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61. Jahrgang. As 203. Drahtanschrift: Nachrichte« Dresden. Lernsprecher-Sammelnummir: Ai »LI. Nur sür NachtgesprLche: »VVU. Donnerstag» 26. Juli 1S17. /MN /Ä7^/ LÄ7^5. Schriftleitung und Hauptgeschäftsstelle: Maricnstrafte 38/4«. Druck u. Verlag von Lirpsch L Reichardt in Dresden. Nachdruck nur mit deutttcher Ouellenangad« <.D»»dner Nachr."> zuisssig. — Unoerl°n,te Schrislstacke werden nicht aufbewahrt. Weitere Fortschritte im KarpathenvorgelSnde. rlk »nsien aus den -öhiustellnnie« Im Taktarendab geworfen. — llederschreituag der Aistritzll Aadworniansla. — Bergedlicher VIderftaud der «Men an der glota-LIpa.—»rrenrli über die ernfte Lage Rnßlandr.—Ser Jeutsche StMetag an Herrn d. Batocki. Ler deutsche Menddericht. »erli«. 28. Juli, abends. sAmtlich. W. T. B.s AufS äußerste gesteigerter Feuerkamps in Flandern. Unsere rasche» Fortschritte in Ost-Galizien haben die Russen gezwuugeu, in den Karpathen auch südlich -eS Tartaren-Passes zu weichen. Seßerrelchisch -ungarischer Kriegsbericht. «ie»: Amtlich wird verlantbart de« 28. Juli 1S17. veMcher Kriegsschauplatz. An Ost-Galizien wurde gestern die Operation -er Verbündete» durch neue Erfolge gekrönt. Ocstcr- reichisch-nngarischc Truppen habe» Stau iS lau und Radworua. deutsche Kräfte haben Tarnopol ge nommen. Die -em Feinde nachdrängcndcn Korps der Ver bündeten stieben mehrfach auf neu anslcbcnden russischen Widerstand. Der Nordflügel der Armee des General obersten ». Koeveb warf die Russen im Tartarenpas, in zähem Ringen ans ihren Höhcnstellnngen. Die Biftritza Nadwornianska konnte von de» österreichisch« »»«arischen.»«- deutfchen Divisionen erst nach erheblichen Kämpfen überschritte« werden. Auch im Bereiche -er un tere» Zlota-Lipa stellte» sich die Russen zu wieder holten Male«. Südlich von Tarnopol warf der Feind vergeblich dichte Massen den deutschen Regimenter« ent gegen. I« den Waldkarpathcn lieb zwischen dem Tartarenpasse und der Snsita die Tätigkeit des Feindes «ach. Nördlich des Pntna-Tales wiederholte er seine An griffe. Seinen Stnrmkolonnen wurde nach engbcgrenztcm Anfangserfolg Halt geboten. Italienischer Kriegsschauplatz. Die lebhaftere Artillerictätigkcit am Jsonzo hielt auch gestern an. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Unveriindert. lW.T.V.f Der Chef des Gencralstabs. Lar Scho der IS. Juli. Die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung" hat in ein paar kurzen Bemerkungen zu der letzten Rede des eng lischen Ministerpräsidenten Stellung genommen und aus ihr den Schluss gezogen, dass Lloyd George keinen Frieden der Verständigung wolle. In der Tat ergibt sich diese Folge rung mit Notwendigkeit aus der geradezu höhnischen Art. in der Lloyd George von dem deutschen Verständigungs- Willen gesprochen hat. Nimmt man hinzu, Latz ein anderer englischer Minister, Canon, als Vorbedingung für die Ver ständigung die Forderung ausgestellt hat, die Deutschen sollten ihre Heere hinter den Rhein znrückziehen, so hat man in gedrängter Form den Eindruck, den die Rcichstagssitzung vom IS. Juli und die Friedensresolution der Mehrheit in England Hintersassen hat. Aufs Haar ist eingetrofscn. was nationale Kreise immer vorher gesagt haben: die Resolution hat die Feinde zu noch unverschämteren Forderungen er muntert, hat nicht dem Frieden gedient, sonder» die Kriegs lust und Eroberungssucht der Feinde neu aufgcstachelt. Während wir bisher nur hörten, dass die Räumung Bel giens als eonckitio «ins qua non zur Eröffnung von FriedenSverhandlungcn notivcndig sei, verlangt Herr Car- son fetzt den Rückzug hinter den Rhein. Er muss eS ja wohl, denn ohne Elsass-Lothringen, ohne die deutschen Gebiete jen seits -eS Rheins wollen die Franzosen überhaupt nicht mit sich reden lassen. Selbst ein Mann wie Caillaux, den man in feiner Heimat deutschfreundlicher Gefühle verdächtigt hat, erhob in diesen Tagen in einer Rede vor seinen Wählern die Forderung, Elsass-Lothringen müsse wieder „zur sran- »ösischen Familie zurückkchrcn", der Friede müsse so zustande kommen, wie ihn Wilson definiert habe, und In der kom menden demokratischen Aera,müsse Frankreich die mora- ltsche Führung übernehmen. Ist cs nötig, nach diesen Aeusserungen massgebender und einflussreicher Persönlich keiten noch auf die Stimmen der feindlichen Presse ein zugehen? Es genügt -ie Feststellung, dass auch nicht eins der feindlichen Blätter in der Fricdcnscntschlietzung des Reichstags etwas anderes gesehen bat. als ein Zeichen er lahmender Widerstandskraft, einen Vorboten der inneren Zersetzung Deutschlands. Der „Daily Telegraph" hat ge schrieben. die Alliierten könnten es sich leisten, die Ergeh. Nisse der Kämpfe der Autokratie gegenüber der wachsenden demokratischen Flut in Deutschland abzuwartcn und mehr oder weniger deutlich kehrt dieser Gedanke so ziemlich in allen Blättern wieder mit einziger Ausnahme vielleicht der extremen französischen Hetzblätter, in denen kurz und bündig erklärt wird, ob mit oder ohne Demokratie, Deutschland sei der Feind Frankreichs und müsse deshalb unschädlich ge macht werden. Wenn man berücksichtigt, dass Herr Schetdemann im Reichstage ohne Umschweife erklärt hat, dass »ach Annahme der Fricdcnscntschliessung kein deutscher Unterhändler mehr am Friedenstische etwas für Deutschland verlangen könne, ohne ausgclacht zu werden, wird man die Aeusserungen der Feinde verständlich finden. Ja, man muss sogar sagen, dass sich die Herren drüben im Vergleich zu früher »och eine gewisse Zurückhaltung anfcrlcgt haben in dem ossensicht- lichcn Bestreben, die non ihnen ersehnte Demokratisierung nicht von vornherein zu diskreditieren. Das Bild wäre nicht vollständig, wenn wir nicht auch der neuiralen Presse gedächte», in der fast ausnahmslos die Verzichtrcsolutivn der Neick-stagsmchrheit gelobt worden ist. Das ist nicht verwunderlich: man kann schliesslich von den Neutralen nicht verlangen, dass s i e mehr Bcrstäiidnis für die Lcbcns- notwendigkeiten des deutschen Volkes haben sollen, als es ftVO Lkiitsche Reichstag bewiesen hat: man kann es auch verstehen, wenn sic. die unter dem Kriege ebenfalls schwer zu leiden habe», gerne die Gelegenheit wahrnehmen, die eine der kriegführenden Parteien zum Verzicht zu er muntern. Immerhin muss gesagt werden, dass in der neu tralen Presse von vornherein betont wurde, dass die Aus sichten, dadurch einen Gesinnungswechsel im Verbände her- beizuführcn, sehr gering seien. Es ist anzunchmcn, dass die Mehrheit des Reichstages der Resolution nicht zu- gcstimmt haben würde, wenn sic eine ähntichc Einsicht in die Psyche unserer Feinde besessen hätte, wie sie in den neutralen Blättern im allgemeinen zum Ausdruck gekom men ist. Der KriegSwillc des Verbandes besteht fort. Noch immer wollen »ns unsere Feinde wirtschaftlich erdrosseln, noch immer wollen sic erobern und annektieren, noch immer wollen sie mit den Hohcnzoücrn keinen Frieden schlichen, was nur so verstanden werden kann, daß sic mit dem heutigen Deutschen Reich, mit der ans eigener Kraft ge wachsenen Großmacht, sich nicht einigen wollen, sondern eben die Zertrümmerung und den Untergang Deutschlands er streben. Dass in diesen Untergang die heutigen Verbündeten Deutschlands mit hineingcrissen, dass insbesondere die öster reichisch-ungarische Monarchie ausgelöst werden würde, be darf keines weiteren Beweises. Dass derartige Forderungen erhoben werden in einem Augenblick, wo der Verband sich keineswegs in glänzender Lage befindet, wo England von schweren Sorgen hcimgcsucht wird und Frankreich mit allerhand anarchistischen Strömungen im Innern zu kämpfen hat, von Italien und Russland ganz zu schweigen, ist ein Zeichen innerer Zähigkeit und Entschlossenheit, die nur vorbildlich sein kann. Wir wollen »ns nicht täuschen lassen: noch in dem Augenblick, wo sich der englische Unter händler an den Konferenztisch setzt, weil England zum Frieden schlechthin gezwungen ist, noch in diesem Augen blick wird die englische Presse voll sein von Krieg und Kriegsgcschrci, noch in diesem Augenblick wird man in den englischen Zeitungen lesen können, England sei entschlossen, den Krieg noch Jahre hindurch fortzuschcn, und habe sich niemals in besserer Lage befunden. Wir werden hören, dass nur aus allgemein menschlichen Rücksichten die eng lische Regierung sich zu Verhandlungen habe bercitfinden lassen, dass sie aber entschlossen sei, auf den bekannten Be dingungen zu bestehen. Wenn Lkond George das Wasser schon bis zum Halse steht, — er wird »och nach Wiedergut machung und Garantien rufen, in der Hoffnung, wenig stens so viel zu erreichen. Lass England seinen Fussvunkt auf dem europäischen Fcstlandc in Gestalt eines, wie man sagen wird, „wicderhergcstellten" Belgiens behauptet, die Landverbindung von Aegypten nach Indien aufrecht er hält und damit den Indischen Ozean als geschlossenes eng lisches Meer sich sichert. Das alles ist keine Phantasie- son dern die notwendige und unabweisbare Folgerung, die auS der englischen Geschichte gezogen werden muss. Wir wollen uns nicht täuschen lassen, so wenig wie unsere Trnppcn draußen durch Kriegslisten des Feindes irregeftthrt werden können. Wir wollen uns durch die Fanfaren in der feindlichen Presse nicht in -er Ucber- zeugung wankend machen lassen, dass militärisch nicht sie. sondern wir das Heft in der Hand haben, und dass wir cs auch diplomatisch in der Hand haben werden. Die Ereig nisse a» der Ostfront sprechen eine deutliche Sprache, sie künden den ungebrochenen Sicgeswillen unserer Truppen und legen Zeugnis von der Kraft Deutschlands ab. Auf ihr ruht unsere Hofsuung, nur auf ihr. Nur sie bringt uns den Sieg und den Frieden. Es ist erfreulich und zeugt wiederum von der inneren Starke Deutschlands, dass diese Ueberzciigung weitere Kreise im Volke, ja die übergroße Mehrheit des Volkes erfüllt, trotz jenes Rcichstags- bcschlusscs, der aus einem menschlich schönen, aber unpoli- tischen und schwächlichen Gefühl geboren ist. Schwäche aber ist eine Sünde wider den Geist LcS Staates. Das- Echo des 19. Juli hat cs a»fs neue bewiesen. Kererrski über die ernste Lage Russlands. Tie Petersburger Telegraphcn-Agcntur meldet: In einer bei seiner Rückkehr von der Front den Vertretern der Presse gewährten Unterredung sagte Ministerpräsident Kerenski: Gegenwärtig ist die Hauptfrage die Zu sammenfassung und Einheit der Gewalt. Die vorläufige Regierung hat nur das Ziel der Verteidigung des Staates gegen die Zersetzung durch die Anarchie und das Heil der Armee. Die Negierung wird sich auf das Vertrauen der Volksmassen und der Armee stützen. Russland retten un feine Einheit durch Blut und Elfen schmieden, wenn die Gründe der Ehre und des Gewissens nicht genügen. Wie eS auch stehen mag. niemand wird aus der gegenwärtigen Lage Nutzen ziehen können, um den Versuch, zu mache», den Stand der Tinge vor der Revolution wieder herzn- stellen. Im gegenwärtigen Augenblick ist es unumgäng lich notwendig, den Rückzug zum Stehen zu bringen, die wirtschaftliche Zerfahrenheit zu beseitigen und die Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Die Bevölkerung sollte ihre persönlichen Interessen vergessen und an erste Stelle die Interessen des Staates rücken. Die Lage an der Front ist sehr schwer und erfordert heldenhafte Massnahmen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass der Staats organismus kräftig genug ist, um den Krieg ohne eine teilweise Amputation führen zu können. Ans jeden Fall wird die vorläufige Regierung ihre Pflicht tun, die Er rungenschaften der Revolution schützen und crweücrn un entschlossen der verbrecherischen Tätigkeit und den Erfolgen der Verräter ein Ende machen. sW. T. V.i Russische Minister-Ernennungen. (Petersb. Tclegr.-Agentur,) Effcniow wurde zum Iustizminister und Mitglied der vorläufigen Regierung, Barischnikow znm Minister der össentlichen Unter stützung ernannt. Beide sind Progressisic» und Duma- Mitglieder. ,W. D. B.t Auch die englische Presse »erlangt Wahrheit über Russland. Der Korrespondent der „Tailn Mail" drahtet ans Petersburg, nachdem die provisorische Regierung die Ge horsamsverweigerungen im Heere amtlich brkanutgegebcn habe, dürfe die wirkliche Sachlage nicht mehr länger den Völkern der Alliierten ver schwiegen bleiben. Nicht nur an der Front, sondern auch im Hintcrlandc in den Depots der Reserven incigerten sich besonders die jüngeren Jahrgänge, den Befehlen ihrer Vorgesetzten nachzukommcn. Die nach der Front schon vor IN Tagen beorderten Petersburger Reserven seien infolge Einspruches der Mannschaften heute noch in Petersburg.— Der Korrespondent der „Morning Post" spricht erstmals von einem verbrecherischen Auflösungsprozess im russischen Heere und erklärt, nur eine beschleunigte Erklärung aller Alliierten, dass die Kricgszicle Russlands ohne Einwendnngcn angenommen würden, könne die Lage NusslanbS für die gesetzliche Demvkr'atic retten. Prezeß wegen knegsseindlichcr Agitation in Italic». b. In einem ungenannte» Orte der Kriegszonc hat, wie „Secolo" berichtet, vor dem Kriegsgerichte ein Pro zess wegen Hochverrats begonnen gegen tit Sol daten, darunter drei Offiziere und drei Unteroffiziere, so wie U> Bürgerliche, darunter de» Führer -er Arbeftcr- kammer von Messina, und andere Sozialisten ans den ver schiedensten Gegenden Italiens. Die Angeklagten sind be schuldigt, eine ailsgcdchiitc Propaganda gegen den Krieg im Heer unterhalten zu haben und einer soziali- snschcn Organisation anzugehörcn, die tricgsscindliche Schriften unter die Soldaten verteilte. - - Lord Robert Cecil über AriedenSfragen. Reuter meldet: Im ttiitcrhansc antwortete Lord Robert Cecil auf eine Kritik DillonS über die B a l k a n p o l i t i k der Regierung und die Operatio nen bei Saloniki. Eccil wies die Vorwürfe Dillvns über die Moral der Truppe» zurück und nahm Anstvss au der Auffassung DillonS, dass die Regierung im Begriff sei, Serbien im Stich zu lassen. Das sei durchaus unrichtig. Die Regierung beabsichtige keineswegs, von ihrer Vcrpflich- ulng zurückzntreten, nämlich, dass Serbien eine vollständige Wiederherstellung und Entschädigung erhalten müsse. Eecil erklärte sich mit der Acusscrung eines Abgeordneten einver standen. dass Oesterreich nicht der Hanptfcind sei. Der Haupt feind müsse Deutschland sein. Was die all gemeinen AriedenSgriindsätzc betreffe, so müsse der erste Grundsatz sein, treu zu de» Verbündeten zu halten. Ucbcr Elsass-Lothringen habe Frankreich seine Wünsche ausgesprochen: England habe cs zu unterstützen. Derselbe Grundsatz gelte für die übrigen Verbündeten und besonders