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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«. Prej« 221 Siwergr. (1 THIr.) vierteljährlich, I Thlr. für da« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der PreuSischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin hei Beil u. Comp., Jägerstraße Nr. 22), so wie von allen König!. Poss-Aemtrrn, angenommen. Literatur des Auslandes. M 13S Berlin, Dienstag den 11. November 184S. Ceylon. Zur Geschichte der Insel Ceylon und des Buddhismus.') Ceylon, eine der fruchtbarsten und wichtigsten der britischen Kolonieen, gehört auch in historischer Beziehung zu den interessantesten Punkten des indischen Ländersystems. Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende lang war diese Insel das heilige Land des Buddhismus, einer Religion, zu der sich zwei- bis dreihundert Millionen menschlicher Wesen bekennen. Der Sage nach lebte und wirkte hier der große Gautama Buddha, der lange vor der christlichen Zeitrechnung eine mächtige Revolution in den Meinungen und GlaubenSsormcn des südlichen und mittleren Asiens hervorbrachte. Hier war der Sitz der Pali-Sprache und Literatur, die der gelehrten Welt ein so um fassendes Studium darbieten, dessen Resultate uns vielleicht über die ehe malige» Verbindungen zwischen Indien und Persien, Chaldäa und Aegypten aufklären werden, wenn eS dem Fleiß und dem Scharfsinn europäischer Alter- thumSsorscher und Philologen gelingt, die fabelhafte Beimischung auszuscheiden, welche die üppige Einbildungskraft der Orientalen über diesen Gegenstand ver breitet hat. Die Insel Ceylon rühmt sich einer ununterbrochenen Reihe souverainer Fürsten, die mit Widscheja anfängt, der 24Z vor Christi Geburt den Thron bestieg, und mit Wikrama-Singha endet, der 1812 von den Engländern entthront wurde. Während dieses langen Zeitraums sollen nicht weniger als hundertsiebzig Herrscher regiert haben; aber obgleich die einheimischen Annalen ihre Thaten umständlich erzählen und ihre Macht und Weisheit verherrlichen, ist diese Chronologie doch manchem Zweifel unterworfen. Erstens weiß man nicht, ob die Jahre der cingalesischen Geschichtsschreiber mit den unsrigen von gleicher Dauer sind, und zweitens ist eS unentschieden, ob mehrere von diesen 17» Regenten nicht gleichzeitig über einzelne Theile der Insel geherrscht haben, da letztere von drei verschiedenen Volksstämmen bewohnt wurde. In der That hatte jeder von diesen Stämmen seinen eigenen König, und obwohl derjenige, der den Thron Widscheja'S einnahm, einen höheren Rang behauptete und von den beiden anderen als ihr feudales Oberhaupt anerkannt wurde, so ist eS doch nicht unwahrscheinlich, daß man bei Aufzählung der cingalesischen Monar chen den Lehnsherrn zuweilen mit seinen Vasallen verwechselte. Den Ursprung der Dynastie Widscheja'S erzählen die einheimischen Chro nisten auf folgende Weise. Etwa fünf- bis sechshundert Jahre vor Christi Geburt herrschte in Wango (dem heutigen Bengalen) ein Fürst, der wegen seiner Abstammung von einem Löwen (Singst») de» Namen Singhabahn führte. Dieser Fürst hatte zwei Sühne, von denen Widscheja der ältere war. Der zügellose Charakter dieses Jünglings, der sich an die Spitze einer Räuber schaar stellte, die Unterthanen seines Vaters auSplünderte und das Land ver heerte, erschöpfte die Geduld des Volkes, das mit lautem Geschrei seine Be strafung verlangte. Der König, der sich außer Stande sah, ihn länger zu schützen, aber ihn anch nicht seinen Feinden ausliefern wollte, schickte ihn mit siebenhundert Gefährten überS Meer, um sein Glück in der Fremde zu suchen. Der verbannte Prinz schiffte sich nach Ceylon ein, und da seine Kräfte ihm nicht erlaubten, etwas mit Gewalt zu versuchen, so nahm er seine Zuflucht zur List. Er bewarb sich uni die Hand der cingalesischen Fürstentochter Kuwani, durch welche er mit den vornchmsten Häuptlingen der Insel in Ver bindung trat; insgeheim ging er aber mit dem Plane um, seine neuen Ver wandten aus dem Wege zu räumen, um für sich selbst Platz zu machen. Hierzu bot sich ihm bald eine Gelegenheit dar: bei einer königlichen Hochzeit, die mit mehr als gewöhnlichem Pomp gefeiert wurde, befand sich auch Wid scheja mit seiner Schaar unter den Gästen, und als die Theilnehmer des Festes sich arglos der Freude und dem Wein überließen, zogen die Fremdlinge ihre verborgenen Waffen und metzelten Alle nieder, die sich ihren BergrößerungS- Plänen widersetzen konnten. Die übrigen Fürsten wurden nach und nach zur Unterwerfung gezwungen oder überredet, und Widscheja herrschte bald als unumschränkter Gebieter über die Insel. Wenn die Literatur des Orients erst vollständig bekannt wird, so ist eS höchst wahrscheinlich, daß wir in ihr den Typus mancher Sagen entdecken werden, denen wir jetzt einen celtischen oder gothischen Ursprung zuschreiben. Der cingalesische Widscheja hat z. B. eine schlagende Aehnlichkeit mit dem *) Nirtvrz, ok le v!on, fron, t!,e ear»e«t perivss tu tko present tline. London, 18LS. Der Verfasser, Herr William Knighton, ist in Colombo, der Hauptstadt von Ceylon, ansässig. angelsächsischen Hengist, der, einer alten frisischen Chronik zufolge, seiner Unordnungen wegen von seinem Vater außer Landes geschickt wurde und sich durch List und Gewalt des britischen Thrones bemächtigte. In der britischen Sage ist Rowena zwar die Tochter des fremden, nicht des eingebornen Fürsten, aber in allen anderen Punkten treffen die beiden Sagen so genau zusammen, daß sie manche Betrachtungen Hervorrufen. Wie diese und andere Ueberlieferungen, ist auch die Metempsychose oder Seelcnwanderung, die zu den Haupt-Lehrsätzen der alten gallischen und britisch.celtischen Mythologie gehörte, aus Indien nach Europa gekommen, und Pythagoras brauchte nicht erst nach Aegypten oder den Ufern des Ganges zu reisen, um sie kennen zu lernen, da sie dem celtischen Geschlechte, welches damals sogar einen Theil von Italien und die Gränzen von Hellas bewohnte, schon längst kein Gc- heimniß war. Das Jahr, in dem Widscheja den Thron bestieg (2äZ vor Chr. Geb.), war nach den Berichten der cingalesischen Chronisten dasselbe, in welchem ihr großer Religionsstifte«, Gautama Buddha, sein irdisches Daseyn beschloß. Wenn aber ein solcher Charakter je eristirt hat und nicht vielmehr eine bloße Mythe ist, so muß er weit früher gelebt haben — vielleicht tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung, wie der Professor Wilson nach den besten orientalischen Quellen berechnet. Die Ungewißheit, die über diesen Punkt verbreitet ist, rührt von der großen Anzahl Personen her, die in Zeiträumen von je tausend Jahren unter dem Namen Buddha erschienen und von denen Gautama der fünfundzwanzigste war. Sie erhoben sich alle durch ihre eigene, selbständige Tugend zur göttlichen Natur, indeni die buddhistische Lehre das Gottwerdcn als nothwendigeS Resultat vollkommener menschlicher Tugend darstellt. Höchst wahrscheinlich gehören sie Alle in das Gebiet der Fabel, und es ist schwer zu sagen, wo und auf welche Art die Religion entstanden ist, die ihren Namen fuhrt. Als Ausgangspunkt derselben giebt man gewöhnlich Magadha im nördlichen Hindustan an, unter welchem Namen das heutige Bengalen ver standen wird ; aber diese Hypothese beruht auf sehr unbestimmten Grundlagen. Aus der gelegentlichen Analogie zwischen dem Pali, dem geheiligten Dialekte der Buddhisten, und dem Pahlivi oder selbst dem Zend, und noch mehr aus einigen in der Zendawesta befindlichen Andeutungen möchte man beinahe schließen, daß .die Wiege der indischen Glaubenslehre in Baktricn oder Iran zu suche» wäre. In jedem Fall verdient diese Frage die Beachtung der wenigen Orientalisten, die eine hinreichende Kenntniß der alten Pali-Sprache besitzen und zu den heiligen Schriften der Buddhisten Zutritt haben. Sie werden in letzteren allerdings die beiden feindlichen Prinzipe und die Anbetung des Feuers als Symbol der Gottheit vermissen, aber in der einen Religion wie in der anderen finden sich Lehrsätze, die von einem gemeinschaftlichen Ur sprünge zeugen und vielleicht aus einer Quelle stammen, die älter als beide war — möglicherweise aus einer uralte» GlaubcnSform, die ei»st in Iran herrschte. Nach einem alten Biographen des Zerduscht oder Zoroaster war in jenem Lande die Vergötterung berühmter Sterblichen gebräuchlich, und das Volk hielt dort so fest an seinem Glauben, daß eS die Ermahnungen des neuen Apostels mit Verachtung abwieS. Nichtsdestoweniger könne» wir mit Grund annehmen, daß er einige seiner Dogmen aus Iran entlehnte. Das Verbot, irgend ein Thier umzubriugen, die Vorschrift, sich der Sittcnrcinheit zu be fleißigen und mit den himmlischen Mächten Umgang zu pflegen, der Glaube an Diw'S oder Genien und an finstere Geister, die uns stets umschweben und die wir nur durch frommen Lebenswandel verscheuchen können — diese und noch andere Punkte sind den Lehren des Zerduscht und des Buddha gemein und waren, wie eS scheint, schon früher in Iran bekannt. Wenn nun auch die Zeit, uni die Gautama Buddha lebte, und die Ge- gend, in der er zum letztenmal in Menschengestalt auftrat, dem Zweifel unter worfen find, so haben doch die Cingalesen stets behauptet, daß er unter ihnen verweilt und ihre Insel zum Schauplatz seiner Thaten erkoren habe. Bei seiner ersten Ankunft machten die Dämonen ihm die Landung streitig und ver- sammelten fich in so ungeheurer Zahl, daß eS ihm unmöglich war, das Ufer zu betreten. Endlich wichen fie insoweit zurück, daß er einen Fuß auf die Erde setzen konnte. Dieses war hinreichend: wie Zerduscht, trieb er durch die Kraft seiner Worte die bösen Geister in die Flucht. Ein zweiter und dritter Besuch hatten gleichen Erfolg, und durch die Wunder, die er vollbrachte, bekehrte er fast sämmtliche Einwohner der Insel zu seiner Religion. Als un umstößlicher Beweis seines Aufenthalts in Ceylon dient die Spur seines Fußes, dessen Abdruck auf dem Gipfel eines der höchsten Berge gezeigt wird. Die Malabaren, die fich zur braminischen Sekte bekennen, verehren zwar diesen Fußstapfen als den ihres Gottmenschen Siva, während die Muhammedaner