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Vor fünfundzwanzig Jahren. 1« Mai. Die französischen Regierungstruppen rücken immer näher heran an Paris. Die Vertheidigungsmaßregeln der Commune erlahmen dagegen mehr und mehr; nur die Basteien 72 und 73 senden noch von Zeit zu Zeit einige Granaten auf das Dorf und das Fort Jffy. 2«. Mai. Austausch der Ratifications-Urkunden über den abgeschloffenen Frieden von Frankfurt a. M. zwischen Deutschland und Frankreich. Marschall Mac Mahon läßt vom Bois de Boulogne aus das heftigste Geschütz-Feuer auf die Stadtumwallung von Paris eröffnen, aus den an diesem Tage demas- kirten Batterien, welche Bresche legen sollten. Drei hundert Marine- und BelageruugLgeschütze donnerten vereint gegen die „heilige" Stadt der Franzosen und verkündeten den Anfang vom Ende. Der sMW-WttidainHk KsnMt. Wiederholt schon hat die kaum verhüllte Unter stützung, welche die kubanischen Insurgenten fortgesetzt von Seiten der Nordamerikaner erfahren, zu ernsteren Weiterungen zwischen Spanien und der nordameri kanischen Union zu führen gedroht. Dieselben wurden zwar schließlich noch immer verhindert, indessen ist seitdem eine gewisse Spannung zwischen den beider seitigen Völkern und auch zwischen den beiderseitigen Regierungen zurückgeblieben, welche es voraussehen ließ, daß eine etwaige neue spanisch-amerikanische Verwicklung in der cubanischen Frage sich nur schwer beseitigen lassen würde. Dieser Fall ist jetzt durch den „Kompetidor"-Fall thatsächlich eingetreten. Der Umstand, daß General Weyler, der Oberstkomman- dtrende auf Cuba, in einem sehr summarischen kriegs gerichtlichen Verfahren die an Bord des Flibustier schiffes „Kompetidor" gefangen genommenen ameri kanischen Freibeuter hat zum Tode verurtheilen lassen, ist in der Union zur Ursache einer abermaligen, freilich recht künstlich aufgebauschten, Erregung gegen Spanten geworden. In den Washingtoner Regierungskretsen ergeht man sich für den Fall, daß das Todesurtheil an den gefangen genommenen amerikanischen Frei beutern wirklich zur Ausführung gelangen sollte, bereits in den schärfsten Drohungen gegen die Spanier und verschiedene kriegerische Maßnahmen der Union deuten darauf hin, daß dieselbe unter Umständen allerdings wktiv auf Cuba eingreifen könnte. Begreiflicher Weise hat ein derartiges herausforderndes Auftreten des „Bruders Jonathan" außerordentlich verletzend aus das so emfindliche Nationalgesühl der Spanier ein gewirkt, zumal ja die Spanier in der „Kompetidor"- Angelegenheit zweifellos in ihrem guten Rechte sind, es begreift sich daher, wenn, wie gemeldet wird, die gesummte öffentliche Meinung Spaniens die größte Entrüstung über das Sebahren Nordamerikas zeigt. Einstweilen scheint man nun zwar weder in Madrid noch in Washington gesonnen zu sein, den neuen Konflikt nun sofort auf die äußerste Spitze zu treiben. Die spanische Regierung hat der Unionsregierung die Verschiebung der ToveSstrafe an den „Kompetidor"- Leuten zugestanden, in der Zwischenzeit soll ein ein gehender Meinungsaustausch zwischen beiden Theilen über die Auslegung ver internationalen Verträge von 1795 und von 1877 erfolgen, so daß sich hiermit die Aussicht auf eine Beilegung auch des jüngsten spanisch amerikanischen Konfliktes eröffnet. Die» wird aber nur möglich sein, wenn Spanien auch diesmal gegen über der Anmaßung deS Aankees nachgiebt, denn daß man in Washington an seinem schroffen Standpunkte in der Affaire festhält, ist kaum zweifelhaft, die dort am Ruder befindliche demokratische Partei erachtet den Cuba Konflikt angesichts der herannahenden Präsidenten wahl offenbar als eine günstige Gelegenheit, durch eine wohlfeile „Politik der Energie" Eindruck im Lande zu machen. Die spanische Regierung befindet sich da in einer wesentlich ungünstigeren Stellung; sie soll nach Außen das Prestige Spaniens wahren und dem nach dem aufbrausenden Nationalstolze der Bevölkerung Rechnung tragen, während doch die Mittel deS Landes in keiner Weise dazu ausreichen, diesem Verlangen im Nothfalle Geltung zu verschaffen. Vielleicht wird darum das Madrider Kabinet auch jetzt wieder wohl oder übel den Rückzug vor Nordamerika antreten müssen, wie es sich nachher mit der öffentlichen Meinung Spaniens auseinandersetzt, das bleibt freilich seine Sache. Jedenfalls erfährt aber die Stellung Spaniens auf Cuba mit diesem neuen Zusammenstoß mit Nordamerika keine Stärkung, es wird im Gegen- theil immer wahrscheinlicher, daß Cuba in vielleicht schon naher Zeit der mächtigen transatlantischen Re publik doch zusällt. Per Verlust CubaS würde aller dings der Rolle Spaniens als aufstrebende siebente Großmacht Europas ein jähes Ende bereiten, für die Insel selber jedoch könnte ihre Vereinigung mit der lebenskräftigen nordamerikanischen Union in jeder Hinsicht nur Fortschritte bringen, man weiß ja hin länglich, was die nachlässige spanische Verwaltung und das schmarotzende spanische Beamlenthum aus der reichen „Perle der Antillen" allmählich gemacht haben. -Lokales unv Sächsisches. Dippoldiswalde, 17. Mai. Wie nöthig regel mäßige U.bungen besonders auch der Pflichtfeuerwehren sind, konnte man bei der heute Morgen stattgefundenen unserer Gesammtfeuerwehr beobachten, in welcher die allerdings zum Theil gerade etwas schwierige Wasser beschaffung sich bei mehreren Zubringern doch ziemlich verzögerte; doch gelangte man mit der hier wieder be währten Ruhe und Besonnenheit der betr. Führerschaft trotzdem noch ans Ziel. Bei dem zweiten Manöver in der Vorstadt waren diese Abtheilungen dann aller dings doppelt schnell zur Wasserabgabe bereit, so, daß die um 7 Uhr begonnenen U.bungen, an welchen sich über 300 Mann betheiligten, auch sämmtliche Geräthe, Schläuche u. s. w. im besten Stande gesunden wurden, bereits 8 Uhr vollständig wieder beendet waren. — Einem Beschlüsse der Generalversammlung des Gewerbevereins gemäß begaben sich die Herren Vor standsmitglieder Stadtrath Heinrich, Stadtrath Mende und Lehrer Buckel am Dienstag, den 12. ds. Mts., zu Herrn Bürgermeister Voigt, um demselben an dem Tage, an dem er vor 25 Jahren als Mitglied in obigen Verein eingelreten ist, das Diplom als Ehren mitglied zu überreichen. — Die fünf Zehntel des 15000 Mark-Gewinnes, welche sich in der Kollektion des Herrn Schmidt be fanden, sind meist in kleinen Theilen an hiesige Ein wohner gefallen, da vielfach Antheile von 25, 50 und 100 Pfennigen von der Glücksnummer gespielt wurden. — Bestimmungsgemäß tritt zu Pfingsten in der Gültigkeitsdauer gewisser Eisenbahn-Fahrkarten eine Verlängerung ein, und zwar sind für dieses Jahr von den Eisenbahn-Verwaltungen die sonst üblichen Ver günstigungen noch erweitert worden. Es gelten näm lich die vom Freitag vor bis mit Dienstag nach Pfingsten gelösten drei und viertägigen Rückfahrkarten und die dreitägigen Nuudreisekarten im sächsischen Binnenver kehre bis mit Freitag nach Pfingsten, ferner die am Freitage vor Pfingsten und an den folgenden Tagen entnommenen Rückfahrkarten von sonst kürzerer Gel tungsdauer im direkten Verkehre zwischen sächsischen Stationen und solchen anderer deutschen Eisenbahnen bis mit Donnerstag nach Pfingsten. — Bezüglich der Aussichten auf ein gutes Obst jahr war kürzlich in gärtnerischen Kreisen da« Schwin den derselben gemeldet worden. So arg steht die Sache aber doch noch nicht. Die frühen Obstsorten, wie Kirschen und dergleichen, die hier nur in Frage Ichmtz-MiiW Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Amtsblatt für die Königliche Amtshruptmamschafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dippoldiswalde, «scheint wöchentlich drei mal: DimStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich B4 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. . Inserate, welche bet des bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreitung. find«i, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehnt in Dippoldiswalde. Mit achtsettigem „Jllustrirteu Uuterhaltuugsblatt". Mit land- und h anSwirths ch östlich er Mouatsbellage. Nr. 56. Dienstag, den 19. Mai 1896. 62. Jahrgang. kommen können, haben nach dem Urtheile von Obst Händlern und Obstpächtern gut und normal verblüht und Früchte angesetzt. Birnen und Aepfel stehen ge genwärtig in schönster Blüthe, desgleichen die Pflaumen. Erstere beiden Arten zeigen einen erfreulichen Blüthen- ansatz, letztere dagegen nicht, so daß für dieses Jahr eine geringe Ernte an Pflaumen oorquSgesagt werden kann. WendischcarSdorf. Am vergangenen Mittwoch erregte nachstehender Vorfall bei denjenigen Personen, die Augenzeugen sein mußten, nicht nur öffentliches Aergerniß sondern auch Mitleid. Im Laufe deS Nach mittags kam ein mit einem Pferde bespannter Tafel wagen aus Cotta mit 2 Insassen auf der fiskalischen Straße von Poffendorf aus nach WendischcarSdorf gefahren, wobei der Geschirrführer desselben heftig mit der Peitsche auf das arme Thier so lauge einschlug, bis eS, an der Straße abweichend, mit dem Wagen zu Falle kam. Das Pferd spießte sich hierbei thal sächlich auf die Spitzen eines in der Nähe befindlichen eisernen Gartenzaunes, sodaß mehrere dieser Spitzen in die Weichtheile deS armen ThiereS eindrangen. In dieser Lage blieb das Pferd längere Zeit, bis eS nach vielen Bemühungen möglich war, dasselbe mittelst einiger Hebebäume aus seiner Lage zu bringen. Ob gleich nun das Pferd aus mehreren Wunden blutete, fuhren die beiden Insassen in der Richtung nach Dippoldiswalde zu weiter. Röthenbach. Am Freitag, den 15. d. MtS., deS Nachmittags gegen V»7 Uhr, brannte hier das Wohn gebäude des Restaurateurs und MaterialwaarenhändlerS Böhme bis auf ganz geringes Mauerwerk nieder. Auch wurde durch Gluth und Löschanstalten das Schiefer dach des Niederlagsgebäudes auf dessen Vorderseite fast vollständig zerstört. Der Brand ist zuerst in dem in das Wohnhaus mit eingebautem Scheunenraum wahrgenommen worden, in welchem sich kurz vorher die beiden 4 und 6 Jahre alten Töchterchen deS Be sitzers befunden haben sollen. Letzterer hat versichert und ist sein Viehbestand, sowie auch der grüßte Theil seiner Mobilien gerettet worden. Zur Hilfeleistung erschienen außer der hiesigen Ortssprttze die Spritzen der freiwilligen Feuerwehr von Frauenstein und die Spritzen der Gemeinden FriederSdorf und Hartmanns dorf. Letztgenannte ist wegen nicht mehr vorhandener Gefahr gor nicht in Thätigkeit gekommen. Zu einem Verdacht an böswillige Anstiftung als Entstehung» - Ursache des Brandes liegt unter den vorhandenen Umständen nicht der mindeste Grund vor. Liebenau, 15. Mai. Gestern Nachmittag wurde in der hiesigen festlich geschmückten Kirche das Jahre» - fest des Altenberger Gustav-Adolf-ZweigvereinS ge feiert, der Festzug fand große Betheiligung. Die gediegene Festpredigt hielt Her: Pfarrer Möbius- Döbra. In der Nachversammlung im Erbgericht gab der Ortspfarrer, Herr vr. Müller, den Festbericht. Der Gottesdienst, wie auch die wieder sehr gut besuchte Nachoersammlung wurden verschönt durch erhebende Gesänge, die vom Männergesangverein zu Liebenau und Frl. A. Ullrich vorgetragen wurden. Rehefeld ZeunhauS. Anfang dieser Woche haben am hiesigen König!. Jagd Hause die Erweiterungs bauten ihren Anfang genommen, deren Vollendung Mitte Juli entgegengesehen wird. Der im Bau be griffene Eckertlmrm soll nahezu die doppelte Höhe deS Jagdhauses erhalten. Nach dessen Fertigstellung wird Ihre Kaiser!, und König!. Hoheit Prinzeß Friedrich August nebst den Prinzen Georg d. I. und Christian »auf ärztliches Anrathen hier einen längeren Aufenthalt nehmen. Dresden. Der evangelisch-lutherischen Landes synode, welche am 9. Mai 1871, also vor 25 Jahren, zum ersten Male zusammentrat unv im nächsten Herbste (abgesehen von zwei außerordentlichen kurzen Tagungen) sich zum sechsten Male versammeln wird, Haden im Laufe dieser Zeit 185 Männer aus allen Lebensstel-