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Wchmtz-Hitms Verantwortlicher Redakteur: Carl Ichnc in Dippoldiswalde, Nr. 143. Donnerstag, den 3. Dezember 1885 51. Jahrgang, - -Hf DU Wel-erltz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. - Preis »ierteljiihrlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 -Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde, l. Dezember. Es liegt uns ein jedenfalls durch Kolporteure in weitere Kreise ver breitetes Flugblatt vor, das durch seinen Titel: „Der Untergang der Welt im Jahre 1886" geeignet ist, die Aufmerksamkeit zu erregen. Wir haben uns die Mühe genommen, den im Verlag von H. Bick- Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Die Kolonialpolitik im Reichstage. Die Kolonialpolitik scheint auch in der kaum erst begonnenen neuen Session des Reichstags sich zu einem der Brennpunkte der parlamentarischen Verhandlungen gestalten zu wollen, obwohl diesmal keinerlei Vorlagen rein kolonialpolitischer Natur dem Parlamente zuge gangen sind, oder in Aussicht stehen. Trotzdem ist schon in der zweitägigen Generaldebatte über das Neichsbudget die Kolonialpolitik von verschiedenen Rednern in den Kreis ihrer kritischen Betrachtungen gezogen worden, wozu einzelne Etatsposilionen den äußeren Anlaß gaben und alle Anzeichen deuten darauf hin, daß diese Seite der auswärtigen deutschen Politik in der gegenwärtigen Neichstagsscssion noch öfters zur Sprache kommen wird. Für alle aufrichtigen Freunde einer zielbewußten, energischen und doch maßvollen kolonialen Politik, wie sie unstreitig vom Fürsten Bis marck gefördert worden ist, muß es nun betrübend sein, zu erfahren, daß die Bemühungen unseres leiten den Staatsmannes nach dieser Richtung hin bei den prinzipiellen Gegnern derselben nach wie vor auf den hartnäckigsten Widerstand stoßen. Gleich die erste Etatslesung eben hat hiervon wieder einen schlagenden Beweis geliefert. Von Eugen Richter, dem Chef der freisinnigen Partei, wie von dem Sozialdemokraten Liebknecht und von dem Abg. Payer, dem Führer der süddeutschen Volkspartei, wurden die heftigsten An griffe gegen die deutsche Kolonialpolitik geschleudert. Wollte man Richter glauben, so wären unsere Kolonien in Südwestafrika nur eine verkrachte Gründung, Kamerun hätte nur Werth als Absatzgebiet für Brannt wein, die deutschen Gebiete in Ostafrika wären gar nur ein Feld für Sklavenzüchter rc. Nach Liebknecht stellen sich die kolonisatorischen Bestrebungen der Neichsregierung überhaupt nur als eine Rum- und Schnapspolitik dar und was Herrn Payer endlich anbelangt, so verstieg sich derselbe speziell auf die Karolinenfrage und versuchte nachzuweisen, daß der Reichskanzler durch Aufwerfung dieser Frage nament lich unsere handelspolitischen Beziehungen zu Spanien aufs Tiefste geschädigt habe. Die Unhaltbarkeit all' dieser Angriffe ist schon von hervorragenden politischen Preßorganen eingehend dargethan worden und be schränken wir uns an dieser Stelle nur darauf, noch mals zu erinnern, wie die Reichsregierung selbst durch ihre Vertreter wiederholt erklärt hat, daß sie in näch ster Zeit von den Kolonien noch keinen direkten Nutzen für das Mutterland erwarte. Nun, dieselben sind doch wahrhaftig auch nicht in der Erwartung angelegt, daß aus ihrer Verwaltung dem Reichssäckel sofort ein erkleckliches Sümmchen zufließen werde, sondern in erster Linie, um den deutschen Handel und seine Ver treter in überozeanischen Gebieten zu schützen, ihm, wie überhaupt der deutschen Gewerbsthätigkeit und Industrie, neue Absatzgebiete zu eröffnen und den deutschen Unternehmungen in jenen Gegenden einen kräftigeren Rückhalt am Reiche zu gewähren, als dies - bis jetzt möglich war. Dies aber ist eben zunächst die Hauptsache und die eigentlichen materiellen Vor- theile für das deutsche Mutterland werden mit der Zeit schon von selber kommen — gut Ding will Weile haben! Schließlich ist zu den Ausführungen Payer's zur Karolinenfrage zu bemerken, daß man einfach das Resultat der deutsch-spanischen Verhandlungen ab warten muß und daß sich bis dahin ein abschließendes Urtheil über diese vielbesprochene Affaire noch nicht abgeben läßt. Hardt, Berlin SO., Rixdorf, erschienenen, von Osw. Schmidt in Neudnitz-Leipzig gedruckten halben Bogen durchzulesen und wollen nun kurz referiren, worauf der natürlich ungenannte Verfasser seine Prophezeiung, daß im Jahre 1886 der Untergang der Welt zu er warten sei, begründet. Beiläufig wollen wir bemerken, daß die gleiche Prophezeiung von Zeit zu Zeit immer wieder aufs Neue aufzutauchen pflegt, wie Figura zeigt, zwar noch nicht eingetroffen ist, nichtsdestoweniger aber zu älteren Zeiten ein gläubiges Publikum ge funden hat und leider heutzutage noch findet. Der schlaue Prophet unseres Flugblattes beginnt denn auch mit dem Zugeständniß, daß alle bisherigen Prophe zeiungen leerer Trug gewesen seien, jetzt aber sei das anders, es seien die „Worte des Herrn", die er ver kündige, und diese Stimme, sowie die Stimme der Natur und der eigenen (?) Vernunft machten es ge wiß, daß diesmal die Vorhersagung kein leerer Trug sei. Es folgen nun eine Anzahl Bibelstellen, auf Grund deren man „genau die großen Tage" vorher- bestimmen könne. Falsche Propheten, Krieg und Em pörung werden denselben, nach Jesu eigenen Worten, vorhergehen. Und diese Zeit sei da, Frankreich und China, England im Sudan, England und Rußland in Afghanistan seien im Kriege — der Anarchismus, die Kämpfe in Irland, der Nihilismus in Rußland — müsse man das nicht als ein Zeichen ansehen? Welch bitterer Kampf sei zwischen Staat und Kirche entbrannt, die Heiligkeit der Taufe und Ehe sei auf gehoben, dis Oberleitung der Schule sei den verord neten Dienern des Herrn entzogen und mit Gefäna- niß und Verfolgung werde jeder Geistliche bestraft, welcher gegen diese weltlichen Bestimmungen verstoße. (Wer wird nicht merken, welchem Lager der moderne Prophet angehört!) — Zeichen seien also genug da, aber noch fehle die Gewißheit des Untergangs der Welt. Wer giebt diese? Ein berühmter Kirchensürst (wer?) sage auf den Untergang der Welt die prophe tischen Worte: „Wenn Jürgens Gott am Kreuz ausreckt. Wenn Markus ihn dann wieder weckt. Und St. Johannis ihn wird tragen, Dann hat die Weltenstund geschlagen." Und diese Prophezeihung werde im Jahre 1886 erfüllt werden. Den auf den Georgstag (Jürgen) am 23. April falle der Charfreitag, auf den Markustag, den 25. April, das Osterfest, und auf den Johannistag, den 24. Juni, das Frohnleichnamsfest. „Wahrlich", ruft der Verfasser aus, „sind das nicht Zeichen genug?" Aber der Verfasser hört auch die Stimmen der Natur. Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun erreichten gleich zeitig ihre Sonnennähe und da werde man sehen, was passiren werde. Schon wenn Jupiter, Saturn und Uranus allein Sonnennähe hätten, was aller 600 Jahre geschehe, gehe es toll genug zu; am letzten Mal ,m 13. Jahrhundert hätten Orkane, Erdbeben und Sturmfluthen auf der Erde gewüthet, feuerspeiende Berge sich geöffnet, ganze Theile der Erde seien ver schwunden in den Fluthen, Pestillenz und Krankheit sei ausgebrochen; nun aber erst 4 Planeten auf ein mal in Sonnennähe! Dieses Ereigniß geschehe aller 3000 Jahre und sei also seit Christi Geburt noch nicht dagewesen. Werde nun durch das Zusammen wirken der 4 Planeten auf die Sonne dort eine Um wälzung vor sich gehen, dann sei aber der Untergang der Erde unausbleiblich. — Wenn die Vernunft das Alles betrachte, so rufe sie überzeugend (wohl „über zeugt") und tieferschüttert von der Gewalt des Ein drucks aus: „Ja, es ist wahr, der Weltuntergang, er steht bevor!" — Das sgenaue Datum läßt der Prophet offeu — er will auf alle Fälle sich den Rück zug decken, aber das Jahr 1886 hält er fest. — Wir fürchten nicht, daß unsre Leser durch derartige konfuse Grübeleien, deren Zweck als ein Manöver der ultra montanen Partei offen auf der Hand liegt, sich in dem Genüsse des Lebens und der Ruhe der Seele, 7'4.-. U k M W Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, «erde» mit 10 Pfg. di« Spaltcnzeile oder deren Staun, berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, w, redaktionell«« Theile, die Spaltenzeil« A> Pfg- die wir ihnen auch im nächsten Jahre wünschen, stören lassen werden. Jeder lebe, wie er es vor seinem Ge wissen verantworten kann und überlaste das Andere einem Höheren, der die Zukunft in einen dichten Schleier verhüllt hat, den jene „Propheten" ebenso wenig heben können als wir. — Die weiteste Verbreitung verdient eine soeben van dem ärztlichen Bezirksverein zu Zittau erlassene Warnung nachfolgenden Inhalts: „Von einem früheren Militärärzte, Roman Weißmann in Vilshofen, Bayern, wird eine Broschüre „Ueber Schlagfluß-Vorbeugung und Heilung", kostenlos und franko von demselben zu beziehen, in den Zeitungen empfohlen. Nach den Untersuchungen des Ortsgesundheitsraths zu Karls ruhe wird in besagter Broschüre als Mittel gegen Schlagfluß rc. das sogenannte von Weißmann ent deckte „Schlagwaffer" angepriesen. Wer sich nun, um dieses Wunderwasser zu erhalten, an Weißmann wendet, erhält durch das berüchtigte Geheimmittel-Ge schäft des Julius Kirchhöfer in Triest, des Verbreiters der Howoriuna, und anderer medizinischen Schwin deleien, eine mit Sandelholz roth gefärbte Arnika- Tinktur. Ein Fläschchen solcher Tinktur, in jeder Apotheke zu 1 Mark käuflich, kostet ausschließlich der Transportkosten 8 Mark und hat die angepriesenen Wirkungen selbstverständlich nicht. Wir warnen daher vor dieser Ausbeutung des Publikums!" Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat November 472 Einzahlungen im Betrage von 33,467 M. 21 Pf. gemacht, dagegen er folgten 263 Rückzahlungen im Betrage von 33,428 Mark 67 Pf. Sparmarken ä 5 Pf. sind 300 Stück verkauft worden. Schmiedeberg. Nach vorläufiger Ermittelung hat sich ergeben, daß die Einwohnerzahl unsers Ortes 674 beträgt; demnach ist dieselbe seit der letzten Zählung um ca. 100 Köpfe gestiegen. Kreischa. An Stelle des verstorbenen Gemeinde vorstandes Herrn Liebscher ist in der vom hiesigen Ge meinderath am 28. vor. Mts. abgehaltenen Sitzung der zeitherige 1. Gemeindeälteste, Herr Gutsbesitzer Ernst Adolph Seifert, als Gemeindevorstand ge wählt morden. Infolge dieser Wahl aber tritt der zeitherige 2. Gemeindeälteste, Herr Eduard Leberecht Böthig, in die Stelle des 1. Gemeindeältesten ein und als 2. Gemeindeältester wurde in derselben Sitzung Herr Baumeister Emil Eißrig gewählt. — Hiernächst ist bei gleichzeitig mit vorgenommener Wahl die durch Herrn Liebscher's Ableben zur Erledigung gelangte Kassirerstelle an der Sparkaffe zu Kreischa dem Gemeindeältesten Herrn Böthig übertragen worden. Die Gewählten nahmen die auf sie gefallenen Wahlen insgemein dankend an. Sadisdorf. An Stelle des mit Ende dieses Jahres in Ruhestand tretenden Herrn Kantor Schwenke ist - der Lehrer in Börnichen bei Poffendorf, Herr Ernst Louis Stein, als Kirchschullehrer in Sadisdorf vom Kirchen- und Schulvorstand daselbst unter Zustimmung des Kirchenpatrons, Herrn Rittergutsbesitzer Otto auf Naundorf, gewählt und vom königl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts bestätigt worden. Bärenstein. Der hiesige Bürgermeister Herr Eduard Rentsch, sowie dessen Stellvertreter, Herr Her mann Petz old, deren Dienstzeit mit Ende dieses Jahres zu Ende geht, sind vom hiesigen Stadlgemeinderath in seiner Sitzung am 27. vor. Mts. für ihre Aemter als Bürgermeister und bez. als Nathmann und stell vertretender Bürgermeister auf die Dauer der nächsten 6 Jahre wiedergewählt worden. Dresden. Königin Karola wird von Baden- Baden nächste Mittwoch nach Dresden zurückkehren. — Das erste Verzeichniß der bei der Beschwerde - und Petitionsdeputation der 2. Kammer eingegangenen Beschwerden bez. Petitionen enthält insgesammt Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Poftan- galten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be stellungen an.