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87. Jahrgang. AL 240. Bezugs-Gebühr >Nert»»lth»I. t»r Dre». »« det »glich »wei. N>rchau»»»1rti»e.— »MionLre di, »,da M. >«t einmal«,er Zu- Nalun, durch dt« Polt »N.<»hn« Bestell,eldj. >u»land: Oester. «Ich-Unmir» il,1» Kr-, Schweh »,« Art»., Jütten 7,l7 Lir«. — Rachdru« nur «It »aMlichar 0u»U«n. «uaod» i,Dr«»dner »achr.->p>M,.-Un. aerlan,ie Manultripi, M«rd. ntchtausbrwahrt. Telegramm-Adressc: Nachrichten Dresden. Gammelnummer für sämU. Telephonanschlüssc: LS 841. iltachtanschluss: II. Sonntag, 31. August 1013. Aegrckn-ek 1856 Druck und Verlag von Liepsch 5c Reichardt in Dresden. foncksnf- L/ioco/scks > 1?skim- c/iocolitils tpei'Tafel Ldocolscks! Lsoso /er ^ 0n;o 2/«o IX. Verse/'/' -er Lackoa 2. 3 v. 4^ IX ^ Anzeigen-Laris. Annahme von ilntün- digungen dt, nachm. N Uhr. Sonntag, nur Marienstrohe Nu von II bi»'/-! Uhr. Dt- einipaitige Zeile <etwa lt Silben» lih Pt.. die eweispallige Zeile au« Deilsette 70 Pi . die ziveilpalt. NeNameieii- 1.50 M.. Familie». Nachrichten aus Dre». den die einjpali. Zeile 2ü Pf. — Zn Rum- mern nach Sonn, und Feiertagen erhdh'er llari«. — Auswiiriige Aufträge nur gegen Borausde-rhlung. ZedesLelegdlattlOPI. Hauptgeschäfts st eile: Maricnstrasse 38 40. I-ampen al M 6ölims L I W Vii«*onlsst>7Las s. iei' kennen 7s>spfton 4837. vregänei' felä8LliIö88clien - bleibt unübertrokken! kliMIi«. L 8l>. kkonlsucl'ilsr-fsbkik König!, Läcbs. 0 14 llSV dl - 4. l-iotftslsrantsn Ssrcestr. L u. 7. I.S1 NM I» Itl« Ist lkel lickSllck- Vll iW-ilckstMll. /^OOLI 31 M Miller Stkssse M. Aüv sittgo ^lofev. Mutmassliche Witterung: Gewitterneigung, sonst keine Acndcrung. Dos Kaiserpaar na!>m gestern in Breslau eine Huldigung von 2 4 ft N ft Schulkindern entgegen. In Potsdam verlautet, daß der Kronprinz im Krühjahr die Führung des Breslauer Grcnadier-Rcgi- racntS Nr. 11 übernehmen wird. N c i ch s r e g i c r u n g und Bundcsrat werden einem elwaigen Beschlüsse des Reichstages auf Schaffung eines Wahlprusungsgerichts Hofes ihre Znstim Mung voraussichtlich nicht versagen. Der Wettbewerb zur Umgestaltung des Bcr- liner König platz es für den Zweck des Opernhaus- Neubaues wird im Herbst ausgeschrieben werden. In Gegenwart des Erzherzogs Karl Franz Joseph fand gestern bei Kulm eine Jahrhundert feier statt. Bon Amsterdam aus wurde eine Bewegung cingc- leitet, Schweden, Norwegen, Dänemark, die Niederlande. Belgien, die Schweiz und Luxemburg für den Kriegsfall zusammcnzuschliessen. Die Nachricht von einer Einigung der Mächte über eine» Finanzboykott gegenüber der Türkei wird von London aus dementiert. In Sofia wird bestätigt, dast Bulgarien in direkte Unterhandlungen mit der Türkei cintreten will. Der griechische M i n i st c r r a t beschloss auf Ver langen Bulgariens und der Grossmächte, Dcdcagatsch bis zum Eintreffen der Bulgaren besetzt zu halten. Kries und Frieden in der sozialdemokratische« Partei. Der Jenaer Parteitag wirst seine Schatten voraus. In zahlreichen Bezirks- und Lokalvcrsammlungen nehmen die „Genossen" zu den Themen des bevorstehenden Partei tages Stellung. Zum Teil geht cs dabei recht stürmisch her wie jüngst ans dem Parteitag der Provinz Branden burg in Frankfurt a. O-, in Niedcr-Barnim oder letzthin in den Bersammlungcn der Gross-Berliner Wahlkreis- Organisationen. Es herrscht Konfliktsstimmung in der Partei, und den Führern werden bisweilen derbe Wahr heiten gesagt. Es konnte den Massen nicht verborgen bleiben, dass ein Stillstand in der Bewegung der Klasscn- kampfpartci cingctretcn ist. Daher die Unzufriedenheit mit Len leitenden Persönlichkeiten, daher die ausgedehnte Debattier- und Diskutticrlust und die veränderte, aller Disziplin widersprechende Sprache gegenüber der Partci- grösscn. Tie Atmosphäre ist mit Elektrizität geladen. Ter Jenaer Parteitag soll das Ventil sein, um die Spannung zur Entladung zu bringen. Es sind zwei Fragen, die die Gemüter der „Genossen" aufs heftigste bewegen, die Frage des Massenstreiks und die Haltung der R e i ch s t a g s f r a k t i o n in den Kämpfen um die Wehr- und D c ck u n g s v o r l a g c. Anzunehmcn ist, dass die Führer die Frage der Propagierung deL Massenstreiks als das für sie ungefährlichere Thema tn den Vordergrund schieben werden, um die Auf merksamkeit der Massen und der Partcitagsangehörigcn von der die Partei in ihrem Innersten aufwühlenden An gelegenheit der Billigung oder Missbilligung der Haltung der Neichstagsfraktion in der Stcuerfrage abzuleuken. Ist die ersterwähnte Angelegenheit n u r eine taktische, so ist die letztere eine taktische und zugleich eminent pro grammatisch c. Verfehlt ist indessen die im bürgerlichen Lager stellenweise zum Ausdruck kommende Auffassung, dass über den Meinungsverschiedenheiten die sozialdemo kratische Partei auseinander bersten könnte. Die Partei des unentwegten Klassenkampscs hat schon schwerere und tiefer gehende Konflikte überwunden als den setzt zum Austrag drängenden. Im geeigneten Augenblick hat sich stets noch die richtige Kompromtsssormel gefunden, die, fein säuberlich vorbereitet denn auch in der entscheidenden Stunde Annahme fand. Daran wird auch der Umstand nicht- ändern, dass der alte Bebel nicht mehr unter den Lebenden weilt und die divergierenden Kräfte nicht mehr zusammenznhalten vermag. Seine Autorität war längst nur noch eine scheinbare, mehr auf die Ehrfurcht als auf eine überragende Bedeutung gegründete. Die Zügel der Herrschaft waren längst seinen welken Händen entglitten, »nd jüngere Leute wie der Hohenzvllcrnvcrächter Schcidc- mann u. a. sahen am Ruder. Die Parteitage haben unter der Führung der Jungen und Jüngsten ein anderes Ge sicht bekommen, ein weniger radikales, der Partcivorstand ist vielköpfiger geworden und soll in Zukunst noch mehr Personen als bisher umfassen, aber damit ist auch die Not wendigkeit der vorherigen Verständigung gewachsen, und die Kunst des Vermittclns, die Kunst der Diplomatie, feiert ihre Triumphe. Es wird weniger mit grobem Ge schütz geschossen als früher. Die Reden sind nicht mehr so wild wie einstmals, als die Partei noch in ihrer Sünden Maienblüte stand und von keinerlei Verantwortlichkcits- gcfühl angekränkelt war. Die einsichtsvollen Partci- männcr mahnen zur Geduld und Mäßigung, weil sie von den lauten Streitigkeiten eine Beeinträchtigung des Prestige der Partei bei den bürgerlichen Mitläufern be fürchten. Sic weisen darauf hin, dass eine Partei von 4^ Millionen Wählern Rücksichten zu nehmen habe auf die Stimmung im Bürgertum, um die Stimmen der zahlreichen Mitläufer nicht zu verlieren. Diese „Dämpfungs"-Poli tiker werden wahrscheinlich den Sieg davontrageu. Dass das Bürgertum indessen von ihnen ebensowenig etivas Gutes zu erwarten hat wie von den Heißspornen im radi kalen Lager, dürfte keines Beweises mehr bedürfen. Es ist bezeichnend für die Stimmung im rote» Lager, wie die Ansichten über die Haltung der Neichstagsfraktion in der Deckungsfrage auseinander und durcheinander gehen und wie die Meinungen der Radikalen und Revisio nisten vermengt erscheinen. Es ist bekannt und erst jüngst durch den Bericht ücö Partcivvrstandcs wieder ausführlich bestätigt worden, dass die sozialdemokratische Neichötags- fraktion bei der Abstimmung über die neuen Stcucrgesctze in zwei starke Gruppen gespalten war, dass 52 Mitglieder für den Wchrbcitrag und die Vcrmögcnszuwachsstcuer und 37 dagegen gestimmt haben, während die übrigen sich der Stimme enthalten haben. Der Genosse David hat sich auf der hessischen Landeskonferenz zum Wortführer derer aufgeworfen, die es für opportun hielten, „positive" Arbeit zu leisten, und er hat bereits einen Antrag ausgcarbcitet und vorbereitet für den Parteitag, der die Zustimmung der Fraktion zu den Vcsitzsteucrgesetzen ausdrücklich billigen soll. Er wendete sich scharf gegen die „S ch l a u- mcicrtaktik" der Unentwegten, die den Verwen dungszweck der Stcucrgesctze, die Verstärkung der Rüstungen, ausschlaggebend sein lassen wollten, und meinte, dass die Sozialdemokratie sich um jeden politischen Kredit gebracht hätte, wenn sie den Entwurf abgelehnt Hütte. Ja. er sprach geradezu davon, dass die Vcrmögenszuwachs- stcner einen ausserordentlichen Erjvlg der sozialdemokrati schen Partei bedeute. Mag diese Auffassung auch von starker Einbildung und Anmaßung cingegeben sein, ihrer Wirkung auf die Massen ist eine solche Behauptung immer sicher. Jedenfalls übt sie in diesem Falle mehr Einfluss aus die Massen als die Taktik der Oppositionellen, die sich hinter dem Dogma verschanzen. Ein Radikaler, der Abgeordnete Liebknecht, hat sich zu derselben Auffassung bekannt und es in Frankfurt a. O. ausgesprochen, dass die Rcichs- tagssraktion das kleinere Ucbcl wählen muhte. Hätte die Fraktion, so kalkulierte er, nach dem Grundsatz gehandelt: diesem System keinen Mann und keinen Groschen, dann hätte man eine Auslösung des Reichstages gewärtigen müssen, und eine solche wäre, das ist zwischen seinen Worten zu lesen, der Partei äußerst fatal gewesen. In ihrem Gefolge Hütte man dann neue indirekte Steuern gewärtigen müssen. Diese Aussicht, zusammen mit der Mandatssiircht, war für die Ja-Sager die Triebfeder ihres Handelns. Stimmte man zu. so hatte man die längst ersehnte Möglichkeit, die Reichen durch Brsitzsteuern besonders zu treffen und „den Rüstnngs- taumel der Kleinkapitalisten zu dämpfen". Eine solche famose Gelegenheit, den verhassten „Militaristen" eins aiiszuivjstheii, konnte selbst ein großer Teil der in dogmatischen Bedenke» befangenen Radikalen sich nicht entgehen lassen. Andere Partcileute, die ebenfalls im radikalen Lager zu suchen sind, führen auch das Argument ins Feld, dass eine Fraktion, hinter der 4'^ Millionen Wähler stehen und die aus IM Köpfen besteht, genötigt gewesen sei, „positiv" an den Ar beiten deS Rcichstngeö mitzuwirken, ein Argument, das, wenn cs in früheren Zeiten und unter anderen Umständen von den Revisionisten erhoben wurde, von den Radikalen mit Kopfschüttckn abgetan wurde. Ter Ehor der ganz „Prin zipienfesten" wird dagegen von Rosa Luxemburg an geführt. Ihre Borwürfe hageln auf die „Gesetzcsmacher", die Ketzer, die Abtrünnigen, die sich crdrcistct haben, von üem geheiligten Dogma abzuweichen. Aber ihre Wutaus brüche werden auf der anderen Seite nicht recht ernst ge nvmmcn. als töricht und dumm bezeichnet. Man kann sich also schon jetzt eine» Begriff davon machen, welcher Ton von den Leuten dieses Schlages auf dem Parteitage an geschlagen werden wird. Es ist indessen ivahrscheinlich, dass ihre Angriffe ziemlich wirkungslos verpuffen werden. Tic Parteiführer werden sie reden lassen, und da ihre Gruppe verhältnismässig klein, die der Opportunisten aber uw so grösser ist, eine sichere Mehrheit in der Stille um sich ver sammeln, die die Beschlüsse der Rcichstagsfraktion schliess lich billigen wird. Mit diesem System der „Wurschtigkeit" hat man schon bei früheren Gelegenheiten gute Erfahrungen gemacht. Können die Parteiführer hoffen, in dieser wichtigen, aber mehr theoretischen Frage das lauteste Geschrei zu dämpfen, so brauchen sie in der anderen zur Diskussion stehenden Angelegenheit, der des Massenstreiks, uw so weniger Rücksichten zu nehmen. Je mehr der Rwf nach dem Massenstreik das Steuergczänk übertönt, desto will kommener wird cs den verantwortlichen Regisseuren des Parteitages sein. Hier können sie die Geister sich auswbeu lassen, hier können sie den Massen ein klares Ziel zeigeu und hoffen, der unzufriedenen Stimmung Meister zu wer- den. Die revolutionäre Stimmung wächst zu sehends, ihr gilt es, Rechnung zu tragen. Von den Radi kalen und Revisionisten wird gleichmäßig das Ver langen nach Straßendemonstrationen und -Aktio nen erhoben, um den Massen neuen Agitationsstoff zu bieten, ihre Unzufriedenheit zu dämpfen und ihr Interesse von dem unfruchtbaren Stcucrgczänl abzulenkcn. Einem grossen Teile der Parteiführer ist diese von unten herairf- kommcnde Stimmung gar nicht unangenehm, sie schüren sie womöglich gar noch, wie Liebknecht, um sich hinterher auf „die Stimme des Volkes" berufen zu können. Der Wider stand gegen die Idee des Massenstreiks kommt weniger aus den Kreisen der Revisionisten, wiewohl auch hier einsichtige Köpfe vor den schweren wirtschaftlichen und politischen Folgen warnen, sondern mehr aus dem Lager der Ge werkschaften. wo man für die so mühsam aus gespeicherten Millionen fürchtet. Zwischen den Gewerk schaftlern und den Vertretern der Partei wird daher der eigentliche Kampf in Jena ausgefochtcn werden. Ihm werden die Bürgerlichen das besondere Interesse zuwcndcn müssen: denn wie die Entscheidung auch fallen wird, auf jeden Fall wird sic das Verhalten der Noten in der nächsten Zeit und die politische Zukunft im Reiche und in Preußen erheblich beeinflussen. Der Kaiserbesuch in Merlan. In der Jahrhundert-Ausstellung, in der am Sonnabend vormittag der Kaiser und die Kaiserin in Begleitung des gesamte» Hofes weilten, be sichtigte der Kaiser zunächst die historische A u s -- st e l l u ii g und in dieser als erstes Stück die Staatskalesche Napoleon». Tan» besuchte der Kaiser die österreichische und die russische Abteilung, sowie die bayrische und die sächsische. Von einer Ausschmückung der Jahrhundert- Aiisstelliiiig war ans Wunsch des Kaisers, der weiterhin auch die übrigen Teile der Ausstellung, so die Kolonial- »nd Gartenbau Ausstellung und die Jahrhundcrthalle. in Augenschein nahm, Abstand genommen worden, weil er sie im üblichen Gewände sehen wollte. Tic Kaiserin nahm an der Besichtigung der historischen Abteilung nicht teil. Sic bestieg einen leichten Wagen und durchfuhr die G artenbau - A u s st e l l u n g. Zuerst besichtigte sic die historischen Gärten, dann die neuzeitlichen Gärten, die Kolonialgäitcn, den Rosengarten und den im höchstem Schmuck stehenden Tahliengartcu. Zum Schluss besichtigte die Kaiserin den japanischen Garten. Gartenbau-Inspektor Danncberg-Brcslau führte die Kaiserin, die dann beim Restaurant „Rhcingold" in der Ausstellung vorfuhr und dort einen Verkaussstand für Karten in Augenschein nahm, der zu Wohltätigkcitszwecken für das Auguste-Biktoria- Haus in Berlin, das sich die Ausbildung von Kranken pflegerinnen im Kriege zur Aufgabe macht, ausgestellt worden ist. Tic Kaiserin kaufte mehrere der schönsten Exemplare der Karten. An der Huldigung der schlesischen Jugend, die der Kaiser nach der Besichtigung der Ausstellung cnt- gegeiinahm, nahmen 24 Oft» Schulkinder teil. Das Kaiscr- paar fuhr die Front der Ausstellung ab und nahm von der Rampe des Schlosses aus den Vorbeimarsch der Jugend ab. Eine Rede -cs Obcrpräsidcntcn. Bei der Huldigung der schlesischen Jugend ans dem Palaisplatze hielt Obcrpräsident Dr. v. Günther folgende Ansprache: „Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät bitten über 2ftftftft junge Schlesier, ihre jngcudsrisch blühende Hul digung darbringen zu dürfen. Sie stehen vor Eur«h