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Weißeritz-Mling Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. 76. Jahrgang Dienstag, den 26. Juli 1910 Nr. 86. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Da» Gewitter in der Nacht zum Sonnabend hat einen außeroldentlichen Umfang gehabt. In unserer Stadt wurde durch den heftigen Sturm nicht nur das Obst massenhaft herabgeschüttelt, sondern auch Aeste abgebrochen, Bäume entwurzelt. Aus allen Gegen den meldet man Störungen des Fernsprechverkehrs und «normen Schaden an Gebäuden, am Baumbestände und an Feldfrüchlen. Ganz arg trieb es der Sturm an Ge bäuden und Essen. — Auf der Wendischcarsdorfer Höhe wurden die großen Kastanienbäume nicht nur vieler starker Aeste beraubt, sondern eine derselben sogar entwurzelt und mehrere derartig gelockert, daß, hätte der Sturm etwas länger gewährt, auch sie zu Falle gekommen wären. — In Welschhuf« waren für das Kinderfest ein Karussell und ein Zelt ausgestellt worden, die beide fürchterlich zerzaust wurden, sodaß den Besitzern bedeutender Schaden erwächst. — In Sebnitz wurde von den Gebäuden gerissen, was nicht niet- und nagelfest war. — In Burkhardtsdorf er- schlug der Blitz den Zimmermann Otto Schubert, und In Kühnheide, Grünbach, Lauterbach zündet« der Blitz. — Von zwei Gebäuden im Barackenlager Zeithain wurden I i — Vom l. September ab wird der Bürodiene^ bei der Königlichen Amtshauptmannschaft DIppoldiswald° Schubert zur Amtshauptmannschaft Döbeln und dafür d«r Bürodiener bei der Amtshauptmannschast Dresden-N- Weinhold zur Amtshauptmannschast Dippoldiswalde versetzt- — Bei dem Gewitter in der Nacht zum Sonnabend wurden hier mehrere Kugelblitze beobachtet. — Mittlere Niederschlagsmengen (mm oder l auf den qm) und deren Abweichungen von den Normalwerten in den uns benachbarten Flußgebieten, 2. Dekade Juli 1910; Bereinigte Weißeritz: beob. 32, norm. 26, Abwchg.-s-6; wilde Weißeritz: beob. 34, norm. 30, Abwchg. -s-4; rote Weißeritz: beob. 33, norm. 29, Abwchg. -f-4; Müglitz: beob. 29, norm. 29, Abwchg. ijiO. — Die im Bezirke der Kreishauptmannschaft Dresden wohnenden Handwerker, welche sich der Meister- Prüfung im Sinne von 8 133 der Gewerbeordnung im bevorstehenden Herbst unterziehen wollen, werden darauf hingewiesen, daß sie ihr Gesuch um Zulassung zur Prüfung bis 15. August an die Geschäftsstelle der Gewerbekammer Dresden, Ostra-Allee 27, I, einzusenden haben. Später eingehende Gesuche können möglicherweise erst im Früh jahr 1911 Berücksichtigung finden. — Die Zentraloereinigung für Handel und Gewerbe hat in einer Eingabe an die Reichsregierung gegen die in der Reichsversicherungsordnung geplanten Bersicherungs- ämter Stellung genommen. Sie schreibt: Die Zentral- Vereinigung erklärt sich ganz entschieden gegen die Ein- richtung der vorgesehenen etwa 1000 Versicherungsämter. Wir wollen nicht in Abrede stellen, daß diese Versicherungs ämter die jetzt bestehenden Ungerechtigkeiten und auch die Unzufriedenheit der kleinen Gewerbetreibenden über die jetzige Vertretung ihrer Interessen vielleicht beseitigen könnten. Daß die Einrichtung dieser Aemter aber so notwendig wäre, daß allein die ungeheuren Kosten und die bedeutende Vermehrung der Beamtenschaft sich rechtfertigen ließen, ist nicht zu erkennen. Gegen die Vermehrung der Be amten haben die kleinen Gewerbetreibenden aber die schwersten Bedenken. Wir müssen hier zum Ausdruck bringen, daß die selbständigen Gewerbetreibenden über die immer ausfälliger werdende Absonderung des Beamtenstandes, insbesondere über dessen Bestreben, die kleinen Handels- und Gewerbetreibenden auszuschalten, dermaßen erbittert und empört sind, daß sie jede Ver mehrung der Beamtenschaft als eine Vergrößerung dieser Mißstände betrachten. — Ueber die gegenwärtigen Verhältnisse in der sächsischen Zündholzfabrikalion wird der „Sächsischen Industrie", Organ des Verbandes sächsischer Industrieller, aus Fachkreisen geschrieben: „Die Lage ist überaus traurig." Die Hoffnung, daß die Verhältnisse sich bessern würden, nachdem längere Zeit nach dem Inkrafttreten des ver hängnisvollen Steuergesetzes vergangen ist, hat sich nicht ersüllt. Ls ist im Gegenteil in den letzten Wochen eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten, sodaß eine Anzahl Fabrikanten zur gänzlichen Betriebreinstellung gezwungen wird, da sie trotz der Einschränkung der Produktion sich vor Vorräten nicht retten kann. (Segen der Finanzreform!) Kipsdorf. Am 1. Juli trat der seit 20 Jahren auf hiesiger Linie fahrende Zugführer Grosche nach 40jähriger Dienstzeit in den wohlverdienten Ruhestand. Ihm wurde jetzt das Ehrenkreuz in feierlicher Weise verliehen. Fürstenau. Eine eigentümliche Krankheitserscheinung )cs Rindes, die hier mit dem Namen Stallmangel be zeichnet wiid und auch unter anderen Namen (wie Stall krankheit, Lecksucht, Knochenbrüchigkeit, Beinweiche, Rack seuche, Hinsch usw) bekannt und seit Menschengedenken nicht nur im Erzgebirge, sondern auch sonst in höheren Gebirgslagen (Bayern, Württemberg und vielleicht auch noch anderen Ländern) aufgetreten ist, hat dazu Anlaß gegeben, daß vom Landw. Kreisverein Sonntag, den 31. Juli d.J, nachmittags 2 Uhr, im Erbgerichtsgaslhose die Dächer abgerissen. — In Rosenthal und Saalhausen wurden zahlreiche Bäume entwurzelt, in Limbach das Dach eines Neubaues weggerissen. In Thalheim schlug der Blitz in das Anwesen des Gutsbesitzers Burkhardt, ohne jedoch zu zünden. — In Thüringen hat der Sturm Bäum« zu vielen Hunderten entwurzelt und geknickt. Vielfach wurden Dächer abgerissen. Innerhalb kürzester Zeit, während deren die elektrischen Entladungen sich un ausgesetzt folgten, wurde unermeßlicher Schaden an Ge bäuden angerichtet. — In Köckeritz wurde der Kirchturm bis zum Glockenstuhl abgedeckt, sodaß die Glocken unter freiem Himmel schweben. --- Zwischen Fallersleben und Vorsfelde bildete sich eine Windhose, die an Feldern, Chausseebäumen und Häusern unermeßlichen Schaden anrichtete. Sämtliche gräslich Schulenburgsche Wal dungen haben stark gelitten. Der große Park des Schlosses ist vollständig zerstört. Dicke Eichen sind abgeknickt. Das Dach des Schlosses ist völlig abgedeckt worden. Der wolken bruchartige Regen ist bis in die unteren Räume gedrungen. Das Unwetter, das auch die Ernte fast vollständig ver nichtet hat, währte nur etwa vier Minuten. — Ungeheure Schäden hat das Unwetter am Mittel- und Oberrhein angerichtet. In Köln wurde die Feuerwehr in mehr als 40 Fällen requiriert. In einigen Orten haben taubenei- große Hagelschloßen Garten- und Feldfrüchte vernichtet. In den mittelrheinischen Gemarkungen sind die Weinberge hart mitgenommen worden. Der Dampfer „Kaiser Friedrich" wurde hart mitgenommen; alle auf dem Ober deck stehenden Tische und Stühle wurden in den Rhein geweht. — Nürnberg. Das Gewitter war das schwerste, das hier seit Jahren beobachtet worden ist. Der Blitz schlug in mehrere Gebäude, darunter in die Kaiserslallung der Burg, wo die Ecke eines Kamins abgeschlagen wurde. Die Umgebung mußte wegen Absturzgefahr abgesperrt werden. Ebenso schlug brr Blitz in eine Hotelküche. Mannesstarke Bäume wurden entwurzelt und Dächer ab gedeckt, so die Antoniuskirche. Der Stadtpark bildet einen einzigen Trümmerhaufen, die ältesten Bäume wurden um- geknickt oder entwurzelt. Aus dem Wirtschaslsplatz auf dem Plattenberg liegt alles wüst durcheinander. Fenster, Dach ziegel usw. liegen überall auf Straßen und Pläßen herum. Im städtischen Gaswerk wurde ein schwerer Aufzugskrahn und ein Gerüst zu einem Neubau umgeworfen. Und das geschah alles in knapp einer halben Stunde. Ebenso furchtbar wie In Nürnberg hat der Sturm in Hersbruck und in der Fränkischen Schweiz gehaust. — Lobositz Bei dem Gewitter flüchteten 6 Feldarbeiter in einen auf der Station Trebnitz stehenden Eisenbahnwaggon. Durch den Gewittersturm gerieten der Waggon sowie noch vier andere ins Rollen und entgleisten. Dabei wurden rin Arbeiter schwer und eine Arbeiterin lebensgefährlich verletzt. Die übrigen waren während der tollen Fahrt abgesprungen. — Budweis. Bei Zwiesel schlug der Blitz in eine Vieh herde ein. 60 Stuck Vieh, sowie zwei Hirten wurden betäubt, sechs Kühe getötet. — Mailand. Nach den letzten Nachrichten ist in Saronno kein Haus von dem Sturm unbeschädigt geblieben. Drei Personen wurden getötet und mehrere verwundet. — In Solaris zerstörte der Sturm eine Ziegelsteinfabrik. Vierzehn Tote und viele Verletzte sind aus den Trümmern gezogen worden. — In Busto Arsizio wurde eine Anzahl Arbeiter von herab stürzenden Fabriischornsleinen verschüttet; etwa zehn von ihnen wurden als Leichen geborgen, andere sollen noch unter den Trümmern begraben liegen. — Auch in Mosciano richtete der Sturm schweren Schaden an. Fünf zehn Personen wurden teils schwer, teils leichter verletzt. — Wie Reisende berichten, fuhr der erste am Freitag rüh in Dresden ankommende Zug, der Anschluß von hier >at, auf dem Dresdner Hauptbahnhofe über den Prellbock lingus. Durch die Erschütterung wurden verschiedene Personen, auch hiesige, verlegt. Lin Mann wurde weg- getragen. Die am 1. dss. Monats fällig gewesenen Kapitalzinfen sind bei Vermeidung der Verzugszinsen nunmehr sotort an unsere Kassenoerwaltung abzusühren. Dippoldiswalde, am 23. Juli 1910. Die Sparkasfen-Verwaltung. Die größte W asserkraftanlage Deutschlands. Im Zeitalter der Elektrizität und der hochentwickelten Technik wird in Deutschland allgemein bedauert, daß wir nicht wie die Amerikaner und Schweden riesig große Wasserkräfte besitzen, die mit Hilfe der Elektrizität bequem verwendet werden können. Aber es kann in dieser Rich tung in Deutschland auch noch Großes erreicht werden. Dem bayerischen Landtage ist jetzt die mit Spannung er wartete Vorlage über die größ!e Wasserkraftanlage Deutsch lands und über das bedeutendste wirtschaftliche Unter nehmen zugegangen, mit dem bayerische Abgeordnete sich in neuerer Zeit zu beschäftigen hatten. Handelt es sich doch um einen Kapitalbedarf von 31 720000 Mark, von denen aber nur sechs Millionen für die zweijährige nächste Finanzperiode in Betracht kommen. Vorgesehen ist für das eigentliche Walcheniee-Krastwerk ein Aufwand von 17500000 Mark, während die Elektrisierung der Eisenbahnstrecke München-Partenkirchen, sowie einiger Nebenlinien 9720000 Mark und das Fernleitungsnetz, das die überschüssige Kraft den Städten, der Industrie, der Landwirtschaft u. a. dienstbar machen soll, 4 500000 Mark kosten wird. Entsprechend den Vorschlägen des aus einheimischen und fremden Autoritäten zusammengesetzten Sachoerständigen-Ausschusses will man die durch das Walchensee-Unternehmen zu erschließenden Kräfte stufen weise ausbauen. Zunächst sollen nur die schon jetzt dem Walchensee zustlömenden Wassermengen ausgenutzt, später aber durch eine Stollenzuleitung aus der Isar und dem Mißbach ergänzt werden. Ehe man zur Heranziehung der Isar übergeht, würden aus den, Walchensee allein 24 000 ?8. gewonnen werden, von denen man 4500 zur Elektrisierung der erwähnten Bahnen und weitere 3000 für den elektrischen Betrieb nach Tölz und Schliersee be nötigt. Nicht weniger als 16500 ?8. können somit der städtischen Beleuchtung, dem Handwerk und der Land wirtschaft zugeführt werden. Es ist das um so eher mög lich, als der Walchensee im Gegensatz zu Wasjerkraft- anlagen in flacheren Gegenden ein Aufstauen des nicht benötigten Wassers ermöglicht und somit eine stark ab wechselnde Inanspruchnahme erleichtert. Neußer st vor- sichtig wird in der Vorlage die noch nicht genügend ge klärte Rentabilitälsfrage behandelt. Den hinsichtlich einer Verunstaltung des Landschaftsbildes geäußerten Bedenken sucht man durch die Versicherung zu begegnen, daß der Wasserspiegel de« Walchensees In der Regel nicht um mehr als 2,80 Meter gesenkt werden soll. Die Isar würde immer noch zur Flößerei benutzbar sein. Das Konkursverfahren über den Nachlaß des verstorbenen Restaurateurs Ernst Mar Boden in Reinhardtsgrimma wird nach Abhaltung des Schlußtermin» hierdurch auf gehoben. Dippoldiswalde, den 21. Juli 1910. Das Königliche Amtsgericht. DK LI.,-MM g«---»--' Md Mrlich ungefähr ISS cbm au» dem staalsforstlichm Kahlenbergbruche au, Adi. 76/77 U Alimb«,« nach d»zaanh°u-«l<ub,-a-rS>a°-,-ah° a d - Jakre 1911 bis mi 1914 zu vergeben. Der Bruchzins wird diesseits entrichtet. Die Lgung^ Amtsstelle König-Platz 7,1 und ck der Amt-st^b-nm-ister-i Geising aus. Angebote mit der Aufschrift „Porphyrschotter find bis Montag, den 1. Anglist d. 3., einzureichen. Auswahl unter den Bewerbern und Ablehnung aller Gebote vorbehalten. , - . . ,, LölligUodos 8tr,üou- unck Vassor-Vavamt?lra» ll Inserate werden mit N Pfg-, solche au» unserer Ämtshauptmuimschaft mit 12 Pfg. die Spaltzeil« oder deren Raum berech-' net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei gespaltene Zeile 35 bez. 30 Pfg. - Tabellarische und komplizierteJnserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg. DK. »Writzerttz-Zeltun^ «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag» Donners tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 85 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan. galten, Postboten, sowie MsereAusträger nehmen Amtsblatt für di- Königlich- WnlslMptmmnlchafi, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mtt achtseitigem „Illustrierten Auterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Für die Slufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garant e n ernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jetzne. - Druck und Verlag von Carl Jelrnr m Dippoldiswalde.