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Sächsische DolksMung Erscheint täglich nachm. mit Ausnahme der Sonn- u. Festtage. Bezugspreis: Vierteljährl. 1 Mk. SV Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 8858. Bei autzerdeutschen Postanstaltcn laut Zeitungs-Preisliste. Einzelnummer 10 Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit. vucdilniclterel. waaktion unä «rzcbattrrteller Dresden, Pillnitzer Straße 43. Inserate werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 15 Pf, berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Uhr. Fernsprecher: Amt I. Nr. IS 6«. Nr. 1«. Mittwoch, den 21. Januar 1903. 2. Jahrgang. Zentrrini und Sozial-einskratie in -er <frage -es Maxinialarbeitstages. Der preußische Handelsminister Möller hat sich in der vorigen Woche in Köln als entschiedener Gegner eines Marimalarbeitstages bekannt. Demgegenüber erklärte so fort der anwesende Zentrumsabgeordnete Jnstizrat Trim- born-Köln (nach dem Berichte der „Köln. Volkszeitung" Nr. 36), daß Herr Möller hinsichtlich der Verurtei lung des Maximalarbeitstages zu weit gegangen sei; er könne ihm die Versicherung geben, daß man ihm nächstens im Parlament die Antwort darauf nicht schuldig bleiben werde. Obwohl diese Erklärung an Deutlichkeit gewiß nichts zu wünschen übrig läßt und Abg. Trimborn ausdrücklich beigefügt hatte, daß er nur mit Rücksicht ans den Charakter der Festversammlnng ans eine ausführlichere Entgegnung verzichte, wird diese Erklä rung in sozialdemokratischen Blättern als „nichtssagend" bezeichnet und gegen das Zentrum überhaupt anSznbenten gesucht. Es wird nicht das letztem»! in der bevorstehenden Wahlkampagne sein, daß die sozialdemokratische Presse das Zentrum hinsichtlich seiner Stellung zmn Maximnl- arbeitstag verdächtigen und die Partei der Genossen auch in dieser Frage als alleinige wahre Arbeiterfrenndin an preisen wird. Daher kann es nichts schaden, zmn sound sovielten Male die unanfechtbaren Tatsachen festznstellen. Das Zentrum steht ans dem Boden des gesetzlichen Maximalarbeitstages und ist bereits 1834 und 1800 für den allgemeinen Elsstnndentag in Fabriken eingetreten. ES hatte die Genugtuung, daß 1800 wenigstens der Elfstnnden- tag für Arbeiterinnen erreicht wurde. 1804 nahm dann das Zentrum die Forderung des allgemeinen Maximal arbeitstages für Fabriken wieder ans, und da der Elfstnnden- lag absolut keine Aussicht ans Verwirklichung hatte, setzte es einen Antrag auf Veranstaltung von Erhebungen durch, die daun auch teilweise zur Ausführung kamen, aber erfolg los blieben. Persönlich hat n. a. der Abg. 1)r. Hitze wieder holt erklärt, daß er auch den Zehnstnndentag heute für mög lich und wünschenswert erachte. 1866 hat das Zentrum sodann die Forderung der höchstens 63stündigen Arbeitszeit für die Woche llO^ Stunden täglich) vertreten, und als dieser Antrag abgelehnt wurde, wenigstens einen Antrag auf Erhebungen über die Arbeitszeit in gesundheitsschäd lichen Betrieben und ans Erlaß entsprechender Verordnungen dnrchgesetzt. Letztere hat das Zentrum auch seitdem immer wieder nachdrücklich verlangt, mit der Wirkung, daß mehrere solcher Verordnungen zur Regelung der Arbeitszeit inzwischen ergangen, andere in Vorbereitung sind. So hat das Zentrum doch wenigstens manche Fortschritte er reicht. Was haben dagegen die Sozialdemokraten in dieser Frage geleistet? Alljährlich sind sie immer »nieder mit ihrem „Achtstundentag" anfmarschiert, unbekümmert darum, ob sie ans diesem Wege etwas erreichten, wenn sie nur mit ihren Forderungen andere Parteien übertrumpften und damit die Massen aufhetzen konnten. Wäre das Zentrum nicht klüger gewesen und allmählich vorgegangen, so könnten sich die Arbeiter bei der Sozialdemokratie dafür bedanken, daß man bis heute noch keinen Schritt weiter gekommen wäre. Bei dieser erfolglosen Taktik ist. eS aber den Genossen selbst schließlich etwas unbehaglich geworden, denn Ende 1600 nickten sie ans einmal ganz un vermutet mit der bescheidenen Forderung eines — Zehn stundentages für Arbeiterinnen heraus «Antrag Albrecht und Gen. vom 20. Nov. 1000», verlengneten also ihren bisher so hartnäckig sestgehaltenen „Alles oder NichtS"-Standpnnkt. Damit haben die Sozialdemokraten aber auch — ohne eS zu »vollen — zugegeben, daß der Weg der richtige sei, den daS Zentrum von Anfang an eingeschlagen und ans dem eS schon längst manche Erfolge erzielt hat. Ans diesem Wege wird das Zentrum fortfahren, bis — trotz der er wähnten ministeriellen Abneigung — ein angemessener Maximalarbeitstag auch für alle erwachsenen männlichen Arbeiter erreicht ist. Für die Arbeiter aber ergibt sich auch hieraus die Frage, ob sie der erfolgreichen und erfolgver sprechenden Sozialpolitik des Zentrums mehr Vertrauen schenken wollen oder den prahlerische», agitatorischen Zwecken dienenden Forderungen der Sozialdemokratie. Möge jeder einsichtige Arbeiter, der sich nicht durch das öde „Brotwncher geschrei" betören läßt, diese Frage bei den nächsten Wahlen beantworten und dieselben zu einer großen VertranenS- knndgebnng für unser bewährtes Zentrum gestalten helfen. Die Toleranz in katholischen un- z»rotestantischen Gegen-en. k. Vom Rhein, 16. Jan., schreibt man der „Sächs. Volksztg.": Wir haben bisweilen Gelegenheit, die Aus fälle der sächsischen liberalen Presse gegen das uengegründete ZentrnmSblatt, die „Sächs. Volksztg.", zn verfolgen und müssen gestehen, einen bessern Beweis für die Notwendig keit eines solchen Blattes für die katholische Sache, wie die „Sächs. Volksztg.", kann man sich garnicht denken, als eben jene feindlichen Angriffe. Wenn ein Unparteiischer, wie wir, die Wutausbrüche der verschiedensten Blätter gegen die „Sächs. Volksztg." liest, dann muß er zn dem Schluß kommen, daß es nichts anderes ist als der Zorn des Auto kraten gegen einen, der auch mal seine Meinnng zn sagen wagt. Bisher hatte ja die liberale Presse in Sachsen die Alleinherrschaft, wer hätte sich da denken können, daß auch die Katholiken sich einmal heransnehmen würden, etwas mitsprechen zn dürfen. Sie haben es gewagt, und mm kommt über sie der Zorn derer der „Chemnitzer Allgem. Ztg.", „Leipziger Ztg.". „Dresdner Nachr.", der „Freiburger Ztg.", „Freiberger' Anzeiger" nsiv., ja selbst weit über die Grenzen Sachsens hinaus. Es gibt ja gewisse Leute, denen schon die Existenz der Katholiken eine Beleidigung des „evangelischen Gefühles" und eine „Störung des konfessionellen Friedens" ist, deshalb konnten »vir »ms schon nicht mehr wundern, als »vir am l.ä. Dezember v. I. in der „Chemnitzer Allg. Ztg." den sonderbaren Satz lasen: „Wer stört denn den konfessionellen Frieden in Sachsen, wer hielt eS denn für nötig, in dem fast rein evangelischen Sachsen ein ZentrnmSblatt zn gründen zur Vertretung nicht etwa der kirchenkatholischen, sondern der politisch-katholischen. der ZentrnmSinteressen, und wer bringt es fertig, bei den kommenden Wahlen eigene Zäblkandidaten ansznstellen? Die solches taten und tun, sind das etwa nicht prinzipielle Störenfriede des konfessionellen Friedens im Lande"? Vor diesen Leuten zn warnen, ist unser gutes Recht nicht nur, sondern unsere Pflicht." Ganz recht. Aber was dem einen recht ist. ist dem andern billig. Dasselbe, was hier die „Chemnitzer Allg. Ztg." gegen die „Sachs. Volksztg." anführt, könnte in allen katbolischen Ländern und Gegenden gegen die Protestanten angewandt werden. CS ist wirklich nach nnsern diesigen Begriffen und Erfahrungen am Rhein eine geradezu un beschreibliche Unver-srorenheit, auch nur ein Wort des Unwillens »nid der Verwunderung darüber verlauten zn lassen, daß in einem Lande von -1 Millionen Eiinvolmern und darunter über 200000 Katholiken eine einzige katho- lische Zeitung gegründet wird. Hierzulande müssen in jedem größeren Orte von fast lauter Katholiken wenigstens 2 oder 3 protestantische Zeitungen sein. Erst durch die „Chemnitzer Allg. Ztg." sind »vir jetzt darauf aufmerksam geworden, daß das eigentlich eine — Frechheit, wollte sagen eine Störung des konfessionellen Friedens sei. Aber man muß es der „Chemnitzer Allg. Ztg." zugute halten, denn sie ist so verblendet in itzrem Protestantismus, daß sie gar keine Ahnung hat, wie es die Protestanten in rein katholischen Ländern machen. Ihre Leser glauben es ja auch, aber andere, wie »vir, müssen darüber lachen. Also eine einzige katholische Zeitung in einem Lande von I Millionen ein „prinzipieller Störenfried des konfessionellen Friedens"! Da sieht man, in welchem Lande der Grundsatz herrscht: Wo »vir in der Mebrbeit sind, kennen wir keine Toleranz. Die „Dresdner Nachr." haben am allerwenigsten Ur sache, die Katholiken ans die „Gewissenspflicht gegen des Königs Majestät" und nnf die „schuldige Rücksicht, die dem so zarten Vertrauensverhältnis zwischen katholischen Fürsten und protestantischem Volke die katholische Minorität schuldig in", hinznweisen. Diese Mahnung klingt wie ein Hohn angesichts der Hetze, die gerade von anderer Seite augenblicklich gegen dasselbe Königshaus geschlendert wird, gegen das der Artikelschreiber der „Dresdner Nachr." äußerlich voll Elirerbietnng überfließt. Wir möchten mm auch noch ein Wort über den „Frei berger Anzeiger" sagen. In seinem „Oertliches und Säch sisches" vom 27. Dez. v. I. stimmt er in daS Geschrei der übrigen Presse mit ein, um die „Sächs. Volksztg." totpi- In» Gslöfieber. Ein Roman aus dein Kapland. Von Erich Friese». «15. Fortsetzung.) «Nnchdruck verboten.) Sanft löst Paul ihre Hände von seinem Nocken. „Dubist soanfgeregt, mein Lieb! Gewißwar es freundlich von Deinem Vormund, mich einznladen. Komm, beruhige Dich nur!" Er zieht sie neben sich anfS Sofa und blickt liebevoll in das glühende Gesichtchen. „Seid Ihr einig?" flüsterte Irene erregt. „Können »vir bald heiraten?" „Noch nicht so bald, mein Lieb. Lord Roberts scheint eine äußerst zurückhaltende Natur zn sein. Er trägt das Herz nicht auf der Zunge. Er meint, Du seiest eine reiche Erbin —" „Still, still!" gebietet sie, ihm neckisch den Mund zn- haltend. „Was mir gehört, gehört auch Dir. Ach, wie freue ich mich, »venu wir uns unser Heim einrichten! Sieh, ich hatte nie ein eigentliches Heim! Mein guter Vater war fast nie zn Hanse. Die vielen Streifzüge ins Innere Süd afrikas — er als Offizier mußte stets dabei sein. Aber mm »vird das anders werden! Ich führe Dir den Haushalt, bereite Dir den Thee, erwarte Dich abends, »venu Du müde und abgespannt aus Deinem Bnrean kommst — o herrlich! Herrlich!" Und das impulsive Mädchen breitet in höchster Ekstase beide Arme aus, als »volle sie die ganze Welt ans Herz drücken. Da öffnet sich abermals die Tür. Mit ihren leisen, fast nnhörbaren Schritten tritt Ladh Elisabeth ein. „O. liebe, liebe Elisabeth!" ruft Irene, die Frenndin näherziehend. „Sieh, dies ist mein Bräutigam, Paul van Gülpen! Dein Bruder hat ihn eingeladen. Du Böse hast ihn niemals aufgefordert, uns zu besuchen!" Peinlichste Verlegenheit malte sich in den Zügen der Dame. „Wie gern hält' ichs getan. Kind — aber ich mußt' nicht, ob ichs durfte. Herzlich willkommen, Herr van Gülpen!" Ein Diener meldet, das Tiner sei serviert. Da kehrt auch Lord Roberts gerade wieder zurück; höflich reicht er Irene den Arm. Paul und Lad») Elisabeth folgen. Das Mittagsmahl verläuft äußerst anregend. Lord Roberts ist augenscheinlich bemüht. Paul van Gülpen ins günstigste Licht zn stellen. Mil großem Ge schick weiß er die Unterhaltung ans solche Themen hinüber- znspielen, welche dem jungen Rechtsanwalt besonders ge läufig sein müssen. Paul ist kein redegewandter Mensch; auch verfügt er über keinen großen Vorrat an Witz und Bonmots. Trotzdem — angeregt durch Lord Roberts' feurige Weine und die zärtlichen Blick" ans Irenens dunklen Auge», spricht er lebhaft, klug und »nterhaltend. Und die offene Harmlosigkeit, die naive Ursprünglichkeit, welche diesem Bnrenjüngling in so hohem Maße eigen sind, machen seine Unterhaltung noch anziehender. Zn schnell für alle Beteiligten ist das Tiner vorüber. Während die Herren noch sitzen bleiben, um sich eine Cigarre anznzünden, ziehen die beiden Damen sich in den Salon zurück. Irenes ganzes Antlitz strahlt vor Glück. Ladh Elisabeth hingegen ist noch bleicher und stiller als sonst. Irenes zärtlichem Befragen weicht sie ans. Sie habe Kopfweh — nichts weiter. Doch das warmherzige Mädchen läßt nicht nach mit Bitten. „Ich weiß doch, daß Dich etwas gnält, Elisabeth; ich sehe es Dir ja an." Da schlingt plötzlich die sonst so zurückhaltende Dame laut aufschluchzend beide Arme um den Nacken der Frenndin und bricht in Tränen ans. „Elisabeth! Was ist Dir!" „Ach. Irene, Irene!" Und Ladh Elisabeth schluchzt, als »volle ihr das Herz brechen. Zärtlich, saust beruhigend, wie einem Kinde, streichelt Irene den an ihrer Brust ruhenden, grauen Kops. „Versprich mir eins, Irene!" „Gewiß, Liebste, was soll ick) denn versprechen? Du ängstigst mich!" „Bitte meinen Bruder um seine sofortige Einwillignng z» Deiner Verbindung mit Paul van Gülpen!" „Aber er willigt ja ein, Elisabeth!" „Nein, »ein — Du kennst ihn nicht!" „Und wenn er also nicht eimvilligt „So heirate Paul sobald wie möglich — auch ohne die Einwillignng meines Bruders!" Aufs höchste betroffen blickt Irene der Tief Erregten ins tränenfeuchte Antlitz. „Elisabeth! Ich begreife Dich nicht!" Mit Anfbietnng aller ihrer sckiwackien Kräfte springt Ladh Elisabeth empor. „Irene, Irene!" ruft sie mit einer bei ihr sonst ganz fremden Leidenschaft. „Du weißt ja nicht, wie teuer Du mir bist. Ich liebe Dich nickit wie eine Frenndin; ich liebe Dick,, wie eine Mutter ihr Kind liebt — ihr ein und alles ans der ganzen Welt! Ick» beschwöre Dick», beachte meine Worte! Heirate Paul van Gülpen! Als sein Weib droht Dir keine Gefahr mehr. An seiner Seite bist Du ! sicher. O Irene, teures Kind, höre auf mich!" Auch Irene hat sich erhoben, ihre Angen werden immer größer. „Elisabeth, Du hast einen bestimmten Grund zn diesen Worten?" ..Ja. ja!" „Willst Du ihn mir nicht nennen?" „Nein, nein!" „Warum nicht?" «Fortsetzung folgt.)