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Schönburger Tageblatt 7lch«int tSMch mit . . .. . ... Finalen: in Lltstadt»aldr«ö»tg bei Herr« der nachstehenden Standesamtsbezirke: Kaufmann Otto FSrster; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtia, Mandelqafse: in Nochsburg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau bei Hrn. Buchhändler E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein S. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, und Ziegelheim. 2-^nt tägNch mit Ausnahme der Tag« nach Sonn, und Festtagen. Rnnahme von Inseraten für di- nächster, ichr.nends Nummer bis nachmittags 2 Uhr. »sr Rbonnemsntspreis beträgt vierteljLLr- Uch 1 Mk. LS Pf. gerate pro Zeile 10 Pf., Einaes. 2!) Pf. »Messtjzn: Waldenburg, Obergasse 2S1s. ANtsdLM M dtL ZlüRrsth M BüldeOmg. ^^tet in den Städten Penig, Lnnzena«, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften - Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Shrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, a-Meoerham, ^angenleuba-Oberhain, NiederWiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und WMmbNMr Anzeiger -^74. Freitag, den 29. März 1»»S. Witterongsausfichte» für deu 29. März: Veränderliches, vorwiegend heiteres Wetter bei fortdauernd kühler Temperatur. Barometerstand am 28. März, nachmittags 3 Uhr: 766 mm. Gestiegen. "Waldenburg, 28. März 1889. Die zweite Berathung der Alters- und Jnvaliden- versicherungsvorlage für Arbeiter wird morgen Frei tag im Reichstage ihren Anfang nehmen. Man wird versuchen, die Vorlage noch in dieser Session des Reichstages zum Abschluß zu bringen. Ob dies ge lingen wird, kann heute noch nicht gesagt werden wenn auch der lebhafte Wunsch darnach besteht. Vor Allem hat sich auch der Kaiser dahin ausgesprochen dÜm^t Vorlage ferliggcstellt zu sehens Jahre lang erörterte Problem in Fleisch und Blut umgesetzt werden, seine praktische Wirksam keit bewenen könne. Im Reichstage bestehen nun zwei Anschauungen, und beide haben einen erheblichen Theil der Industrie auf ihrer Seite. Nach der einen ist es wohl möglich, das Gesetz bis Pfingsten endgiltig fertig zu stellen. Man sagt, lieber etwas schaffen, als ein nochmaliger Aufschub. Mängel, die sich bei der Durch führung des Gesetzes ergeben sollten, können ja bald wieder beseitigt werden. Vor Allem komme es darauf an, bei den nächsten Rcichstagswahlen den Arbeitern zu zeigen, daß wirklich in der deutschen Volksvertre tung der Wille besteht, etwas für sie zu thun. Gegen diese Ansicht tritt nun die andere auf, welche besonders von den großen Industriellen in Rheinland und West falen unterstützt wird. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung recht genau und um sichtig fertig zu stellen, den so geschaffenen Entwurf aber noch nicht definitiv anzunehmen, sondern ihn bis zur nächsten Reichstagssession der allgemeinen Kritik zu überlassen. Auf Grund der bis dahin gepflogenen Erörterungen sollen dann die verbündeten Regierungen mit einer verbesserten Vorlage hervortreten, welche dann im nächsten Jahre Gesetzeskraft erlangen würde. Man meint, es sei besser, lieber ein Jahr mit dem Inkrafttreten der Alters- und Invalidenversicherung zu warten, als ein reparaturbedürftiges Gesetz zu schaffen, welches keine Zufriedenheit erwecke. Hinzugefügt wird noch, daß es unumgänglich nöthig sei, die Resultate auch der Berufsgenossenschaften der Unfallversicherung vor erst genauer festzustellcn. Beide Anschauungen haben viel für sich, die in Aussicht stehende Berathung wird ja zeigen, welche den Sieg davonträgt. Ein musterhaftes Alters- und Jnvalidenversicherungs- gesetz wird der Reichstag nun freilich im nächsten Jahre wohl ebensowenig wie in diesem Jahre schaffen, es kann sich nur um ein besseres handeln. Die Er fahrungen, welche mit der ebenfalls Jahre lang hin durch erörterten Unfallversicherung gemacht werden, zeigen heute schon, daß Probiren über Studiren geht. Die früher ausgestellten Berechnungen halten in der Praxis durchaus nicht Stand, die finanziellen Ergeb- nisse weichen vielfach nicht unerheblich von den Vor schlägen ab, und je mehr Jahre seit der Einführung der Unfallversicherung vergangen sein werden, um so größer wird diese Verschiedenheit, um so nöthiger werden Reformen werden. Daß es so kommen würde, war von vornherein abzusehen, denn es fehlte an prak tischen Vorbildern, und von diesen ist schließlich auch di« weiseste Gesetzgebung abhängig. Nicht andere Resultate werden wir bei der Alters- und Jnvaliden- versorgung haben. Ein wirklich dankenswerthes Werk wird wahrscheinlich erst in zwanzig Jahren dastehen. Aber bei der Altersversorgung kommen ganz andere ^betrüge in Betracht, wie bei der Unfallversicherung, und darum ist die peinlichste Genauigkeit geboten. Die sollen bekanntlich aus Beiträgen des Reiches, von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gedeckt werden, und es ist berechnet, daß der jährliche Reichsbeitrag schließlich bis auf 80 Millionen Mark steigen wird. Es wird nun genau festzustellen sein, ob die betheilig- ten drei Factoren auch stets und ständig fähig sein werden, die Summen herzugeben, welche zur Durch führung der Versicherung nöthig sind. Die Alters- und Jnvalidenversorgung legt dem deutschen Reiche eins gewaltige Verantwortung auf, und ist der Schritt einmal gethan, ist kein Zurückziehen mehr möglich. Ein Werk, wie das in Rede stehende, kann nur von einem felsenfest dastehenden, gut fundir- ten Staatswesen unternommen werden, in allen ande ren Fällen muß es zum wirthschaftlichen und finan ziellen Ruin führen. Nun, Jeder ist wohl überzeugt, daß Deutschland fest steht, daß es leisten kann und leisten wird, was seine Gesetzgebung beschlossen, aber zu so folgenschweren Gesetzen gehört in jedem Falle die größte Vorsicht. Für die Reichstagsberathung, die nicht in ein paar Tagen beendet sein wird, wird es nicht an gewichtigen Stimmen aus der deutschen Industrie und aus den Arbeiterkreisen fehlen. Mag der Reichstag auch diese Wünsche praktischer Männer eingehend prüfen, nicht schlechthin vom grünen Tische decretiren. Die Alters- und Jnvalidenversorgung be ansprucht die Leistungsfähigkeit der Industrie in recht hohem Maße, diese hat also ein Recht, gehört zu werden. Wir stehen vor der Beschlußfassung über das wirthschaftlich größte Gesetz, welches an den deutschen Reichstag überhaupt herangetreten ist; mögen sich alle betheiligten Factoren ihrer Verantwortlichkeit bewußt sein. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser und die Kaiserin unternahmen am Mittwoch Vormittag eine längere Spazierfahrt durch den Thiergarten. Nach der Rückkehr arbeitete der Monarch mit dem Geh. Rath von Lucanus und em pfing den Oberst-Jägermeister Fürsten Pleß, sowie den Erbjägermeister der Kurmark, von Jagow. Vor der Tafel unternahm der Kaiser dann noch einen Spazierritt. Einem ausführlicheren Bericht über das von dem Kaiser besuchte lctzte parlamentarische Diner beim Fürsten Bismarck entnehmen wir Folgendes: Das Reichskanzlerpalais in der Wilhelmstraße war am Dienstag Abend in Helles Licht getaucht. Der Reichs kanzler Fürst Bismarck gab ein parlamentarisches Diner, das aber eine besondere Bedeutung dadurch erlangte, daß der Kaiser an demselben theilnahm. Eine Anzahl Abgeordneter hatten, als sie das Palais betraten, noch keine Kenntniß von dem Vorhaben des Kaisers erlangt und sie waren auf das Freudigste überrascht, als sie den hohen Herrn erblickten. Der Kaiser war sehr frühzeitig gekommen, schon vor 6 Uhr war er vorge fahren. Der hohe Herr trug Marine-Uniform, was von den anwesenden Reichstagsabgeordnetcn als eine besondere Aufmerksamkeit gegen den Reichstag wegen der Marinebewilligungen betrachtet wurde. Der Kaiser ließ sich, noch ehe er sich zu Tische setzte, die geladenen Gäste des Kanzlers vorstellen. Der Monarch war außerordentlich heiter und fröhlich gestimmt, von einer Gruppe zur andern ging er hin und her. Da war kein Abgeordneter, den er nicht in ein Gespräch zog, von dem Einen ließ er sich über die heimatlichen Verhältnisse unterrichten, während er mit den Anderen kurz die parlamentarischen Arbeiten besprach, er ge dachte des Alters- und Jnvaliditätsgesetzes, berührte das Genossenschaftsgesetz und verweilte mit großer Vorliebe bei den Verhältnissen der Marine. Eine Ueberraschung bereitete der Kaiser dem bekannten Ceutrums-Abgeordneten von Hüne. Er hatte ihm den Rothen Adlerorden II. Klasse mitgebracht und ließ ihm denselben überreichen, der Monarch betonte bei der Ueberreichung die Verdienste, welche sich Herr von Hüne bei den parlamentarischen Debatten im Reichs tage um die Marine erworben habe. Dem Fürsten Bismarck bereitet bekanntlich längeres Stehen Schmer zen und deshalb bat der Kaiser ihn, sich zu setzen. Bei der Tafel hatte Se. Majestät zu seiner Rechten die Fürstin Bismarck, zu seiner Linken Len Reichstags- Präsidenten von Levetzow. Neben der Fürstin hatte Herr von Bennigsen Platz genommen. Der Kanzler saß zwischen den beiden Vicepräsidenten Or. Buhl und von Unruh-Bomst. Während des Diners concertirte ein Musikcorps, was sonst bei den parlamentarischen Diners nicht üblich ist. Nachdem das Diner aufge hoben war, machte der Kaiser, eine Cigarre rauchend, wieder Cercle, in längere Gespräche zog er die Abge ordneten von Bennigsen, Miquel, Or. Delbrück, scher zend und heiter wandelte er von einer Gruppe zur anderen, im Gespräch nochmals die heimatlichen Ver hältnisse berührend, die Arbeiter-Angelegenheiten strei fend, hier und da auf geschichtliche Erinnerungen ein gehend. Der Kaiser sprach wiederholt den Wunsch aus, das Altersversorgungsgesetz möge noch in dieser Session angenommen werden. Den sächsischen Abge- i ordneten erzählte er, er werde zu dem Wettiner Jubel- i feste nach Dresden kommen. Die mit dem goldenen Wappen des Fürsten Bismarck gezierte Tischkarte lau- ! tete: Austern; Ochsenschwanz-Suppe; kleine Pasteten; Forellen, blau mit frischer Butter; Frischlingsrückcn; , Rinderfilet; Krammetvögel-Speise mit Trüffeln; Hum- mern; französische Enten und Hühner mit Wachteln; eingemachte Früchte und Salat; Straßburger Gänse- leber-Pasteten; frischer Stangenspargel; Savarin-Ku chen; Eis; Früchte; Nachtisch. Der Kaiser unterhielt sich in allerbester Stimmung und sprach sehr lebhaft mit seinen Nachbarn. Der Politik wurde nicht gedacht. Den Präsidenten des Reichstages trank der Kaiser zu. Auch Fürst Bismarck war sehr animirt, häufig wurde in seiner Nähe gelacht. Der Kaiser aß mit bestem Appetit und «rank hauptsächlich ganz alten Burgunder und süßen Cyperwein. Nach aufgehobener Tafel be stand der Kaiser darauf, daß sich Fürst Bismarck seine lange Pfeife anzünde und rauchte selbst eine Cigarre. Um 9 Uhr fuhr der kaiserliche Wagen bereits vor, aber noch eine ganze Stunde verging, bevor der Mo narch sich entfernte, nachdem er zahlreichen Herren die Hand gereicht. Der Abend war sehr zwanglos und heiter verlaufen, wie nur je einer beim Kanzler. Der Großherzog und die Großherzogin von Baden sind am Mittwoch Vormittag in Stockholm angekommen und von den Spitzen der Behörden und dem Könige empfangen worden. Der Zustand der schwedischen Kronprinzessin ist befriedigend. Die Königin-Mutter von Bayern ist so weit gekräftigt, daß sie die Rückreise von Lugano nach Hohenschwangau hat antreten können. Ihr Zustand giebt aber noch zu hohen Besorgnissen Anlaß. Auch im Befinden der Kaiserin von Oesterreich sollen sich ungünstige Erscheinungen zeigen. Die Kaiserin kann den Tod ihres Sohnes nicht verwinden.