffe ju, von bem er fidi ben Haupteffcft vcrjprodjen haben modjte; ber Anbeutung eines bemnädjft bevorftefjenben Ab» fommenö, baS feine cinfeitige Acrjidjtleiftung von Deutfdjlanb erljeifdje unb bennodj bie 23e» aießungen ju Gnglanb bauernb in ruhige '■Bahnen ju leiden verheiße, flßenn bem wirf» lidj jo märe, mürbe fein billig llrteilenber anfteßen, bie auswärtige fßolitif beS fünf» ten SfanjlerS ertragreidj 311 nennen, ^n* beffen wirb man gut tun, junädß’t ein mal bie Aollenbung bcö äöerfes abjuwarten. 3u oft fdjon ßaben in ben leßten fahren Hoff nungen unb Gntwürfe unferer Staatsmänner uns genarrt. Der Stanjler i'djien bie Ginivänbe and) ju aßnen, unb jo fcßioß er mit einer Wlaßnung jur Gebulb. Aon $aßr ju ftaßr fei nufer Anteil an AJeltwirtfdjaft unb Akltiuliur geftiegen. DaS Biel bliebe befteßen, nur folle mau baö fReifen ber g-rüdjte nießt Von ßcute 311 morgen erwarten. Herr Sctßmann ßattc fidj offenbar Vor* genommen, auf Jabern unb ivaS bamit 311- fammenßängt, niu.t meßt jurüdjutommeii. Gans ßat er biefc Abfidjt frciiidj nidjt burdjfeßcn ton nen, unb baS. Haus hat, mie von vornherein anjuneßmen mar, an bie Söünfdje bcS .^anjlerS fidj voilenbS nießt gefeßrt. Herr Sdjeibc* mann jmar mit feinen maßlofen llebcrtrcibun» gen, ber nur von Babern fpradj unb immer micber von Babern, unb vom Bentrum unb ben liberalen verlangte, baß fic bie fojialbcmo- fratifdjc Slomööie bet ÜBubgetVeiivcigerung mit* madjtcn, arbeitete in ASaljrßcit nur für ben Äanjler, ben er befämpfte. Aber audj bie Art, mie He« von Aetßmann bann megmerfenb von bem „fogenannten 2RißtraueiiSvotum" meinte: Das hätte ihn nießt veranlaßt, feine Gntlajiung ju nehmen unb mürbe eS and) in Bufunfi nidit jumege bringen, ließ bie Stimmung fdinell um» fdjlagen. Hi nter Öer ßaben bann foiooßl Herr S p a Ij n vom B en t r um, mie ber Abgcorbnete ißaffcrmann bie Aorgänge Von Babern ein* ejeßenb erörtert. Am einbringlidjften ber 'epredjer ber 'Rationalliberalen, ber junädift ein mal unjere auswärtige ^ßolitit iRcvuc paf ieren ließ unb bann mit einem warmßerjigen '^a.ßoS, einer jünbenben ftrifdje, bie fidjtlidj bas ganje HauS mit fortriffen, von ben Problemen im Innern berichtete: Aon ber ^efuitenfrage, vom Araunfdjiveiger Hanbel, vom Arbeitswilligen» fdjuß, ben man nidjt ßpfterifdj betreiben folle, um bann mit Grnft uno 'Radjbrucf fcftjuftellen unb ('gegenüber ber eilig arbcitcnbcii iegenbej and) feftjußaltcn, roaS ber JReidjStag mit feinem Mißtrauensvotum gewollt unb baß bie fei ßerige Gnttvidlung biefe Abftimmung burdjauS gererfjt- fertigt ßättc. So alfo ift bie Stimmung im fReidjStage: Man benft an feine grunbfäßiidje Oppofition, roünfdit ju ben vortjanbenen Sdjroicrigieiten feine neuen ju ßäufen. Aber fo ganj bagatelle- mäßig follte ber H crr iReidjSfanjler biefe leßten Acgcbniffc bod) nidjt wieher betjanbeln. Gr fönntc fonft leidjt — bie Sßenbung ift in ben lebten ^aßren ja etwas ungebräudjlicß ge worben — auf Granit beißen. fiolonialtr patlatnentarismue oder ßeamtenabfolutiömus. Auf bic Meldung bet ^Sreffe oon einer Ariisfie» tung bes Kameruner (Souoerneinentsrates burdj ben (Souoerneur Gbermaier teilt bie „51 0 r b b e u t. fdjc Allgemeine Bettung“ mit. baß bie frag» ließe Aerorbnung über bie zufünftige ffiejtaltung bes Kameruner Kautidjulßanbels im (EmoerftändniS m.t bem Aeidjsfolonialamt erlaffen fei, unb bringt gleidjjcitig ben JBortlaut ber Aerorbnung jum Av» bruif. Die (Erflärung, baß ber 6taat0jetretär Dr. 6olf bie Maßnahme bes Gouoerneurs (Ebermaier billigt, i|t wenig geeignet, bie (Empörung bes Kameruner ffiouoernementsrates au beiajroicfjtigen. Jßcnn bic Regierung trotj ber jdjmeren Kautidjuflriic für* not 3ujammentritt bes gutadjtiid) ju ßörenben ©ouDcrncmentsrates über beffen Kopr ßtiiroeg in einer ber aUcrmicßtigjten B rfl fl cn bes Ean» bes eine folgenidjtocrc Aerorbnung erläßt, bic neben» bei eine fteuerlidje Aelajtung ber intcrcTicrten Sir- men in Höbe oon etwa 300 uOO M bebeutet, fo muß burdj eine Derartige Mißadjtung bie Ar» beitsfreubigfeit bes werbenben Kolonial: Parlaments im Keime erftidt werben. Denn bie Mitglieber bes Souoernemcntsrates müßen, um an ben Aerhanblungen teilneßmen ju tönnen, in bem burdj (Eiienbaßnen noch wenig erjdjloffenen Eanbe oft weite lagereifen unb gußmdrfdje madjen, oßne für bie gebradjtcn Opfer an 3^tt unb Selb irgenbwie ent. jdjäbigt ju werben. AJenn fie trotjbem jwctfs er» fprießlicfjer Seftaltung bet Acrwaltung unb im 3ntct: eße einer gebcihlidjen AJeitcrentwirflung ber Kolonie aum aweiten Male in biciem 3ußre ärbeitsfreubig aus weiter Seme fjerbeigecilt finb, jo muß ihre (Ent- täuidjung über bie ihnen widerfahrene Al ßadjtung fettens bes oberjten Aeamten bet Kolonie boppclt jdjmer.did) gewejen fein. Das bringenb notwendige einträchtige 3ufammenarbciten jwiidjen Aeamten unb Kolonialbeoölterung wirb burdj fo.dje einjeitige unb jelbjtljerrlichc Aerwaltungsmaßnahmen gcw.ß nießt geförbert. AJenn irgenbwelcße (Eile oorgelegen ßätte, fönntc man bas Aorgeßen bes Souocrne'.trs begreiflich finden, aber bie Aerorbnung ift nadj Ae» enbigung ber Tagung bes Souvcrnementsrates nicht einmal in Kraft getreten! (Es muß bei Arüfung ber grage, ob bie Kolonial» beamten in Deutjdjlanbs jdjönen Kolonien eine Art Aeamtenahfolutismus aufridjtcn bürfen, mit ganj beionberem 5?adjbrutf barauf hmgewieien werben, baß ber neue Kolonialetat ben geäußerten ÜBünfcßcn ber Koloniftenbevölfcrung in bejug auf bie Aerwcnbung ber oom Eanbc fclbit au’georadjtcn 6tcuern in bureßaus ungcitügcn» bem Maße Rechnung trägt. 3u tage», ja wedjen» langen Aeratungen ha&cn bic Eunbcs» bjw. Souoer» nementsräte ben Haushaltsplan ifjrer neuen Heimat aufgifteHt in ber Erwartung, baß bic Acrliner 3en= traloerroaltung ben geäußerten beredjtigten ASünjdjen beipflidjten werte. Statt beffen müßen bic werben» ben parlamcntariiden Körpcridjaften unferer größten Kolonien Deittich-Oftafrifa, Sübweitafrita unb Ka» merun — von ben Heineren Kolonien ganj ju ießwetgen — cs erleben, baß bic Regierung bem Reidjstag einen Etatsentwurf jur enbgiiltigen Ent» jdjeibung oorlegt, ber mit ben urjprünglidjen, in ben Kolonien oon ben Eanbcs» bjw. Souvernementsräten aufgeitellten faum noch eine entfernte Aeßnlidjfeit aufweift. 60 hat, um nur ein 1 raff es A e i f p t e l herausjugreifen, ber Kameruner Souverne» mentsrat 80 Aeamten ft eilen in Alt» Kamerun als überflüjjig geftridjen. Der Etat bes Rddjstolonialamtes aber bringt nidjt nur feine Acrmlnberuitg bes umfangreichen unb feft» fpieligen Acamtenapparates, fonoern jtatt beffen nod) obenbretn eine fehr erijebl idje A c r m e ß • rungber Aeamten ft eilen, ifflie feit 3 a ß te l » fo iit audj ber neue Etat in ganj ein eitiger Wßeije auf bie Aebürfniße ber folonialen Aeamtenwelt juge» feßnitten. Aom Reidjstag, ber bie totalen Acrljält» niße in ben Kolonien unmöglidj im einjel.ien nadj» S:ü,en fann, ift hier faum nodj eine burdjgreijenbe enberung ju erwarten. Sämtliche beut.djen Kolonialbeamten werben heute, wenn ße eine Stellung in einer beutidjen Ko» lonte antreten, aus iljrem heimatlichen Dienitoer» bättnis Icbiglidj beurlaubt unb lehren meift nadj Ab» lauf einer jweu ober breijertjrigen Dienftperiobe ba braußen in ihre frühere SteUung in Deuticßlanb au» riief. Es iiteinSrunbfeljler bet beut» j dj c n K 0 l 0 n i a l p 0 l i t i I, baß auf Srunb ber SEünjdje unb Aniprüdje eines berartigen, nidjt hoben ft änbigen Aeamtenelementes, bem aus biciem Srunbe nur eine feßt bebingte toloni» fatorifdje Kraft innewoßnt, alljährlich ber Kclonialetat in einteiliger SBeife aufgejtellt wirb, unb baß bic 3 ! ttereiien unb Eebensbebingungen bes wirflidj folonijatorifdj tätigen Koloniftenielementes barüber ju furj fommen. Soll ßier enblirfj grünblidj Abßilfc gefdjaffen werben, jo muß bet Deut.dje Reichstag mit allem Racßbrud barauf bringen, baß nidjt nur bie Sliünicße bes Aeamtenelementes, jon» bem bie für Deutjdjlanbs Kolonialpolitif Diel widjti» geren Sutercßen ber Koloni'itenbcoölterung gleich» falls im Etat ißren Ausbrucf finden. Dicfes 3iel läßt jicß am heften erreichen, wenn ber Etat in *er von ben Eanbes» frjw. Souoernementsräten be= jdjloßcnen Jorm bem Reichstag nießt weiterhin rßne crfidjtlidjen Srunb oorentßalten, fonbern aur Srunb» läge feiner endgültigen Entfdjcibung gemadjt wirb. Unfete Pflicht jur politit • Ecipjig, 6. Deacmber. 2Bir ßaben uns biefer Ta^e gegen bie weitocr» breitete Auffaßung gewanbt, bie ben politifdjen Aar» teien feine Dajeinsberecßtigung meßt juerfennen will. Ein ftrcunb unferes Alattes madjt uns auf einen fürjlicß im Drucf erfefjienenen Aortrag: ,,Un» ferc AfIi<ßt 3ur A0Htit“ oon Martin Rabe in Marburg a. E. aufmertjam, beßen Sebanfen in manchen Aeaießungcn unjere Ausführungen er» ganjen. Der Aortrag würbe oon Afaner 5tabe oor einiger Seit in Eifenadj vor ben „fjreunben ber dfriftlicßen SBelt“ gehalten unb mit lebhaftem Aci» fall aufgenommen. Rabe fordert alle tüdjtigen Männer unb grauen auf, bie Aejdjäftigung mit ber Aolitif als eine Aflidjt au üben. Sie ift, wie er ausfüßrt, be» grünbet im heutigen Aegriff bes Staates unb bes Staatsbürgers. Solange cs feine Aerfaßungen gab, mochte bie berühmte Redensart vom „befdjränlten Untertanenoerftanb“ ißre Scltung haben. Heute ift bie Aolitif feine Seßcimleßre meßt, fein Atioi’ legium irgenb eines Stanbcs. Sicherlich ßat uns ein Aismarcf gejeigt, was ein Mann traft ßodjüber» legener Kenntnis oermag. Sßoßin wäre er ge« fommen, wenn et jeben Kritifer ernft genommen ober fidj gar ber deutfdjen Kannegießerei angepaßt hätte? Er hat ofjneßin genug geflagt über ben ißibcritant» ber Unverftänbigcn. Aber mit Recht Jagt Rabe: TBetl Aismarcf ein grcnjenloies Aer» trauen ©erbiente, ift bodj nicht bewiefen, baß nun i c b e r Staatsmann im Redjtc ift, wenn er fidj bas Dreinreben anberer oerbittet. Es ift heute ein lln» bing. eine Aolitif gcrabe bann für gut ju halten, weil fic bas Aolf nidjt oct» |t e ß t. llnfer Staatswcfcn mit allen feinen Einrichtungen feßt ein Aerftänbigwcrbcn, bas Münbigwcrbcn bes Aoifes, voraus. 2Bie foll bas Aolf, bem man bas allgemeine unb gleidje ißaßlredjt gab, münbig werben, wenn es nidjt ju p 0» l i t i f dj e m Aerftänbnis erjagen wirb? SBtr müßen weiter! Es hilft alfo audj nichts, einen neuen Aismarcf herbeijuießnen, ber fraft feiner Aus» naßmcoefäljigung uns wicber bet Sorge um SBoßl unb Sßche bes Reidjes entheben fönntc. SBir müßen audj als cinjclne unferc politifdjc Meinung bilden, fdjon deshalb, weil ja ber Staat uns ju politifdjen SB a ß l c n auf fordert. 2Bic follen wir wählen, wenn uns bic politijdjc SJlcinung fehlt? Aber ba fommen viele unb fagen: Schon gut, man wüßte einfadj patriotifdj! SBas heißt bas? Es gibt manche Arten bes Aatriotismus. Er tritt auf als einfaches vaterlänbijdjcs Gefühl, als aufriebene Stimmung, bic jeben Streit vcrabicheut. Dieter Ao- triotismus fommt inbes leidjt mit fidj fetbft in Aer« legcnßeit, wenn er fieß vor beftimmte politifcßc Auf» gaben gepellt ficht. Da hilft bas Acbauern über bas Streiten nidjts; cs muß geftritten werben, weil es bie Sarfje bes Aatcrlandcs verlangt. Audj bann feine Meinung ju ßaben, ift bas nidjt unpatriotifdi? Der Aatriotismus bes SBollens „fann gar nidjt anbers, er wirb ganj non fclber in bem fittlidj ge funben Mcnfcßen unb unter jittlidj gefunben Aer» ßältnißen jur Aolitif.“ 2Bic aber fommen wir ja einem politifdjen Urteil? Rabe nimmt bie jetjt vielgenannte ftaatebürger» ließe Erjicßung als felbjtveritänblid) in feine Grund» forberung hinein. Einmal erworbene allgemeine Kenntnis ber Staatscinridjtungen drängt jebodj non felbjt au einer fortlaufenden Aefcfjäftig.ung mit ben politifcßcn Ereignißen ber Gegenwart. SBcr ver mittelt uns biefe Aejchäftigung? 3” erfter Einic bic Tagesaeitung. Rabe madjt jeboch Untericßiebc. Er meint jeßr widjtig, nicht jebe Tagcsjcitung fei ein politifches Ailbungsmittel. Er hält nidjts von einer ^Sreffe, bie ben Ecfer „awifeßen Allgemeinheiten unb Anetbotifdjem, aroifdjen Triviliaiitäten unb Scnfationcn ßin- unb ßerwirft“, bie fieß feßeinbar über bic Aarteien ftellt, ßeutc biefer, morgen jener Sfcdjt ober Unrcdjt gibt unb abßdjtlicß jebe ernftc Jragc fo lange mit SBenn unb Aber beßanbclt, bis alles in einem Arei fdjwimmt. 5iabe tritt für bie Tagesjeitungen ein, bie G r u n b a n f i dj t c n ver fechten. Er meint allerbings, baß jeder neben „f c i n c m“ Alattc audj ein ober jwei gegncrijdK lofert möge. Er jeßeint bei biefem Acrlangen an eine etwas veraltete Art ber 3ettungsrebaftioncn ju benten. Es geßörte früßer allerdings jum SBefen ber Aartciblättcr, baß fic ganj in einem Gebauten aufgingen unb bie gegnerifefjen Rieinungen in Aaufcß unb Aogen abtaten. Sie bittierten bem Ecfer bie Meinung; fie fdjrieben ißm jeben Tag: bas, was wir bir fagen, ift richtig, alles anberc ift Unfinn. So verfahren heute leiber noch bic fojialbemotrati» fefjen Aartciblättcr mit Aorliebe; fic madjen ben Gegner verächtlich; fic wollen, baß ißre Ecfer in dem politifcßcn Gegner nießt bloß ben anders- meinenden feßen, fonbern ben nieberträrfjtigen, aus ben fcßlccfjteften Acwcggrünben ßanbelnbcn fteinb. Dasfclbc Spftem wirb bann frciiidj audj von bürger lichen Alättern auf bic Sojialbemotratie angewandt. 3um Glücf gibt es aber audj Aartciblättcr, bic eine anbere Acfjanblung ber Dinge unb Menfchen vorjießt. Sie füßren ißren Kampf f a dj l i eß, unb baju gehört ein ftetes Eingehen auiß auf bie Grünbc ber Gegner, bic alfo bem Eefer nidjt unterfdjlagcn, fon bern mitgcteilt werben, unb wenn bies auch fajt ftets unter gleichseitiger Kritit gcfchießt, fo ßat bodj jedermann bic 5Jlöglid)teit ber eigenen Racßprüfung. Er wirb feßr rajdj merten, wenn man ißn nur ü b c r = re b e n will, weil an ihn nießt überjeugen tann. „Dodj bas 3eitungslefen allein tut’s nidjt: man fcßlicßc fidj einer ber im Staate wirlfamcn politifcßcn Aarteien an.“ Rabe ftellt biefe forberung all gemein auf; er wirbt nidjt für c i n c_ beftimmte Aartei. Er nimmt ohne weiteres an, baß jebe nadj Entfteßung unb 3mccf in i ß r e m Sinne Gutes ju wirten fudjt. Allerdings beutet er an, baß er ber 3fortfdjrittlicßcn Aoltspartei ben Aorjug gibt; er. nimmt für fic ben Eßaratter einer waßren Aoltspartei in Anfprucß, „fofern alle möglichen Menfdjen in ißr vertreten finb, vor nehmlich ber burdj Geßnnung unb fojiale Stellung oon ben Konfervativen. Rationallißeralen unb ber Sojialbemotratie ansgefchloßenc (!) fdjlidj» tere Aürgerftanb". Das ift eine Meinung, bie bic anberen Aarteien natürlid) beftreiten werben; wir wüßten audj nicht, mie an ber Hanb ber SBaßl» jiffern unb ber Acrbreitung bic Acßauptung erhärtet werben fönnte. baß bie 7?ortfd>rittlicfje Aoltspartei Sa 11 e i n als wahre Aoltspartei anjufeßen wäre. biefe Aorrangs- unb SBertjtreitigteiten befdjäf» tigen uns hier nidjt, fonbern bie ftrage, inwiefern ber Anfdjluß an eine Aartei bem einjelnen bie Mög- lichtcit bietet, fidj wirtfam mit ber Aolitit ju bc» fdjäftigen. Aiele Staatsträger tennen bas Aarteileben nut aus ben JBaßltämpfen, b. fj. fie tennen nur ben Kricosjuftanb ber Aarteien, bie gefteigerte Beiben» febeftlidjteit mit all ihren üblen Erfrfjcinungcn. Run ift cs jwar wichtig, baß. wie im Kriege bic Soldaten ißr Hödjftes leiften, auch im SBafjItampfe bie Aartei» fämpfer ungewöhnliche Eigenfchaften entfalten muffen, vor allem Mut, Stanbfjaftigteit, Opfcrwilligteit, bic unter Umftänbcn bis jur SclbftaufOpferung geßt; aber wieberum, cbenfo wie im Kriege, bleiben audj häßliche Einbrücfe nicht aus, unb fic finb es, bie bei vielen bas Urteil über bas ganje Aartciwefen Mtimmen. JBas nergeffen wirb, ift bie große Arbeit, bic jebe voranftrebenbe Aartei nidjt nur fort« bauernb für ißre eigene Drganifation, fonbern auch für bie eigentliche Aolitit, im großen wie im flefncn,
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