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Sächsische Staatszeitung : 07.07.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192207075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19220707
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19220707
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-07
- Tag 1922-07-07
-
Monat
1922-07
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 07.07.1922
- Autor
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8MMU M sUWi AMtilmg Nr. 159. zu Nr. 156 des Hauptblatte-. ' 1922. Beauftragt mit der Herausgabe: Regierung«rat Doenge» in Dresden« Landtagsverhandlungen. (Fortsetzung der Sitzung vom 4. Juli.) Ministerpräsident v»<k: M. D. u. H l Ich habe den Hrn. Präsidenten gebeten, mir jetzt das Wort zu erteilen, weil ich befürchte, daß die Fülle deS vorgebrachten Mate rials, der Anklagen, Wünsche und Beschwerden, die ich bisher au- den Ausführungen der drei Herren Vorredner gebürt habe, unübersichtlich werden könnte durch die Ausführungen der »och einge- aeichneten Redner, und ick habe weiter deshalb ums Wort gebeten, weil ich glaube, daß vielleicht durch einige meiner Ausführungen die Diskussion abge- kmzl werden kann. Zunächst will ich bemerken, daß ich mich restlos an die Seite deS Hrn. Abg. Wirth stelle, der er klärt hat, daß er die bisherigen Maßnahmen der Regierung und da-, waS noch beabsichtigt ist, in allen Beziehungen unterstützt, der StaatSregierung sowohl wie der Reichsregierung. Der Hr. Abg. Wirth hat in seinen weitere» Ausführungen aus der Vergangenheit geschürft. Das ist meines Er achtens für mich nicht notwendig, weil die jetzt ge gebene Situation eine Notmaßnahme, eine Not wehr bedingt und rechtfertigt. I» einer solchen Situation, wie sie durch das Attentat auf den Minister Rathenau.geschaffen ist, wäre meines Er achtens ein einmütiges Votum eines jeden Parla ments notwendig, um sich restlos an die Seite der Reichsregierung und derjenigen zu stellen, die mit allen zu Gebote stehenden Mitteln eine solche At mosphäre entgiften und für die Zukunft die Mög lichkeit schaffen wollen, daß solche Entgleisungen und brutale Gewalttaten nicht mehr Vorkommen. Ich erkläre also: die Maßnahmen der sächsischen und der Reichsregierung sind eine Notwehr, sind Notmaßnahmen im Interesse der politischen Per sönlichkeiten, im Interesse der Republik und unseres Vaterlandes und, Hr. Abg Dr. Niethammer, ich glaube, unser Vaterland ist jetzt die Republik, aus deren Boden wir uns stellen müssen, auf deren Boden wir stehen und deren Beachtung uns allein zu- sammensuhren kann. (Zurufe bei den Dcutschnat.) Nein, nicht nur in Sachsen, Deutschland ist eine Republik, und das haben wir denjenigen zu dan ken, die im Weltkrieg ihr Blut lassen mußten, und denjenigen, die in Weimar daS Werk geschaffen haben, auf dem sich die Republik aufbaul. Wenn cS auch plaucheu unserer Zeitgenossen schwer fällt, sich in die neuen Verhältnisse zu fügen: das Rad der Weltgeschichte rückwärts zu drehen, dazu reicht keine Macht und Kraft auS, auch nicht die Kraft von Meuchelmördern und Attentätern. (Zuruf linkS: Auch nicht die Beutlers I) Von einem der Herren Redner ist auSgeführt worden, mahnend väterlich und versuchend, entschuldigend zu wirken, daß die Reden Helfferichs sich gegen die ErsüllungSpolttik gewendet haben. Solche Reden haben die Atmosphäre mit vergiftet und bei kleinen Menschen — bei großen darf daS nicht eintreten, die dürfen sich nicht Hinreißen lassen, sich' nicht meistern lasse» von der Leidenschaft, von Haß und Zorn — mit dazu beigetragen, den Glauben zu erwecken, daß einzelne Persönlichkeiten und deren Wirken schuld sind a» dem Elend, daS wir gar nicht bestreiten, das wir und andere Männer und Parteien zu meistern nicht imstande sind. Ich er innerte mich daran, als ich heute die Ausführungen des Hrn. Abg. Beutler hürte, daß derselbe Helfferich als Reichsfinanzminister im Reichstage erklärt hat — wörtlich kann ich es nicht zitieren, aber dem Sinne nach richtig —: Unsere ganze Finanzgebarung wird aufgebaut auf dem Grundsatz, daß unsere Gegner das Bleigewicht der Kriegsentschädigung jahrzehntelang herumzutragen haben. Wer diese Absicht gehabt hat in der Zeit des furchtbaren Ringen- im Weltkriege, der hat kein Recht, sich gegen Maßnahmen, die nach diesem Rezept an gewandt werden, zu beschweren (Lebhafte Zustim mung links.), und infolgedessen kann er keine An klage gegen diejenigen erheben, die das kleinere Übel gewählt haben und in Versailles die Unter schrift gegeben haben — mit blutendem Herzen, daS ist meine Auffassung; denn wo ist der Mann, ganz gleich, welcher Partei er angehvrt, der ein olcheS Diktat leichtfertig unterschreibt! Aber wir ahrn darin das kleinere Übel, ich habe die Auf- assung, wir hätten Schlimmeres erlebt, wenn die lnterzeichnung nicht erfolgt wäre. (Zuruf.) Ich kann das nicht akwngemäß belegen, aber ein klein wenig Überlegung und ein Versetzen in den Ge dankengang der Zeit um 1St8 hinein bestätigt m. E. die Richtigkeit meiner Auffassung. Nun ist werter gesagt worden, und zwar wörtlich, daß die Existenz! osigkett und die unausgesetzten An griffe auf ehemalige Angehörige des OsfizierSstandeS mir dazu beigrtragen hätten, daß eine so ver zweifelte Stimmung Platz gegriffen hat. M. H. Verzweifelte Stimmungen und Ausbrüche der Leidenschaft haben wir feit dem Zufammenbruche des alten Deutschlands sehr ost und sehr viele ge habt. Ich habe bisher niemals von irgendeiner Sette gehört, daß man es entschuldigen solle, wenn die Leidenschaftlichkeit Triumphe feiert, aber An gehörige der Rechtsparteien haben damals der Ne gierung eine gewisse Anerkennung gegeben, daß sie zugegriffen hat und dadurch das übergreisen von Gewaltakten auf Sachsen verhindert hat. Und wenn wir jetzt dasselbe tun, dann tun wir nur da-, waS uns unser Amt und unsere Stellungnahme gebieten. Wir versuchen, unser Land vor Erschütte- «rungen zu bewahren. Diese unselige Tat, die, glaube ich, auch von vornherein gezüchtet worden ist durch unau-gesrtzte Angriffe aus die Regierung, auf di» j^igen Verhältnisse und aus die Republik, diese tmselige Tat trägt dazu bet, daß von Tag zu Tag dl» Preise steigen, daß da- Ansehen Deutsch, andS im AuSlande sävt. Ler Markwert ist seit dem Attentat rapide gesunken (Sehr richtig! link».), auch die Reparationsleistungen tragen.selSstverstäud- ich mit dazu bei, daS will ich bei dieser Gelegen heit nicht unterlassen auch zu erklären, und ich »laube, wenn die Ententemächte, wie der Reichskanzler Wirth gesagt hat, dem d«mo- ratischen, dem republikanischen Deutschland et wa- mehr Vertrauen entgegengebrachl hätte», >aß wir dann nicht eine so vergiftete Atmosphäre sätten. Ich kann mir sehr gut vorstelleu, daß unge Leute — von Geburt an in ganz anderen ünschauungen erzogen — vorbereitet aus einen Lebensberus, den sie nun nicht mehr erfüllen kön nen, mit einer gewißen Bitternis erfüllt werden. Bleiben dann die Leute mit ihrer Bitternis allein, werden sie nicht in ihren Anschauungen genährt und auch nicht finanziell unterstützt, daun ist keine Gefahr vorhanden. (Sehr richtig!) Unreise Männer, Männer von Leidenfchaftlichkeit und Unüberlegtheit — wie Hr. Abg. Beutler sagt —, die verfügen nicht über die Mittel' und Hilfsmittel (Sehr rich tig! links), die haben auch nicht Gemächer und Mauern und Keller, wo sie Waffen eingraben und vermauern können. (Lebhaftes Sehr richtig! links.) DaS sind keine politisch unreifen Elemente mehr, >ie das tun, sondern durch diese Leute werden die ungen Manschen unterstützt und in ihren Anschau- rngcn bestärkt, daß sie sich auf dem richtige» Wege »«finden und ein gutes Werk tun. Wir haben die gewaltige ReparationSlafk. Wo rst der Mann, die Partei, die imstande ist, sie ab- zuschütteln? Ein Kraftmeiertum, geheuchelt in der Öffentlichkeit, trägt nicht dazu bei, daß wir das Vertrauen in der Welt gewinnen Im Gegenteil, die Vorkommnisse der letzten Zeit haben unsere Situation wieder erschwert. (LedhafleS Sehr rich tig! links.) und die ganze mühevolle Arbeit aller deutschen Regierungen — keine ausgenommen — in den letzten Jahren ist zu einem großen Teile zerschlagen und wertlos gemacht. Ich habe mich gefreut, aus den Ausführungen deS Hrn. Abg. vr. Niethammer diese Klage heraur- zuhören. Nun müssen Sie aber den Worten auch die Tat folgen lassen. Sie müsse» in Ihrer Presse und überall, wo Sie Einfluß haben, auf alle diejenigen, die bisher an dem Busen Ihrer Partei gelegen und gezehrt habe», einwirken. Darum sind die Leute in ihrer verbrecherischen Auffassung so groß und so stark geworden, daß sie glaubten, jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, um auszurSumen mit den Mäppexp, denen Sie die Schuld an den uns jetzt umgebenden Verhältnissen zuschiebcn. Wir haben die Reparationsleistungen im Frte- d.nsdiklate festgelegt. Die Kohlenlieserungen, die Vichlitferungen, die Ablieferung der Handelsflotte, alle Reparationsleistungen sonst noch, dir Unterhaltung der verschiedenen Kommissionen, das alles ist doch nicht eine Folge der Revolution, wie aus den Ausführungen deS Hrn. Abg. Beutler herausklingt, indem er sagte, daß die verzwetselte Stimmung durch die Maßnahmen dcr Entente und durch die Revolution herausbeschworen sei, daß sie solche be dauerlichen Morde geradezu züchte. Nein, m. D. n H., das ist die Folge des KnegeS. (Sehr richtig! links.) Wenn man weitergehen will, macht man den Krieg sür die Stimmung und die Situation verantwortlich, den Krieg, m dem 4 Jahre lang 11 Millionen deutsche Männer ein Nomadenleben in ganz Europa geführt haben, wo sie jeden mo ralischen Halt verloren haben. Ich mache nie mandern einen Borwurf daraus. Das war die naturnotwendige Folge des Krieges, daß 11 Mil lionen Menschen im Kriege auS der Arbeit heraus gerissen worden sind. Daneben die vielen Mil lionen, die in der Kriegsindustrie beschäftigr waren! Wie ist ein solche- Defiz-t auszugleichen, daS durch eine vierjährige unproduktive KrtegSarbeit von 18 Millionen Menschen entstanden ist? (Sehr richtia! links.) Dazu gehört eine Aufbauarbeit von Jahrzehnten. Wenn Sie diese Gedanken in Ihren Kreisen und in Ihrer Presse genährt hätten, würden solche verrückte Ideen, wie d e, dre zu dem Attentate geführt haben, nicht vorhanden fei» (Zuruf links: DaS wollen sie ja gar nicht!) So aber sind leider von einem großen Teil der rechts stehenden Presse immer der Männer als unsähtg bezeichnet worden, die heute durch das Schicksal verpflichtet sind, mit den ihnen zu Gebote stehen den Kräften den Versuch zu machen, die Republik zu festigen und den Aufbau vorzubereiten. Ab sichtlich, bewußt und gewollt ist die Arbeit er schwert worden. (Sehr richtig! links.) Und, m D. u. H., ich brauche nicht einzelne Beispiele vor- zutragen. AuS der Literatur, auS der Presse l.uchtet uns geradezu eine Verwilderung der An schauungen, der Auffassung heraus Segen diese Presse anzukämpfen, ist auch unsere Aufgabe und unsere Pflicht gewesen. Wir haben eS getan, wo und wann wir Gelegenheit halten. Ich bedaure es ungemein, daß man heute zu dem Notwehr- mittel greisen muß, zu der Abwehr, zu einer AuS- nahmegesetzgebung, und ich habe mich gefreut, daß der Herr Avg. Wirth konstatierte, daß die Sozial demokratische Fraktion diesen Ausnahmezustand be dauert Aber er ist notwendig. Wenn er nicht eingesührt wird, dann kommen wir in Zustände hinein, die wir feit dem November 1S18 noch nicht erlebt haben. Auf welchem Standpunkt die Leidenschaftlichkeit gesteigert ist, das haben Ihnen die letzten Tage bewiesen, und ich danke von dieser Stelle an- denjenigen Organisationen, die sich be mühen — bei Tag und Nacht — Demonstrationen in den geordneten Bahnen zu halten und die Mafien zu organisieren (Zurus recht».), sie zu disziplinieren, damit nicht Entgleisungen Vorkommen. (Zurus recht«: Lassen Sie sie doch ganz wcgl) Ich hoffe auch, daß, wenn noch Demonstrationen notwendig sein lollien (Zurus recht«: Ist ja heute!), I dann der Einfluß der Organisationen ein solcher sein möge, daß wir un« nickt über Entgleisungen zu klage» brauchen und die Mafien Beseh und Ord nung besser achten als die Attentäter. (Zuruf rechtS: Wir werden eS erleben!) Heute ist eine Demonstration wie vor 8 Tagen. Sie beweist, m. D. u. H., daß das Gro« der Be- völkerung und viele, viele, die nicht demonstrieren, (Zuruf rechtS: I Sott bewahre!) auf dem Stand punkte der Republik stehen, aus. dem Standpunkte der gegebenen Verhältnisse. Ich nehme e- an, weil ich glaube, daß die Vernunft im deutschen Volke daS GroS der Einwohnerschaft, daS Bro der denkfähigen Leute, beherrscht und daß niemand von diesen sich dem Gedanken hingibt, daß mau durch Gewaltakte, durch einfache» Ignorieren von Tatsachen etwa» wiederbriuge» kann, wa» kleine Telle von unseren Zeitgenosse» als da» Bessere wünsche», die Monarchie. Wenn in dieser Aus nahmeverordnung Front gemacht wird gegen Ver anstaltungen, die in den Verordnungen näher be zeichnet sind, dann darum, weil bei diesen Ver anstaltungen immer dcr monarchische Gedanke ge nährt und gegen die Republik und die Demokratie eine Animofität erzeugt worden ist, die mit beigetragen hat, die Atmosphäre so unheilschwanger und explosiv zu gestalten. Wenn ich mich, wenn ich die sächsische Regierung anklage — Hr. Abg. Wirth hat eS getan —, dann mit einem gewißen Rechte, weil ich zu nachsichtig war. (Abg. Wirth: Zu nachsichtig!) Ich habe immer den Standpunkt vertreten, daß man durch Toleranz und Entgegenkommen moralische Eroberungen machen müße Aber bei denen, bei denen jetzt der Beweis erbracht worden ist, daß sie rücksichtslos auch über Menschenleben hinweggehen, daß sie die Besten einer Nation meuchlings morden, ist eine Taktik, wie ich sie bisher sür richtig gehalten habe, nicht angebracht. (Lebhaftes Sedr richtig! link-.) Wenn Sie den Willen haben, daS, was auS den Aus führungen des Hrn. Abg. vr. Niethammer herauS- geklungen ist, in die Tat umwsetze», dann ersuche ich Sie, in Ihrer Preße und in den Kreisen, in denen Sie Einfluß haben, dazu beizutragen, daß Sie sich so che Leute von den Rockschößen ob- schütteln. (Abg Beutler: Haben wir gar nicht an unseren Rockschößen!) Wenn Sie es nicht tun, dann kommt die Schuld auf die Parteien, die ein solches Vorgehen, wie es durch die Tat eines Techow und seiner Komplicen und Mordgesellen geschehen ist, direkt oder indirekt mit unterstützen. Aus einen solchen Standpunkt kann sich keine politische Partei stellen, die Anspruch aus Achtung und Ansehen er hebt und die in den Parlamenten immer betont, daß sie auf dem Standpunkt der Verfassung steht und mit legalen Mit.ein ihr« Ideen durchsetzen will. Darum muß sie diese Leute abfchütteln und deutlich beweisen, daß sie mit Meuchelmördern nichts zu tun hat, nicht allein mit Worten, sondern auch mit Taten. Dann werden Ausnahmegesetze nicht notwendig sein. Wenn solche kleine Leute, wenn solche kleine schwachen Menschen, solche Kraft meier, wie sie sich gern nach außen gebärden, wißen, daß sie gestützt werden uud finanzielle Uuterstützun gen beziehen, dann greisen sie zu den Mitteln der Gewalt, dann glauben sie, wenn zu den vielen, die bereit» gemordet sind, neue hinzukommen, daß dann von heute aus morgen die Monarchie oder eine Staatsverfasiung eingeführt werden kann, die sie sich einbilden. Da ist aber die deutsche Einwohnerschaft, die Beamtenschaft, die Arbeiter schaft, all die Republikaner, die wirklich Demokraten sind, die große Mauer, die nicht mehr eingestürzt, nicht mehr genommen werden kann An dieser Mauer werden alle Versuche abprallen. Heute werden die Demonstrationen stattfinden, an denen sich auch viele, sehr viele Beamte mit beteiligen werden. (Zuruf recht»: Müßen!) Nein, sie müßen nicht. (Zuruf rechtS: Freilich!) Auch Beamte in den höheren Stellungen beteiligen sich daran. Wir haben glücklicherweise einen Teil der Beamten in höheren Stellungen, die klug und ehr lich genug sind, daß sie die Republik al» da» Ge gebene anerkennen und ihre Fähigkeit und Dienste auch in den Dienst der Republik gestellt haben. Hier ist nicht etwa gesagt worden, und ich habe e» aus keiner der Reden heraus gehört, daß mit dem Beamtentum tabula ras» gemacht werde» solle. Wo und wann ist das gesagt worden? Weder von dem Hrn. Minister Lipinski noch von dem Abg Wirth heute ist da» gesagt worden. DaS wollte ich noch richtigstellev, weil sonst durch die AuS- führungen de» Hrn Abg. vr. Niethammer d.r Glauben erweckt werden könnte, daß eine solche Behauptung widerspruchslos in die Welt hinauS- gehen dürfe. M D u H ! In so einer unheilgeschwängerten Atmosphäre, in der wir jetzt sind, gilt c», alle Kräfte zusammenzufaßen, die auf dem Boden der Republik stehen, da gilt e» auch, laut und deutlich ter Welt, auch der Welt nach außen zu zrigen. d >ß wir mcht mehr gewillt sind, un» von Leuten in- Schlepptau nehmen zu laßen, die durch ihre Politik und ihr System Welt kriege mit herausbeschwore» haben. Ich will nicht sagen, daß sie sie allein versckuldet habe», aber durch da» System sind sie verschuldet und mit unterstützt worden. (Sehr gut! link») Wir stehen auf einem anderen Standpunkte Wir wollen der Welt und dem Auslande zeigen, daß wir daS ftnedltebende demokratisch-republikanische Deutschland sind, uud wenn wir da» laut und deutlich in unserer Gesamt heit tun, dann erst wird der Zeitpunkt gekommen sein, wo eine Erleichierung der Rcparativnslosten eintritt. (Sehr richtig! link») Solange aber Waffeusunde sestgestelll werde» uud Organisationen bestehen, die immer laut und deutlich die gewesenen Kronenträger «»telegraphieren und anhochen, wird das Mißtrauen im Auslande genährt und unsere Lage bewußt und gewollt erschwert. Dagegen er heben wir, solange wir in der Regierung sitzen, laut und deutlich Einspruch, und ich hob« e» be- orüßt, daß in der heutigen Sitzung eine Au-sprache über die RegienrngSerklänrvg, die heute vor acht Lagen abgegebe« worden ist, ermöglicht worden ist. Ich erkläre mich, damit kein Irrtum entsteht, veil ich am 28. Juni nicht anwesend sein konnte, mit dem Inhalte dieser Regierungserklärung voll und ganz einverstanden (Lebhafter Beifall link» ) Abg. Müller (Leipzig) (Unabh.): Die beiden Redner von der rechten Seite deS Hauses haben versucht, die heutige Debatte auf ein ganz anderes GleiS zu schieben. Sie haben sich darüber entrüstet, daß jetzt die Früchte ihrer zweijährigen Hetze reifen. Es ist heute aber gar keine Zeit dazu, sich moralisch seltenster einzel nen Parteien darüber zu entrüsten, daß von die ser oder jener Partei m der Hitze des Gefechtes über den Strang geschlagen worden ist, sondern wir haben es heute mit emer ganz konkreten Tat sache zu tun, wir haben über die Regierungs- erklärung zu sprechen und nachzuprüfen, ob sie uns genügt und von uns für scharf genug ge halten wird, und der Regierung zu sagen, wie wir diese Erklärung angewendet haben wollen. Die letzten Vorgänge haben uns gezeigt, wie ernst die Situation ist, in welcher Gefahr die deutsche Republik schwebt und wie notwendig es ist, daß alle republikanisch gesinnten Kräfte auf stehen und der Gegenrevolution in den Arm fallen. Der Hr. Kollege Beutler hat es für ge schmackvoll gehalten, einiges kindisch zu finden, und zwar die lauten Proteste, die gegen seine demagogischen Ausführungen laut wurden. (Abg. Beutler widerspricht.) Ich halte es allerdings für kindisch, offenkundige Tatsachen abzuleugnen, und ich halte es für ebenso kindisch, den Versuch zu machen, den Hr. Abg. Beutler heute wieder machte, die proletarischen Parteien gegeneinander zu Hetzen und die proletarische Einheitsfront zu schwächen, um dadurch die Gegner in ihrer Kampf front zu stärken. Der Hr. Abg. Beutler hat bestritten, daß seine Partei an den gegenwärtigen Zuständen die Schuld trägt, und hat versucht, ohne den Be- weis dafür zu erbringen, den sozialistischen Par teien und der sozialistischen Regierung die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben, daß jetzt un- besonnene Elemente, Grünlinge, wie er sagte, die den Rechtsparteien nahestehen, sich Terror akten, feigem Meuchelmord hingeben Nein, die Dinge liegen anders! Seit der Revolution ist die Hetze gegen die Regierung und die Republik mit allen Mitteln nicht nur von der Deutschnationalen BoikSpartsi getrieben worden, sondern auch von weiten Kreisen der Deutschen Bolkspartei Es hat jetzt gar keinen Zweck, sich über die Taren einzelner zu entrüsten, sondern es handelt sich hier um einen Klassenkampf, der ausgefochten wird und der in revolutionärer Zeit eine außerordentlich scharfe G.stalt an nehmen muß, um dem Fortschritt und der neuen Zeit die Wege zu ebnen und den Rückfall in frühere vermoderte Zustände abzuwenden. Hr. Abg. Beutler hat ganz richtig gesagt, in diesen Attentaten, die er als Verzweiflungsakte be zeichnet, komme ein gewisser Rationalismus zum Ausdruck, der nur auf dem Boden ungesunder wirtschaftlicher und politischer Zustände wachsen könne Tas ist eine Tatsache, die niemand be streuen wird, aber es fragt sich, wodurch diese ungesunden Zustände entstanden sind. Sie (nach rechts gewendet) haben das Übel dadurch vergrößert, daß Eie dem Volke tagtäglich vor lügen, diese ungesunden Zustände seien eine Folge der Revolmion. Ich sage vorlügen, weit Sie es besser wissen, weil Sie wissen, daß wir das Erbe jener niedergebrvchenen Wirtschaft an- treten mußten, daß wir gar keine Möglichkeit hatten, etwas zu verderben, sondern nur aus bauen konnten im Interesse der Allgemeinheit, soweit es in unseren Kräften stand, und mit den ungenügenden Mittem, die uns zur Verfügung standen, was auch von Ihrer Sette wiederholt anerkannt werden mußte. (Zurus rechts: Wird bestritten!) Warum haben Sie vor 2 Jahren, als die Möglichkeit sich bot, warum hat auch die Deutsche Volkspartei es abgelehnt, mitzuarbeitcn am Wiederaufbau? Warum hab-n Sie die Sozialdemokratische Partei gezwungen, sich am Wiederaufbau zu beteiligen? Sie wußten ganz genau, es würde Ihnen nicht gelingen, mit der bürgerlichen Wirtschaftsordnung auch nur das geringste an den gegenwärtigen Wirtschaft- Uchen Verhältnissen zu ändern. Deshalb lehnten Sie die Verantwortung ab und schoben Sie anderen zu. Weiter ist von Hrn. Abg. Beutler gesagt wor den, daß gerade die Art, wie die sozialistische Regierung den Wirtschaftslanrpf und den poli tischen Kampf geführt hat, Unruhe in die Be- völlerung hineingelragen habe, daß gerade durch die Art und Wefte, wie von den revolutionären Parteien der Kampf geführt worden ist, Unruhe und Unzufriedenheit gestiftet worden sei und wie dadurch eine ständige Verschlechterung der Wirt schaftsverhältnisse eingetreten sei. Auch das stimmt nicht. Das steht aus derselben Höhe, wie die berühmte Dolchstoß-Legende, die schon einige Male, auch von rechtsstehenden Schriftstellern, glänzend widerlegt worden ist. Es stimmt ebenso wenig, wie all das, waS Usher über die Stel lung der sozialistischen Minister, dcr sozialistischen Regierung und der sozialistischen Parteien zu- sammengefajelt ivordcn ist. Nein, die eine Tat- ache steht fest, wenn es nach den Vertretern d.s Bürgertunis gegangen wäre, d. h. derjenigen, die die Macht in der Hand haben, der Agrarier, Großgrundbesitzer und Kapitalisten, so wäre das Bißchen, was wir heute müh,am aufgerichtet haben, völlig in Grund und Boden geschlagen worden, denn auf jener Seite saßen die Sabo-
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