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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188508301
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850830
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850830
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-08
- Tag 1885-08-30
-
Monat
1885-08
-
Jahr
1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1885
- Autor
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Erscheint täqlick srüh 6»/, Uhr. Kkdaction und Lrvrdition Jobanne-gaffe 8. SprrMundrn üer UrSaltion: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag- 5—6 Uvr. ü»r »>« «UOgat, km»i»ud,rr M°nu>cr»u «-«» s» t» »irdaclwa uudt v«rd>»«i». Annahme vrr sür Aie nätbftfol,e>»e Nummer besiimmlen Jnsrraie au LSochriiiagrn b,s N Ndr Nachmittag», au Tonn- nno Festtagen srüh du»' ,0 Udr. 2n Len /ilialrn skr Ins.-^nnakmc: Ltto tZlrinui, Unioersiiäl-strahe 1. Lou»S Laiche, Natdarineusir. 23, p. u»r bis '/,N Nhr. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. 2i«flaqe Ädonnemenlspreis vienelz. 4". MN. mcl. Bringenobn 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Nil. ,hoe einzelne Nummer 20 P>. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren iur Exirabeilagen sin Tageblatt-Hormar gesalzt) ohne Postbriörverui q 39 Nil. mit Polibejvrdcrunq 48 Ml. Inserate Kgespaltene Petitzeile 20 P!. Gröbere Schrille» laul uni. Preivverzeichnib- Dabeüanjcher u. Zifscrniay nach höheriu Tarn. Neclamrn unter dem Redactionsstrich dle4gesralt. keile 50 Ps., vorben Familie niiackri chicn die Kgespallene Zeile 40 Pl. Iaierate sind sleis an die ErpeSition za jeudeu. — Rabatt wird mau gegeben. Zahlung pruelmwerauäo ober durcp Pc>st- aachnalinie. 242. Sonntag den 30. August 1885. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Da eS wünsckenswerth in. dag dem Rationalfesttage Deutschlands, dem 2. September. in unserer Siadt auch äußerlich ein jesuicheS Gewand gegeben iverde, so rickkeii wir an die Bewohner unserer Stadl daS Ersuchen, a» diesem Tage die Gebäude in würdiger Weise mit Fiaggenschmuck zu versehen. Leipzig, den 24. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Hentschel. Vekanntmachnng. DaS Befahren des Weges zwischen dem ehemaligen Frank furter Thore und de», neuen Schützenhause am 2 September während der Zeit von V,3—5 Ukr Nachmittag» wird für Fuhrwerk jeder Art hiermit untersagt und wird der Fähr verkehr während dieser Zeit aus den Weg vom Knhthurnie nach dem neuen Schützcnhause verwiesen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 20 geahndet. Leipzig, den 24. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. 1)r. Georgi. Hentschel. Bekanntmachung. Sämmtliche städtische Verwaltung-- und Cassenexpcditionen bleiben am 2. September geschloffen. Leipzig, den 24. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Hentschel. Bekanntmachung. Nachdem wir beschlossen haben, den Termin deS Inkraft treten- des von uns unterm 0. Juni d. I. bekannt gemachten Regulativs, die Beleuchtung der Treppen uad Hose in bewohnten Gebäuden betreffend, ui» 1 Monat hinauszuschieben, bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kennt- niß, daß dasselbe nunmehr am 1. Oktober 1885 in Kraft treten wird. Leipzig, den 20. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. Or. Georgi. Hennig. Bekanntmachung. Wegen Neupflasterung wiro die Dkarienstraste ans der Strecke von der Eckutzensiraße bis zur Kreuzung mit der Salomonstraße und einschließlich der Kreuzung von Donnerstag, den 3. September d. I. ab bis ans Weiteres für allen unbefugten Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 20. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. l)r. Georgi. Hennig. Bekanntmachung. Tie beim Erweiterungsbau deS kiesigen städtischen Museum? bcnötbigtcn Tischlerarbeiten sind vergeben und werden daher die unberücksichtigt gebliebenen Herren Submittenten ihrer Offerten hiermit entlassen. Leipzig, den 25. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Krumbiege». Bekanntmachung. Aus sein Ansuchen ist Herr Kaufmann Max Kretzschmar, Inhaber der Firma: Julius Helsi L Co., Sophiensir. KO. I., auö dem von ihm bi-bcr bekleideten Amte eines Armenpfleger» ii» 25. Tistricte entlassen worden. Wir sprechen ibm hiermit unseren Tank für die unserem Armenwesen gewährte Mit wirkung aus. Leipzig, den 28. August 1885 DaS Armendirectortnm. Winter. A. Bekanntmachung. Ans sein Ansuchen ist Herr Maurermeister Gottfried Hermann Gerstenberger, Körnerstraße Nr. 8. I. au- dem von ihm bekleideten Amte eine- Armeapflegers im 23. Tistricte entlassen worden. Wir spreche» ibm hiermit unseren Tank für die unserem Armeiiwesen gewährte Mit wirkung aus. Leipzig, den 28. August 1885. DaS Armendirectortnm. Winter. A. Gesucht wird die am 30. Januar l8vt in Halle a. S. geborene Anna bharlotte König, welche zuletzt in Auerbach i. V. ausbältlicv war und zur Fürsorge für ihr in Waisenpstege befindliches Kind anzu- haltcn ist. Leipzig, am 22. August 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. — Armenamt. — W i nter. Werner. Aufforderung zur beschleunigten Be- und Entladung Ver Eisenbahnwagen. Aus (Rund uns zugegangener Mittheilungcn über den steigenden Verkehr und den dadurch bedingten starken Bedarf an offenen Güter- wagen sehen mir un- veranlaßt, »„» an die Betheiligten mtt der Aufforderung zu wenden, in ihrem eigenen Interesse für möglichst rasche und regelmäßige Be - und Entladung der Wagen Sorge zu tragen, da sonst bei iortdauernder Berkehr.steigerung, wie sie eriahrung-niäß'g uni diese Jahreszeit cinziitrelen pflegt, wieder eine allgemeine Verkürzung der Ladefristen zu besürchten sein würde. Leipzig, den 84. August 1885. Die Hai>del»ta«mer. vr. Wach-muth, Bors. vr. Gensrl, S. Am Srdantage wird in den Volksschulen eine stestseter abgk- halten, welche in der 1. Bürgerschule für Knaben und in der 6. Be zirksschule sür Knaben »,„ 8 Uhr. in den übrigen Schulen um K Ubr ihren Anfang nimm». Zu derselben laden alle Freunde und Gönner der Bolksschule ergebenst ein bie Direktoren der BolkSschnlen. Bekanntmachung.^ Am Tedanfcste, Mittwoch den 2. Septem der. werden mit Rück sicht aus di« in Leipzig staitfindende allgemeine öffenilichc Feier die Tienslslunden sür den Verkehr mit dein Publicum bei den Post- anstaltca in Leipzig wie folgt abaehalten: 7—v Uhr Vormittags, 11—1 Uhr Mittags und 5-8 Uhr Nachmittags. Leipzig, 29. August 1885. Ter Kaiserliche Lber-Postdirector. In Berirclung Calame. Br. Bekanntmachung. Die Herstellung de? mit eisernem Oberbau zu verseilenden öffentlichen Abortes für den Sükplatz soll an einen Unter nehmer in Accvrk verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeit liegen in unserer Tie'bau-Berwallung, Ratbhaus, II. Etage, Zimmer Nr. 14. au- und können daselbst «»gesehen. resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Abort am Südplatz" verleben ebendaselbst Mid zwar bis znm 8. September dss. IS., Nachmittags 5 Uhr, ein zureichen. Leipzig, am 20. August 1885. DeS RathS der Stadt Leipzig Straßenbau. Deputation. Königliche Akademie der bildenden Künste und Bunstgemerbeschule zu Leipzig. Frequenz im letzten Jahre 831 Schüler. Die Studien im Wintersemester 1885/88 beginnen ... ' - Donnerttag, den 1. Lctober a die Dage-curse srüb 8 Uhr, die Abeodcurst um 5 Uhr. Der Lehrplan »msaflt alle UnterrichtSgebirtc der bilden den Künste »nd des KnnstgewerbeS, und berücksichtigt spccicU die Ausbildung in de» graphischen tiiinsteu. Anmeldungen zur Ausnahme sind in der Zeit vom 14. bis mii 26. September d. I. in der Expedition der Akademie, westl. Flügel der Pleißenburg, 2. Etage, Nachmittag- zwischen 4 und 5 Uhr zu bewirken. Leipzig, den 17. August 1885. Der Director: Or. Ludw. Nieper. Bekanntmachung. Ter diesjährige zweite Noß- und Viehmarkt in Volkmarsdorf'Leipzig findet Dien-tag, den 8. September diese» Jahres statt. Ter «kmcinderath daselbst. Lehmann. Wgl. Steckbrief. Gegen den Knaben Emil Zille au- Neuiellerhausen. geboren zu Woelpern am 17. Seviember 1870, welcher flüchtig ist, ist die Unter- suchungSdasl wegen Diebstahl- verhängt. ES wird ersucht, denselben zu verhaften und in da-Amtsgericht-- Gesängniß zu Delitzsch abzuliesern. Delitzsch, den 26. August 1885. Königliches Amtsgericht. Nichtamtlicher Theil. Der deutsch-spanische Streitfall. Wenn man die tiefgreifende Bcränderung betrachtet, welche die Beziehungen deS spanischen Volkes zum deutschen in den letzten 14 Tagen erlitten haben, so kommt man leider zu dem Schluß, daß der europäische Friede nicht so scst begründet ist, wie er es z» sein scheint. Man braucht nur de» Ausenthalt deS deutschen Kronprinzen in Spanien im November 1883 mit der Kundgebung zu vergleichen, welche i» diesen Tagen in Madrid statlgesunde» bat. TamalS strömten die Spanier gegen den erlauchte» Vertreter LeS deutschen Reiches in Höflichkeitsbezeigungen über und, wobin er kam, winde er ausS Herzlichste empfangen, und noch nicht zwei Jabre später wirb bie Verkündung der Ccchutzberrschast Deutschlands über eine Inselgruppe in der Siidsee. um welche sich Spanien seit Jahrhunderten nicht gekümmert hat. zu», AuSgangSpunct einer Bewegung, welche eine» ausgeprägt seiiidseligen Ebarakier gegen Deutschland zeigt. Man veranstaltet einen groß artigen Umzug mit Fahnen und Emblemen in der spanischen Hauptstadt, um gegen die angebliche Verletzung deS spanischen Gebiete- pomphaft Widerspruch zu erbeben, das Volk verlangt stürmisch die Abseiidnng von 25,000 Man», uni die Earolincn-Jnfel» gegen jeden Angriff zu schützen, und gcbcrdet sich, als ob Spanien sich Hals über Kops in einen Krieg gegen daS deutsche Reich stürzen müsse. Und ein Theil der französischen Presse fühlt sich berufen, die Spanier in ihrem wahnsinnigen Beginnen zu bestärken und sie in die Feindschaft gegen Deutschland immer mebr dineinzubetzen Wahrlick, mit so wankelmüthigen Leuten gute Freundschaft zu halten, ist schwerer als man deiiken sollte! Spanien? Regie rung und Volk haben seil dem Regierungsantritt Alson's XII., also seit bald elf Jabrcn, vo» Deutschland nur Beweise der Freunvschast und der wohlwollendsten Theilnahme an ihrem Wiederausblüben erfahre», und jetzt reicht die Wahrnehmung keulschcr HantelSinteresien in der Siidsee bin, um daS spanische Volk i» eine Art von Raserei zu versetze». DaS sollte man nickt siir möglich halten, und dennoch ist eS geschehen. Tie spanische Regierung hat dem gegenüber einen schweren Stand. König und Ministerium mögen die Sachlage unbefangen und leidenschaftslos beurtbeilen und prüfe», ei» in einem Wahne befangene» Volk läßt sich dadurch nickt eine» Besseren belehren; irgend ein Ausruf, der in den Volkston einstimmt, wäre ihm weit willkommener, al» die Mahnung zur nüchternen Betrach tung und Würdigung der Tbatsachen. ES muß der spanischen Regierung angesichts der im Lande berrschenden Aufregung hoch angerechnet werben, daß sie den Mulh gehabt bat, von übet angebrachten U berlreibunge» zu reden, welche die letzten Tage in Folge mißverstandener Auffassung klarer Thatsacken gebracht habe». Tie Regierung hat keinen Anstand genoivuicii, durch die ihr zu Geboie stehende Presse zu verkünde», daß sie vo» den sreundsckasilichen und versöhnlichen Schritten Deutsch lands sehr bcsricdigl sei und die Ueberlreibuiigen eines großen Theile? der übermäßig erregten Presse vcriirlheile. Man hat dcmgcnläs; i» der Streitfrage der Carolinen z» unterscheiden zwischen einer krankhast erregten und durch französische Hetzer zur höchsten Leidenschaft entflammten Volks menge und einer zur v'rstänbigen Prüsung der Sachlage geneigte» und fähigen Regierung. Diese kennt die Ge sinnungen der deutschen Negierung gegen Spanien, sie weiß, daß vo» einer feindseligen Absicht oder einer wissentlichen, ini Gesubl der Nelermackt begangenen Rechtsverletzung bei Tciilschland nickt die Rede sein kann, aber sic kan» die VolkSstininiung nicht vollständig unbeachtet lasten; sie muß den guten Wille», wenn er auch »och so verfehlt ist. gellen lasten und kann nur aus die all- niälige Rückkehr zur verständigen Beurtbeilung der tbalsäcblichen Verbältniffe b.nwirte». Das Telegramm, welches in dem Miiusierrathe vom 24. August zur Verlesung gelangte, liegt jetzt im Wortlaute vor und kann nur den Ein druck bestätigen, welchen die Haliung Deutschlands in dieser Frage von Ausang an aus die spanische Negierung gemacht haben muß. Obwohl die deutsche Regierung die Carolinen als herrenloses Gut betrachtet und im Einklang damit bie spanische Negierung von ibrer Absicht, die Inseln unter Reichsschutz zu stelle», in Kenntniß gesetzt hat, hat sie sich dennoch bereit erklärt, in die nochinalige Prüfung der Frage einzulreten und über die von Spanien behaupteten Neckte zu verhandeln. Sie hat aber ausdrücklich lniizngesügt, baß sie de» lebhaften Wunsch hegt, die guten Beziehungen, welche zwischen den beiden Negierungen stets bestände» haben, zu verstärken und inniger zu gestalten. Enic solche Sprache koniile in Spanien »>cht iliierwivert bleiben, unv der Ton der miiiisteriellen Presse Spanien» zeigt, daß sie aus frucht baren Bode» gesalten ist. Aber wie sieben denn die Dinge auf den Carolinen? ES giebt dort keine spanische Behörde, es bestehen ans den selben auch keine spanischen Handelsniederlaffungen. Ter Handel europäischer Kausieute aus den Inseln ist in den Händen von Tauschen und Engländern, und der deutsche Handel uiiisaßt de» dreifachen Betrag des englischen. Es konnten also überhaupt als Schntzberren nur Deutschland unv England in Betracht kommen; bie Entdeckung der Inseln durch Spanier unk die spanische» BekebrungSversuchc haben nur ein distviischcS Interesse; Neckte sür'die Gegen wart und Zukunft wurden dadurch nickt begründet, weil sie durch Jahrhunderte währende NicklauSübung verloren gingen. Tie Rcise des deutsche» Kronprinzen nach Spanien hatte bekanntlich de» ausgesprochenen Zweck, die Monarchie des Königs AlsonS XIl. auf eine festere Grundlage stellen zu Helsen durch die vor aller Welt kund getkane Freundschaft, welche ein mächtige» Reich dem seiner Wiedcrausrichtung zu- slrebendcn Spanien entgegenbrachte, die Erreichung seiner Wünsche zu erleichtern. Allerdings giebt eS aus dem politischen Gebiete keine platonische Liebe, jede Leistung setzt eine Gegen leistung voraus, und die Gegenleistung, welche Deutschland sür bie Spanien enlgegengebrachte Frenndschast beansprucht, ist der feste Anschluß Spaniens an Deutschland zur Herstellung eines Gegengewichts gegen die stets bereiten Anstrengungen Frankreichs, den europäischen Frieden zu stören. Wie alle vo» Umwälzungen heinigesuchten Länder befindet sich auch Spanien in einem geschwächten GesuiidheitSzustailde und be darf deshalb einer vorsichtigen Behandlung. Der körperlich und geistig gesunde Mensch besitzt die Kraft »nd Fähigkeit, die Tinge und Verhältnisse rubig und unbe fangen z» benrtbeilcn, während der kraule, reizbare Mensch GeiniithSbewegungen auSacsetzt ist, welche mehr durch Ein bildung als durch Thatlachcn hervorgerusen werken. In letzterer Lage befindet sich daS spanische Volk. So wie eS sich den Lockungen und Verführungen eines Zorilla seit dem Sturz der Jsabclla leicht zugänglich erwiesen hat, weil es dem Gaukelbild der Freiheit folgt, welches ihm von diesem Agitator vorgebatlen wird, so wird eS auch schnell von dem Taumel ergriffen, in welche» eö der Gedanke reißt, daß die Rechte deS spanischen Volke- verletzt werden lönntcn. Folgerichtiges Denken »»iß die Spanier dazu führen, daß eine Macht, welche die Dauer der beliebenden Verbältniffe und die Befestigung des Friedens als leitende Grundsätze ihrer inneren und auswärtige» Politik ausgestellt hat, uiimögtich da« Bestreben habe» kann, an dem Bestände und den Bcsitzvcrbältniffen der übrigen Mächte zu rütteln. Die stetige Fortentwicklung und Wiederausrichtung Spaniens li-gt Deutschland ebenso ani Herzen, wie die gesunde Entwicklung aller übrigen europäischen Skaalen; aber Deulschlanv kann deshalb nickt aus die Wahr nehmung seiner eigenen Interessen verzichten, weil die krank haft erh'tzte Einbilrni'gSkrast eines befreundeten Volke- sich mit dem selbstgcschaffcnen Scbreckbild ängstigt, daß Deutsch land seine Neckte schädigen oder mißachte» will. Spanien möge mit uns in Frieden und Freundschaft weiter leben, aber uns nicht durch krankhafte Enipsindtichkeit in unserer Ruhe stören. * Leipzig, 30. Anglist 1883. * Während bei uns eine grundsätzliche Opposition auS allen Kräften bemüht ist, die Colonialpotilik der Reichsregierung in dem Urtbeil der öffentlichen Meinung zu diScrekitiren, findet dieselbe Politik im AuSlanve nickt nur volle Würdigung, sondern wird — in Frankreich z. B.— von einer so unbediursi autoritativen Instanz, wie daS der Ackerbau- und HandelSminister doch zweifellos ist, als nach- ahmenSwertheS Beispiel ausgestellt. Herr Meline that die- in einer GelegenheilSanspracke an die Wähler seines hcimalh- licben Departements, in welcher er die ausschlaggebende Be deutung eines möglichst ausgedehnten colonialen Besitzes für die Interessen der heimischen Industrie und die Erhaltung resp. Steigerung ihrer Eoncurrenzsäbigkeit aus dem Welt märkte entwickelte und, aus das bezügliche Vorgehen der anderen Mächte hinweisend, äußerte: „Alle suchen den Erwerb von Eolonien, und wir sehen Herr» von ViSmarck allent halben da« deutsche Banner aufpflanzen, in Asien, in Afrika, im Stillen Oceau, ohne Furcht, bei seinen besten Freunden — gestern England, heute Spanien — anzustoßen, so klar ist er ich bewußt, daß der außerordentliche Ausschwung, welche» er der Industrie seine- Lande« gegeben hat, bald ins Stocken aeratben möchte, wenn er nickt ihre Ausbreitung über neue Gebiete sicher stellte." — Von dieser Anschauung auch seiiier- eits durchdrungen, sprach denn auch der sranzöstiche HandclS- ininister ii» Verfolg seiner Darlegungen aus daS Eindringlichste .n Gunsten einer activen Colonialpolitik, „als das einzige Mittel, der sranzösiscben Industrie neue Absatzmärkte zu ve>- chassen und ihr bie Kundschaft jener Völker zuzusülweu, welche wohl Bedürfnisse haben, aber keine Industrie, dciiselbeu Befriedigung zu gewähren." * Man schreibt unS a»S Wilhelmshaven vom 28. August: „Mit der Aiikunst des stattlichen Geschwader», Geschwaderckes Eonlre-Admiral von Blanc, bestellend a»S dem Flaggschiff „Stein" mit Sr. kgl. Hoheit Prinz Heinrich a» Bord, den Panzerschiffen „Bavern", „Friedrick Kart" und „Hansa", den Kreiizercorvetten „Olga" und „Sophie", sowie dem Geschwaderaviso „Pfeil", entfaltet fick hier ein ungemein regcS Leben. Die Haseneinsal'rt unv die Molen sind die Scene der rührigsten Tbätiakeit; beständig fahren Dampsbarkassen und Ruderboote, den Proviant n»k die Post befördernd, hin »nd ber und vermitteln den Verkehr zwischen dem Geschwader »nd dem Lande. So weit sich bis jetzt die Verbältniffe über blicken lasten, wird daS unter dem Befehl de? Eontre-AdmiralS von Blanc stehende Geschwader der eingreifende Theil beiden am Montag beginnende» Manövern sei», während die Panzer kanoncnboot-Flottille unter Eommando deS Eapitains z. S. von PawclSz, bestehend a»S dem Flaggschiff Aviso „Ponimerania" »nd de» Panzerfahrzeugen „W.'Spe", „Mücke", „Viper" und „Salamander", sowie den beiden Torpedoboots kivisionen mit den Flaggschiffen „Blitz" und „Brummer" die Vertheidigung übernehmen werden. Vorläufig herrscht nock tiefer Friede unv sämmtliche Schiffe liegen ruhig auf der Rbede und nehmen Kohlen und Proviant, einige auch Munition ein; am Montag wird sich jedoch ein anderes Bild entsalten, worüber wir an Vieler Stelle bericklen werden. Um dem Ganzen da? Gepräge der Wirklichkeit z» gebe», sind sür die Dauer der Flottenmanöver fast sämmtliche Seezeichen und Tonnen, welche das ohnehin schwierige Fahrwasser der Jade bezeichnen, ausgenommen, damit der Feind Gefahr laust, aus Untiefen sestzusabren. ES ist die» eine Maßregel, zu der man im MobilmachungSsalle zuerst schreiten würde Zwar hat jede» Schiff seinen Lootsen, der aber jetzt insofern nur zur Geltung kommt, al» er einer directen Gefahr, ans den Grund zn gerathen, vorbeugt." * Man schreibt unS aus Berlin: „Wie von der deutsch- freisinnigen Presse jede Gelegenheit bei den Haaren berbeigezogcn wird, nur um den Nationalliberalen einen Hieb zu versetzen, erhellt wieder einmal aus einem Artikel, den die „Liberale Eorrespondenz" vor Kurzem an läßlich des conservativcn Wahlaufrufs brachte. Darin wird die Kritik, welche die nationalliberalc Presse an dem genannten Ansrns geübt, einer abermaligen Kritik unterzogen »nd liefert kiese das Endresultat, daß innerhalb der heutigen „national- liberalen" Partei sür einen aufrichtig liberalen Mann kein Raum sei. Daß die „Liberale Eorrespondenz" diese ver brauchte Neden-art wieder von Neuem in Umlauf setzt, darf eigentlich nickt Wunder nehmen; denn ihre eigenen Freunde baden sie früher oft genug hören muffen, bevor sie zn Be- kennern des einzig wahren Liberalismus von Eugen Richtcr'ö Gnaden wurden. Womit begründet aber diesmal daS deutsch sreisinnige Organ seine periodisch wiedcrkehrende Behauptung? Mit dem Verhalten der nationallibcralen Partei gegenüber dem konservativen Wahlaufruf, welches „auch dem Vertrauens seligsten die Augen geöffnet haben muß". Dabei wird der eigentbümliche Vorwurf erhoben, daß die Betrachtungen der nätionalliberalen Presse über den conservativcn Wahlaufruf lediglich kritischer Natur gewesen seien, während derselbe den Nationalliberalc» doch Gelegenheit geboten hätte, ihre eigenen Ziele bestimmt und unzweideutig zu bezeichnen und zu beweisen, daß sie ein politisches Programm baden. Solchem naiven Verlangen gegenüber sind wir der Meinung, daß die Besprechung eines kurzen Schriftstücks, als welches sich der konservative NeckenschnstSbericht darstellte, nickt die Gelegen heit zur Entwickelung des politischen Programms einer andern Partei bietet, auch wußten wir nickt, daß Vie deulschsreisinnige Presse von dieser oder einer ähnlichen Gelegenheit >e»ials Gebrauch gemacht hätte. Das politische Programm der nationalliberalen Partei, wie eS in ber Erklärung vom 20. Mai 1881 »iedergelegt und drei Jahre spater in Heidel berg zeitgemäß ergänzt ward, besitzt noch seine volle Geltung, »nd bie Abstimmungen im Reichstag und Landtag bürsten zur Genüge beweisen, daß die Parle! denselben niemals un treu geworden ist. In dieser Beziebung würde eine Controle bei anderen Parteien und in erster Linie bei der dentsch- sreisinnigen ein bedeutend ungünstigeres Resultat tiefer». Wie stand eS z. B. mit den» neue» Programm der großen liberalen Partei, welches sich gegen alle Ausnahmegesetze er klärte, und der wenige Monate daraus folgenden Abstimmung über daS Social ü^-gesetz? Vor der drillen Lesung schrieb der Ricbter'sche „OieickSsreund" noch in seiner klar verständ lichen Manier: „Henlmeier gehen umher unv wüblcn sür die Verlängerung des SocialistengesetzeS. Am Wahltage ist Heulmeier nickt aus Schlasrock und Pantoffeln berauS- zubringcn. Heulmeicr'S ganze StaatöweiSheit besieht darin, daß man gegen politische Gegner nickt Strafgesetze und Polizeigcwalt genug bekommen sann. Im Grunde genomnien ist Heulmeier noch dümmer, als er feige ist. Eia Ekel strauchelt nickt zweimal an derselben Stelle, unser Heulmeier aber bringt selbst daS fertig." Trotz dieser kräftige», wenn sür Parteigenossen auch wenig zarten Mahnung, gab es in ber deutschsreisinnigen Partei doch noch gegen zwanzig, welche entgegen dem kaum erlassenen Programm sür das Ausnahmegesetz stimmten und somit „zum zweiten Male an derselben Stelle strauchelten". Wcitn man aber mit einem politischen Programm derartige unglückliche Erfahrungen gemacht hat, sollte man dock aus diesem Gebiete Anderen gegenüber etwa» vorsichtiger austrcten. Oder verlangt die „Liberale Eorrespondenz" vielleicht vo» Seilen der National- liberalen eine erneute programmatische Kundgebung? Eine solche kann dock nur gerechtfertigt erscheinen, wenn man vor neuen großen Ausgaben steht, betreffs deren die Wählerschaft Ausschluß erwartet, oder wenn fick innerhalb der Partei selbst starke Veränderungen vollzogen baden. Beides ist aber gegen wärtig nicht der Fall. TicGesichtspiincte.wclchc beiden preußische» LandtagSwaklen in Betracht komme», bedürfen einer weiteren Klarlegung nicht, und zu einer neu präcisirten Stellungnahme
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