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Weißeritz-Ieitung. «r. 8 Dienstag. Erscheint Dienstag» und Freitag». Zu beziehen durch «llePostanstal- ten. Preis pro Quart.lONgr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. 27. Jan 18S2 Inserate werden mst 8 Pf. ftr Idie Zelle berechnet und in alle« Expeditionen' angenommen Redactton, Druck und Verlag von Carl Zehne in Dippoldiswalde. Die Entstehung Georgenfeld's und Gott- getreu'S. (Nach Krctzschmar.) Georgenfeld, welches in Alt- und Neu- Georg enfelb getheilt wird, zählt etliche 50 Häuser mit ca. 325 Einwohnern. Dieser Orr gehört in den erzgebirgischen Kreis und unter das Justizamt Alten berg. Der Hauptnahrungszweig ist Bergarbeit, Strohflechten, ein wenig Ackerbau und Viehzucht. Oft sieht man ganze Familien, vom Haupte derselben an bis zum 6-jährigen Sprössling, um den runden Tisch sitzen und eifrig arbeiten im Flechtstroh. Merk würdig bleibt dieser Ort in der Geschichte darum, weil Alt- und Neu-Georgenfeld, beides, das erste im Jahre 1671 unter Georg III., und letzteres im Jahre 1728 unter August II., jedeömal von Erulanten ge gründet und erbaut worden ist. Die Nachricht der Begebenheit vom Jahre 1728 erlaube ich mir hier mitzutheilen. Sie fällt in die Periode der Salzbur ger Auswanderer, wo in den Jahren von 1729— 1733 der Verfolgungswuth deS Erzbischofs Leopold Eleutherius 30,000 treue Unterthanen weichen, ihr Vaterland verlassen und ihre Heimath in andern Ländern suchen mußten. Lluch viele in Böhmen, und namentlich in'Böhmisch-Zinn Wald lebende pro testantische Einwohner erlitten und erduldeten heim lich schon mehrere Jahre vorher so manche Bedrückun gen und Verfolgungen. Gestützt jedoch auf vorher gegangene Friedensunterhandlungen, und, daß auf etwaige Bitten und Vorstellungen, wie durch diese schon früher periodische Stille bewirkt worden war, diesen Leiden doch wohl endlich einmal abgeholfen werden könnte, und hauptsächlich veranlaßt durch den damals sehr ergiebigen Bergbau, suchten, viele ihre Eristenz durch festes Besitzthum in Feld und Haus dauernder zu begründen. Allein das war es ja eben, was den päpstlichen Reformanten ein neuer Sporn wurde, ihre Verfolgungen desto kräftiger fortzusetzen. „Gewiß wird keiner dieser schlichten Bergleute sein sauer erworbenes Eigenthum mit so leichtem Sinn verlassen", so dachten jene in ihrer Meinung. Mit erhöheter Wuth brach daher das Verfolgungsfeuer im Jahre 1728 von Neuem wieder aus. Nachdem in der Mitte des Jahres, den 26. Juni, der Anfang damit acmacht worden war, daß man den Seelsorgern dieser Gemeinde, namentlich dem Pfarrer LI. Imma nuel Heinrich Kauderbach in Geising, Und dem Schul meister Christian Friedrich Rösler in Zinnwald, alle kirchliche Verrichtungen und Schulunterricht, sowie auch den benachbarten evangelischen Geistlichen allen Zutritt auf das Schärfste untersagt hatte, erschienen den 4. Octbr. darauf 2 Jesuiten mit geistlichen und weltlichen Commissarien der Fürst!. Lobkowitz'schen und der Gräfl. Clary'schen Herrschaften zu Bilin und Teplitz, die die unglücklichen Einwohner, vermöge er- theilter Strafbefehle anhielten, entweder ihren Gottes dienst einzig und allein bei ihnen zu halten, oder in 6 Monaten, bei der in dieser Gegend strengen Win- terzcit, ihr Land zu verlassen. Eiligst wyrde nun zum Bau einer katholischen Kirche geschritten, und den Schulunterricht ertheilte bald ein päpstlicher Schulmeister. Sehr klüglich glaubte man diesen Plan ersonnen zu haben, um die zerstreute Heerde zu gewinnen, weil man sie ihrer Hirten beraubt wähnte. Allein diese Hirten flohen nicht, denn sie waren keine Mieth- linge. Noch ehe der Morgenthau die Spuren der Tritte im Grase verrathen konnte, wandelte gar oft aus dem Thale von Geising eine edle Gestalt im bergmän nischen Gewände durch die Waldschluchten nach den Einfahrten der Bergleute zu und mischte sich unter freundlichem: Glück auf! unter, die Einfahrenden. Als ein guter Geist stand auf einmal mitten unter den Zerstreuten der gute Hirte, um sie zu sammeln — der Pfarrer von Geising. Hier in diesen geheim- nißvollen heiligen Hallen der Mutter Erde, hier in diesem unterirdischen Dome, wo der Höchste seinen Altar sich selbst erbaut hat, hier, wo herzlicher Zuspruch aus des treuen Hirten Munde tröstete, ermunterte, begeisterte, hier wurden, hocherglüht im Glauben, die Schwüre der Treue aufs Neue niedergelegt. Inzwischen hatte sich in furchtbarer Gestalt der harte Endschcidungöpunkt genahet. Doch, Ehre sei jenen Helden! Alle waren fest umgürtet mit dem Schwert des Glaubens, und nach kurzem Kampfe war der Sieg errungen. . Laut durch die Thäler und über die Gebirge ertönte von vielen Zungen das Loo- sungswort: der Väter Glauben feste Treue! und — „feste Treue" war der tausendfache Wiederhall deS herrlichen Echo'S. Und siehe, da wallte im langen Zuge die gläubige Schaar, die Greise im Silberhaar, die frommen Väter und Mütter, die wackern Söhne und Töchter und die Säuglinge in den Armen der Mütter, 800 Seelen an der Zahl, Habe und Gut verlassend, herüber in das benachbarte Sachsenland. Hier wurde eine neue Reihe von 25 Häusern erbaut, Neu-Georgenfeld genannt. Andere wiederum bauten sich Wohnungen im sächsischen Zmnwald, und noch Andere errichteten das Dörfchen „Gvttgetreu" bet Fürstenau. Nebst einem Zufluß von milden Spenden, bei welchen, außer den Unterstützungen deS Landes herrn, und denen des damaligen Gutsherrn v. Bünau,