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WichmMck erscheinen drei Nummern. Pränumeration--Preit 22 j Siibcrgr. (j Lhir.) vierieijährllch, Z Thir. sür da- ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußische» Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werde» von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Beit u. Comp., Iäacrslrake Nr. 28), so wie von allen König!. Post-Printern, angenommen. Literatur des Auslandes. N 47 Berlin, Sonnabend den 19. April 1843. England. Karl's I. Gefangenschaft auf der Insel Wight. Die Insel Wight gilt mit Recht für das kostbarste Juwel der nordischen Meere. In dein nördlichen Theile der Insel erhebt sich auf einem Hügel das alte unter seinen Ruinen noch majestätische Schloß CariSbrookc. Man trifft selten in Europa einen Ort, dem die Schönheit seiner Lage und die großen historischen Erinnerungen, die sich an seine Mauern knüpfen, so viel Interesse verleihen wie diesem, wo die heftigsten Leidenschaften und die fruchtbarsten Prinzipien, welche die Gesellschaft und die Individuen bewegen, sich im I7ten Jahrhundert einen geräuschlosen, aber entscheidenden Kampf geliefert haben. Nach einer Tradition der Eingeborncn wäre das alte Vecra mit dem Hauptlanv Britanien durch einen sandigen Isthmus verbunden gewesen; der Ocean, heißt es, habe dann diesen Damm zerstört und so Wight zur Insel gemacht. Auch die verschiedenen Namen dieser Jniel weisen auf eine solche Revolution hin: sie sind alle auf das kpmrische 6uitli zurückzusührcn, welches „Trennung", „Bruch" bedeutet. Die ersten Bewohner von Wight waren Logrier, die bald durch Belgier ersetzt wurden, welche Cäsar als Herren eines großen Theils des südlichen BritanienS vorfand. Um das Jahr 8Ü0 unserer Zeitrechnung bemächtigte sich Kerdic, einer von den Häuptlingen der Angelsachsen, der Insel Wight. Es war dies der erste Schritt zur Eroberung der südwestlichen Kantone und zur Gründung des Reichs der Westsachsen. Als später die Dänen und Nor weger die Küsten Englands verheerten, hatte auch die Insel Wight viel von ihren Landungen zu leiden. Nach der Eroberung durch die Normannen wurde Wilhelm, der Sohn OSborne'S, ein Heerführer des Eroberers, zuerst in den Besitz der Insel ge setzt; er verlieh mehrere Theile derselben als Lehen an Leute, die unter seinem Banner über das Meer gekommen waren. Unter allen Familien, die sich in das Gebiet von Wight theiltcn, kennt man nur eine, die im Besitz des ihr damals verliehenen Eigenthums geblieben ist: es ist die der Oghlanders, welche die Schlösser von Nunwell und Sandham besitzt. Die Oberherrlichkeit von Wight ging unter der Regierung Henrp Beau- clerc'S von den Fitz-Osborne an die NiverS, Grafen von Devon, über. Eduard l., aus dem Hause Plantagenet, vereinigte die Insel mit dem Gebiet der Krone. Heinrich VI. trat sie 1443 an de» Grafen von Warwick ab als fast unabhängiges Königreich, indem derselbe dem König von England nur einfache Huldigung, aber keinen weiteren Lehnsdienst zu leisten hatte. Nach dem Tode dieses einzigen Königs von Wight fiel die Insel wieder an die Krone zurück; Eduard IV. verlieh sie aufs neue, aber nur als lorüsliip, an den Bruder seiner Frau, Lord Wpdeville, den Richard III. I48Z enthaupten ließ. Seit dieser Zeit wurde Wight nicht mehr von den unmittelbaren Be sitzungen der englischen Krone getrennt, aber die einzelnen Theile des Bodens gingen allmälig fast ganz in die Hände von Privatleuten über; nur der Wald von Parkhurst und das Schloß CariSbrookc blieben im Besitz des FiskuS. Dieses Schloß oder Fort CariSbrookc ist es, das zur Zeit der englischen Revolution eine traurige Berühmtheit erlangt hat. Schon seit alter Zeit hatte hier ei» Fort gestanden, das nach einer alten Tradition theils von den eingeborenen Britcn, theils von den Römern herrührte. Später vielfach er- weitert, diente es den jedesmaligen Herren der Insel, so wie den könig- Uchen Statthaltern, als Residenz. Elisabeth beschäftigte sich während ihres Kampfes mit Spanien viel mit Carisbrooke, welches damals als der Schlüssel eines der wichtigsten und bedrohtesten Theile des englische» Gebiets betrachtet w»rdc. Zur Zeit des Kampfes zwischen dem Parlament und Karl l. war Jeremy, Graf von Portland, königlicher Befehlshaber von CariSbrookc. Aber das Parlament, welches bald in den südlichen Grafschaften die Oberhand bekam, rief diese» ihm verdächtige» Offizier zurück und ersetzte ihn durch den Grafen von Pembroke. Als bei den, raschen Fortschritt der demokratischen Prinzipien auch diejenigen unter den Lords, welche anfangs die Sache des Volks unter stützt hatten, bei den Gemeinen in Ungnade gefallen waren, nahm der Oberst Hammond die Stelle des Grafen von Pembroke ein. Dieser neue Gouver neur war ein eifriger Presbyterianer und doch der Neffe eines ManncS, der eine der Stützen der bischöfliche» Kirche und damals sogar Kaplan des Königs war, des Doktor Hammond. Nach den Niederlagen der Loyalisten bei Long Marston-Moor und bei Nascbp, nach dem fruchtlosen Ausgang der Konfe renzen in Hamptoncourt, glaubte der unglückliche Monarch sich in die Gewalt eines Offiziers geben zu können, dessen naher Verwandter Beweise einer be währten Treue abgelegt. Nachdem er durch die Flucht sich der ehrenvollen Gefangenschaft, in welcher die Abgeordneten des Parlaments in Hampton court ihn hielten, entzogen hatte, erreichte er Litchfield, und von dem Hause, wo er sich hier verborgen hielt, sandte er an den Oberst Hammond eine Bot schaft, auf welche dieser in zweideutigen Ausdrücken antwortete; aber der Entschluß Karl'S war gefaßt. Von der Hartnäckigkeit seines Charakters be. herrscht, setzte der König, fast allein und ohne Waffen, in einer Barke über die Meerenge, unter eben so unglücklichen Auspizien als die waren, unter welchen seine Großmutter achtzig Jahre früher den Solway-Firth passirt halte, um sich in Elisabcth'S Schutz zu flüchten. An ver Küste empfing Ham mond den König und führte ihn unter unbestimmte» Versicherungen der Ehr- furcht vurch das verhängnißvolle Thor, welches sich erst vor dem Schaffst von Whitehall'öffnete. Man war damals im Monat November 1647. Karl fanv anfangs in Hammond einen ehrfurchtsvollen Kerkermeister, aber eS war ein Kerkermeister, und diese Rolle, wenn sie des Schwieger sohns Hampdcn'ü unwürdig war, paßte nur zu gut für den Lieutenant Crvm- well's °). Nachdem er einige Tage lang die Freiheit gehabt, mit einer Eskorte um Carisbrooke hernmzurciten, wurde der König in engen, Verwahr sam gehalten. Lie Besatzung des Schlosses bestand aus einer Abtheilung von Independenten, rohe» Scktircrn, die durch die Declamationen, die sie gierig anhörten und die sic Prophezeiungen nannten, fortwährend aufgeregt wurden; ihr gleichmachender Fanatismus ergoß sich in grobe Schmähungen, die ihr Gcfangencr oft anhören mußte. „Ihr seht", sagte Karl zu den Kommiffarien, die ihm da» Parlament gegen Ende des Jahres 1648 zuschickte, „ihr seht diesen abgelebten Greis, der mein Fetter anzündet: das ist die beste Gesell schaft, die ich seit einem Jahre gehabt habe." Karl versüßte seine Gefangen schaft durch das Studium und heiligte sie durch die fromme Ergebung, die sich in seinen Schriften ausspricht. In Carisbrooke war es, wo er das ele gische Gedicht Luspiria regalia verfaßte, so wie die „Reflexionen", die, nach dem 30. Januar gesammelt und herausgegeben unter dem Titel „Bild eines Königs" (Llxcu»' vielleicht »lehr als alle Produkte der Polemik dieser Zeit dazu beitrugen, die große geistige und moralische Reaction zu er zeugen, aus welcher die Restauration von 1660 hervorging. Der Styl des königlichen Gefangenen ist ruhig, gleichmäßig und korrekt. Man findet darin, wie auf allen seinen Bildnissen, das unzerstörbare Gepräge jener vornehmen Traurigkeit (xeuUemsnllsie gsänexs), durch welche der Sohn Jakob'S sich von seiner frühesten Jugend an ausgezeichnet hatte. Seine Poesie hat wenig Aufschwung; sie ist gelehrt und tief religiös und bewahrt eine keusche, stolze Würde. Man findet darin jene Geradheit der Absichten und jene unwandel bare Hartnäckigkeit wieder, die das Wesen seines Charakters auSmachcn; auch erkennt man darin die Aufrichtigkeit der religiösen Ueberzcugungcn, die er angenommen und für die er entschlossen in den Tod ging. Er befestigte sie durch das fleißige Studium der heiligen Schrift, womit er die KontroverS- schriften der Doktoren Hammond, Hooker und Andrews verband. Er hatte auch seine Zerstreuungen, die des gebildetsten EvelmanneS würdig waren: er las in Carisbrooke aufs neue Tasso und Spencer. Das literarische Verdienst der Werke Karl's l. ist nicht die Hauptquelle des Enthusiasmus, mit dem seine Anhänger sie aufnahmen: denn nicht mit dem Verstände, sondern mit dem Herzen wurden sie bcurtheilt. Als das Siegel des Märtyrerthums jener königlichen Beredtsamkeit aufgedrückt worden, da ward sie unwiderstehlich für alle Herzen, in welchen noch die alten Gefühle der Loyalität lebten. Karl trug als Schriftsteller den Sieg davon über Milton, den offiziellen Apologeten des KönigsmordcS, und indem die entwaffnete Autorität des Rechts allmälig ihren Einfluß auf alle Klaffen der Gesellschaft wiedergewann, stand Cromwell bald ganz verlassen da. Zuweilen ließen Karl's Wächter, durch die Zudringlichkeit der Bittenden besiegt, Kranke zu ihn, kommen, welche von der königlichen Hand berührt zu werden verlangten, gemäß den alten Ideen, denen zufolge das Unglück der Heilkraft so wenig als dem Rang, die der Souverainetät anhaften, etwas zu nehmen vermag. Inzwischen wurden auch von den Loyalisten Versuche gemacht, den König zu befreien. Am 2». Dezember 1647 schlich sich der Capitain Burley, Hauptmann des Schlosses Jarmouth auf der Insel Wight, unter das Fenster des königlichen Gemachs mit einem Führer und zwei Hand- ») Hammond war Beide-.