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HchenstnMmsWtt AMtzer Tageblatt für AoßenAein-tzrnttHul, Köerlungwitz, Hersdorf, WlftmtmE, UrsMW, Mittelbach, LmgeÄW, Mk«, MtAKmf, UnmÄsch. LW-HM re. —i—Wettveedreekele» I«ferti»«ssL)eHM M KMLLchK MÄ- WWMMRZKZjM» Abonnrment: «ei Uvholung monatlich vierteljährlich 1. M. 25 Pfg. die einzelne Nummer 5 Durch die Post bezogen 1.25 Mk. excl. Bestellgeld. Dienstag, den 1. Mai 1906 33. Jahrgang Nr. 98 Geschäftsstelle: Bahnstr. 3. Fernsprecher Nr. 151. FnsertionSgebühre«: die sechsgespaltene Corpusznle oder deren Raum für den Verbreitungsbezirk 10 Pfg., für auswärts 12 Pfg. Reklamen 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufgabe Rabatt. Annahme der Inserate für die folgende Nummer bis vor«« 10 Uhr. Größere Anzeigen abends vorher erbeten. Diese- Blatt erscheint mi) Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich nachmittags. — Zu beziehen durch die Expedition und deren Aus träger, sowie alle Postanstalten Für Abonnenten wird der Sonntags-Nummer eine illustrierte Sonn tagsbeilage gratis beigeg< Frei i«S Hau» 35 Pfg. monatlich 42 Pfg. Weiße. Heute Verkauf Freibank Hohenstein-Ernstthal von rohem Kalbfleisch, Pfund 45 Pfg wieder. anders, wie es scheint, und trotz aller „roten" Ministerien ist die Bevölkerung gerade so geblieben wie früher und die Arbeiter haben die wachsenden Gegensätze immer mehr empfunden. Da- ist die einfache Erklärung; in Pari- regieren mehr oder minder sozialistische Minister, aber die breiten Volkr- klassen haben nicht- davon, oder doch nicht daS, worauf sie einen Anspruch zu haben vermeinen. Man sieht, bei der Lehre von dem schönen Leben m einer Republik oeieinigen sich Theorie und Praxis auch nicht miteinander. Frankreich ist ein reiches Land, daS beweist schon die Unermüdlichkeit, mit der es sich russische Anleihen auf dem Hals laden läßt. Aber Frank reich ist kein billiges Land mehr, wenigstens nicht mehr in dem Grade wie einst. Und vor allem sind die Franzosen heute schon mit Steuern über lastet, wie wir eS auch nach einer Annahme der neuen Tteuervorlage durch den Reichstag nicht sein werden. Und dann kommt bei den Republikanern ein Tanz ums „goldene Kalb" hinzu, wie wir es in Deutschland doch nicht kennen. Mag bei uns das Börsentreiben ungesunder Art sein, daS heißt die übertriebene und zügellose Spekulation sich zuweilen in recht unerfreulicher Weise geäußert haben, diese Erscheinungen blieben doch immer nur Ausnahmen, und wir haben erfreulicherweise so viele unab hängige Zeitungen in Deutschland, daß nicht zu befürchten ist, eine öffentliche Kiitik unerquicklicher Dinge auf dem Geldmarkt könnte einmal aufhören. In Paris, das in diesem Punkte Frankreich bedeutet, ist dem aber nicht so; daß die dortigen Journale für eine runde Summe zu vielem bereit sind, ist eine bekannte Sache, und so ist in dem Lande der „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" von einer wirklichen Rücksichtnahme auf die weniger bemittelte Bevölkerung viel weniger die Rede als n dem bös verschrieenen Deutschland. Pomphafte Phrasen und Deklamationen fehlen an der Seine nie, aber die Politik der Tat, die fehlt. Vergleichen wir nun unser deutsche- Steurrwesen mit dem fran zösischen, so ist das unsere ein viel arbeiterfreund- Die Haussuchung bei dem Arbeiterführer Monalte in Bölhune führte zur Entdeckung monarchistischer Machenschaften. AuS aufgefundenen Schriftstücken ergab sich, daß Monatte eine Anzahl Helfershelfer hatte und im Auftrage einer ganzen Gesellschaft handelte, die den Streik systematisch anfachen wollte. Die Fäden dieser Verschwörung führten nach Paris und dürften bei dem Grafen Durand zusammenlaufen, der der Polizei al- die Seele der Kirchenverteidigung bei den Inventaraufnahmen bekannt ist. Die Haussuchung bei dem Grafen hat einer Pariser Drahtung der „B. Z." zufolge diese Ver mutung voll bestätigt. Während er die Ausstände Vom 1. k. M. ab sind die stadträtlichen Geschäftszimmer an den Sonnabenden für den Vsr- kehr mit dem Publikum wieder wie an den anderen Werktagen von vorm. 8 Uhr bis mittags 1 Uhr und nachm. von 3 bis 5 Uhr geöffnet. organisierte, bereitete er in Gemeinschaft mit anderen Persönlichkeiten der streng kirchlichen, der monar chistischen und selbst der gemäßigt-republikanischen Partei einen Staatsstreich vor, dessen Endzweck vermutlich die Erhebung de- Prinzen Victor Na poleon zum Präsidenten der neuen Republik sein sollte. Man fand u. a. den Entwurf eine- Putsches mit folgender Stelle: „Dann käme eine Prokla mation an die Armee. Zugleich würde in der Nalionaldruckerei während der Nacht eine Prokla- malion gedruckt und an den Mauern von Paris angeklebt deS Inhaltes: Proklamation des Prä sidenten der provisorischen Regierung. Aufruf an das Volk! Franzosen!" Dem Grafen Durand wird daS Handwerk also wohl gelegt werden. Im übrigen dürfte es der- artiger Proklamationen im monarchistischen Lager Dutzend geben. Aus ihnen allein ist aber der Staatsstreich nicht gemacht. Es fehlt Frankreich zurzeit auch gänzlich an einer überragenden Persön lichkeit, die die allerdings leicht zu entflammende I gründe Nation mit sich sortzureißen vermöchte. Andererseits darf man freilich nicht vergessen, und die Tatsachen beweisen es, daß der Kampf der Regierung gegen die Kirche einen Staatsstreichs- gelüsten sehr günstigen Boden vorbereitet hat. Um am 1. Mai aber für alle Fälle gerüstet zu sein, hat die Regierung die Pariser Garnison um nicht weniger als 39 Bataillone Infanterie und 48 Schwadronen Kavallerie verstärkt, sodaß dem Polizcipräfeklen zum Schutze der Stadt 90 000 Mann Truppen zur Verfügung stehen. fache, man kennt keine direkten Steuern, die doch Ausstande- die Strafexpedition auf den aufstän- bischen Bahnstrecken leitete und Hunderte von Ar- Gtavtrat Hohenstein-Ernstthal, am 30. April 1906. vr. Polster, Bürgermeister. Die Vorgänge in Rußland. Wie in Pari-, so bestehen auch in Petersburg und anderen russischen Städten Besorgnisse wegen des 1. Mai, an dem man namentlich in Petersburg ernste Unruhen der zu Tausenden beschäftigungs losen und ausgesperrten Arbeiter befürchtet. In Petersburg fand ein Attentatsversuch auf den Obersten eine- Leibgarde-Regiment-, Riemann, sicheres wie das französische. Dort bringen in- „ _ direkie Abgaben, Monopole und Accisen die Haupt- I statt, der nach der Niederwerfung deS Moskauer bei uns so sehr, besonders bei den Kommunalab gaben, ins Gewicht fallen, alles wird auS den Accisen herauSgeholt. Darum ist es auch sehr er klärlich, wenn deutsche Arbeiter, die längere Zeit m Paris waren, Deutschland gern vor dem „freien, gleichen und brüderlichen" Franzosentum den Vor rang geben. Und so ist es auch nicht verwund«, sich, wenn sich, selbst unter sozialistischen Ministern, die Gegensätze jenseits der Vogesen verschärfen. Die französischen Zeitungen preisen stets ihre inneren Verhältnisse, aber bei der Probe auf das Exempel hapert es ganz gründlich, wie auch jetzt tung hinüber, wie es für einen Staatswürdenträger, der doch an alle Kreise der Bevölkerung zu denken hat, nur irgend möglich ist. Warum sind also die französischen Arbeiter so unzufrieden, warum machen sie aus der Maifeier viel mehr Wesen als sonst, während doch seit mehr als einem halben Dutzend Jahren Leute ihres Sinnes die Republik regieren? Bei uns heißt cs in extremen Reden und Schriften, in den Republiken sei es besser und billiger wie in den Monarchien, und nun herrscht gerade in der Republik Frankreich trotz jahrelanger sehr sozialistenfreundlicher Ministerien die größte Un zufriedenheit. Wie geht daS zu? Die Antwort ist oben gegeben. In Frankreich steht eS eben stet- Eine Verschwörung gegen die französische Regierung soll in Paris entdeckt worden sein, deren Fäden in den Händen des der monarchistischen Partei an gehörigen Grafen Durand de Beauregard zusammen laufen Die Polizei hatte Wind davon bekommen, daß die für den 1. Mai geplanten Kundgebungen nicht eigentlich der wirtschaftlichen Forderung deS Achtstundentages gelten, sondern einem höheren Zwecke, dem des Sturzes der Regierung, dienen sollten. De-Halb die umfassenden Haussuchungen. Kritik geblieben. Als sein Hauptziel hatte Herr von Budde belanntlich die Vereinheitlichung der deutschen Personen-Tarife ins Auge gefaßt, und es ist soweit gefördert, daß am Gelingen nicht mehr zu zweifeln ist. Allerdings manche in Aus- sicht genommene Neuerung ist aus Finanzgründen bekämpft worden, aber man konnte doch damit rechnen, daß, wenn nur erstjdie Einigung da war, auch so manches besser werden würde, was noch nicht gut war. Schade, daß dem Minister nicht vergönnt gewesen ist, die Verwirklichung dieses Ziele- zu erleben. Sehr charakteristisch für den Heimgegangenen ist folgende Mitteilung deS „Berl. Lok.-Anz.": Bereit- am 15. April hatte, wie man sich in Beamtenkreisen erzählt, Minister von Budde von den Angehörigen seines Ministeriums sich verab- schiedet durch einen Runderlaß, der für die treue Mitarbeit dankte und schloß: „Der sterbende Mi nister Budde." Der Erlaß wurde damal- ange halten und erst jetzt in Umlauf gesetzt. Daß das Leiden (Darmkrebs) einen tödlichen Ausgang nehmen würde, hatten die Aerzte längst erkannt; es wurden aber beruhigende Nachrichten verbreitet, weil der Kranke bis zuletzt die Zeitungen las, wie er sich auch die Akten an sein Bett bringen ließ. Nach dem „Beel. Tgbl." hatte der Minister die Sprache fast völlig verloren. Nachdem er gegen Mitter nacht da- Bewußtsein verloren hatte, starb er kampflos am Sonnabend früh, umgeben von seiner Gatlin, seiner Tochter und seinen beiden Söhnen. Die Beisetzung sinder am Mittwoch in der Geburts- stadt Ben-berg bei Köln statt. Am Dienstag gehl in Berlin eine Trauerfeier vorauf. Frankreich. Die Verhältnisse m Frankreich, die Furcht vor dem Verlauf des 1. Mai und oie erhebliche Unzu friedenheit in den Kreisen der Nrbeiterbevölkerung, könnten der Welt ein Rätsel aufgeben, wenn man nicht wüßte, daß jenseits der Vogesen stets die wirkliche Sachlage eine andere war, als sie in einem längeren Zeitraum äußerlich sich darstellte. Die französischen Arbeiter, nicht nur die Bergleute im Norden, sind heute ziemlich aufgeregt, während sie doch seit 1899 eine radikale Regierung in Paris wissen, in der ein Ministerium noch „roter" gefärbt ist, wie daS andere, und auch zu wiederholten Malen ausgesprochene Sozialisten Minister gewesen sind. Der heutige französische Unterrichtsmi-ill-r ist Sozialdemokrat, und Clemenceau, der Minister deS Innern, geht so weit nach der extremen Rich- I beitern, Bauern und Eisenbahnern niederschießen ließ. Ein als Offizier deS betreffenden Garde- regiments verkleideter Mann wünschte den Obersten zu sprechen, machte sich wegen seiner mangelhaften Verkleidung aber verdächtig und wurde verhastet. Man fand bei ihm einen scharf geladenen Revolver. Der Unbekannte gab auch zu, mit der Absicht ge kommen zu sein, den Obersten zu ermorden. Der Chef der Gendarmerie-Verwaltung in Cholin, Oberstleutnant Pujol, sowie der Polizei- osfizier Prozrebnoi in Odessa waren weniger glück- lich, sie wurden von unbekannten Männern er mordet, die in beiden Fällen entkamen. Ferner schleuderte in Odessa eine Frau gegen den Offizier Poltavtschenko eine Bombe, die ihn aber nicht traf. Die Täterin wurde von einem Kosaken mit dem Säbel niedergehauen. Sie schleuderte aber, am Boden liegend, eine zweite Bombe, durch welche zwei Schutzleute verwundet wurden. Weiter warf in Odessa ein junges Mädchen eine Bombe in ein GeschästSlokal, in dem am Tage zuvor 2 Männer vergeblich Geld zu erpreffen versucht hatten. Ein Angestellter des Geschäft- wurde verwundet. Du, Schicksal Gap-«» Das Schicksal des früheren russischen Pope« Gapo«, der in der Arbeiterbewegung eine recht Bekanntmachung. Dec am 30. April LS06 fällige 1. Termin Einkommen- und Ergänzungsstener ist spätesten- bi- zum Die Sparkaffe Grima b. Chh. garantiert von der Gemeinde verzinst alle Spareinlagen mit 3'/, Prozent und expediert an allen Werktagen vormittag» 8—12 und nachmittags 2—6 Uhr. Die bi- mit 4. jeden Monats bewirkten Einlagen werden für den betreffenden Monat voll verzinst an die hiesige Ortssteuereinnahme abzusühren. Nach Ablauf der bezeichneten Frist wird gegen Säumige daS Beitreibungsverfahren eingeleitet werden. Gersdorf, am 28. April 1906. Der Gemeindevorftand. , , Göhler. Exzellenz von Budde DaS Hinscheiden des preußischen Eisenbahn- Minister» von Budde kommt nicht unerwartet, aber die tiefe Teilnahme an dem Scheiden de- noch so tatkräftigen ManneS bekundet, wie großer Popu larität sich dieser auS der Armee hervorgegangene Leiter der gewaltigen preußischen Slaat-bahnver- waltung erworben hat. Vielleicht hätte auch ein anderer Minister die neuen Wege, die der von unserem Kaiser im Vorjahre in den Adelsstand erhobene Budde eingeschlagen hat, gefunden, aber kaum hätte ein anderer Mann den Eisenbahn beamten in so liebenswürdiger und freundlicher Weise nahe treten können, wie es der Dahinge schiedene getan. Wir wissen schon länger, daß wirklich hervorragende Minister und Staatsmänner, wögen sie nun auS einer Laufbahn heroorgegangen sein, auS welcher sie wollen, nicht herangezoqen werden können, sondern dazu geboren sein müssen, u«d wir haben e» wie bei dem früheren , Post minister", dem heutigen preußischen Landwirtschaft-- Minister von PodbielSki, auch bei dem jetzt ent schlafenen Eisenbahnminister gesehen, daß sie den Wünschen ihrer Beamten mit ganz besonderer Empfänglichkeit gegenübergestanden haben. Unter Budde- Vorgänger, dem al- Minister gewiß tüch tigen Herrn von Thielen, bestanden bei den preu ßischen Eisenbahnbeamten doch mancherlei Mei nungsverschiedenheiten mit der Spitze der Ver waltung; der jetzt Verstorbene hat sich gewisser- maßen kameradschaftlich, gerade so wie Podbielski bei der Post, den Beamten gegenübergestellt, er ist ein „Bahnmensch" in de» Wortes bester Bedeutung geworden und geblieben, ein Mann von praktischer Vielseitigkeit, wie er gerade in dem Eisenbahn- betriebe, in dem alle- schließlich auf» Praktische hinau-läuft, am notwendigsten ist. Allerdings halte Herr von Budde schon in der Mililär-Abteilung für die Eisenbahn-Angelegenheiten im Mobil- machung-falle hervorragend sich betätigt, immerhin hat er doch auch für rein menschliche Dinge in der Bahnverwaltung da» größte Verständnis gezeigt. Wer im AuSlande gereist ist und da seine nicht immer beneidenswerten Erfahrungen gesammelt hat, der weiß, was er an den deutschen Eisenbahnen hat, und ein nicht geringe- Verdienst am heutigen Stande der Dinge hat Herr von Budde. Nur in einem Punkt ist man mit ihm mehrfach verschiedener Ansicht gewesen; er war kein Freund von einem frischen, guten deutschen Trunk, von dem er eine Eisenbahnbetriebs-Gefährdung befürchtete. Sein bezüglicher Erlaß an die Beamtenschaft ist bekannt; sicherlich gut gemeint, ist er doch nicht ganz ohne