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Dresdner Journal : 19.01.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190301196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19030119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19030119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-01
- Tag 1903-01-19
-
Monat
1903-01
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Journal : 19.01.1903
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Vczngspret«: Beim Bczuae durch die Hclchäfkkcue tunertus» Z>re»d«n» 2,50 M «emichl Zulragung), durch die Hkuft du Dcutjchcn Reiche 3 M. (ausschkcßlich Bestellgeld) vierteljährlich. Liazelne Nummer» I« Pf. wird Zurückfendung der für dir Schristleitung bestimmte», «der von dieser nicht ein» aeiordenen Beiträge Kean» Mucht, so ist da» Poftgeld beigufügen. Herausgegeben von der König!. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Journal. Zwingerstraße 20. — Fernspr -Anschluß Nr. 1295. Erscheine»: Werktag« nachm. 5 Uhr. — Originalberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. Antkn»li,nnaa«ebkhrrn: Die Zeile kleiner Schrill der 7 mal gespaltenen Ankündi gung» Seite oder deren Raum 2u Pj Bei Tabellen-, und Zisfernjay 5 Pf. Aufschlag für die Zeile Unterm Ne- daktionsstrich iEingesandl) di« Textzcile mitUer Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen di« mittagS 12 Uhr für die nach mittags erscheinende Nummer. WO3. ^?14. Montag, den 1«. Januar nachmittags. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Gemeindevorstande Wagner in Oberdorf das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Platzkarten betreffend. Für die im Jahre 1903 zur Verwendung kommenden Paßkarten ist der blaue Unterdrück gewählt worden. Die zur Ausstellung von Paßkarten befugten Behörden haben gemäß der Verordnung vom 18. Juli 1870, betreffend den Vertrieb von Druck formularen für die Polizei- pp. Behörden (Gesetz- und Verordnungsblatt von 1870, S. 269), ver bunden mit der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1870, die bei ihnen noch vorhandenen ungebrauchten und unverdorbenen Paßkartenformulare vom Jahre 1902 behufs Umtausches bei der spätestens am 1. Oktober 1803 zu bewirkenden Bestellung neuer Formulare an das Gendarmerie-Wirtschaftsdepot einzusenden, deren Bezugspreis an dem nach 8 3 der Verordnung vom 18. Juli 1870 der Bestellung beizufügcndcn Geldbeträge aber zu kürzen. Nach dem 1. Oktober 1903 findet ein Umtausch ungebrauchter und unverdorbener Paßkartcn vom Jahre 1902 ebensowenig als die Erstattung des Bezugspreises derselben statt. Dresden, den 16. Januar 1903. Ministerium des Innern, II. Abteilung. Merz. «17 WekcrnnLrnachung. Die am 24. Juni 1837 verstorbene Witwe des Geheimen Registrators Gräfe, Frau Sophie Dorothee verw. Gräfe geb. Körnig, hat in ihrem am 10. Juli 1834 errichteten, 'am 2b. Juni 1837 vor dem vormaligen Justizamte Dresden publizierten Testamente ein Kapital von 24 000 M , welches infolge eines am 19. Juli 1834 von der Erblasserin errichteten Kodizills auf die Summe von 58 693 M. 2 Pf. vermehrt worden ist, mit der Bestimmung ausgesetzt, daß die nach Ver lauf eines Jahres, von ihrem Todestage an ge rechnet, erwachsenden Zinsen dieses Fonds zu gleichen Teilen an sechs durch das Los zu bestimmende eheliche Kinder, Enkel, Ur- oder Ururentel ihrer Ge schwister oder der Geschwister ihres obengenannten Ehegatten, welche noch nicht das 14. Lebensjahr er füllt haben, verteilt werden sollen. Die zur Perzeption Gelangenden bleiben nur zwei Jahre nacheinander im Genüsse, können aber in der Folge, wenn keine anderen Interessenten vor handen wären, nochmals und nach Befinden mehrere Male durch das Los auf die gleiche Zeit in den Genuß dieser Zinsen treten. t Da nun im laufenden Jahre die 33. stiftungs mäßige Verteilung der Zinsen des Stiftungs vermögens auf die Zeit vom 24. Juni 1902 bis dahin 1904 vorzunehmen ist, so werden die Eltern und Vormünder aller nach obigen Bestimmungen zur Perzeption mehrerwähnter Stiftungszinsen Be rufenen hierdurch aufgefordert, ihre Kinder und Pflegebefohlenen bei dem unterzeichneten Ministerium mit Beibringung der erforderlichen Legitimation baldigst und längstens den 12. Juni 1903 schriftlich anzumelden, unter der Verwarnung, daß diejenigen, welche bis dahin nicht angemeldct oder nicht ausreichend legitimiert würden, zu dem LosungS- termine nicht zugelassen und bei der Verteilung der betreffenden Gelder nicht berücksichtigt werden sollen. Zu der unter Leitung des Rechtsanwalts und Notars Justizrat vr Zerener in Dresden statt findenden Verlosung selbst ist der 2V. Juni 1903 anbcraumt worden, an welchem Tage die Eltern, resp. Vormünder der angemeldeten und legitimierten Perzipienten vormittags 10 Uhr im Saale der Dresdner Kaufmannschaft — Dresden-Altstadt, Ostraallce Nr. 9 — zur Losung entweder in Person oder durch gehörig legitimierte Bevollmächtigte sich einzufinden haben. Für die im Verlosungstermine Außenbleibenden wird durch eine hierzu beauftragte Person gelost werden. Eltern, beziehentlich Vormünder, welche vom Er folg der Verlosung keine Nachricht erhalten, haben anzunehmen, daß ihre Kinder, beziehentlich Mündel keinen Gewinn erlangt haben. Dresden, am 16. Januar 1903. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts. irs v. Seydewitz. Ernennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministerium« der Kinanzen. Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern. Angestellt: Der Vorm. Oberleutnant Kieß ling, der Bizefeldwcbel Beger, der Sergeant Hübner, der Sanitätssergeant Lähner, der Sergeant (Oberfahnenschmied) Meißelbach als Grenzaufseher. — Befördert: Der Ober zolleinnehmer Erbe zum Vorstände der Zollabfertigungsstelle am Bahnhöfe in Plauen unter Beilegung des Titels Steuer inspektor; derBureaussistenr Göthelzum Zollsekretärin Plauen; der Amtsdiener Steuerausseher Seeliger zum Rcvifions- aufsrher tu Leipzig; der Plombcur Werner zum Grenz aufseher in Tiefenbrunn — Versetzt: Die juristischen Hilfs arbeiter bei dem Hauptzollamie Dresden l Assessoren Wendt und Ebert zur Zoll- und Steuerdirektion; der Vorstand der Zollabfertigungsstelle am Bahnhöfe in Plauen Zollinspektor Klemmer in gleicher Eigenschaft zur Zollabfertigungsstelle in Dresden. N ; der Vorstand der Zollabfertigungsstelle in Dresden-N. Steuerinspektor Schräber in die Stelle des Vor stands der Nebenzollämter I Bodenbach und Tetschen unter Beilegung des Titels Zollinspektor; der Lbersteuereinnehmer Reinhold als Oberzolleinnehmer von Oschatz nach Klingen thal; der Zollassistent Dreißig in Oschatz in die Stelle des Steuereinnehmers daselbst — Verliehen: Den Obersteuer kontrolleuren Meyrich in Grimma, Sodann in Freiberg, v. Metzradt in Meißen, Gröbel in Chemnitz, Fickert in Annaberg, Müller in Großenhain, Schuberth in Leipzig, Zieger in Chemnitz, Silbermann in Löbau den Titel Steuerinspektor — Pensioniert: Der Zollsekretär Penzel in Plauen; der Revisionsaufseher Obcrgrenzaufseher Zieger in Mnßen; der Steueraufseher Hofmann in Weißenberg. — Verstorben: Der Hauptzollamtskontrolleur Rentzsch in Annaberg; der Zollsekretär Lubensky in Leipzig — Ent lassen auf Ansuchen: Der Revisionsaufseher Schuritz in Dresden; der Grenzausscher Hanno in Reitzenhain. Bei der Post-Verwaltung ist ernannt worden: Habekuß, zeither Telegraphenassistent, als Kanzlist b. d. Kaiser!. Oberpostdircktion Leipzig. Im Geschäftsbereiche de« Ministerium« de» Kultus u. östentl. Unterricht«. Zu besetzen: Ostern die neugegr. ständ. (5.) Lehrerstelle in Jahnsdors i. Erzg. Kolli: die oberste Schulbehörde. 120V M Grundgehalt u. 150 M Wohnungsgeld f. einen unverh bez 200 M f einen verh. Lehrer. Bewerbungsgesuche unter Beifügung sämtl. Prüfung-- u. Amtsführungszeugnisse, das letzte bis in die neueste Zeit reichend, v. Hilfslehrern auch des Militärdienst- Nachweises, bis 7. Febr b. Bezirksschulinspektor Schulrat Richter, Chemnitz, einzureichen; — Ostern in Dresden an d. 2. kath. Bezlrksschule eine ständ Lchrerstelle AnfangS- aehalt 1700 M einschl. 340 M Wohnungsgeld. Koll.: Das Apostolische Vikariat. Bew. bis 15. Febr b. Koll, einzur. zureichen (Behördl. Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile.) Nichtamtlicher Leit. Äus dem Reichstage. Im Reichstage ist die Beratung der Zolltarif- Resolutionen bis auf weiteres abgebrochen worden, um für die erste Lesung des Reichshaushalts-Etats Raum zu gewinnen. Nachdem am Freitag die Meistbegünstigungsdebatte zum Abschluß gelangt und der am wenigsten weitgehende Resolutionsantrag des Abg. Speck angenommen worden war, blieben nur noch zwei Resolutionen übrig. Davon ist nach kurzer Besprechung die von sozialdemokratischer Seite ein gebrachte Resolution betreffend die Abschaffung der gewerblichen Arbeit in Strafanstalten gegen die Stimmen der Freisinnigen und Sozialdemokraten ab gelehnt worden, während die sechste und letzte Reso lution, die von der Höhe der Vieh- und Fleischzölle in den neuen Handelsverträgen handelt, nicht über die Begründung durch den Zentrumsabgeordneten Herold hinausgekommen ist. Vorher ist noch die Interpellation des freisinnigen Abg. Roesicke über die zolltarifarische Behandlung von Brau- und Futtergerste besprochen worden, wobei der Inter pellant scharfe Angriffe auf den Bundesrat und den Hrn. Reichskanzler richtete, die jedoch von dem Staatssekretär des Reichsschatzamtes Frhrn v. Thiel mann wirksam zurückgewiesen wurden. Der Hr. Staatssekretär bemerkte bei seinen Aus führungen, daß cs richtiger gewesen wäre, die er wähnte Interpellation direkt an den Bundesrat zu richten, da diesem die Ausführung des Zolltarifs obliege. Es widerspricht zudem zweifellos dem nationalen Interesse, wenn jetzt, da in Handel«- vcrtragsverhandlungen eingetreten werden soll, derartige zolltechnische Fragen öffentlich besprochen werden. Frhr. v. Thielmann wandte sich deshalb auch mit berechtigter Schärfe gegen die Unterstellung, daß Malzgcrste und andre Gerste bei dem Abschluß von Handelsverträgen einem verschiedenen Zollsatz unterworfen werden sollte Es sei gar nicht daran zu denken, daß man irgend einer auswärtigen Macht einen niedrigeren Zollsatz für Futtergerste auf dem Präsentierteller entgegentragen werde. Übrigens hätten die Verbündeten Regierungen bis jetzt mit keiner fremden Macht Handelsvertragsverhandlungen begonnen und ebensowenig sei an sic ein auswärtiger Staat mit bestimmten Anforderungen auf Tarif herabsetzung herangetreten. Diese Erklärung dürste geeignet sein, manchen unrichtigen Meldungen über den Beginn, ja über angeblich bereits wesentliches Fortschreiten von Handelsvcrtragsvcrhandlungen den Boden zu entziehen. Lebhaften Beifall bei der Rcichstagsmchrheit fand sodann die in sehr ent schiedenem Tone vorgetragene Bemerkung des Hrn. Reichsschatzsekretärs, daß die Verbündeten Regierungen ruhig abwarten würden, ob bei den späteren Vertrags verhandlungen Wünsche auf Tarifherabsetzungen an sie herantreten, und daß sic, wenn dies der Fall sei, sich sehr überlegen würden, wie weit sie solchen Wünschen nachzukommen in der Lage seien. Was nun speziell die Frage der Unterscheidung zwischen Malz- und andrer Gerste betrifft, so haben sich die Verbündeten Regierungen vollständig freie Hand Vorbehalten und keinen Grund, jetzt schon in diesen Beziehungen Maßnahmen zu treffen Es ist dem Auslande gegenüber sehr wichtig und vom internationalen Gesichtspunkte aus sehr dankens wert, daß Frhr. v. Thielmann in dieser entschiedenen Weise die völlige Bewegungsfreiheit der Verbündeten Regierungen bei den bevorstehenden Tarifverhand lungen festgestcllt hat. Es kann gar nicht geleugnet werden, daß die Unterscheidung der Gerste nach dem neuen Tarif wohl möglich, aber nicht, wie der Interpellant verlangt, erforderlich ist Eine verfrühte Diffcrenzie rung würde nur den Auslands staaten zum Nutzen gereichen, wie cs überhaupt im Interesse der kommen den Handelsvertragsverhandlungen liegen würde, über die Fragen des Zolltarifs und seiner Anwen düng bei Vertragsabschlüssen in breiter Oesfentlich- keit möglichst wenig zu reden. Es würde des halb zu begrüßen sein, wenn die Besprechung der Resolution über die Vieh- und Fleisch zölle nicht nur aufgeschobcn, sondern auf gehoben würde. Zusagende Erklärungen seitens der Regicrungsvertreter wird man in diesem Augen blick nicht erwarten dürfen. Was aber die Wünsche der Reichstagsmehrheit in bezug auf die erwähnten Zollsätze betrifft, so sind diese den Verbündeten Re gierungen ohnehin bekannt, und die Erklärung des Neichsschatzsekretärs, wonach bei Tarifermüßigungen sehr vorsichtig verfahren werden solle, dürfte auch als Antwort auf die letzte Zolltarif-Resolution ge nügen. Die Etatsverhandlungen, die heute gleichzeitig im Reichstage und im preußischen Abgeordnetenhaus? ihren Anfang nehmen, werden ohne Zweifel namentlich von den Oppositionsparteien reichlich dazu benutzt werden, Zolltarifsragen zu erörtern. In der srei sinnigen und sozialdemokratischen Presse ist dies be reits in Aussicht gestellt worden. Dagegen sind die Mehrheitsparteicn entschlossen, ans ihrer bisher bc obachteten Zurückhaltung nicht hervorzutreten. Etwaige Versuche der oppositionellen Linken, durch ihre Kritik an unserem neuen Zolltarife die Stellung der deutschen Unterhändler bei den bevorstehenden tarifpolitischcn Verhandlungen mit dem Nuslande zu schwächen und den auswärtigen Mächten Handhaben zu bieten, würden allerdings voraussichtlich schärfste Abwehr erfahren. Es wäre im höchsten Grade bedauerlich, wenn dies nötig sein würde; auch die Oppositions Parteien sollten die nationalen Gesichtspunkte niemals aus den Augen verlieren. Dadurch, daß auch im preußischen Abgeordneten Hause Etatsberatungen gepflogen werden, fürchtet man eine üble Einwirkung auf die gleichzeitigen Rcichstagsverhandlungen insofern, als man glaubt, daß die zahlreichen Inhaber von Doppclmandaten im Reichstage abwesend sein und dort Beschluß Unfähigkeit herbeisühren würden. Wir glauben jedoch, daß diese Befürchtung unbegründet ist; denn im Ab geordnetenhause beginnen die Verhandlungen bereits um 11 Uhr, so daß cs dessen Mitgliedern möglich ist, noch immer dem größten Teile der Reichstags- Verhandlungen beizuwohnen. Tagesgeschichte. Dresden, 19. Januar. Der Allgemeinzustan» Sr. Majestät des Königs ist befriedigend. Allerhöchstderselbe empfing heute in den Mittags stunden den König!. Staatsminister v. Metzsch, Excellenz, einige Hchdepartementschcfs und den Lunss und Wissenschaft. König!. Schauspielhaus. Am18. d. Mts.: „Krach". Schwank in drei Akten von Richard Franz. (Zum ersten Male.) Bor überfülltem Hause, unter stürmisch anschwellendcm Gelächter und ungeheurer Heiterkeit, wenn es gerade nichts zu lachen gab, mit lautschallendem Beifall ging gestern abend der neue Schwank aus der Feder unseres beiiebten Bühnenmitglieds in Szene. Ob man es einen Erfolg im eigentlichen Worffinn nennen kann, wenn der Verfasser eines Stückes zwanzigmal gerufen wird, eS dabei aber keinem der Rufer einfällt, auch nur eine einzige Szene der Erfindung für ein Abbild des Lebens, für möglich und wirklich zu halten, steht dahin. Der unterschied zwischen alten und neuen Harle kinaden läßt sich vielleicht am besten so charakterisieren, daß in den alten Harlekin und Pantalon, Scaramutz und Colombine in ihren bunten Trachten die tollste Verwirrung und die lustigsten Einfälle verkörperten, in den neuen der Regisseur und der Schneider für die treueste Spiegelung aller Äußerlichkeiten unsre- Leben« zu sorgen haben, während dem Theaterdichter die freieste Verfügung über ein ganzes Arsenal von unerhörten Ver- n cchZungen, Verwicklungen, Verwirrungen, von uralten Bühnenspäßen und funkelnagelneuen Zeitungsscherzen, von Leidenschaften, die unschädlich verzischrn und Cha rakterzügen, die sich im Handumdrehen in ihr Gegenteil wandeln, verbleibt. Die Kehrseite de« großen Schiller- sche» Worte«: ,,Wa« sich nie und nirgends hat begeben, da« «lein veraltet nie" tritt un« in der beständigen Er neuerung der hundert und tausendmal gesehenen szenischen Voßen entgegen, mit deren Hilfe sich auch den großen Banttrachen eine fröhliche Seite abqewinnen läßt. An sich wäre e« ja ganz köstlich, wenn wir von den Brettern her die Versicherung empfangen, daß einem verkrachten Baumeister hinter seinem Rücken angeheiratete Schwiegerväter, mit dem Biedernamen Gottfried Fürchte gott Haberkorn, durch Übernahme einer bedenklichen Hypothek kräftig zu Hilfe kommen und aussichtsvolle Rechtsanwälte, wie vr. Hartung, sich in Hauslehrer ver wandeln, um sich mit dem Töchterlein des Baumeisters (das beiläufig noch sein erstes langes Kleid erhalten soll) zu verloben. Nur geht's uns wie Falstaffs Schneider, dem Bardolphs Bürgschaft nicht gefällt, wir möchten die Herrlichkeit bester verbürgt haben, als durch einen Schwank, in dem sich „Schrumpf und Haberkorn" aus wilden Rivalen m behagliche Compagnons ver wandeln. Doch so genau nimmts nun ein mal ein Publikum nicht, das sich im Theater „amüsieren" will, und wenn die Requisiten zum Spaß sonst vollständig und reichlich vorhanden ind, so bleibt das Vergnügen immer neu und steigert ich auf seine allerhöchste Höhe. Und wahrhaftig, es ehlt nichts: nicht der von seinen Geldängsten zu Wut anfällen getriebene Held, dessen Name Anton Schrumpf sehr finnig die drohend« Verminderung des Vermögens ausdrückt, ein ganz gemütlicher Herr, der aber nichts destoweniger abwechselnd seinen Konkurrenten, seine Frau Schwiegermutter und, in Othelloscher Eifersucht, seine Frau und den Berliner Bildhauer, den er irrigerweise für ihren Liebhaber hält, ein bischen erwürgen will. Nicht da« Liebe«paar, da« sich auf ein Probejahr ver pflichtet hat, einander nicht zu sehen, und sich seitdem alle Tage sieht und hinter jeder Tür küßt Nicht der quicke Backfisch, der mit dem (vermeintlichen) Hau«lehrer anbandrlt und zu abendlichen Stelldichein« im ein samen Gartenhause kommt Nicht der freche Bengel von Sekundaner oder Tertianer, der aller Welt Nasen dreht, sich im Finstern vom verliebten künftigen Schwager statt seiner Schwester küssen läßt, und mit großem Hallo die ganz« Gesellschaft durchrinanderhetzt Nicht die Schwiegermutter, die hinter dein Rücken von Tochter und Schwiegersohn einen neuen Mann heiratet, die, im Gartenhaus einquartiert, sich nacheinander vor Ratten, Räubern und rasenden Schwiegersöhnen fürchten, nichtsdestoweniger aber am Schluffe der rettende Engel der Familie werden muß. Nicht der Künstler, Bildhauer Fichtner, der auf seinen einen Kurfürsten in der Sieges allee so viel gepumpt hat, daß ihm beim Fertigwerden gerade hundert Mark verbleiben, was ihn nicht abhält, sich bei Schrumpf eine Billa für 150000 M. zu bestellen und im letzten Akt, in Frack und Bratenweste des Ober kellners aus dem Hotel, als stattlicher Werber aufzutreten. Nicht der Gott aus der Maschine, der auch Baumeister ist und mit dem wilden wütenden Schwiegersohn nur verhandeln kann, indem er sich für einen Rechts anwalt Leberecht ausgibt, auch so klar und einsichtig verbandelt, wie der beste Anwalt, nur leider immer wieder den Namen vergißt, den er als Rechtsgelehrter führen soll. Nicht, vor allen Dingen, das Gartenhaus, da« Gartenhaus mit vielem Gerümpel, mit drei Kammern, drei Türen und einem großen Fenster, der Schauplatz, auf dem schlechthin alles und noch einiges vorgehen kann! Und wie vieles sonst noch, das ich schon wieder vergessen habe, über das aber die Zuschauer von gestern gelacht haben und die Zuschauer von übermorgen lachen werden, bi« sie „nicht mehr können." Wer es unternehmen möchte, den eigentlichen Gang der Handlung zu erzählen, der liefe Gefahr, sich so zu verwirren, wie sich Herr Anton Schrumpf zuletzt verwirrt hat. Mag jeder selbst sehen, wie er sich durch all die erstaunlichen Begebenheiten und blitzschnellen Umschwünge de« Geschicks durchfindet und sich schließlich besinnt, waü er eigentlich gesehen und erlebt hat Die Darstellung de« Schwanke« ließ an heiterer und eneraischer Beteiligung der Darstellende» nicht« zu wünschen übria, selbst Stellen, wo die Kurzweil länger und der Spaß dünner wird, wurden glücklich über wunden. Hr. Franz, der sieggekrönte Verfasser des Stückes, spielte seinen Baumeister mit gutem trockenem Humor und mit einem maßhaltendcn Karrikicrtalent, das er schon vielfach bewährt hat. Die Liebespaare wurden durch die Herren Nens (Karl Fichtner, Bild Hauer) und Dettmer (vr. Hartung), die Damen Frl. Gasny (Lona) und Frl. Laue (Lisbeth) munter ver treten; Hr. Müller (Gottfried Fürchtegott Haberkorn) und Frau Hildebrandt (Amalie, Eugenies Mutter) gaben das schwiegerelterliche Paar; Frl. Diacon, (Eugenie) mußte die beklagenswerte Frau, die zwischen Mann und Mama ratlos und selbst von Othellolaunen bedroht steht, spielen; Hr. Gebühr lieferte einen so vortrefflichen üppigen dummen Jungen, wie nur je einer in und hinter die Schule gelaufen ist; Hr. P. Neumann (Frank, Techniker) stellte den Optimisten des Schwanks dar, der was den andern zappelnden und durcheinander fahrenden Figuren an Behaglichkeit abgeht, gleich doppelt und dreifach besitzt Selbst Schrumpfs Schreiber (Hr Huff), das Dienstmädchen (Frl. Schindler) und ein Piccolo (Walter Rossiß) trugen zur Erhöhung deS Vergnügens das ihrige bei. Und der letzte Humor von der Sache ist der, daß man über Kunstwerke, wie diese — Kritiken schreiben muß, worüber der Verfasser des Schwanks wahrscheinlich selbst am meisten lacht! Adolf Stern Nefidenztheater. — Am 18. d Mt«.: »Da« Theaterdorf". Lustspiel in drei Aufzüge» vonO«kar Blumenthal und Gustav Kadelburg. (Zum «rsten Male) Gestern abend ging, unter lebhaftem Beifall und begleitet von stürmischen Heiterkeit«au«brüchen, da« neue Lustspiel der Herren Blumenthal und Kadelburg „Da« Theaterdorf" in Szene Beide waren wahlberechtigt Wie immer man auch kritisch zu einer Arbeit der bekannten Lustspiel-, Schwank- und Poffenfabrikantcn sich stellen
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