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MsdmfferTageblatt Montag, den 11. Mai 1936 Nr. 109 — 95. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Drahtanschrift: „Tageblatt' Postscheck: Dresden 2649 Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen und des Stadt rats zu Wilsdruff behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Wilsdruff, des Finanzamts Nassen, sowie des Forstrentamts Tharandt. Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „WUSdrufser Tageblatt' erscheint werktags nachm 4 Uhr. BezugSpr. monatl 2RM. frei HauS, bei Posibestellung l,8ll RM. zuziigl Bestellgeld Einzelnummer w Rps Alle Postanstallen, Postboten, unsere Austräger u Geschäftsstelle nehmen zu leder Zei, Be- . . ...... - ftellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt oder WokheNÜlkllt ftlk WilsdlUff U. UlUgkgeNd sonstiger BetriebSstörun- gen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises Rücksendung etngesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufliegender Preisliste Nr 8. — Z t f f e r - G e b ü h r : LV Rpig. — Borgeschri«. bene Erscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt. — Anzeigen-Annahm« bis vormittags lv Uhr .. Wr die Richtigkeit der durch Fernrus übermit- Fernsprecher: Anit Wilsdruff 206 teilen Anzeigen überneh men wir keine Gewähr. — Bei Konkurs und ZwangSvergleich erlischt feder Anspruch auf Nachlaß. Warenaustausch auf Gegenseitigkeit Deutschland guter Kunde Südosteuropas — Vorsorgliche Kündigung des deutsch-schweizerischen Reiseablommens — Japans Baumwollinteressen in Abessinien Die Aufgabe der in diesen Tagen stattfindenden Breslaue r S ü d o st a u s st e l l u n g ist die Anregung und Förderung des Warenaustausches zwischen Deutsch land und den südosteuropäischen Staaten und die Fort setzung der bereits im letzten Jahr mit Erfolg durch geführten Ergänzung der Bedürfnisse der Industriestaaten mit den Bedürfnissen der südosteuropäischen Agrarländer. Wenn es auch heute selbst im Südosten Europas kaum noch reine Landwirtschaftsstaaten gibt und wenn sich auch in dieser Ecke unseres Kontinents ganz allmählich die Industrialisierung durchzusetzen beginnt, so bleibt doch die Tatsache bestehen, daß die Agrarländer nur dann einen industriellen Aufbau vollziehen können, wenn sie sich mit Hilfe der Ausfuhr ihrer landwirtschaftlichen Erzeugnisse die für den Jndustrieausbau erforderlichen Güter ins Land holen können. Die Ausstellung zeigt einerseits die Agrarangebote der Südosteuropa-Länder und auf der anderen Seite die Jndustrieerzeugnisse Deutschlands. Die deutsche Industrie, vor allem die deutsche Landmaschinen- und Autoindustrie, ferner die chemische und elektrotech nische Industrie zeigen den Jnterssenten aus Südost europa ihre Qualitätserzeugnisse. Wenn diesmal die Auto industrie besonders stark in Breslau vertreten ist, so liegt das nicht zuletzt daran, daß erst in den letzten Monaten, vor allem mit Ungarn und Jugoslawien, Ver einbarungen getroffen worden sind, wonach diese Länder gegen ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse, dem Bedarf ihrer Länder entsprechend, vor allem stabile Personen- und Lastkraftwagen einführen wollen. Als Aussteller sind aus dem Auslande vertreten: Bulgarien, Jugoslawien, Polen, Rumänien, die Türkei und Ungarn. Bulgarien stellt vor allem Sämereien, Rosenöl, gedörrtes Obst, Teppiche, Pelzjacken und die Erzeugnisse seiner Volkskunst aus. Jugoslawien, das in den letzten Monaten ein gut Teil der Warenmengen, die es bis dahin nach Italien lieferte, nach Deutschland ausführte und dadurch den deutsch-jugoslawischen Warenaustausch um ein beträcht liches anregte, hat vor allen Dingen die Erzeugnisse des Ackerbaues, der Tierzucht (Honig), der Forstwirtschaft und eine Fülle von Heilpflanzen, die ein beachtlicher Artikel des deutsch-jugoslawischen Handelsverkehrs sind, aus gestellt. Polen stellt vor allem seine landwirtschaft lichen Erzeugnisse: Sämereien, getrocknete Früchte, Pelze, Wolle, Fleisch- und Geflügelkonserven und Holzschnitt arbeiten, aus. Rumänien zeigt Därme, Eier, Öl, Holz und Teppiche. Die Türkei, mit der der Handelsverkehr 1935 gegenüber 1933 eine Erhöhung von 117 Prozent er brachte, ist hauptsächlich durch Tabak, getrocknete Früchte, Getreide, Slsaaten, Textilrohstoffe und auserlesene Tep piche vertreten. Ungarn bringt nur einige wenige seiner agrarischen Ausfuhrartikel zur Schau. Um den Waren austausch weitgehend zu erleichtern, sind in Breslau be vollmächtigte Vertreter der Regierungen anwesend, die etwaige Schwierigkeiten beim Abschluß zwischenstaatlicher Handelsgeschäfte soweit als möglich aus dem Wege räumen können. Die deutsche Regierung hat in diesen Tagen das mit der Schweiz bestehende Reiseabkom men zum 30. Juni 1936 gekündigt. Es handelt sich um eine vorsorgliche Kündigung, denn noch hofft man, im Verlaufe der gegenwärtigen deutsch-schweizerischen Be sprechungen zu eiuer Einigung in den freilich nicht ganz einfachen Fragen, die im Augenblick zur Beratung stehen, zu kommen. Nicht nur das Reiseverkehrsabkommen, son dern der gesamte Waren- und Zahlungsverkehr mit der Schweiz bedarf einer umfassenden Neuregelung, da sich die deutsch-schweizerischen Handelsbeziehungen im Augenblick festgefahren haben. Seit auf Drängen der Schweiz auf der Londoner Wirtschaftskonferenz 1933 der Verrechnungsver kehr aufkam, um Deutschland auf diese Weise zur Zurück zahlung der schweizerischen Gelder bzw. deren Verzinsung anzuhalten, hat es nicht an Stimmen in Deutschland ge fehlt, die auf das Gefährliche und Zweischneidige dieses Vorgehens hinwiesen. So sehr mancher schweizerische Ein wand verständlich sein mag, so bleibt doch die wenig er freuliche Tatsache bestehen, daß es die Schweiz war, die damals mit ihrem Vorgehen jene unglückselige Epoche wirtschaftshemmender Umgestaltung des internationalen Handels- und Warenverkehrs einleitete, unter der heute fast die ganze Welt leidet. Trotz der deutschen Ausfuhr- kemühungen ist Deutschland im Laufe der letzten Jahre in eine neuerliche Verschuldung zur Schweiz geraten, die Deutschland unter keinen Umständen weiter hinnehmen will. Bei dem Streit um den wirtschaftlich es begehrten Tanasee hat sich auch Japan gemeldet. Durch die von den Italienern vorgenommene Besetzung des Tana seegebietes glaubt Japan seine dortigen Baumwoll inter es s e n bedroht zu sehen Seit Jahren hat nämlich Japan große Ländereien in der Nähe des Tanasees zum Anbau von Baumwolle erworben. Es legte auf diesen Anbau hauptsächlich deswegen größtes Gewicht, um sich Mussolini über das Schicksal Abessiniens MWcs MsmeH des Achs m AM. Uneingeschränkte Oberhoheit Italiens, Badoglio Vizekönig von Abessinien. Bei dem Generalappell des italienischen Volkes hat der italienische Staatschef Mussolini verkündet, daß der König von Italien den Titel eines Kaisers von Abessinien annimmt und daß sämtliche Gebiete und Volksstämme des abessinischen Kaiserreichs unter die volle und uneingeschränkte Oberhoheit Italiens kommen. König Viktor Emanuel von Italien. (Wagenborg-Bilderdienst.) Marschall Badoglio, der den Krieg in Ostafrika sieg reich zu Ende geführt hat, ist zum Generalgouverneur und zum ersten Vizekönig des eroberten Landes ernannt worden. Vorher hatte der König be reits auf Vorschlag des Duce die Ernennung des zweiten erfolgreichen Feldherr«, Generals Graziani, zum Marschall von Italien vollzogen. JnAddisAbeba trat heute in Gegenwart des Unterstaatssekretärs für die Kolonien der neuernannte Gouverneur Bott-ai noch einer Feier im kaiserlichen Schloß sein Amt an. Zum stellvertretenden Gouverneur wurde Adolfo Alessandrini ernannt, der den Abessinienfeldzug als Kommandeur einer Abteilung der Division „28. Oktober" mitgemacht hat, Der faschistische Parteisekretär von Rom, Leutnant Orazi, wurde mit der Bildung einer faschistischen Ortsgruppe von Addis Abeba beauftragt. Oer Aufmarsch m Nom. Schon Stunden vor der historischen Verkündung stand die Stadt Rom ganz unter dem festlichen Eindruck des großen Ereignisses. Um 7 Uhr war die schwarz- goldene Standarte der Faschistischen Partei feierlich eingeholt und auf dem Balkon des Palazzo Venezia gehißt worden. Über sie hinweg, sie gleichsam einhüllend, wehte die Nationalfahne Italiens. Schwarzhemden hatten die Ehrenwache vor dem Palast bezogen. Aus allen Kasernen Roms waren Truppen- abteilungen feldmarschmäßig im Stahlhelm und mit auf gepflanztem Bajonett im Anmarsch. Sie zogen die weiten hohen Treppen des Nationaldenkmals hinauf; sie hatten das Grabmal des Unbekannten Soldaten und das Reiter standbild Viktor Emanuels I., des Vaters des Vaterlandes, des Gründers der Einheit Italiens, in ihrer Mitte. Die in der Baumwollzufuhr von seinem bisherigen Kunden Indien unabhängig zu machen, da die Inder neuerdings die Abnahme der japanischen Baumwollwaren und des japanischen Porzellans im bisherigen Umfang ablehnten. Wenn bisher von einer größeren Aufnahme der japa nischen Baumwollkulturen in Abessinien abgesehen wurde, so lag es daran, daß die sprachliche Verständigung zwi schen beiden Völkern Schwierigkeiten machte. Japan fürchtet in diesem Augenblick, daß mit dem Moment, wo Italien Beherrscher des Tanaseegebietes wird, das Ende der japanischen kolonialen Pläne im dortigen Gebiet ge kommen sei. Da Japan aber dieses Gebiet vor allem für seine Einwanderung begehrt, nachdem die Mandschurei die in dieser Hinsicht gehegten Erwartungen nicht ganz er füllt hat, meldet es jetzt seine Ansprüche an. ganzen ver Dragoner wehten im Schein der flackernden Lichter, mit denen das ganze Rationaldenkmal versehen war. Die Säbel blinkten gleißend im Dunkel, die Fahnen der Truppen schlugen leicht im Wind. 10 000 Mann waren aufmarschiert. Die Schwarzhemden, die Partei- und Korporationsformationen füllten den Platz unmittel bar vor dem Denkmal und dem Regierungspalast. Verkündung des Imperiums. Die Leibgarde Mussolinis stand in Großer Uniform vor der historischen Stätte der Verkündung. Vertreter der Königlichen Familie befanden sich im Palast gegenüber, um die Worte des Duce persönlich entgegenzunehmen. Gesang und Stimmengewirr, Trommeln und Trompeten. Plötzlich große Stille. Mussolinis Stimme ging klar und groß über den Platz. Mussolini erklärte: „Italien hat endlich sein Imperium. Und zwar das faschistische Imperium, denn es trägt die untrüglichen Zeichn» des Willens des römischen Liktorenbündels. Dies war das Ziel, auf das durch 14 Jahre alle Kräfte der ita lienischen Nation hindrängten und das zu erreichen sie strebten, ein Kaiserreich des Friedens, denn Italien will den Frieden für sich und für die anderen und greift zum Kriege nur, wenn es von feindlichen Mächten dazu ge zwungen wird. Ein Kaiserreich der Zivilisation und der Humanität für alle Stämme Abessiniens, weil das die Mission Roms ist und weil das der Wille Roms ist, der die Völker seinem Schicksal entgegenführt. So gebietet es das Gesetz unserer Geschichte. Vor uns öffnet sich jetzt eine breite Bresche in die Zukunft. Ich rufe es euch zu: Das Land Abessinien und die Stämme Abessiniens stehen von heute an unter der unumschränkten Herrschaft des italienischen Reiches. Der Titel Kaiser von Abessinien wird vom König von Italien für sich und seine Nachfolger an genommen. Das italienische Volk hat sich in seinem Kampf sein Kaiserreich selbst geschaffen. Es wird es in seiner Arbeit erhalten, und es wird es gegen jedweden Feind mit den Waffen verteidigen. In dieser hehren Gewißheit erhebt, Legionäre, eure Ab zeichen, eure Dolche und eure Herzen, um nach 15 Jahr hunderten das Wiedererscheinen des Kaiserreiches auf den schicksalhaften Hügeln Roms zu grüßen. Werdet ihr seiner Wert sein? (Die Menge bricht in ein gewaltiges Ja aus.) Dieser Ruf ist wie ein heiliger Schwur, der euch vor Gott und vor den Menschen auf Leben und Tod verpflichtet. Schwarzhemden, Legionäre! Grüßt den König!" Mussolini der ».Begründer des Imperiums^. Der Faschistische Großrat und der ita lienische Ministerrat hatten vorher zwei Dekrete über die künftige Verwaltung Abessiniens gebilligt, die später vom König unterzeichnet worden sind. In dem ersten Dekret heißt es: „Abessinien wird durch einen Generalgouverneur regiert und vertreten, der den Titel Vizekönig führt und von dem auch die Gouverneure von Eritrea und Jtalienisch-Somaliland abhängig sind. Vom General gouverneur und Vizekönig von Abessinien hängen alle militärischen und zivilen Autoritäten der seiner Recht sprechung unterstellten Gebiete ab. Der Generalgouver- ueur und Vizekönig von Abessinien wird durch königliche- Dekret auf Vorschlag des Regierungschefs ernannt." Das zweite Dekret enthält den Beschluß, daß ,der Marschall von Italien Pietro Badoglio, Mar chese del Sabotino, zum G e n e r a l g o n v e r n e u r mit dem Titel eines Vizekönigs und mit allen Vollmachten ernannt" worden ist. Der Faschistische Großrat hat ferner eine Entschließung gebilligt, in der Mussolini der Dank als „Begründer eines Imperiums" ausgesprochen wird. Französische Vorbehalte gegen die Einverleibung Abessiniens. Die sranzösischeRegierung hat der italieni schen Regierung ihre Vorbehalte gegenüber: der Einverleibung Abessiniens zum Ansdruck ge bracht. Besorgnis und Mißstimmung in Frankreich. Die Ausrufung König Viktor Emanuels zum Kaiser von Abessinien, die Begeisterung in Rom und die Rede des Duce finden itz der P a r i s e r Press e einen leb-