Volltext Seite (XML)
53. Jahrgang. Donnerstag den 21. Wovemßer 1901. Hierauf nichtöffentliche Sitzung. Pulsnitz, den 25. November 1901. Der Stadtverordneten vor st eher. Hermann Schulze. Montag, den 25. November 1901, abends 7 Uhr: öffentliche Stadtverordneten-Sitzung im ulten Sitzungssaal. Tagesordnung. 1. Kenntnisnahme von der Genehmigung der Darlehnsaulnahme. 2. Beitrag an den Deutschen Patriotenbund. 3. Petition Sächsischer Hausbesitzer vereine. Vermehrung sächsischer Landtagswahlkreise. 4. Mehrvergütung an Pflasterm. Rietschel. 5. Verbreiterung der Rietschclstraße. welcher ja auch der Gnescner Prozeß wieder so drastische Beispiele gezeigt hat, eine hervorragende Rolle spielen. Aber schließlich müssen sich Mittel und Wege finden, das schon an Hochverräterei grenzende Gebühren der polnischen National partei in seine Schranken zurückzuweisen, soll sich nicht die polnische Gefahr in Preußen und Deutschland zu einer riesengroßen Erscheinung auswachsen. ro- net- fede zwel Anwesende dos Wort, um teils Protest zu erheben, teils Zustimmung auszusprechen. Pulsnitz. Noch in bester Erinnerung wird das im September vorigen Jahres mit so großem Erfolg gegebene Konzert der vereinigten Pulsnitzer und Radeberger Stadt- Kapellen sein. Nächsten Montag, den 25. November ist uns nun ein gleicher Genuß geboten. Genannte Kapellen werden im Saale deL hiesigen Schützenhauses ein zweites Konzert geben, das hoffentlich wieder einen recht guten Besuch aufzu- weisen haben wird. — Ein Gedenktag recht trauriger Art vollzieht sich am heutigen 21. November. Es war Freitags, an einem Bußlage vor 50 Jahren, als in der Nacht vom 20. zum 21. November so gewaltige Schneemassen hereinbrachen, daß im Königreich Sachsen viele Menschenleben zu Grunde gingen. Der Schnee war zu Bergen angewachsen, so daß selbst die ältesten Personen sich ähnlicher Schneemossen nicht erinnern konnten. Alles Fuhrwerk war total gehemmt und selbst die Fußgänger vermochten nur mit größter Anstrengung sich durch die Schneebarrikaden Bahn zu brechen. Die Ge höfte waren fast durchgängig biS über die Parterresenster mit Schnee angesüllt, und mehrere Tage lang war der Verkehr aus der Eisenbahn gestört und gehemmt. Bei diesem furchtbaren Schneesturme hatten in der Nacht zum 21. Nov. mehr denn 30 Personen ihr Leben eingebüßt. — Im ErkältungLzustande des Königs von Sachsen ist erfreulicher Weise eine nachhaltige Besserung eingetreten; indessen find die geplant gewesenen nächsten Jagdausflüge dcS greisen Monarchen einstweilen verschoben worden. — Nach einer Mitteilung Wiener Blätter gedenkt Se. Majestät der Kaiser Franz Joses demnächst dem sächsi schen Hose einen Besuch abzustatten. — Auf den 12. Dezember d. I. fällt die hundert jährige Wiederkehr des Geburtstags Sr. Majestät des hoch- feligen Königs Johann. Das königl. Min sterium des Kultus und öffentlichen Unterrichts erachtet es für angezeigt, daß dieser Tag in den Schulen des Landes nicht vorübergeht, ohne daß dem pietätvollen Gedächtnisse an deS hochseligen Königs Persönlichkeit und der Dankbarkeit für die Segnungen seiner Regierung Ausdruck gegeben werde. Die Bezirks- schulinspektionen sind daher angewiesen worden, die Schul vorstände und die Direktoren der einzelnen Schulanstalten demgemäß zu bescheiden und ihnen die Veranlassung des den örtlichen Verhältnissen Entsprechenden anheimzugeben. — Bedeutende Vermächtnisse sind der Stadt Dresden neuerlich zugcsallen. Der Apotheker Junghans vermachte der Stadt letztwillig 35,000 Mk., der Oberfinanzrat a. D. Bollenberger 80,000 M., Frau Hauptmann v. Witzleben 200,000 M., der Rentier Gustav Albert Jordan 250,000 M., die Braumeisterswitwe Pauline Engler geb. Mädel 350,000 Mark. Die Gesamtsumme der der Stadt in letzter Zeit zu gefallenen Stiftungen beträgt 948,000 M. — Sächsischer Landtag. Die 2. Kammer erledigte am Montag debattenlos die Vorlage, betr. die provisorische Fort erhebung der Steuern und Abgaben im Jahre 1902, in der allgemeinen Vorberatung. Zum Referenten für die SLluß- beratung wurde Abg. Enke zum Korreferenten Abg. Neid hardt bestellt. Ehrenfriedersdorf, 18. November. Ueber ein schweres Brandunglück ist von hier zu berichten. In der vergangenen Nacht ist die an der Geyerischen Straße isolirt stehende Bartheische Ziegelei durch ein Schaden feuer zerstört worden. Leider vermochten die Ehefrau deS Besitzers und zwei Kinder nicht rechtzeitig das Freie zu gewinnen. Sie sind in dem sich entwickelten Qualm er- stickt und verbrannt. Die Ueberreste ihrer Leichen wurden unter den Trümmern gefunden. Der Besitzer und drei weitere Kinder Haden sich schwere Brandwunden zugezogen. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt. — Das »Amts- und Wochenblatt- von Ehrenfriedersdorf berichtet über die Katastrophe: Eine erschütternde Brandkatostrophe, „Unsere" Polen. Der seit einigen Tagen vor dem Landgericht Gnesen spielende Prozeß wegen der aufruhrartigen Tumulte, welche im vergangenen Mai von einer Anzahl polnischer Einwohner der Stadt Wreschen vor dem dortigen Schulhaus« inszenirt worden waren, hat abermals bezeichnende Schlaglichter aus die verbissene Deutsch- und reichsfeindliche Stimmung im Lager deS preußischen PolentumS und auf die gesamten Verhältnisse daselbst geworfen. Bekanntlich wurden die Wreschener Polenkrawale ins Wer! gesetzt, weil die notudsus katholischen Lehrer an ter Wreschener Volksschule begonnen hatten, den Religionsunterricht in deutscher Sprache zu er teilen, wie ihnen die« daS Gesetz ja auch vorschreibt, während die von der polnischen Geistlichkeit aufgehetzten Eltern der Kinder die Erteilung deS Religionsunterrichts auch fernerhin in polnischer Sprache verlangten. Aus dieser Forderung heraus und aus der zähen Weigerung der zu Hause gehörig instruirten Kinder, den deutschen Katechismus in die Hand zu nehmen, auf die deutsch gestellten Fragen der Lehrer zu antworten u. s. w. entwickelten sich dann die zweitägigen Krawalle vor und in dem Wreschener Schulhause, nachdem die wohlverdiente Züchtigung der störrischsten Kinder seitens der Lehrer den willkommenen äußerlichen Anlaß zur Herbei führung der deutschfeindlichen Demonstrationen abgegeben hatte. Daß die letzteren aber gut vorbereitet waren und keineswegs lediglich eine Improvisation der „entrüsteten" polnischen Väter und Mütter darstellten, dies geht schon auS dem bisherigen Verlaufe deS G nesener Prozesses zur Genüge hervor, der im Weiteren auch dargethan hat, daß die bei den Wreschener Schulkrawallen von polnischer Seite aktiv aufgetretenen Personen eigentlich nur die Marinetten in der Hand der sich im Hintergründe haltenden Leiter der Demon stration, vor Allem des Vikars LaSkowSki, gewesen sind. Sieht man nun von dem Wreschener Lokalkolorit ab, so hat man eS auch in den Wreschener Vorfällen nur mit einer neuen Bekundung des fanatischen Polenhasses gegen alles Deutsche, die völlig in das schon seit längerer Zeit einge- sührte System der polnischen Propaganda und Agitation innerhalb der deutschen Neichsgrenzen hineinpaßt, zu thun. Unter solchen Verhältnissen ist es aber mit einer gericht lichen Bestrafung der Uebelthäter gewiß nicht abgethan, da eben die Wurzel aller bisherigen polnischen Demonstrationen weit tiefer steckt, sie ruht in dem mehr und mehr erstarkenden nationalen Selbstbewußtsein der reichsdeutschen Polen, und letzteres wiederum hat sich zum guten Teil an der schwanken den, von einem Extrem ins andere fallenden, Polenpolitik der preußischen Regierung aufgerichtet. Ob nun freilich die sich immer erneuernden Ausbrüche deS polnischen Fanatismus gegen das Deutschtum, gegen die preußische Monarchie und gegen daS Deutsche Reich die preußische Regierung veranlassen werden, endlich eine ziel- bewußte konsequente entschlossene Haltung gegenüber den üppigen ins Kraut schießenden anmaßenden nationalen und politischen Forderungen und Aspirationen des PolentumS rinzunehmen, daS bleibt noch immer abzuwarten. Wohl hat eS in den letzten Jahren nicht an ernstlichen Anläufen hierzu gefehlt, aber solche Versuche, dem übermütigen PoloniSmuS den Staar zu stechen, hat eS schon wiederholt gegeben, ohne daß sie zu einem nachhaltigen Erfolg geführt hätten, weil eben die preußische Regierung schließlich immer wieder inkonsequent wurde und den Polen von Zeit zu Zeit erneut entgegenkam. Kaum bedarf es jedoch einer näheren Beweis führung, wie unbedingt notwendig endlich eine energische Richtung in der Regierungspolitik gegenüber den reichs deutschen Polen in ihrer Gesamtheit ist, soll es nicht dahin kommen, daß wir einen polnischen Staat im Deutschen Staat erhalten. Gewiß sind die Schwierigkeiten nicht zu verkennen, mit denen ein schärferes Auftreten der Staatsgewalt gegenüber den Polen zu kämpfen hat, und wobei das starkentwickelte SolidaritätSgesühl auf polnischer Seite wie die Beschränktheit wenigsten« der unteren polnischen BcvölkerungSklassen, von terüiche «vd söchfischt Angelegenheit«'«. PulSnitz. Am vorigen Dienstag Abend hielt auf Veranlassung des hüsigen Kaufmännischen Vereins im Saale deS Schützenhouses vor einer mcht allzu zahlreichen Zuhörerschaft Herr Or. Poul Scheven auS Dresden einen öffentlichen Vortrag über: „Die wirtschaftliche Bedeutung der Handelsverträge". AuSaehend von dem augenfälligen Aufschwung, den Handel und Wandel in Deutschland, nicht zum Wenigsten in unserer Gegend, im Laufe der letzten 8 Jahre genommen Hobe, kam Redner auf die Seg. nungen der jetzt geltenden Handelsverträge zu sprechen. Im Gegensatz zu der Zeit von 1879—1892, in der die Hochschutzzöllnerei herrschte und während welcher jeder Staat daS Heil darin erblickt habe, immer höhere Zoll schranken um sich herumzuziehen, feien jetzt seit 1892 ge- ordnete stabile Verhältnisse, wenigstens den VertragSstaaten gegenüber, geschaffen worden, sodaß eS dem Handel und der Industrie möglich geworden sei, weitauSschauende Unternehmungen ins Werk zu setzen. Gewiß sei hier und da eine bedauerliche Ueberspekulatton eingetreten, aber alles in allem genommen, sei der deutsche Volkswohlstand in- zwischen mächtig gewachsen. Gewinne und Löhne seien gestiegen, die Confumtionskraft der breiten Schichten habe sich zum Segen aller, die Landwirtschaft nicht ausgeschlossen, entwickelt. An der Hand von statistischem Material wieS Redner nach, daß es der Landwirtschaft unter der Herr- schäft der niedrigeren Zölle besser gegangen sei, als unter dem Hochschutzzoll, nach dem sie jetzt wieder rufe. So seien z. B. die Zwangsversteigerungen wesentlich zurück- gegongen. Die Leutknot wäre gewiß eine unangenehme Sache für die Landwirte, ober, sei eS nicht besser, die Arbeiter gingen in die deutschen Fabriken, als daß sie ouswanderten, wie es bei schlechten Zetten zu gewärtigen Wäre? Im ersten Falle würden sie Kunden der Land. Wirte, im anderen Konkurnntrn der deutschen Arbeit, die dem allen Vaterland nur schadenn. Der neue Zolltarif mit seinen hohen Sätzen und Minimaffätzen berge die Gefahr in sich, daß wir zur bereits Überwundenen Ab- fperrungSpolitik zurückkehrten und daß sogar wieder Zoll kriege auSbrächen, die stets auf die auswärtigen Beziehungen zerrüttend wirkten. Um von dem Gegner bet den Ver handlungen für unsere Jndustrie-Erzeugmsse günstige Ein- suhrzollsätze zu erlangen, sei ein maßvolles Vorschlag! n ja ganz zweckmäßig, aber allzu scharf mache schartig. Die höheren LebenSmittelzölle brächten nur einer kleinen Gruppe Großgrundbesitzern einen vorübergehenden Nutzen, der All gemeinheit aber Schaden, indem sie nicht nur den Consu- menten daS Brot und Fleisch verteuerten, sondern den Export und die Arbeitsgelegenheit beeinträchtigten und zu neuen Lohnkämpfen führten. Daher müsse Handel, In dustrie, Beamtenschaft und Arbeiterschaft sich gegen den Hochschutzzoll wehren, so lange eS noch Zeit ist. Vorder- Hand sei der Entwurf noch nicht festgesetzt. Der Reichstag habe noch zu sprechen und die Unterhändler Haden ihre Arbeit noch nicht ausgenomnten. Möchten sie beide daS deutsche Volk nicht auf Irrwege leiten, sondern ihm seine frische Rührigkeit und Unternehmungslust durch Erringung günstiger, die industriellen Interessen wahrende Handels verträge erhalten und fördern. Nach Beendigung des Vortrages sprach der Vorsitzende deS Kaufmännischen Vereins, Herr Alfred Lunradt dem Redner für seine Aus führungen den Dank aus. In der Diskussion ergriffen ott- Wochenblatt - Messe: kernspreell er (voclienblatl siulzM. 0S. 18.-r- und Umgegend für Pulsnitz Amts-Blatt verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in Pulsnitz. Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Druck und Verlag von L. L. Försters Erben. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags zo Uhr anfzngcbcn. Preis für die einspalt. Zeile oder deren Raum zo A. Reklame 20 H. Bei Wiederholungen Rabatt. Nlle Annoncen -Expeditionen nehmen Inserate entgegen. -es Königl. gmtsgeplMs und -es §1y-1ratke§ LU plilsmlL. Amtsblatt für den Büfirk des Asnigl. Amtsgerichts Pulsnitz, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch - Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalds, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf - Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Ul.-Dittmannsdorf, Erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: Jllustr. Sonntags- blatt und landm. Beilage. Nbonnement: Monatl. 50 H., vierteljährlich z.25, bei freier Zustellung ins Hans sowie durch die Post unter No. 8O5Y z.-zo.