Volltext Seite (XML)
AWimffkkNgMati Nr. 231 — 89. Jahrgang Freitag, den 3. Oktober 1930 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. "II iii für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8/gespaltene Raumzeile 20 Nxfg^die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich» pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. VBW geschriebene Erscheinung«- —, - tage und Platzvorschrift» werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige» snnahme bis norm.lOUHr. ^ür die Richtigkeit kW du rch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. JederRabatlanspru ch erlischt, wenn derBetro g durch eingezogen werden muß oder derAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen eutgrg«. Nationale Tageszeitung für die landwirtschast, "" En Werktaxen nachmittags ö Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung In ^»elchSslssteke und den Ausgabestellen 2 RM. im Manat, bei Zustellung durch di« Boten 2,30 RW., bei Poftbestellung , ...» gebühr. Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend stellungeu entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht Kern Anspmch auf Lieferung r»er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise«. — Rücksendung eingesattdtrr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: D.esden 2640 Cinheitssteuer. Wenn in den letzten Jahren irgendeine Regierung ,on einer Finanzreform sprach, etwas Derartiges in Vor- chlag brachte oder sich dabei vom Reichstag „vertreten" ieß, dann kam meist gleich zu allererst — eine Steuer- ! r h ö h u n g. Bisweilen kamen auch mehrere dieser wenig mgenehmen Überraschungen, — und wenn sie nicht am Anfang des Programms standen, dann erschienen sie aber zanz bestimmt am Schluß. Auch das neue Programm Brüning hält sich von einer derartigen Überraschung sticht frei; auch dort findet man eine Steuererhöhung an- zekündigt und es ist dabei ein recht zweifelhafter Trost, vaß sie erst für den 1. April nächsten Jahres geplant ist, man ihr außerdem dadurch entgehen kann, daß man nicht — raucht. Denn derTabak soll ja wieder einmal steuer lichen Raucher „höher gehängt" werden. Die Herauf setzung der Beiträge für die Arbeitslosenver sicherung steht aber grundsätzlich auf einem andern Blatt, wenn sie auch an sich natürlich eine, wenigstens augenblickliche, Verdienstminderung bedeutet. Nun ist in dem Programm Brünings eine ganze Reihe von Vorschlägen über sehr weitgehende Reformen unseres Steuerwesens vorgesehen oder — um ein modern gewordenes Wort zu gebrauchen — eine „Rationalisie rung" der Steuerverwallung und des Steuersystems ge plant. Hier soll eine Zwischenbemerkung eingeschaltet wer den: Die eigentliche, von der Wirtschaft so oft geforderte Rationalisierung der gesamten öffentlichen Verwaltung vom Reich bis zu den Kommunen herunter ist das, was im Programm Brüning durchgesetzt werden soll, freilich noch längst nicht, aber es ist doch ein Stück, ein wichtiger Ausschnitt der Erfüllung jener Forderung, und die Her- kulusarbeit der Reichsreform steckt immer noch in ihren von Redewolken umhüllten Anfängen. Zweck der Ra tionalisierung in unserem Steuersystem und seiner Ver waltung ist der gleiche wie bei den entsprechenden Be mühungen der Wirtschaft: die Kostenersparnis. So ist es eine, übrigens schon längst vorhandene Gewiß heit, daß sich die personellen und sachlichen Erhebungs kosten der Vermögenssteuer unter der 20 OOO-Mark-Grenze kaum oder gar nicht lohnen, gerade deswegen, weil etwa die Hälfte aller vcrmögenssteuerpflichtigen Personen jene Grenze nicht erreichen, dafür aber der Steuerverwallung eine gewaltige Arbeit verursachen; daher will man sich künftig nur an die Besitzer eines Vermögens über 20 000 Mark halten. Ähnlich liegt es bei dem Programmvor schlag, den Umsatz nur dann steuerpflichtig bleiben zu lassen, wenn er im Jahr mehr als 5000 Mark beträgt. Hier wie dort wird aber der bisherige, nun freigesetzte Steuerzahler nicht bloß dafür dankbar sein, daß die Be hörde auf ihn verzichten soll, sondern daß man ihn nun auch von dem steuerlichen Schreibwerk entlastet, da- manchem ebenso unbequem erscheinen mag wie das Steuer zahlen selbst, beiden Seiten ja auch viel zuviel Zeit kostete Recht weitgehend ist nun das, was im Programn Brüning über die „vereinfachte Besteuerung der Land wirtschaft" vorgeschlagen wird; auch hier soll der Gesichts punkt maßgebend sein, die Veranlagungs-, Erhebungs- und Verwaltungskosten in Anbetracht der verhältnis mäßig geringen Erträge bei den unteren Klassen zu ver mindern. Allerdings bewegen sich diese Vorschläge vor läufig noch in Andeutungen; die drei Arten der Reichs vermögens-, der Einkommen- und der Grundvermögens steuer sollen durch eine Einheitssteuer ersetzt wer den, der die schon jetzt eingeführte Einheitsbewertung, der „Einheitswert" zugrunde gelegt werden soll, — alles aber nur für die Steuerpflichtigen, die höchstens 800l Mark steuerpflichtiges Einkommen haben. Daß sich gegen du „Einheitswert"-Besteuerung ein bisweilen sehr heftige: Widerspruch geregt hat und immer wieder regt, Wirt ebenso Anlaß zur Kritik an diesem Programmvorschlac sein wie die Bestimmung, daß der Ertrag dieser Ein heitssteuer den Ländern und Gemeinden zufließen soll Denn gerade von dieser Seite her rechnet man mit einer besonders scharfen Veranlagung. Ähnliche Steuerrefor- men, über die aber noch gar nichts Genaues gesagt wird sind für die Kleingewerbetreibenden geplant; auch sie wer den dann ,,emheitssteuer"pflichtig, unterliegen nicht meh: z. B. der bisherigen Einkommensteuer und den kostspie lrgen und zeitraubenden Veranlagungen dazu. Schließlick I '^0 lener Kritik etwas Boden entziehen — smd für die Durchführung der Einheitsbewertung noü eine Reihe von Reformen vorgeschlagen, wobei die zeit liche Ausdehnung des drei- auf den sechsjährigen Durch schnitt nur Zustimmung finden kann. An und für sich ist der Plan einer solchen Einheits steuer nicht neu, ist außerdem ziemlich umkämpft Aber auch seine Gegner bestreiten nicht, daß seine Durchführuna unter bestimmten Bedingungen eine gerechtere steuerliche Lastenverteilung erzielen könnte. Doch der Hauptzweck ist auf der anderen Seite zu suchen: es soll eine allgemeine Lastenverminderung wenigstens dadurch angebahnt wer den, daß zunächst einmal das Steuersystem „rationalisiert" wird, also die Kosten dieses Teiles der Reichs-, Länder und Kommunalverwaltungen heruntergedrückt werden. Meile« Sie d«5 Wilsdruffer TaMU Jie WreAWll Parteiführer bei der Regierung. Noch keine verbindlichen Verhandlungen Reichskanzler Dr. Brüning empfing am Donners tag zunächst als Vertreter der Reichspartei des Deutschen Mittelstandes Reichsminister Dr. Bredt und Reichstags abgeordneten Drewitz. Dem folgte eine Unterredung mit den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei, Reichstagsabgeordnetcn Wels und Müller. An schließend daran empfing der Reichskanzler im Beisein des Reichsministers Schiele die Abgeordneten Gras Westarp und von Lindeincr-Wildau. Alle diese Besprechungen dienten der näheren Unterrichtung über den Wirtschafts- und Finanzplan der Reichsregierung und der Aussprache über die politische Lage. Am Nach mittag wurden empfangen Vertreter der Landvolkpartei und der Deutschen Staatspartei. Eine Besprechung mil dem Vorsitzenden der Deutschen Volkspartei, Reichstags abgeordnetcn Dr. Scholz, findet am Freitag statt, weitere Besprechungen folgen. Für Freitag haben die Sozialdemokraten ihre, für den nächsten Sonntag hat das Zentrum seine Mitglieder zur Sitzung einberufen. Der Inhalt der Donnerstag besprechungen war die Mitteilung des Regterungspro- gramms an die Fraktionsvertreter und die Aufforderung an die Fraktionen, zu dem Pogramm Stellung zu nehmen. Wenn auch von entscheidenden Erklärungen der Partei- Vertreter noch nicht gesprochen werden kann, haben doch, wie mitgeteilt wird, die Wortführer der zuerst vom Reichs kanzler angehörten Gruppen der mittleren Rechten kein Hehl daraus gemacht, daß ihnen eine Zusammenarbeit mit den weiter rechts stehenden Parteien als geboten erscheint. Oer Lleberbrückungskredit. Im In- und Auslande ist vielfach die Behauptung aufgetaucht, daß der vom Reich benötigte Überbrückungs kredit 1200 Millionen Reichsmark betrage. Von zustän diger Stelle werden diese Angaben dahin richtiggestellt, daß bis zum 31. März 1931 der Fehlbetrag des Reiches insgesamt 1260 Millionen Mark betragen wird. In dieser Berechnung ist bereits eine Anleihe in Höhe von mehreren hundert Millionen enthalten. Diese Anleihe allein ist unter dem sogenannten überbrückungskredii zu verstehen. Der Rest betrifft die lausenden schwebenden Schulden des Reiches. Der Gesamtbetrag von 1260 Mil lionen Mark soll, wie dies in dem Regierungsprogramm ausgesührt worden ist, in drei Abschnitten innerhalb von drei Jahren getilgt werden. * Sie Sordemge« der Wirts-asts- Mtei. Berlin, 2. Oktober. Im Reichstag fand am Donnerstag eine Führerbesprechung der Wirtschastspartei statt, an der Mit glieder des Parteivorstandes, der Reichstagsfraktion und Ver treter der Länderparlamente teilnahmen. Nach einem Berich des Parteivorsitzenden Drewitz und nach lebhafter Aussprache, an der sich auch Reichsjuslizminifter Dr. Bredt beteiligte, wurden im Hinblick auf das von der Regierung veröffentlichte Programm Richtlinien aufgestellt, nach denen die Wirtschaftspartei ihre fer nere Beteiligung an einer Reichsregierung festsetzt. In dem Be schluß wird zunächst anerkannt, daß das Regierungsprogramm in zahlreichen Punkten den allgemeinen Forderungen der Wirt schaftspakte! wenigstens teilweise Rechnung trage. Ueber das Re- Reue Wege zur RenlabM. Die Herbsttagung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft. Kennzeichnend für die diesjährige Herbstragung der Deut schen Landwirtschaftsgesellschaft ist einmal die Vielseitigkeit der Anregungen und andererseits das zusammengefaßte Interesse, welches alle Fragen finden, die unmittelbar mit der Wiederherstellung der Rentabilität zu tun haben. Es war daher beinahe selbstverständlich, daß die Beratungen der Futter- und der Betriebs abteilung die allgemeinste Anteilnahme und den stärksten Besuch fanden. In der Futterabteilung galt es der schwerwiegen den Frage Rechnung zu tragen, wie weit der Landwirt bei seinem heutigen Mangel an Betriebsmitteln das zugekaufte Kraftfutter durch wirtschaftseigenes Futter ersetzen kann, ohne daß die Leistungen der Haustiere zurück gehen. Als Vertreter des Siloringes Ostpreußen konnte Dr. Hildebrandt feststellen, daß die Kaltvergärung von Schmet terlingsblütlern, die ein besonders proteinreiches Futter ergibt, keine Schwierigkeiten mehr bieiei. Professor Dr. Zorn-Breslau wies anschließend auf die Möglichkeit der neu zeitlichen Grünlandbewegung hin. In der Betriebs abteilung standen die von Kammerdirekwr Dr. Asmis-Halle erörterten Tagesfragen aus dem Gebiete des der Reichskanzlers gierungsprogramm hinaus werden folgende Forderungen an die Reichsregierung gestellt: 1. Einleitung von Verhandlungen zur Herbeiführung eines sofortigen Moratoriums für die Reparationszahlungen mit dem Ziel der Revision des Poungplanes. 2. Durchgreifende Verwaltungsreform in Reich, Ländern und Gemeinden mit dem Ziel der Befestigung aller Parteibuch beamten und überflüssigen Dienststellen. 3. Sofvtige Einführung der allgemeinen ArbeitsdienstpflichL mit dem Ziel der Behebung der Arbeitslosigkeit und weitere ent schiedene Reform des sozialen Versicherungswesens. 4. Weiterer planmäßiger Abbau der Ausgaben der öffent lichen Hand, Beseitigung der öffentlichen Regimebetriebe, Ueber- führung des öffentlichen Wvhnungsbauwesens in die freie Wirt schaft, weiterer Abbau der Realsteuern, Reform des Schlich tungswesens und Maßnahmen zwecks Senkung der kartellierten Preise und der überspannten Zinssätze. KaWsaasage der I.N.V.P. Berlin, 2. Oktober. Von maßgebender deutschnationaler Seite wird folgendermaßen zu dem soeben veröffentlichten Re gierungsprogramm Stellung genommen: 1. Der Wirtschaft!;- und Finanzplan des Kabinetts Brüning geht an de» Kernpunkten unserer Politik vorbei: An der Tribut frage und an der Außenhandelspolitik. 2. Vereinfachungen im Steuersystem und Sparsamkeit ans allen Gebieten sind Selbstverständlichkeiten, 3. Die Zunahme der Beschäftigungslosigkeit der Betriebe und die Erwerbslosigkeit stehen in engstem Zusammenhang mit der Tribut- und Handelspolitik, die eine übermäßige Einfuhr fremder Waren begünstigt und die Ausfuhr deutscher Waren er schwert. 4. Jedes Opfer eines Berufsstandes oder jede Mehrbelastung der Wirtschaft einschließlich der Arbeiterschaft durch Steuern und soziale Abgaben ist nutzlos, solange nicht gleichzeitig eine wesent liche Erleichterung der Tributfrage erreicht wird. 5. Die DNVP. wird gemäß ihrem Wahlversprechen den Kampf gegen den Poungplan und gegen die bisherige Handels politik fortsetzen und demgemäß keine Regierung unterstützen, die an diesen Kernfragen vorübergeht, sondern sie auf das entschie denste bekämpfen. * Ser Krach in der Staatr-artei. Berlin. Wie wir erfahren, steht innerhalb der Deutschen Staatspartei eine grundsätzliche Auseinandersetzung bevor. Man darf annehmen, daß die Gegensätze zwischen der demokratischen Gruppe und den Volksnationalen nicht mehr auszugleichen sind. In volksnationalen Kreisen hat es das unliebsamste Aufsehen er regt, daß der staatsparteiliche Reichstagsabgeordnete Reinhold, Chefredakteur der.„Vojsischen Zeitung" und gleichzeitig Mitglied des Ullsteinschen Äufsichtsrates geworden ist. Außerdem ist man auf das äußerste empört darüber, daß der staatsparteiliche Ab geordnete Dr. Stolper, der Herausgeber des „Deutschen Volks wirts", der wegen seiner jüdischen Abstammung von vornherein durch die Volksnationale Reichsvereinigung bekämpft worden ist, sich jetzt für die Ansiedlung des tschechischen Schuhkönigs Bata in Deutschland cinsetzt. In diesem Zusammenhang ist das böse Wort vom wirtschaftlichen Landesverrat gefallen, das unter Partei freunden immerhin nicht üblich ist. Schon in den nächsten Tagen wird sich entscheiden, ob die staatsparteiliche Reichstagsfraktion überhaupt in dieser Form im neuen Reichstag erscheint oder ob nicht vielmehr mehrere Abgeordnete — man spricht von 6 — schon vorher auf die Ehre verzichten, den Resten der Demokrati schen Partei zur Fraktionsstärke zu verhelfen. landwirtschaftlichen Marktwescns im Vordergründe, wobei nach lebhafter Erörterung die Über zeugung vorwiegend war, daß hier allerdings Selbsthilfe allein nicht mehr genügt, sondern mit Mitteln der Gesetzgebung ein gegriffen werden müßte, wie beim Reichsmilchgesetz und dem in Vorbereitung befindlichen Handclsklassengcsetz. Wohin mit dem immer ^unverwendbarer werdenden Kartoffclnbcrschuß? Rittergutsbesitzer von Lochow-Petkus. der bekannte Saatgut züchter, empsahl die Einsäuerung im weitesten Umfange, die nicht daneben geraten kann, wenn sie richtig ausgeführt wird, deren Technik darum aber auch durch die landwirtschaft lichen Schulen und Versuchsringe zu verbreiten eine der aller- wichtigsten Aufgaben ist. Auch diese Anregungen fanden in lebhafter Aussprache auS allen Teile» des Sketches, besonders aus den kartofselrciche» Ostprovinzen, den stärksten Widerhall. In der Rmderzuchtabteilung wurde der bemcrtenswerle Beschluß gefaßt, daß in Zukunft auf den Wanderausstellungen der D. L G nur noch Kühe aus gestellt werden dürfen, bei denen der Milchleistungsnachweis bcigcbracht wird, und zwar bei Tieslandschlägen schon 1931 in Hannover, bei den Höhcnrindcrn von 1933 ab. Aus vcrhällntsmüßiges Neuland begab man sich bei der Erörterung der Frage, wie weit die E d - l p e i z t i e r z u cd < als gute Zusatzrente in die-bestehenden Wirlscvaswbetriebe ei