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Dresdner Journal : 11.08.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189608118
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18960811
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18960811
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-11
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
- Titel
- Dresdner Journal : 11.08.1896
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Kür Dre«d«n vierteftLhrUch L Mart 50 Ps., bei den Kaiser lich deutschen Poftanstalten vierteljährlich »Mark, außer halb de« Deutschen Reiche« Poft- und Stempeljuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Urschet»»»: Täglich mit Ausnahme der Eonn- und Feienage abend«. Fernspr -Anschluß: Nr.HOS. Drrs-ller Iommi. AnkündigungSgrbübrr«: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift LU Ps Unter „Eingesandt" die Zeile SU Ps Bei Tabellen- und Zissernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition dcS Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr LV. Fernspr Anschluß: Nr 1295. ^185. Dienstag, den 11. August, abends. 188«. Amtlicher Teil. TreSdeu, 5. August. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den bisherigen Königlich Preußischen Eisenbahn-Bau- und Betriebs-Inspektor Paul Schmidt in Weimar vom >. Oktober 1896 ab zum ordentlichen Professor für Straßen-, Eisenbahn und Tunnelbau, einschließlich Erdbau und Trassieren an der hiesigen Technischen Hochschule zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Güterkassirer bei der Staatseiscnbahnver- waltung Earl Friedrich Hermann Deich ßler in Ebersbach das Verdienstkreuz zu verleihen. WekannLrnachung. Das Ministerium des Innern hat der „Dresdner Allgemeinen Buchbinder-Krankenkasse und verwandter Geschäftszweige, eingeschr. Hülfskasse" auf Grund des II. Nachtrags vom 30. Mai 1896 zu deren revidirtem Statute vom 28. December 1b<92 bescheinigt, daß sie, vorbehaltlich der Höhe des Krankengeldes, den An forderungen des 8 75 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 nach wie vor genügt. Dresden, am 8. August 1896. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Bodcl. Lippmann. Eruenvungeu, Bersetzuvgev rc. im öffeutltcheu Dienste. TepartementdeS Kultus und öffentlichen Unterrichts Angestellt wurde der bisherige Ratsregistrator in Riesa Friedrich Robert Leonhardt als Büreau - Assistent bei der Kultusmimsterial-Kassen- und RcchnungSexpedition. Nichtamtlicher Teil. Italien und Frankreich. DaS letzte halbe Jahr hat in der inneren und äußeren Entwicklung Italiens eine Reihe von Vor gängen gezeitigt, welche in Frankreich die Auffassung weckten und nährten, daß das Verhältnis der beiden „Schwesternationen" wieder ein engeres und herz licheres werden könnte. Das Unglück von Adua brachte das Ministerium Crispi zu Fall, und man glaubte zunächst in dem Sturz des greisen Staats mannes das Haupthindernis einer Wiederannäherung beider Völker beseitigt. In der Übernahme der Ge schäfte durch Rudini sah man ein weiteres einigendes Moment, und die teilweise Neubildung des Ministe riums mit dem Eintritt ViSconti-Venostas in das Kabinett als Minister des Auswärtigen faßte man ebenfalls in dem gleichen Sinne wenn nicht einer Verbeugung vor Frankreich, so doch einer Wendung nach ihm hin auf. Den bitteren Rückblicken auf Crispis äußere Politik folgten hübsch gruppierte, aus dem Zusammenhang gerissene Erinnerungen an die Thätigkeit RudiniS und ViSconti-Venostas iu früheren Abschnitten der italienischen Geschichte, aber man verfiel dabei in der französischen Presse wieder einmal in den von herablassendem Wohl wollen und rechthaberischer Nörgelei gemischten Ton, der unserer Ansicht nach am meisten dazu bei- getragen hat, das Verhältnis beider Länder zu trüben, man sprach nie von der Gegenwart und ihren For derungen an Italien, sondern nur von der Vergangen ¬ heit, die Italien ganz bestimmte und durchaus nvch nicht erfüllte Pflichten der Dankbarkeit gegen Frank reich auferlegten, man stellte sich ihm gegenüber nicht auf den Standpunkt internationaler Gleichberechtigung, sondern auf den schulmeisterlicher Überlegenheit. Man übersah weiter, daß es unfruchtbar ist, die politische Vergangenheit eines Staatsmannes über ein Biertel jahrhundert hinaus in ihre Einzelheiten zu zerlegen, und darauf fußend eine Art System zurechtzuzimmern, das auch jetzt nach 25 Jahren noch verbindlich sein soll. Man zog nicht genügend in Betracht, daß die politischen Verhältnisse in Europa durch die Be gründung des Dreibundes so feste Formen an genommen haben, daß größere Staatsmänner wie Rudini und Visconti - Venosta kommen müßten, um sie in ihren wesentlichen Grundlagen zu verändern. Endlich hat auch, um nur die Hauptpunkte kurz zu berühren, das letzte Vierteljahrhundert das Streben nach kolonialer Ausbreitung in fast allen europäischen Staaten so gekräftigt, hat dadurch allen Streitfragen, welche den schwarzen Erdteil angehen, so viel Schärfe verliehen, daß die abessynische und die tunesische Frage, in denen vor 25 Jahren vielleicht eine schickliche Verständigung möglich war, jetzt als hohe Trcnnungs- mauer der Empfindungen und Interessen zwischen beiden Staaten sich aufbaut. Wir brauchen nach dem Vorstehenden nicht aus drücklich hervorzuheben, daß mir die Aussichten einer italienisch-französischen Annäherung auf allgemein poli tischem Gebiet durch die Vorgänge des letzten halben Jahres nicht als gestiegen erachten. Wie es scheint, beginnt man jetzt auch in Frankreich von Erwartungen nach dieser Richtung hin etwas zurückzukommen. Eine Äußerung Emile Flourens' einem Wiener Bericht erstatter gegenüber: „Wir harren lediglich auf die Entwickelung der Dinge, Frankreichs Haltung wird auch weiter eine abwartende sein", giebt die augenblick liche Stimmung der französischen politisch einfluß reichen Kreise wohl im allgemeinen richtig wieder. Dabei bleibt aber der Hosfnungranker, daß eine zwingende Notwendigkeit für Italien vorhanden sei, bessere wirtschaftliche Beziehungen zu Frankreich an zubahnen, und in dieser Hinsicht ein „pater peecsvi" zu sagen. Darüber befragt, hat der frühere franzö sische Gesandte in Rom, Graf Mony, geäußert, wenn irgend jemand geeignet sei, Italien Frankreich gegen über wieder auf den alten wirtschaftspolitischen Stand punkt zu stellen, so sei es Visconti-Venosta. Graf Mony ist so freundlich, die zwischen Italien und anderen Staaten geschlossenen Verträge (mit Rußland 1863, mit England 1883, mit Deutschland und Oester reich l891, mit der Schweiz l892, und zwar auf 12 Jahre) bestehen lassen zu wollen, er verlangt nur eine Anwendung und Auslegung derselben, die Frankreich nicht schädigt. Anders drückt sich über diese Frage ein Fachmann aus, der Präsident der Handelskammer in Paris, Hr. Frezza di Musella; er giebt zu, daß die bestehende Spannung auf kommerziellem Gebiet nach gelassen hat, aber „die Sachen werden noch lange so bleiben, wie sie sind. Italien ist mit seinen Ver bündeten durch Verträge gebunden, und ich wüßte nicht, was eine Änderung herbeiführen sollte." „Es ist zweifellos ein großer Vorteil des Dreibunds, daß er es in keiner Weise verhindert, daß Staaten, die verschiedenen Machtgrnppierungen angehören, mit einander doch auf gutem politischem und besonders wirtschaftspolitischem Fuß stehen. Es darf auch nicht verkannt werden, daß der trotz der afrikanischen Nieder lagen sich anbahnende Aufschwung der italienischen Finanz- und Handelsverhältnisse zum Stillstand kommen und gefährdet werden würde, wenn Italien auf Heranziehung fremden Kapitals, auf eine weitere Steigerung seiner Ausfuhr verzichtete. Aber muß gerade Frankreich das Land seins, dem gegenüber Italien sich zu Zugeständnissen bereit finden soll, die indirekt eine Schädigung dcr Interessen anderer Län der bedeuten würden? Muß die von Frankreich 1888 über Italien verhängte handelspolitische Sperre durch italienisches Entgegenkommen niedergcrissen werden? Diese Sperre hat zur Folge gehabt, daß Italien sich mit allem Eifer auf die Erschließung neuer Ab satzmärkte, neuer finanzieller Verbindungen verlegt hat. Gewiß ist Frankreich eines dcr Ausstrahlungszentren des Geldes, aber England, Deutschland, Belgien, Holland, die Schweiz, Amerika sind cs auch Was an Besserung der italienischen wirtschaftlichen Ver hältnisse in letzter Zeit erreicht ist, ist doch ohne Frankreichs Beihilfe, vielfach sogar im Gegensatz zu ihm, erreicht. Marseille ist nicht mehr der erste Hafen des Mittclmeeres, sondern von Genua in Be zug auf die Aufwärtsbewcgung geschlagen: in der Zeit von 1880 bis 1890 hat die Einfuhr in den Hafen von Marseille um 24 Proz zugerommen, die jenige in den Hafen von Genua um 12!» Proz.! Die Brcnnerbahn, der St. Gotthard-, der Mont-Cenis- Tunnel haben die Handelswcge von dcr Donau zur Etsch, v?n Genua nach Frankfurt, von Triest nach Basel ver kürzt, die wirtschaftliche Interessengemeinschaft Italiens mit Österreich, Tentschland, der Schweiz angeknüpft. Der Simplontunnel ist ein neues Glied in der Kelte dieser Verbindungen, er richtet seine Spitze direkt gegen Marseille, und setzt Italien und den überseeischen Zwischenhandel in unmittelbare Verbindung mit Holland, Belgien und England. Eine englische Ge sellschaft mit englischem Gelbe ist es, die den Resorm- bestrebungen der italienischen Regierung für die Schwefelgewinnung Siziliens ihre Unterstützung leiht, der Schiffahrtsbetrieb Venedig Bombay ist durch einen Vertrag mit einer englischen Gesellschaft neu belebt worden; wird in Erytica eine Fortsetzung des Bahn baues Massauah - Ghinda eintreten, so wird es mit englischem Gelde geschehen. Und an der Gesundung italienischer Banken, an der Deckung der italienischen Afrikaanleihe ist in erster Linie deutsches Kapital be teiligt gewesen. Anders läge die Sache, wenn etwa Frankreich Rohstoffe, die Lebensbedingungcn italienischer Industrie bilden, ausführte, wie die englische Kohle, das amerika nische und russische Petroleum; wenn Frankreich Platz hätte für das überschüssige Arbeitermaterial, das den Grundstock dcr „zeitweiligen" Auswanderung Italiens bildet. Aber die blutigen Ereignisse von Aigues Mortes widersprechen dem. Und schließlich, auch unter den jetzigen Verhältnissen bildet Frankreich das Land der zunehmenden italienischen Einfuhr. Nach einer neuesten amtlichen Veröffentlichung betrug die französische Einfuhr nach Italien im ersten Halbjahr 1895 58 429 000 Frcs., im ersten Halbjahr 1896 54 882000 Frcs., sie hat also abgenommen. Die Einfuhr Italiens nach Frankreich betrug im ersten Halbjahr 1895 54171000 Frcs., im ersten Halb jahr 1896 68 074 000 Frcs-, sie hat also um etwa 14 Millionen zugenommen. Überhaupt schließt die französisch-italienische Handelsbilanz im letzten Halb jahre mit einem Plus von 17 4.50 000 Frcs. für Italien ab. Wir fragen also nochmals: „Muß wirk lich Italien sich in wirtschaftlicher Beziehung hilfe suchend an Frankreich wenden?!" Ver neue ^bgabentarif für den Kaiser Wilhelm- Kanal. Am 1. September tritt der im Reichsgesetzblatt veröffentlichte revidierte Abgabentarif für den Kaiser Wilhelm-Kanal vom 4. August d. I. in Kraft, welcher den Wünschen der Schiffahrtskreise nach Ermäßigung der Kanalabgaben in verschiedener Beziehung Rechnung trägt und namentlich für denjenigen Verkehr, welcher bisher in dcr Benntzuug des Kanals seinen Vorteil nicht zu finden glaubte, ganz beträchtliche Erleichter ungen mit sich bringt. Tie „Nvrdd. Allg. Ztg." markiert die Hauptpunkte der getroffenen Änderungen und Erleichterungen in den nachstehend wiedergegebenen Ausführungen: Rach der bisherigen Entwickelung des Kanalverkchrs mußte es die Ausgabe des neuen Tarifs sein, i» erster Linie die den Kanal zur Zeit weniger ausfuchcndcn großen Schisse durch ge eignete Normierung dcr Abgabensätze bei steigender SchiffSgröße heranzuziehen. ES lag hierzu besondere Peranlassung vor, weil sür die größeren Schisse die Betriebskosten verhäliniSmäßig ge ringer sind, daher die durch die Kanalsahrt gegenüber der Skngensahn zu erzielende Zeitersparnis einen geringeren Geld wert repräsentiert, und weil die großen Schiffe den Gefahren der Fahrt um Rap Skagcn und durch die Jammerbucht mehr ge wachsen sind als die kleineren Fahrzeuge. Die Erleichterungen des neue» Tariss kommen deshalb vornehmlich den großen Schissen zu gute, sind jedoch keineswegs aus diese beschränkt, und insbesondere ist auch die kleine Rüstenschiffahrt nicht un- bcrüäsichtigt geblieben Die wesentlichen Änderungen gegen den bisherigen Tarif sind solgende: Während bisher der Normal- abgabensay von «0 Ps. pro Reg.-Tons von Schiffen bis zu 600 Reg.-Tons 'Netto zu entrichten und erst sür die 600 über steigenden Reg -Tons ein sich gleich bleibender niedrigerer Say von 40 Ps zu zahlen war, wird künftig die Ermäßigung des Normalsayes schon bei einer Schisssgröße von über 400 Reg - Tons beginnen, und zwar zunächst wiederum mit dem Satze von 40 Ps. Hierbei soll aber die Ermäßigung nicht stehen bleiben, die Abgabensätze sollen vielmehr mit «ov Reg -Tons schon ans 30 Ps und mit 800 Reg- Tons aus 20 Ps sür die überschießende Tonnenzahl. Im weiteren trägt dcr neue Taris auch dem Umstande gebüh rende Rechnung, daß die zwischen der Ostsee und den westlichen Häsen dcr Nordsee und des englischen Kanals, namentlich also den niederländisch-belgische» und den englischen Häfen rcr- kchrendcn Schiffe durch die Benutzung des Kaiser Wilhelm- Kanals nur eine geringere Zeitersparnis erzielen können, als die zwilchen dcr Ostsee und dcn Elbhäscn, namentlich Hamburg, vcrkehicnden Schiffe Abgesehen davon, daß die elstbc^eichncten Schiffe, welche die ganze Nordsee durchfahren, an sich größeren Raumgehalts zu sein pflegen und daher aus der gedachten Tariscrmäßignng in besondcrcm Maße Borteil ziehen werden, kommt ihnen die weitere Bestimmung des neuen Tarifs zu gute, daß das auf dcr Untcrelbe zwischen dcr Nordsee und Brunibüttel zu zahlende hamburgische Elblotsgeld von der Kanalverwaltung übernommen und, soweit cs von den Schiffen gezahlt wird, auf die Kanalabgabe in Anrechnung gebracht werden soll Mit Befriedigung werden die Schiffahrtskreisc auch die Herabsetzung des Winierzuschlagcs von 25 auf 10 begrüßen Es ist dies eine Erleichterung, welche von der deutschen Schiffahrt ganz befondcrs dringlich gewünscht wurde und allen Schiffen jeder Größe zu gute kommt. Ihre Bedeutung springt in die Augen, wenn man sich vorhält, daß ter Normalabgabensatz im Winter bisher 75 Ps., künftig aber nur «K Ps. beträgt. Dcr kleinen deutschen Küstenschiffahrt ist dcr im Reichstage geltend gemachic Wunsch crsüllt worden, daß d.r Mindestbetrag der Kanalabgabe sür sie herabgesetzt ist, und zwar von 10 aus e> M Außerdem haben die kleinen Küstensahrzeuge noch inso sern einen Vorteil, als sie, wenn leer oder in Ballast, künftig noch einen Abschlag von 20 Proz des für sie bereits auf 40 Ps. pro Registertonne ermäßigten Abgabcnsatzes genießen werden. Gleichzeitig mit dem neuen Abgabentaris werden voraus sichtlich auch wesentliche Änderungen der Betriebsordnung, d e den Kanalverkehr erleichtern, in Kraft treten Namentlich dürfte die höchste zulässige Fahrgeschwindigkeit von 10 Kilometer, welche nur mit Genehmigung des Kanalamts überschritten werden dars, ans mindestens 12, vielleicht sogar aus 15 Kilometer erhöht werden und dadurch die Tauer der Durchfahrt durch den Kanal, die srüher aus 12 bis 13 Stunden angenommen war, insolge des Entgegenkommens der Kanalverwaltung in betreff der Fahr geschwindigkeit aber in letzter Zeit regelmäßig nur gut s Stunden betrug, sich allgemein aus s Stunden, sür die gut cingcsahrcnen, zu größerer Geschwindigkeit verstatteten Schiffe aber aus etwa 7 Stunden ermäßigen. Tie Betriebscinricht- nngcn des Kanals haben sich im ersten Jahre in jeder Be ziehung vervollkommnet, die letzten Unebenheiten im Kanal- beeten sind beseitigt, die Betriebsanlagcn, insbesondere auch die elektrische Beleuchtung, welche die 64 m breite Wasserstraße ausgezeichnet markiert, sunktionicren vorzüg lich, das Lvtsenpcrsonal ist cingeschult, sür die schwierigere E n- sahrt in die Brunsbüttcler Schleuse besonders ausgcwahlt; Un fälle gehören glücklicherweise zn den Seltenheiten ES ist de« halb zu hoffen, daß auch die Seeversichcrungsgejellschasten die Vorteile dcs Kanalweges erkennen und die 'Versicherungsprämie sür die den Kanal benutzenden Schiffe, nament.ich während der Wintermonate, bald hcrabsetzcn werden Wenn hiernach die Kanalvcrwaltung eisrig bemüht ist, mit den ihr zu Gebote stehenden Mitlein den Verkehr du:ch den Kaiser Wilhelm-Kanal Kunst und Wissenschaft. Vom Psychologeukougreß in München. Aus der großen Reihe der Vorträge hebt ein Bericht der „Tgl. Rdsch." noch zwei, die in Abteilungssitzungen gehalten wurden, besonders hervor, vr Hermann Gutzmann-Berlin be richtete über die Heilung der Aphasie (Sprachlosigkeit). Bekanntlich wird nach einem Schlaganfall oder anderen Gehirnkrankheiten mit der Lähmung der rechten Körper- Hälfte fast stet« auch di« Sprache verloren, und zwar ge schieht dies je nach dem Sitze der Störung in ganz ver schiedener Art. Da die rechte Körperhälste vom linken. Gehirn „innerviert" wird, so ist der Sitz der Sprache jener Beobachtung entsprechend im linken Gehirn Man nahm an, daß infolge der natürlichen Rechtshändigkeit der meisten Menschen das linke Gehirn bester vorbereitet sei, als Sitz für da« Zentrum der feinen Artikulationsbewegungen zu dienen So fand man denn auch, daß bei Linkshändigen, wenn sie infolge eine» Schlaganfalles sprachlos wurden, die rechte Gehirnhälfte der Sitz der Krankheit sein mußte, da die linke Körperhälfte gelähmt war Es fragte sich nun, ob sich eine so erworbene Stummheit trotz der Zer störung de« Sprachzentrums heilen laste Es treten ja, nachdem der Kranke die ersten Folgen des Schlaganfalles überstanden hat, sehr oft Sclbsthcilungen ein, in anderen Fällen bleibt jedoch die Sprachlosigkeit (oder Sprachschwierig- keit bez. Sprachunverständlichkert) jahrelang unverändert Derartige Fälle hielt man allgemein nicht mehr einer Heilung für zugänglich Gutzmann hat trotzdem versucht, auch solchen Kranken ihre Sprache wiederzugewinnen, bei denen da« Sprachzentrum lange Zeit oder dauernd zer stört war Von jeher hat man auf Grund der oben an- aeqebenen Vorstellung den Vorschlag gemacht, die Kranken mitten recht viel Schreibübungen mit der linken Hand machen, um die. rechte Gehirnhälfte für die Aufnahme der SprachdewegungSvorsteUungen empfänglich zu machen. Gutz mann hat nun in Verbindung mit diesem Vorschläge systematische Artikulationsübungen vorgenommen, die zum Teil vorzügliche Ergebnisse hatten. So war ein Offizier, der zehn Jahre lang erst überhaupt nicht mehr und dann gänzlich unverständlich gesprochen hatte (infolge einer Ge hirnverletzung) nach mehrmonatiger Übung im stände so zu sprechen, daß ihn jeder ohne Schwierigkeit verstand Der Erfolg ist dauernd geblieben und zeigt, daß offenbar durch die Artikulationsübungen ein neues motorisches Zen trum aufgebaut wurde. Größere aber auch nicht unüber windliche Schwierigkeiten bietet eine andere Art von Sprach losigkeit, eine sensorische Aphasie Sie besteht, wenn der Kranke zwar selbst sprechen kann, aber trotz vorhandenen Gehörs nicht mehr versteht, was zu ihm gesprochen wird: Verlust des Zentrums für das Sprachverständnis Dabei ist mit Gehörübungen nicht viel zu erreichen, eS muß ein neuer Weg sür die Wahrnehmung des Ge sprochenen gefunden werden. Wenn wir im Theater einen Sänger schwer verstehen, so nehmen wir unser Opernglas zur Hand und nähern uns so sein Gesicht. Sofort ver stehen wir ihn bester, obwohl offenbar da» Hören nicht erleichtert ist Wir sind jetzt im stände die Wortbeweg ungen zu sehen, und benutzen nun die in un» liegende, uns unbewußte, gleichsam schlummernde Fähigkeit, ge sprochene Worte nur aus den Mundbewegungen zu er kennen Gutzmann läßt demnach diese Kranken methodisch da» Absehen der Worte vom Munde erlernen Damit der Kranke die» selbst einüben kann, hat Gutzmann einen praktischen Apparat zusammengestellt, durch den jede» be liebige Wort in seiner natürlichen Bewegung vorgeführt werden kann Durch sorgfältige Untersuchungen der Sprach bewegungen an zahlreichen Reihenaufnahmen kam G zur Überzeugung, daß sich eine große Anzahl von Moment bildern so oft wiederholte, daß man die Zahl der sämt lichen überhaupt vorkommenden Bilder auf 18 „Typen" einschränken könne. Wie man sieht, sind also der „Typen" weniger, al» cS „Buchstaben" giebt. Mit einer genügenden Anzahl dieser Typen kann man in irgend einein strobo skopischen Äpparat (LebenSrad rc.) jedes beliebige Wort zusammensctzcn. Taubstumme, die das Ablesen vom Munde gut können, vermögen das Wort sofort richtig zu deuten G. zeigte den Apparat sowie die Typen vor und die An wesenden überzeugten sich, daß die dargestellten Beweg ungen den normal vorhandenen gleichen. Natürlich ist dieser Apparat nicht nur für die sensorisch Sprachlosen, sondern auch für Schwerhörige und Taube, deren Sprach wahrnehmung durch da« Ohr ja ebenfalls gestört ist, von großer Bedeutung. vr Georg Hirth (München), der bekannte Heraus geber der „Jugend", hielt einen Vortrag: „Thesen zu einer Lehre von den Marksystemcn". Beim Menschen nehmen die individuellen psychischen Erwerbungen einen so breiten Raum ein, die Verknüpfungen zwischen den einzelnen Bildern sind so zahlreich und so verschiedener Art, daß Vortragender die festen Verbindungen schlecht weg als Marksysteme bezeichnet. Über diese Marksysteme stellt Hirth einige 20 Thesen auf, von denen wir hier nur die über die Schatten- und Traumsysteme hervor heben wollen Während des Schlafes arbeitet zwar da» Triebleden der inneren Organe fort und auch die dyna- mischen Zustände der Gehirnnerven können leicht eine Stärke annehmen, die uns jene Empfindung verursacht, welche wir Traum (später Traumerinnerung) nennen Aber der Schlaf der äußeren Sinne und der Mangel an Nötigung zu zweckmäßigem Handeln läßt einen ungewöhn lichen Verkehr unter den Marksystemen zu, der sich nicht nur in einem ungewöhnlichen, beschleunigten oder verlang samten, bizarre Anknüpfungen zeigenden Wechsel offenbart, sondern ost auch Bilder, Bilderreihen und Affekte ausweist, welche un« im wachen Zustande fremd sind. Solche Traum systeme, deren Erinnerung uns befremdet, kehren aktuell nur im Schlafe wieder; im Wachzustande belächeln wir wohl ihre Ungereimtheit, trotzdem treten sie während de« Schlafes immer von neuem aus, und zwar als ernste Er scheinungen derJch-Synthese H. glaubt, daß dieseThatsache dcn Schlüssel giebt zu jenen geheimnisvollen, systematischen Wandlungen unter der Schwelle des Bewußtseins, wo an manchen unserer Marksysteme „gearbeitet" wird Insofern hierbei unterbewußte systematische Zusammenschließungen beteiligt sind, will H sie „Schattensysteme" nennen, dazu gehören z B die ersten Formen einer im Entstehen be griffenen Abneigung, eines Verdachtes, einer Verdrehtheit u. a. m Oft werden Traumsysteme ihre Verräter. Die allgemein geistige Bedeutung des Individuums hängt ab: von dem Reichtum an Marksystemen, von dem Gleich gewicht zwischen erregenden und hemmenden, zwischen niederen und höheren, wirklichen und eingebildeten u. a. Systemen, von der Fähigkeit, die erworbenen Marksysteme jederzeit in geordneter Weise wachrusen zu können, von der Leichtigkeit und Sicherheit, mit der auS konkreten ab strakte Systeme gebildet werden rc. rc. Daß diese Hirthsche Auftastung sich ganz den Thatsachcn der Gehirnphysiologie und Änatomie anschließt, wurde in dem Flechsigschen Vortrage vom Vortragenden selbst hervorgehoben: Die einzelnen Sinne«zentren mit ihren AstoziationSfasern sind wirkliche Seelenorgane offenbar ganz im Sinne der von Hirth aufgestellten Grundgedächtniste Die AstoziationS- zentren vermitteln das einheitliche Zusammenwirken dieser Einzelorgane, die Zusammenfassung zu „Marksystemcn". * Der Allgemeine deutsche Sprachverein hat in diesem Jahre seine Hauptversammlung zu Oldenburg (im Großherzogtum) abgehalten Aus dem Jahresberichte de» Vorsitzenden, Lberstlieutenant vr. Max JähnS, heben wir hervor, daß die Zahl der Zweigvercine seit dem Vor jahre um 7, die der unmittelbaren Mitglieder um 262 gewachsen, während die Mitgliederzahl namentlich der kleineren Zweigvercine etwa« gesunken ist Im ganzen zählt der Getamtverrin zur Zeit 12 243 Mitglieder, von denen 11354 auf die 171 Zweigvereine kommen; 88S ge-
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