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ZlhimtmiM tmMM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Betträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und aldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 28. November 1882. Für die nach Amerika ausgewanderte Pauline verehel. Zsches geb. Albrecht aus Thiergarten, deren derzeitiger Aufenthalt unbekannt ist, ist am heutigen Tage der Ortsrichter Gottfried Etzold von Ziegelheim als Abwesenheitsvormuno in Pflicht genommen worden, was hierdurch bekannt gemacht wird. Waldenburg, am 21. November 1882. Königliches Amtsgericht. Baumbach. Ald. *Waldenburg, 27. November 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der kaiserlichen Hofjagd bei Springe folgen noch drei Hofjagden in Letzlingen, in der Göhrde und im Grunewald. Zur Theilnahme an der Letz linger Jagd trifft Kronprinz Rudolf am 30. d. in Berlin ein. Fürst Bismarck wird Ende nächster Woche in Berlin erwartet. Prinz Friedrich Karl von Preußen unternimmt zu Neujahr eine 5-^-6monatige Reise nach Egypten. Das preußische Abgeordnetenhaus berieth am 25. d. den Etat der landwirthschaftlichen Ver waltung. Die Debatten drehten sich großentheils um lokale Angelegenheiten. Landwirthschaflsminister vr. Lucius hob gegenüber den Klagen über Uebel stände in Folge der Viehseuchengesetzo hervor, daß es sich darum handle, uns wieder die Exportmöglich keit, namentlich nach England, zu verschaffen, die durch die früheren Verseuchungen in Deutschland zerstört werden. Die Gesetze hätten sich bewährt; in den letzten 3 Jahren sei nur ein Rinderpestfall durch Einschleppung aus Rußland vorgekommen. Nicht ohne Interesse ist fine Schilderung, die Abg. Seehusen entwarf. In Ostpreußen ist ein großer Theil der ärmeren Bevölkerung in Bezug auf seine Nahrung auf den Fischreichthum der fiskalischen und Privatseen angewiesen. Da sind nun seit ein paar Jahren polnische Juden herübergekommen, haben die Seen durch Pacht an sich gebracht und beuten deren Fischreichthum aus. Die arme Bevölkerung der betr. Gegenden ist dadurch um ihre Hauptnahrung gebracht und wandert massenhaft aus der Provinz. Der Redner bat nun die Regierung, Mittel zu finden, diesem traurigen Zustande ein Ende zu machen. Für Flußregulirungen (in den mittleren nicht schiffbaren Strecken der Flüsse) setzt der Etat 500,000 Mk. zu Unterstützungen für bezügliche Genossenschaften aus. Die in diesem Jahre eingelretenen Ueberschwemmungen haben zur Einstellung dieses Postulats Anlaß ge geben. Dasselbe sand auf allen Seiten des Hauses Sympathie; man zankte sich nur darüber, ob aus dem betreffenden Fond Unterstützungen zu kommun- lichen Regulirungen geleistet werden sollen. Beim Etat der Forstverwaltung entstand eine längere De batte über Erhöhung der Holzzölle. Dirichlet (Fortschr.) sprach gegen eine solche Erhöhung. Die auswärtige Concurrenz sei gar nicht so schädlich, denn sie habe nicht verhindert, daß die Preise für Nutz- und Brennholz gestiegen seien. Die Verwal tungskosten seien in Preußen höher als anderwärts. Sie betrügen z. B. in Sachsen 10,72 Proc., in Preußen aber 22,9 Proc. der Bruttoeinnahme. Man sollte prüfen, ob nicht die angeblichen Rück gänge auf Fehler der Forstoerwaltung zurückzuführen feien. Reg.-Commissar Oberforstmeister Donner constatirte, daß die preußischen Forstverwaltungskosten um die Hälfte niedriger seien, als die der meisten übrigen deutschen Forstverwaltungen. Der Reiner trag der Forsten müßte eigentlich 14 Mark pro Hektar betragen, während er noch nicht 10 Mark erreiche. Seit 1865 habe sich die preußische Wald fläche um 104,000 Hektare verringert. Abg. For- net und v. Schorlemer-Alst traten gleichfalls Dirichlet entgegen. Die Freihändler hätten nur die Inter essen des Handels, nicht die der Production im Auge. Die Debatte wurde dann vertagt. Das Organ des Herrn von Bennigsen, die Köln. Ztg., nennt die jüngste Rede des conservativen Ab geordneten Professor Wagner ein bemerkenswerthes Ereigniß. Wagner habe sich nicht als den unbe dingten Anhänger der Regierung gezeigt, wofür man ihn genommen hatte. An den Erlaß der 6^/2 Millionen ist das Haus seiner Ansicht nach noch nicht gebunden und zu der Erhöhung der Holzzölle wollte er nicht unbedingt Ja sagen. Er ist kein Feind der directen Steuern und verlangt nur deren Reform, namentlich eine bessere Einschätzung der höheren Stufen. Und in einem wesentlichen Punkte stimmt er ganz mit der liberalen Seite des Hauses überein. Er wünscht, daß die Einkommensteuer keine feststehende sei, sondern die Höhe derselben jährlich im Staatshaushalte festgesetzt werde. „Herr Wagner gilt für den Vertrauensmann des Reichskanzlers, und daß selbst er sich über die Leitung des Finanz ministeriums ungünstig aussprach, mußte auffallen. Wagner's Rede, wenn sie die Ansichten der Mehr zahl der Conservativen wiedergiebt, eröffnet die Aus sicht auf eine Verständigung der Conservativen mit den gemäßigten Lieeralen in den Hauptpunkten der Steuerreform und verdient darum ein bemerkens werthes Ereigniß genannt zu werden." Die Fractionsliste des preußischen Abge ordnetenhauses ist soeben erschienen. Danach zählt die conservative Fraction mit 1 Hospitanten 117, das Centrum mit 2 Hospitanten 98, die national liberale Fraction 67, die freiconservative Fraction mit 4 Hospitanten 59, die Fortschrittspartei mit 2 Hospitanten 37, die polnische Fraction 18 Mitglieder. Bei keiner Fraction sind 36 Abgeordnete, nämlich die Mitglieder der liberalen Vereinigung (21), die Minister (5), die (conservativen) Abgeordneten v. Köller (Präsident), Cremer und v. Eckardstein, die 2 Dänen, der Welfe v. Lenthe, der ultramontane Abg. v. Ludwig, die liberalen Abgeordneten Berger, Löwe-Bochum, v. Bockum-Dolffs. Erledigt ist ein (fortschrittliches) Mandat in Berlin. Das preußische Abgeordnetenhaus wird sich in dieser Session mit der Petition bezüglich der Ein führung einer geheimen Abstimmung bei den Landtags- und Communalwahlen zu beschäftigen haben, da eine solche von den klerikalen Stadtver ordneten in Crefeld, den Herren Ursey und Gen., wieder eingegangen ist. Wie sich die Zeiten geändert haben, steht man recht deutlich, wenn man die Zusammensetzung des Präsidiums im preußischen Abgeordnetenhause ver folgt und insbesondere die Schicksale v. Heeremans. Das Centrumsmitglied Herr v. Heereman ist jetzt erster Viceprästdent und hatte nur 66 weiße Zettel der Nationalliberalen gegen sich. Im Jahre 1879 wurde v. Heereman zweiter Viceprästdent, im Jahre 1880 ließen die Freiconservaliven und Liberalen ihn ganz durchfallen, 1881 bei seiner Wahl zum ersten Vicepräsidenten hatte er 152 Stimmen gegen sich, die auf den nationalliberalen Candidaten fielen; dies mal nur 66 Stimmen ohne Namen. Was aber wohl mehr besagen will, das ist, daß die National liberalen jetzt den Posten des dritten Vicepräsiden ten und zwar für denselben Herrn v. Benda, der im Jahre 1880 es verschmähte, erster Vicepräsident zu sein, falls v. Heereman im Präsidium säße. Und nun nimmt er hinter v. Heereman Platz! Es heißt, Herr v. Bennigsen habe Entsagung empfohlen. Frankreich. Die indirecten Steuern haben im October 16 Millionen mehr und in den ersten zehn Monaten 1882 etwa 92 Millionen mehr ergeben, als sie ver anschlagt waren. England. Die englische Staatsschuld hat im Laufe der letzten 25 Jahre um fast 76 Millionen Pfund Ster ling abgenommen. Während das Capital der Schuld'im Finanzjahre 1857/58 838,918,443 Pfd. Sterling betrug, hat sie 1881/82 nur noch eine Höhe von 768,703,692 Pfd. Sterl. Im Ganzen sind in diesen 25 Jahren Anleihen im Betrage von 50,582,350 Pfd. Sterl, contrahirt, dagegen Rück zahlungen im Betrage von 126,454,844 Pfd. Sterl, geleistet worden. Irland. In Dublin wurden am 25. d. drei Mitglieder der geheimen Polizei von Feniern mit Revolver schüssen angegriffen. Ein Polizist wurde getödtet, ein anderer Polizist erwiderte das Feuer und ver wundete einen Fenier sehr erheblich; die beiden anderen Fenier wurden festgenommen. Spanien. Die spanische Regierung ist einer socialistischen Verschwörung auf die Spur gekommen. In ver schiedenen Städten Andalusiens sind etwa 30 socia- listische Agitatoren verhaftet worden, welche im Verkehr mit Socialisten und Anarchisten in Lyon ständen. Rußland. Mehrere Studenten der Dorpater Universität empfingen Proclamationen in deutscher Sprache aus Genf, die zu einer Revolte aufstacheln sollten. Die Partei erwarte einen allgemeinen Studentenauf stand. Eine Deputation von hundert Studenten begab sich sofort zum Rector der Universität, um demselben von diesem Ereigniß Mittheilung zu machen. Privatbriefe schildern den Anfang der Kasaner Tumulte in folgender Weise: Am 27. October russischen Stils, nachmittags 5 Uhr, trat in dasZimmer des Rectors Fiffoff ein Student der Medicin, Namens Woronzow, der sofort nach seinem Eintritt die Stube verriegelte. „Was wünschen Sie?" fragte ihn der Rector. „Ich habe Ihnen zu sagen, daß Sie ein Schuft sind!" rief der Student. „Sie haben es durchgesetzt, daß mir das Landschaftsstipendium, welches ich bisher bezogen, genommen wurde; Sie sind schuld, daß ich jetzt Hunger leide." „Sie irren," erwiderte Fiffoff, der seine Ruhe vollkommen be wahrte. „Sie wissen, daß ein Student, der länger als zwei Jahre in einem Cursus zubringt, zur Be ziehung von Stipendien nicht mehr berechtigt ist. Das verfüge aber nicht ich, sondern das gesammte Professoren-Collegium. Aber was weiter?" „Ich werde Sie prügeln oder todtschlagen," versetzte Woronzow. „Wenn Sie sich wie ein Dieb in meine Wohnung eingeschlichen haben, so führen Sie Ihren Vorsatz aus." „Nein," erwiderte Woronzow, „ich bedauere, heute gekommen zu sein; ich sehe, daß ich Sie öffentlich prügeln oder todtschlagen muß. Wenn es Ihnen beliebt, so übergeben Sie mich der Polizei." Damit verließ der Student das Zimmer. Der Rector muß die Drohung nicht ernstlich auf gefaßt haben, wenigstens stand er von einer Ver haftung des Burschen durch die Polizei ab und wollte sich damit begnügen, denselben von der Uni versität entfernen zu lassen. Als er nun am fol genden Tage sein Auditorium betrat, stürzte Woron zow auf ihn und wollte ihm einen Hieb versetzen,