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63 Mittwoch, dev 19 1857 rz§e§trgtfch<r Wskksft-e««» Redigin und verlegt von E. M. Gärtner in Gchneptdrg und Schwarzenberg. Die Raben. i. ES" war an einem rauhen Dezemberabend de» Jahre» 17 . ., al- zwei alte Frauen den Hasen von Marseille auf einem Boote durchschifften, um nach ihrer Wohnung IN der Straße St. Laurent zu gelangen. Ein schneidender Wind pfiff durch da- Tackelwerk der vor Anter liegenden Schiffe, und schaufelte die Laternen, hin und her, deren matter Schim mer den Kat beleuchtete. Dicht schmiegten sich die beiden Alten aneinder, bargen ihr Gesicht unter der Kaputze ihrer Kattunmäntel und wärmten abwechslung-weise ihre Hände an einer kleinen Hornlaterne, deren röthlicheS Licht von ihren finstern Gesichtern widerstrahlte. Der einzige im Boote be findliche Schiffer ruderte au- LeibeSlkästen, während er an scheinend mit ängstlicher Miene eine heitere Weise vor sich hin zu summen strebte, al- ob er mit Gewalt einen unwill kürlichen Eindruck de» Schrecken- von sich bannen wollte, und nur von Zeit zu Zett einen verstohlenen Blick auf die beiden vor ihm fitzenden dunkeln Schattrngestalten gleiten zu lassen wagte. Während der ganzen Uebersahrt vom Kat Rtve-neuve bt» zum Fort St: Jean hörte man diese drei Personen kein einzige- Wort sprechen, und kaum waren sie da angelangt, al» der Schiffer an da- Land sprang, seine Barke sestband, und unbeweglich stehen blieb, denn er wagte eS nicht, seinen Passagieren die Hand zu bieten, die ohne seine Hülfe, IHM nach, an da- Land stiegen. „Hier, Meister Tounin," sagte eine derselben, und reichte ihm da- Fahrgeld dar. „Ich nehme nicht»," erwiderte er zurückscheuend, „macht damit morgen nur einem Armen ein Geschenk." „ES scheint, Ihr seid schon reich genug geworden, um bloS zu Eurem Vergnügen zu rudern; Eurem verstorbenen Vater wurde eS nicht so gut, er nahm selbst Almosen an, und fit waren wahrlich seiner Familie nicht zu viel," bemerkte die Andere bitter. „Ich bin nicht reicher, als er," antwortete der Schiffer, „da- weiß der liebe Himmel, doch kann ich ein gute- Werk thun, ohne daß ich heute Abend fasten müßte." „So verrichtet e- wenigsten- mit eigenen Händen, Mei ster Tounin, da- wird Euch mehr Glück bringen," sagte die Alte mit finsterer Miene, ihm die Münze abermals darbietend. „Weicht zurück," rief der Schiffer, halb vor Zorn, halb vor Schrecken aus, „Euer Geld brächte mir Unglück; beim heiligen Namen Gotter! ich nehme e- nicht an, behaltet es! ich will kein Geld von den Todten!" / „VH! Oh!" sagte die Alte gereizt; „nehmt Euch in Acht, daß wir Euch nicht bald selbst in ein alte- Betttuch hüllen!" Diese Art von Drohung machte den guten Schiffer vor Schrecken bleich, und zitternd bebte' er zutück; doch bald kehrte sein Muth wieder, und wuthentbrannt schrie er ihr ent- gegen: „Alte Hex«, die dem Teufel dient, Du wirst mich we- der todt, noch lebendig berühren! Deine Seele wird noch lange vor der meinen zur Hölle fahren!" Er begleitete diese Scheltwort« mit drohenden Geberden und die Alten wollten sich nun ruhig entfernen, aber TöuM vertrat,ihnen den Weg, und stießisottchährend HehwünschuA gen gegen sie äu». In diesem AvgentMe, kam «in junger Mann den einsamen Kat herab, der bei hem ihm entgegen» tönenden Lärm seinen Arm unter dem Mantel lo» Mächte, nach dem Detzen griff und schnell herbei vht«. „Oh! lieber Herr!" riefen Vie betbefi Alt«n zumal, „habt doch die Güt», un» vor diesem Grobian Rühe zu ver? schaffen, vir uns ohne allen Grund beschimpft, und NN» d^t- hindern will, nach Hause zu gelangen. Der junge Mann erkannte Tounin» Gewerbe aN sekN'»» röthen Mütze und seinem braunen Tuchmantel, und sagte "E ihm: „E- ist nicht fein von Euch, Schiffer, arme Frauew zu beleidigen, und thNen Furcht esnzujagen; sähe ich nicht, daß Ihr der ehrbaren Schifferinnung angehöret, so könnt- Üh fast versucht werden. Euch für einen Räuber zu halten, unk' Euch al» solchen zu behandeln." „Gnädigster Herr," erwiderte der Schiffer, al» er -«wahr wurde, daß er e» mit einer Person von Stände zu IHM hatte, „diese Frauen haben Drohungen gegen mich au-gestö» ßen, weil ich ihr Geld nicht anuehmen wollte." „Das ist nicht wohl zu glackben," sagte der Fremde. „ES ist wahr, wa» er sagt," fiel eine der Alttn «kN: „der Schiffer Tounin hat ün- dadurch beleidigt, .daß er un ser Geld nicht annehmen wollte, das doch so viel" werth ist, als da-, welches der bochwürdigste Abt von St. Biotpr tn der heiligen Woche unter die Armen vertheilt; HM eS ist ein geweihte» Geld!" „Ja wohl, das Geld der Todten," unterbrach sie der Schiffer Tounin, „erkeNnt Ihr sie denn nicht, gnädtgffer Hetr? Es find zwei alte Hexen. Morgen werde. ich mir einen ge weihten Palmenzweig an meinen Mast befestigen, daHlt Mir kein Unglück begegne, weil ich sie heute Abend durch den Ha fen geführt habe." Als er dies gesagt, stieß er die Geldmünze, welche die Alte inzwischen hatte aus den Boden fallen lassen, verächtlich mit dem Fuße zurück, und eilte nach seiner Barke. Der j junge Mann aber, der nicht begreifen konnte, wa» die» Alles bedeuten sollte, und nicht anders glaubte, al» daß der Schiffer närrisch sei, fragte die Alten, warum «r denn glaube, daß ihre Personen ihm Unglück brächten? „Heilige Jungfrau, Mutter Gotte-!" sagte die Ein«, indem sie sich bückte, um da- Geldstück aufzuheben, „ich weiß eS selbst nicht, wir haben in unserm ganzen Leben ktftlM Menschen etwa« zu Leide gethan; Gotte möge eS Euch vtr- gelten, da- Ihr uns zu rechter Zeit zu Hilfe geeilt seid.", „Gott möge e« ENch vergelten," stimmte die HnHhe bet. „Jesus Maria! die Laterne verlischt! und.hier ist e» so finster, wie in einem Backofen! Laß »HS- ijiD lmger hier säumen, Schwester, wir haben ja nicht m-ht Mt ngch Hanse; leider aber schwärmen so viele böse Leute bei.«der Nacht herum!" Den junge Mann sah au» ditser Atußerpng. und au»' dem ängstlichen Umherbllcken der. Heiden Alten", die sich färcht- sam aneinander schmiegten, daß sie Hch fürchteten, allein yaG 8 Hause zu gehen, und etbot sich fteündftch, sie" bi» zu 1HE