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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.07.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120727016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912072701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912072701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-07
- Tag 1912-07-27
-
Monat
1912-07
-
Jahr
1912
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Juli >Sl2 Unsere gestrige Abendausgabe umsaht 16 Seite«, die vorliegende Morgennummer 12 Seiten, zusammen ÄS Leiten. Das Wichtigste. * In Dresden ist gestern mittag der sächsi sche Justizminister Dr. von Otto ge storben. Die Beerdigung wird am Montag nachmittag V,6 Uhr auf dem Friedhof in Dres den-Tolkewitz stattfinden. (S. Leitart. S. 1.) - Die deutsch-tschechischen Aus gleichsverhandlungen in Böhmen sind bis zum Herbst vertagt worderr. * Auf dem Knlibergwcrk „Orlaschachff' verunglückten durch giftige Gase drei Berg leute. Bei den Rettungsarbeiien erlitten fünf Bergleute leichtere Vergiftungen. (S. Letzte Dep. S. 3.) * Theateranzeigen siehe Seite 8. ZustiMinister Dr. von Otto -j-. Dresden, 26. Juli. Justiz minister Exzellenz D r. v. Otto, Vorsitzender im Staatsministe rium, ist heute mittag 1 Uhr nach kurzem Leiden in seiner Wohnung hier verschieden. Ein Mensch, der in ferner ruhigen Bescheidenheit niemals mit großem Ap lomb an die Öffentlichkeit trat, ein Staatsmann aber, dem Sachsens Justiz viel verdankt, ist mit Dr. v. Otto gestern dahingeschiövcn. Reichlich zehn Jahre hat er das juristische Portefeuille verwaltet und entschiedenen Einfluß auf die sächsische Jnstiverwaltung gehabt, zuletzt auch als Vorsitzender des Eesamtministeriums seit Rügers Abschied 1910. Wenn man die Naschlagewerke zur Hand nimmt und des Verstorbenen Biographie und Würdigung sucht, wird man nur eine geringe Ausbeute davon tragen. Des Verstorbenen ministerielle Tätigkeit nahm ihren Anfang bei dem Zusammenbruch der Watzoorfichcn Finanzherrschaft. Als am 10. Februar 1902 diese infolge eines Vorstoßes der konservativ- reiormerischen Landtagsmitglieder ein jähes Ende fand, beauftragte der König den damaligen Justiz minister Dr. Rüger mit der Führung des Finanz ministeriums und übertrug das Justizportefeuill« dem Generalstaatsanwalt beim Landgericht Dresden Dr. Otto. Viktor Alexander von Otto — den erblichen Adel verlieh ihm König Friedrich August im Jahre 1907 — war am 25. März 1852 in Großenhain geboren. Nach dem Besuch der Fürstenjchule zu Meißen studierte er in Leipzig und Heidelberg Rechtswissenschaft und trat 1875 als Referendar beim Gerichtsamt Döhlen in den Justizdienst. Vier Jahre später wurde er als Assessor und dann als Hilfsrichter beim vormaligen Appellationsgericht in Dresden angestellt und 1880 an das Landgericht Dresden versetzt; 1881 wurde er Amtsrichter. 1885 begann seine ministerielle Lauf bahn als Hilfsarbeiter im Justizministerium, in wel chem er 1892 zum Vortragenden Rat ernannt wurde. 1901 wurde er zum Generalstaatsanwalt in Dresden ernannt und erhielt dann den Titel Geheimrat. Am 20. März 1902 übernahm er das Justizministerium. In den erblichen Adelsstand wurde er 1907 auf Grund seiner persönlichen großen Verdienste um das Bürger liche Gesetzbuch erhoben, an dem er sehr rege mit gearbeitet hatte. Als scharfsinniger Jurist von her vorragender Begabung hat er auch sonst durch ver schiedene Werke der juristischen Wissenschaft wertvolle Förderung gebracht. Er war Verfasser der Schrift „Ueber die Anfechtung der Rechtshandlungen im Kon kurse" und ferner eines Kommentars zu der in zwischen in Kraft getretenen sächsischen Notariats ordnung sowie der „Lehren des sächsischen Lehns, rechtes". Oftmals hatte Justizminister von Otto Gelegen heit, bei den Beratungen des Justizetats das Wort zu ergreifen, Angriffe abzuwehren, schiefe Auffassun gen richtigzustellen und selbst Stellung zu nehmen zu wichtigen Fragen der Gesetzgebung und der Justiz verwaltung. Als in der Landtagssession 1909/10 weitere 15 Richterstellen eingeführt wurden, berührte die Debatte das Thema der Aeberfüllung des juristi schen Berufs, der Klassenjustiz und der Weltfremd heit der Richter. Mit warinen Worten nahm sich da mals der Minister der Richter an. Er wünschte eben falls, daß di« Richter möglichst im Leben stünden und sich nicht abschlössen. Die jetzige Strafrechtspflege gehe von dem Grundsatz aus, möglichst alle Fälle zu individualisieren. Daß die Arbeiter nicht in dem gewünschten Maße an den Schöffen- und Geschworenen ämtern teilnähmen, liege zum größten Teil an der Diätenfrage. In Zukunft werde hierin eine Aende- rung geschaffen werden. Den Vorwurf der Klassen justiz müsse er zurückweisen. Redner bekannte sich schließlich als Anhänger der Todesstrafe. Dcr moderne Staat könne auf dieses schwerste Strafmittel nicht verzichten. Der Minister schloß mit den Worten: „Wir können nicht genug Vertrauen für unsere Recht sprechung fordern, und wir erbitten Vertrauen von jedermann, der mit der Rechtsprechung zu tun hat." Die letzte gesetzgeberische Tat, die Minister v. Otto mit seinem Namen gegenzeichnete, war die Aendcrung des Gesetzes über die freiwillige Gerichts barkeit vom 12. März 1912. In der Zweiten Kammer sprach der Verstorbene zum letztenmal am 30. April bei der Beratung des Etats des Justizministeriums und am 10. Mai in der Ersten Kammer, wo sich Dr. von Otto, wenn man so sagen darf, als juristischer Pädagoge bekannte. Nachdem nämlich Exzellenz Wach-Leipzig über die erzieherische Ausbildung an der Universität und die methodische Schulung dcr Referendare gesprochen hatte, verkündete Dr. v. Otto die Absicht, vom nächsten Winter ab bei den Land gerichten Richter zu dispensieren und diesen Re ferendare zur selbständigen Schulung zuzuweisen. Jedenfalls müsse das erzieherische Moment beim Vorbereitungsdienst wesentlich gestärkt werden. Mitten in voller Schaffensfreude, eben nach Er ledigung des umfänglichen Etats auf einem kurzen Commerurlaub, ist Justizminister Dr. von Otto plötzlich aus dem Leben geschieden. Er ist, wie Bismarck das nannte, in den Sielen gestorben. Ein langes arbeitsreiches und von reichen Erfolgen ge kröntes Leben ist hier zum Abschluß gekommen. Gewiß wird die Nachricht, die, wie wir soeben hören, auf telegraphischem Wege nach Juist ge gangen ist, auch unseren König treffen, denn er schätzte den Verstorbenen persönlich sehr hoch, der ihm als Minister ein treuer Diener war. Tie treff liche Grundlage seiner umfassenden Bildung gab ihm die Sächsische Fürstenschule zu Meißen und immer hat der Verstorbene sich freundlich seiner ehemaligen Mitschüler erinnert. Noch kürzlich er zählte ein adliger Landgeistlicher, der sich jetzt zur Ruhe in ein vornehmes Heim nach Herrnhut zurückgezogen hat, wie freund lich sich der Verstorbene der einstigen Schulzeft erinnert und wie mit warmem Herzen er gelegentlich seines vorjährigen Aufenthalts in Bad Ragatz seiner ehemaligen Mitschüler und Lehrer sich erinnert hätte. Der Verewigt« war bis vor drei Wochen noch tn Wildbad, nm Heilung von einem schweren Nierenleiden zu suchen, das sich in den letzten Wochen in Dresden derartig verschlimmerte, daß der Tod ihn erlöste. Noch im verhältnismäßig rüstigem Alter von 60 Jahren ist der Präsident unseres Ge- samtministeriums, dessen feurige und lebhafte Rede noch in der letzten Landtagsfession Zeugnis ablegte, wie scharfen und umfassenden Geistes er war, ver schieden. Auch die, die politisch auf anderem Boden stehen, der Verewigte, werden doch a>n der Bahre ihm das Zeugnis ablogen, daß er alle Zeit soinem König und seinem Lande ein trauer Diener gewesen. Die türkische llrilis. Aus Konstantinopel meldet das „Wiener K. K. Tel.-Korr.-Bur.": Eingeweihte Kreise erklären, man dürfe die wirk liche Militärliga, die den Sturz des Kabinetts Said Pascha herbciführte und die den Namen Muha- fazaivaton, d. h. Verteidigung des Vaterlandes, trügt, nicht verwechsln mit der Oififtersgruppe Halaskiaran, d. h. Erretter, die am Donnerstag eine Proklamation in den Blättern veröffentlicht hat und die die Absendung des Briefes, in'den) die Auflösung der Kammer binnen achtundoierzig Stunden -verlangt wird, an den Präsidenten der Kammer veranlaßte. Der Sultan sanktionierte, wie w'eiter.ays Kon stantinopel gemcldet wird, die Mission, die nach Albanien abgereist ist, und die ausgcarbeiteten Instruktionen. Die Mission wird die Beschwerden gegen die Beamten anhören und eine Untersuchung anstellen. Sie wird die Beamten, die die Unzu friedenheit veranlaßten, sofort absetzpn und'Deau;t§ ernennen, die der albanischen Sprache mächtig sind. Sie wird den Eigentümern der im Laufe der mili tärischen Operationen zerstörtet) Häuser Entschädi gungen gewähren. Der Eroßwesir Kiamil Pascha und Hussein Hilmi Pascha erhielten Glückwunschdepe'chen der Albanesen von Prischtina und Umgegend, worin ffie der Negierung Treue versichern. ,,d«ni Gazetta" veröffentlicht einen Brief aus Pnschtina, der besagt, nur die Auflösung der Kammer würde die Albanesen vollständig be ruhigen. Der Erfolg der Albanesen. Zu der Einnahme von Prischtina durch die Auf ständischen. die wir bereits meldeten, liegt aus Kon stantinopel noch folgende, Meldung vor: Bei dem Einmarsch in Prischtii^l wgren dir Aufständischen etwa 10 000 Mann stark. Dcr Gendarmeriekommandant schloß sich den Äu stän dischen an. Die Aufständischen ließen 461 Häft linge frei und bewaffneten sie. Die Aufständischen bemächtigten sich der Waffendepots, bewaffneten die Bevölkerung und btachrn in der Richtung gegen Berisowitsch auf, in der Absicht, den Marsch nach Uesküb fortzusetzen, wo eine Panik herrschen soll. Aus allen Richtungen ziehen bewaffnete Truppen nach Prischtina. Saloniki, 26. Juli. Die Lage in Prischtinq und Djakova ist andauernd ernst. Die Führer, der Aufständischen erhalten täglich Verstärkungen. Danz Nordkossowo ist an der Bewegung beteiligt. Die Stadt Prischtina liegt im Wilajet' Kyssaxvo auf dem sog. Amselfelde, am Zusammenfluß der Weluja uud der Stara Reka. Die Stadt, die 592 m über dem Meeresspiegel liegt, hat etwa 11000 Ein wohner, meist Mohammedaner, doch gibt es in Prischtina auch eine christliche Kirche und Schule. Der „Frkf. Ztg." wird aus Saloniki gemeldet: Tas Komitee für Einheit und Fortschritt ver suchte in Saloniki und Seres Kundgebungen gegen die Auflösung der Kammer und die Vorlagen und Neuwahlen zu veranlassen. In beiden Fällen konnte das Ziel infolge der ablehnenden Haltung der Bevölkerung nicht erreicht werden. Beränderungen in den türkischen Kommandostellcn» Konstantinopel, 26. Juli. Der der Division in Janina zugeteilte Vrigadegenerat Schefket Pascha wurde zum Kommandanten der Bosporusbefestigung^ sicht vom Wesen des Mannes und der Frau ftjx Amerika geradezu der Umkehrung bedarf. Für gewöhnlich hält man die Frau für den Gefühls menschen, den Mann für den Praktiker. In Amerila, so meint die Verfasserin, muß das Gefühl auf feiten des Mannes gesucht werden. Nur« die Männer kennen die Liebe, nur sie kennen die großen Leiden schaften. Die amerikanisch Frau ist praktisch und nichts als praktisch. Sie hat keine Illusionen und ermangelt vollständig des Sinns für Romantik. Liebe kennt sie überhaupt nicht. Woher schreibt sich dieser Zustand? Nach Mrs. Wilson Woodrow von der^ Erziehung. Die Erziehung der Amerikanerin ist nach ihr, milde gesprochen, ober flächlich. Sie wird in Untätigkeit aufgezogen, und wenn sie wirklich, was ja häufig genug geschieht, ein Kolleg besucht, so ist die Folg« nur, dag sie sich ihren Kopf mit allerlei vollstopft, ohne daß sie dnh etzvas Rechtes weiß oder kann. Wozu auch? Schon vom Elternhaus« an ist ihr Ziel, auf das sie gedriflt, die Ausgabe, ,zu der sie erzogen wird: einen Mann be kommen. Einen Maun bekommen aber —-das heißt in der Vorstellung der Normal-Amerikanerin: ein. Haus, zahlreiche Dienstboten, Juwelen. Automobils Reisen nach Europa, Diners im Cafö de la Pakx, und was dergleichen mehr ist. Es hieße nach her Ansicht dieser stbarfen Kritikerin die Amerikanerin ganz und gar verkennen, wenn man glaubte, daß sie als hold« Unschuld in die Ehe tret«. Sie weiß alles, sic ist über alles orientiert, und sie 'organisiert ihre Männerjagd mit vollkommen kühler Berechnung: Der Mann, der einer amerikanischen jungen Dame verlegen und ängstlich sein ,F lov stammelt, ahnt gar nicht, daß er für die Angebetete seines Herzens, die so gnädig ist, in seine Arme zu linkes nichts anderes bedeutet, als ein nüchternes Recheij- crempel. Dem entspricht dann ihr Betragen in der Ehe. Mrs. Wilson Woodrow geht so weit, zu be haupten daß der Durchschnittsamerikanerin der Hinn für Recht und Unrecht vollständig abgehe, und daß sie in der Ehe gegen ihren Mann geradezu wie ein Pirat verfahre. Um Geld aus ihm herausvischlagen, um die Kleider, die Hüte, die Juwelen zu bekommen, die sie wünscht, scheut sie keine Lüge, keine List, feine Unredlichkeit. Das alleintz— H-ilmittel sieht die Verfasserin darin, daß jede Amerikanerin genötigt werde, sich auf eigene Fuße zu stellen und nützliche Arbeit zu tun. Uebrigens spricht sie auch den Wunsch aus, daß in Zukunft die Frau und nicht der Mann di« Initiative. Umwegen sis Tvuristeulsnü. Von Oskar Doeblin. Die Schönheit Norwegens, das einige der größten Dichter unserer Zeit hervorgebracht hat, ist von zahl reichen begeisterten Skalden besungen worden. In der Tat gibt es in Europa kein Gebiet, das sich durch Ursprünglichkeit, durch glückliche Vereinigung von finsterem Ernst und anmutiger Lieblichkeit, durch Wasserreichtum und den Wechsel prachtvoller Szenerien in so hohem Maße auszeichnet wie Nor wegen, aber auch kein Land, dessen Bewohner uns durch ihre Biederkeit, Anspruchslosigkeit und Be scheidenheit so sympathisch sind, wie di« Nachkommen der alten Wikinger. Ein starker demokratischer Zug geht durch dieses Land, spiegelt sich in den Gemütern, in der Denkweise feiner anspruchslosen Bewohner wider. Und dieser demokratisch« Zug adelt die ein fachen Bauernhöfe, adelt den schlichtesten Bauer und festigt ihr Ansehen bei uns, in allerhand unnützen Standes- und Rangfragen großgezogonen Deutschen. Norwegen ist auf mehreren Wegen, die kürzere oder längere Wasserreisen erfordern, zu erreichen; sie empfehlen sich alle. Wer sich wirklich nicht traut, die hohe See zu „beschreiten", wähle den Bahnstrang durch Dänemark und fahre dann von Kopenhagen dessen Besuch in jeder Hinsicht lohnend ist, auf sicherer Fähre nach Malmö hinüber. Auch die prachtvoll ausgestatteten Irajektschiffe von Saßnitz nach Trelle- borg, Meisterleistungen deutscher und skandinavischer Jngenieurkunst, sind „Seekranken" oder solchen, die es zu werden fürchten, sehr zu empfehlen. Wer aber den Genuß einer ..echten" entrückenden Seereise kosten, im Wiegen des Schiffes das unergründlich« Spiel des weiten Meeresspiegels beobachten will, der vertraue sich einem der prächtigen Schiffe an, die eine Reihe von Dampfergesellschaften eigens für Nordlandreisen hergerichtet hat. Erholung und Ruhe, Genuß der frischen, kMicken Meeresluft bei aus gezeichneter Verpflegung sind der Gewinn einer solchen Seereise. Ein bequemer, oielbefahrener Weg führt von Bergen, das man in ca. dreitägiger Seefahrt von Hamburg längs der Küste Norwegens erreicht, durch den Hardangerfjord mit seinen grünen, herr lichen Ufern nach dem entzückend gelegenen Städtchen Odde, von wo au, zahlreiche Touren an berühmt« Wasserfälle. Gletscher und Bergpartien aller Art unternommen werden können. Dann mit Schiff wieder über den Hardanger nach Eide, wo das landes übliche kleine Geführt, die Stolkjärre, bestiegen wird, das auf ausgezeichnet geebneten Wegen den Reisenden an Seen, Wasserfällen vorüber durch ein Kaleidoskop landschaftlicher Prachtbilder nach Voß und von dort nach Stalheim-Hotel führt. Stalheim ist einer der größten Glanzpunkte des südlichen Nor wegen, der Blick von der Anhöhe in Las Tal von^ unbeschreiblicher Schönheit. Den Abstieg und die zweistündige Fußwanderung bis ans Ende des Tales, nach Gudvangen, sollte jeder rüstige Reisend« zu Fuß unternehmen. Von Eud- vangen mit Schiff durch den Düster erhabenen Naerd- fjord nach Balholm am Sognefjord, oder nach Fjärland am Fjürlandfjord, einer Abzweigung des ersteren. Balholm, die Sommerresidenz großer nor- wcgijckvr Maler, ist eine bei den Norwegern sehr be liebte Sommerfrische. Fjärland ist stiller, mehr für Touristen geeignet, und bietet Gelegenheit zu glän zenden Gletscherpartien. Die Rückfahrt durch den Aurlandfjord und die Fußreise durchs Flaamtal. beide von prächtiger, land schaftlicher Schönheit, führen den Reisenden bet Myrdal an die berühmte, vielbesprochene Bergenbahn. Sie ist in mühevoller, jahrzehnte langer Arbeit von Meistern der Bähnbaukunst ge schaffen morden. Die Bahn verbindet Bergen an der Westküste mit der Hauptstadt Ehristiania, mußte also über das Hochgebirge geführt werden und hat eine Reihe von Kunstbauten gefordert, die so großartig angelegt sind, daß sie mit Recht als Wunderwerke der Bahnbautechnik angesprochen werden. Jeder, der Gelegenheit besitzt, sollte wenigstens einmal die herr lich« Tour von Ehristiania nach Myrdal oder um gekehrt unternehmen, welche letzterer Weg für oben geschilderte Reise vorgesehen ist. Die Bahn geht durch ewigen Schnee, an vereisten Seen und Ab gründen in schwindelnder Höhe vorbei durch das nor wegische Hochgebirge, das bequemer als hier nirgends erreicht werden kann. Eine solche Reise läßt sich in 14 Tagen bis drei Wochen gut mit einem Aufwand von 300—350 .4t unternehmen. Mannigfaltig ist die Auswahl der Touren, die in diesem ausgedehnten Land« zu empfehlen sind. Die Telemarken - Route, der Geiranger- und Nordfjokd, die in bequemen, ost schaurigen Uebergängen durch wildromantische Gegenden miteinander verbunden sind, das liebliche Molde und das wundervolle Romsdal ziehen all- jährlich eine große Zahl von schönheitsdurstigen Pilgern an, die sich an der prachtvollen Landschaft mit ihrem ausgiebigen Wasserreichtum erfreuen und voll Bewunderung für das schöne Land, gestärkt und erquickt, heimkehrcn. Die Amerikanerin. cZ Wenige Nationen lieben es, sich ihr Eigenlob mit so viel Naivität selbst in hohen Tönen ins Ohr zu singen, wie die Amerikaner. Um so merk würdiger ist es, daß in den jüngsten Jahren in Amerika selbst eine Kritik der amerikanischen Frau laut geworden ist, die immer zahlreichere Vertreter gefunden und an Schärfe fortgesetzt zuyenommen hat. Aber alles, was bisher in dieser Hinsicht geleistet und gewagt worden ist. wird durch einen Aufsatz übertroffen, den eine bekannte Romanschriftstellerin, Mrs. Wilson Woodrow, veröffentlicht und dessen Tendenz bereits durch den vielversprechenden Titel bezeichnet wird. Dieser Titel lautet: „Ehe — der schimpflichste Beruf der amerikanischen Frau!" Mrs. Wilson Woodrow faßt ihre Ansicht über ihre amerikanischen Landsmänninnen in einigen Thesen büchst drastisch zusammen. Sie sagt: „Die ameri- konische Frau ist die eitelste und leichtsinnigste Frau auf der Welt. Sie ist die skrupelloseste, unsentimen- talste, berechnendste und selbstsüchtigste Frau auf der Welt. Sie heiratet weniger aus Liebe als irgend eine andere Frau auf Erdem dagegen heiratet sie mehr, als irgendwo sonst di« Frauen, aus rein selbst süchtigen äußeren Gründen." Nach der Verfasserin ist di« durchschnittliche amerikanische Frau in der Ehe durchaus lcistunasunfähig. Sie versteht das Haus- wesen in keiner Weise zu leiten st« kann nicht kochen, noch einkaufen. Sie ist ganz und gar von den Dienst boten abhängig und weiß dabei diese nicht einmal zu regieren. Die in der amerikanischen Frauenpresse und Frauenliteratur nicht abreißenden Klagen über die Gleichgültigkeit und Uebellaunigkeit der Ehe männer sind, wie Mrs. Wilson Woodrow meint, höchst natürlich, denn in Amerika ist eben jeder normale Ehemann enttäuscht und in der Ehe übel daran. E, entbehrt jedenfalls der Pikanterie nickt, wenn die Verfasserin ausspricht, daß die gewöhnliche An- DM" Man beachte auch bis Insevate in der Abend-Anrgabe.
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