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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. .V WS. Erscheint mit' Ausnahme der Sonn« und Festtage täglich Abends und ist -durch alle Postanstalten zu beziehen. Sonntag, de« 15. November. Amtlicher Th eil. Dresden. Se. Königliche Majestät habe« allergnädigst geruhet, dir bisherigen Referendar, beim Fjnanz-Ministerium Karl Ailwill Isidor Götz und Oswald von Nostitz-Wall» w>tz zu Finanzräthen zu ernennen, ferner dem Landrent- meistrr Johann Karl August Leng nick,'dem Finanz-Ober buchhalter Friedrich Ludwig Eugen Simon und dem Conn missionsrathe und ersten Commissar der Landes-Lotterie-Di- reclion Franz Adolph Marbach, daS Dienstprävicat als Finanzrath, auch den geheimen Finanz-Sccretairen Christian August Reuter und Gustav Balthasar Gr »der daS Dienst- siädirat als CominissionSrath zu rrthrilen. Nichtamtlicher Theil. Arbrrsicht. Tüstesgeschschte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Boni Landtage. — Wien: Hohe Gäste. Volkszählung. Eisenbahnangclegenheiten. — Berlin: Das Befinden des Königs. Die bevorstehende Session. Zur,Frage über die Aufhebung der Wuchergesetze. Preu« ßrns Haltung in der Donaufürstrnthümerfrage. Dir Bank kündigt bieEffrctendepotS. — Mainz: Geschenke des Kaisers von Oesterreich zum Dombau. — Altenburg: LandtaqSwabl. P»of. 1>r. Apeh -s. — Paris: Der Zu stand des Geldmarktes. Marschals Narvaez nicht erwartet. Einberufung der Legislativen. Bankausweis. Tagesbericht. — Brüssel: Die Kammer aufgelöst. Zwei neue Minister.— Rom: DaS Budget. — London: Die Finanzkrise in Schottland. Der Tod der Herzogin von Nemours. — Astrachan: Die Dampfschifffahrt auf der Wolga. — Konstantinopel: AuS der neuesten Post. — Teheran: Vom Hofe. Aufstand der Turkomanen. — Ostindien: Ergänzende Nachrichten aus der neuesten Post. Local- und Provinzialansteleqenheiten. Dresden: Au« dem Jahresberichte der BrandversicherungSgesellschaft sächsischer Lehrer. OberappellationSrath v. Reitzenstein -j-. Zwei Kinder erstickt. — Johanngeorgenstadt: Un- glücksfall. Fruilleton. Vermischtes. Inserate. Tageßkalender Börsennachrichten. Beilage. L^entliäe Gerichtsverhandlungen. ^Leipzig. Chemnitz. Oschatz.) Feuilleton. Inserate. die Herren Abgq. Rittergutsbesitzer Adv. Kasten auf Kröstau (mit 6l von 66 Stimmen) und Bürgermeister Finke auS Schöneck (mit 35 St.) gefallen. Tüten, 13. Nov. (W. Bl.) Der Prinz von Joinvlllr ist vorgestern sammt Familie von Vrnrdig Hw« angekommen und hat sich gestern auf daS Koburg'schr Gut Ebenthal mit telst Norddahn begeben. — Der Graf von Flandern, wel cher auf der Durchreise von Italien nach Brüssel vorgestern hier eintraf, erhielt an demselben Tag» einen Besuch Sr. Maj. des Kaisers, wurde gestern von den hier weilenden Erz herzogen besucht, speiste Nachmittag« an der Hoftafel und wird noch in dieser Woche die Reise fortsetzen. — Prinz Gustav von Wasa ist gestern von Dresden hier angekom- men. — Die Commissionen, welche mit der Conscription der Bewohner der Stadt Wien und der Vorstädte beauftragt sind, haben ihre Wirksamkeit bereits begonnen und eS werden dir Arbeiten noch in diesem Jahre zu End« geführt werden, so daß die Zusammenstellung der Hauptausweise bei dem Magistrate mit Neujahr beginnen kann. Die älteste Person in Wien ist ein Mütterchen von 107 Jahren. — Die k. k. privilegirte österreichische Staatseisenbahn gesellschaft hat in der Woche vom 29. Oct. bis 4. Nov. in Vergleich zu der entsprechenden Woche d,S vorigen Jahres abermals eine Mehreinnahme von 48,275 fl. erzielt. Hierbei wollen wir nicht unerwähnt lassen, daß dir gedachte Direction jetzt hier ein „Stadl-Bureau" eröffnet hat, welches sich damit befaßt, die für Wien bestimmten Sendungen in die Wohnung der Empfänger zu bestellen und di, Weiterbeförderung der über Wien hinaus gehenden Güter zu besorgen. (Vgl. die Inserate in der Beilage d. Bl. D. Red.) kl Berlin, 13. November. Für die Urbersiedelung drS k. HoslagerS nach Charlottenburg werden bereit« Vorberei tungen getroffen; so ist die Compagnie Soldaten, welche während des Aufenthalts des HofeS in der letztgenannten Residenz den Dienst im Schlöffe hat, bereit« dahin beordert. Die ReconvaleScenz des Königs dürfte indessen, nach den ge troffenen Anordnungen zu schließen, sich bis in den Winter hinein erstrecken. Man hat bereits für den nächsten Winter von sämmtlichen Hoffeftcn (mit Ausnahme deS OrdenSfesteS) Abstand genommen. Ebenso werden weder die seit einigen Jahren wieder ausgenommen,» SubscripnonSbälle, noch die sonst üblich,n glänz,nd,n F,ste in d,n Hotrls d,r Minister und G,sandten stattfind,». Dagegen wird ungeachtet ein,« widersprechenden Gerücht« in Bezug auf die Vermählung Sr. k. Hoheit deS Prinzen Friedrich Wilhelm keine Aenderung erfolgen. — Der Landtag wird zuversichtlich zwischen dem 10. und 15. Januar k. I einberufen werden. Trotz deS Taqesgeschichte. Telegraphische Nachrichten. London, Freitag, 13. November Eine soeben veröffentlichte officielle Depesche meldet aus Kalkutta vom 8. October: General Outram befindet sich in dem Fort von Lucknow in bcdränfltcr Lage. Er kann weder abziehen, noch die Ltadt cinnchmen. Der Ma haradscha Tcindia hält die aufständischen Gwalior- lruppm wirksam im Zaum. (S. unter Ostindien.) — Lord Elgin ist am 20. September in Hong» kong angekommen. Ein russischer Gesandter ist dem Vernehmen nach vom Pekinger Hofe nicht angenom- rrei worden. Dresden, 14. November. Di, Zweite Kammer hat sich i» ihrer heule Vormittag abqehaltencn zweiten vorbereitenden Sitzung conslikuirt. Die Wahl der beiden Sekretäre ist auf minder umfangreichen Material«, als e« die früher» Sessionen darboten, sieht man doch einem lebhaften parlamentarischen Kampfe entgegen, wie er bei Behandlung der Frage über die Erhöhung der Beamtengehalke ziemlich unvermeidlich ist, zu mal da die Regierung bereits vielfach eine Erhöhung von Positionen im AuSgabe-Erat zu diesem Zwecke angeseht hat. — Die Erledigung der Frage, betreffend die Aufhebung der Wuchergesetze, wird, so sehr die öffentliche Meinung eine Entscheidung wünscht, gleichwohl noch nicht zum Austrag kommen, da man im Justizministerium daS, durch die ein geforderten Gutachten der Ober- und Untergericht,, sowie der Handelskammern ungemein große Material noch nicht bewäl tigt hat. Auch ein anderer Gegenstand, die Aenderung unser« Hypolhekenwesens, bezüglich deren von Seiten des Vicepräsidenten des Obertribunal«, I)r. Götze, im Herren hause in der vorigen Session ein Antrag eingeganqen ist, wurde von dem Justizministerium mit großer Aufmerksamkeit behandelt. Es sind von sämmtlichen Ober- und Unterqerich- ten Gutachten ringefordert worden, welche indessen fast alle Preis für daS Vierteljahr Thaler. Insertion»-Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile 1 Reugroschen. 1857. gegen die gewünschte Reform d,S Hypothekenwesens gerichtet sind. So hat sich auch daS hiesige Stadtgericht, welches be- kanntlich den umfangreichsten Hypothekenverk.hr in der Mo narchie hat, gegen die vorgeschlagenen Abänderungen aus gesprochen. Berlin, 13. Nov. Die „Pr. Corresp." enthalt folgende officiöse Mittheilung: „Inländische und fremde A irungen lassen picht ab, das Thema zu variiren, die königl. Regierung habe in den auf die Donaufürstenthümer bezüglichen Fragen ihre Auffassung und Haltung verändert. Dies ist völlig un begründet und wird am besten durch die Thatsache widerlegt, daß die königl. Regierung, von Anfang bis zu den jüngsten Tagen herab, in allen ihren Kundgebungen den Standpunkt festgehalten hat, welchem in dem durch die Presse bekannt ge wordenen Circular vom 28. Mai Ausdruck gegeben worden ist. Dieser besteht darin, daß, nachdem der Pariser Conqreß und demnächst der Friedensvertrag vom 30. März 1856 die Lösung der auf die Organisation der Donaufürstenthümer bezüglichen Fragen verschoben und, erst wenn vollständigeres aufklärrndes Material vorlieqen würde, einer zweiten Pariser Conferrnz Vorbehalten hat, Preußen sich bis zu der Vereini gung dieser Conferrnz jeder präjudicirenden Aeußerung über die einzelnen, sich an die Zukunft jener Länder knüpfenden Fragen enthalten und erst in der Conferrnz srinr nach allsei tiger Abwägung dec in Betracht kommenden europäischen und localen Interessen zu bemessende Stimme abgeben wird. An diesem, durch keinerlei vorzeitige Verpflichtungen einzu- engenden Standpunkt hält die königl. Regierung unbeirrt fest und wird es auch fernerhin thun." — (B. Bl.) Se. Majestät der König empfingen gestern Mittag den Generalfeldmarschall Grafen zu Dohna und machten demnächst in Begleitung Ihrer Majestät der Kö nigin wiederum eine längere Spazierfahrt. — Die preußische Bank hat, wie die „B. u. H. Z." berichtet, gestern verschie denen hiesigen Häusern Effect,ndepot- gekündigt. Nach dem selben Blatte scheint die Bankverwaltung vorläufig die Kün digungen aller seit einem Jahre und länger stehenden Depots aussprechen zu wollen- Außerdem hat sie aber auch mehrern Häusern neuere, seit wenigen Wochen bestellte Depots mit dem Bemerken gekündigt, daß sie eS „unter den gegenwär tig»» Verhältnissen nicht thunlich erachte, dieselben länger stehen zu lassen und deshalb die Rückzahlung der bewilligten Darlehen für die nächsten Tage erwarten müsse." (Einem Artikel der ,,B. B. Z." zufolge handelt eS sich bei dem Vor gehen der Bank „durchaus nicht um irgend welche generell« Maßregel, sondern um ganz vereinzelte Kündigungen, denen noch überdies ganz specielle Gründe zur Basis dienen. Die Bank hat nämlich nur solche seit länger als einem Jahre bei ihr hinterlegte Depots gekündigt, für deren Abnahme von den Depositaren seildrm keinerlei Schritte geschehen sind, selbst in solchen Fällen, wo auch nur seitdem eine theilweise Abzahlung erfolgt ist, ist die Kündigung meistentheils unterblieben. Die ganze gekündigte Summe beträgt überdrm nur etwa 300,000 Thaler.") Mainz, 11. Nov. (A. Z.) Dec k. k. Feldmarschallleut- nant, Ritter v- Sleininger, hat heute dem Herrn Bischof von Mainz die Anzeige gemacht, daß Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich für den hiesigen Dom dem für Restau ation desselben hier bestehenden Verein die Summe von 10,000 Gulden anzuweisen die Gnade gehabt hat. Bekannt! ch hat Se. Majestät schon früher dem Dom zu Worms 5000 F'Z C.-M geschenkt. Z Altenburg, 13. Nov. Bei der heute stattgehabten Wahl zweier landschaftlichen Abgeordneten für die Residenzstadt fiel die Wahl mit überwiegender Stimmenmehrheit auf den Oberbürgermeister Hempel und den Hofadvocaten Justizcath Feuilleton. Zur Katastrophe in Delhi. (Schluß au« Nr. 26».) AlS ich diesen Bericht vernahm, fühlte ich mich vernichtet', aber obgleich ich mich kaum aufrecht erhalten konnte, bat ich meinen alten Diener, er möge mit mir in daS HauS gehen. Alles war in dem traurigsten Zustande: zertrümmerte Tische, au-geräumte Schränke, Kleider, Confituren, zerbrochene Wein flaschen, deren Geruch daS ganze HauS durchdrang, lagen wild durcheinander. Jede Einzelnheit dieser Scene der Verwüstung ist mir unauslöschlich im Gedächtnis geblieben, weil jener natür liche Instinkt, welcher uns abhält, die ganze Größe eines Un- giückS kennen zu lernen, mich abhielt, weiter zu gehen; ich blieb in dem ersten Zimmer und begann immer von Neuem, eS zu untersuchen. Endlich sammelte ich meine Kräfte und trat in daS nächste Zimmer. O! ich bedurfte in Wahrheit aller meiner Kräfte. Mir gegenüber sah ich den kleinen Knaben deS armen Clark an der Wand liegen, sein Köpfchen hing herab und ein Bluistrom floß an der Wand entlang und bildete eine große Lache neben seinen Füßen; daS Kind mußte vor den Augen seiner Mutter diese« grausamen Tove« gestorben sein. Ich zitterte und schloß die Augen ; alü ich sie öffnete, erblickte ich ein noch schauervolleres Schauspiel. Clark und seine Frau lagen neben einander auf dem Boden auSgestreckt; aber ich will, ich kann den entsetzlichen An blick nicht schildern. Ich hörte einen Schrei, und als ich in daS Schlafzimmer drang, daS sich neben dem Salon befand, sah ich den alten Dhobee die Hände ringen und weinen ; er stand an der Thür deS Badezimmer«. Ich eilte nach dieser Thür, aber ich konnte mich nicht entschließen, einzutreten. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß ich meine arme Frau sehen würde, wie ich Madame Clark gesehen hatte. Ich setzte mich nieder, legte die Hände auf die Knie; ich weinte nicht, denn eS schien mir, al« drücke auf mein Hirn eine schreckliche Last, die mich hinderte, Thränen zu vergießen. Ich weiß nicht, wie lange ich so da saß, als derselbe Diener mir sagte, ich sei nicht sicher in meinem Hause und müsse zu ihm kommen, <S war beinahe Nacht. ES war wahrscheinlich, daß meine Diener in mein HauS zurückkommen würden; aber ich konnte mich ihnen nicht anvertrauen. Der Alte sagte mir, daß er in der Nacht mich zu seinem Bruder führe, welcher am andern Ende der Stadt wohnte. Dieser würde mir zum Einkommen behilflich sein und wir würden Kurnaul erreichen können. Ich blieb bei ihm und er hielt draußen Wache. Kurz darauf drang eine Bande von Rebellen in den Garten ein; sie lachten und schrien. Sie gingen durch eine kleine Pforte wieder hinaus und ich hörte den Einen von ihnen sagen: „Wie lustig eS hier au«- steht!" Meine Diener kamen auch zurück und ich hörte sie von Dem reden, waS sich ereignet hatte; ich begriff, daß sie mich 'glücklicherweise für tvtt hielten. Einer der Männer sagte, eS sei unrecht, die Krauen und Kinder zu tövlen; aber ein Anderer sagte, daß wir Alle „KaffirS" seien, unv daß jetzt der König von Delhi die Gewalt in die Hand nehmen werde. Nach Mitternacht ging ich in den Garten hinab und legte ein Kleid und einen Schleier an, welche der Frau deS alten Dhobee gehörten. Ich ging dann zu ihm, damit er mich nach dem Hause seines Bruders führe. In den Straßen war groß» Bewegung und in der Richtung der Magazine sah man eine glühende Lohe aufschlagen; man hörte unaufhörlich schießen. Als wir bei dem Hause seine« Bruder« angelangt waren, hieß er mich warten; er wollte sehen, waS vorging. ES war ein Glück für mich, daß wir so vorsichtig zu Werke gingen; denn er fand, daß sein Bruder nicht im mindesten geneigt war, mich zu retten, sondern mich vielmehr verrathen haben würde. Ich wartete lange auf der Straße, umgeben von Leuten, die jeden Augenblick an mir vorübergingen ; hätten sie geahnt, daß ein Feringhee sich wenige Schritte von ihnen befand! Der Tag brach an und der Gedanke, daß ich vielleicht genöthigt sein würde, den Tag in der Stadt zuzubringen, setzte mich in Schrecken. Ich sah endlich den Grei« auS dem Hause treten ; er trieb einen mit Kleidern beladenen Ochsen vor sich her. Er kam nicht auf mich zu, sondern ging nach der andern Seite der Straße. Ich fürchtete, er wollte mich meinem Schicksal über lassen; aber als ich mich erinnerte, daß er ein alter treuer Diener sei, dachte ich vielmehr, er wolle vermeiden, die Aufmerk samkeit auf mich zu ziehen. Ich wartete demnach, bis er in einer gewissen Entfernung war, und folgte ihm von weitem. Al« wir die Straße verlassen hatten, machte er mir ein Zeichen, näher zu kommen. Nicht« hinderte un«, die Stadt zu verlassen; daS Thor war weit offen. Wir marschirten nur sehr langsam; aber gegen Abend waren wir auf der Heerstraße von Kurnaul. Sie war mit Leuten be deckt, welche Beute schleppten, und eine Schaar umringte unS. „Der Alte ist sehr schlau," riefen sie, „er führt große Schätze bet sich!" Er antwortete ruhig: „Durchsucht mich, wenn Ihr wollt!" Sir durchsuchten ihn und da sie Nicht« fanden, ließen