Volltext Seite (XML)
Wochen und RachrichMlatt zugleich AtMts-Aqeiger flr Kohadorf, Wdiitz, Kerssd-cf, Kisdsrs, Ä. Ezidien, Keimchsort, Mnritliau«. MAsc« Amtsblatt für de» Stadtrat zu Lichtenstein. , IgHrgLVg. ' - -- Rr 38. Donnerstag, den 14. Februar 1895. NÜstt Blatt erscheint täglich sautz^ Son«- Md Festtag«) abend» sür den folgenden Tag. MerteNSHrttcher Bezugspreis 1 Mar? 25 Pf. — Einzelne Nummer 1S Pfennige. — YMellAngm nehme» außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 178, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate Werden die oiergespaltem Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennige« berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. TagesgrschichSe. 3— Lichtenstein, 13. gebr. Lediglich als Faschingsscherz sollte es wohl angesehen werden, als gestern' abend ei« Großstädter uns folgende Hetze Bären aufzubinden suchte: Europa ist von Gibraltar aus kultiviert Worden. Bernstein ist ein Metall. Die Pfahlbamr waren Kaufleute. Nach dem Vorbilde des Schweizerhundes tft die Hansa gestiftet. Alle Edelleute waren Raubritter. 1813 und 1870 hat nur der Kaufmann die Franzosen besiegt usw. In einer neuerlich vom sächsischen Landes konsistorium getroffenen Entscheidung wird, in Ge mäßheit früherer Beschlüsse, wiederum daran festge halten, daß die Beisetzung von Urnen mit der Asche von Personen, die sich durch Feuer bestatten ließen, auf den Friedhöfen in Sachsen nicht zu gestatten ist, weil eine solche Beisitzung mit dem kirchlichen Charakter der Friedhöfe nicht im Einklangs stehe. — Mit Rücksicht auf das nahe bevorstehende Militärmustermigsgeschäst wird zur Verhütung von Nachteilen für solche Militärpflichtige, dis auf Grund häuslicher Verhältnisse um ihre Zurückstellung oder gänzliche Befreiung vom Heeresdienste zu reklamieren beabsichtigen, in Erinnerung gebracht, daß derartige. Reklamationen, nur bann berücksichtigt werden kön nen, wenn die Beteiligten sie vor dem Musterungs geschäft und bei Gelegenheit desselben anbringen. Spätere Reklamationen können nur dann berücksich tigt werden, wenn die Veranlassung zu denselben thatsächlich erst nach der Beendigung des Musterungs geschäfts eingctreten sind. Bittsteller, die ihre Ge suche erst im Musterungstermine anbringen wollen, haben dafür zu sorge», daß alles, was zum Beweise ihrer Angaben dienen kann, zur Stelle ist und daß Bescheinigungen «sw. amtlich beglaubigt sind. — Ist die Kälte in Sachsen jemals so tief ge sunken, daß bas Quecksilber gefroren ist ? Wir glauben es kaum, wenigstens liegt darüber keine Angabe vor, obgleich es an Mitteilungen über hohe Kälte, gerade in früheren Jahren, die sich durch strenge Winter auszeichneten, nicht fehlt. 1785 zeigte das Thermo meter in Adorf wiederholt 30 Grad Rsaumur; 1776, am 28. Januar, wurden 26Vs Grad beobach tet. Das Quecksilber gefriert aber erst bei 32 Grad Kälte nach Roaumur oder 40 Grad nach Celsius, der bekanntlich den Zwischenraum auf dem Thermo meter zwischen dem Gefrierpunkt und dem Siede punkt des Wassers in 100 gleiche Teile oder Grade einteilt, während Rsaumur aus demselben Zwischen räume nur 80 Grade macht. 40 Grad Celsius oder 32 Grad Rsaumur sind aber in Sachsen noch nie zur wissenschaftlichen Beobachtung gelangt. Seit wir in Sachsen meteorologische Stationen haben, was seit 1863 der Fall ist, hat man die größte Kälte einmal in Bad-Elster mit 34 Grad Celsius beobach tet. Im heurigen Winter ist Karlsfeld, das eines Morgens 30 Grad hatte, bis sitzt noch von keinem anderen Orte überboten worden. Uebrigens ist der tiefste Stand des Thermometers, der sonst gewöhn lich gegen Sonnenaufgang rinzntreten Pflegt, diesen Winter oft erst vormittags gegen 10 Uhr und noch später zu beobachten gewesen. — Die deutsche Wehrordnung enthält über den Einjährig-FrciwilligenDiensteine wichtige Bestimmung, die nicht allgemein bekannt sein dürfte. Danach ist der Reichskanzler in Zukunft ermächtigt, in besonderen Fällen ausnahmsweise dem Zeugnis über die bestan dene Abschlußprüfung an einer deutschen Lehranstalt, bei der nach dem sechsten Jahrgange eine solche Prü fung stattfindet, die Bedeutung eines gütigen Zeug nisses über die wissenschaftliche Befähigung für den Einjährig-Freiwilligen-Dienst auch dann beizulegen, wenn der Inhaber des Zeugnisses die zweite Klasse der Lehranstalt nicht ein volles Jahr hindurch besucht hat. Derartige Gesuche find an den Civilvorsitzenden derjenigen Ersatzkommission zu richten, in deren Be zirk der Betreffende gestellungspflichtig ist. Die Er satzkommissionbefördert nach Festfttllnng derinBetrackit kommenden Verhältnisse die Gesuche mit einer gut achtlichen Aeußerung aus dem Dienstwege weiter. — Infolge eines Befehls, be-reffend die Beklei dung der Offiziere, haben fortan die Offiziere aller Fußtruppen sowohl bei jedem Dienst, in den sie ein treten, als auch bei allen Paraden mit hohen Stiefeln zu erscheinen. Das Tragen der langen Beinkleider mit kurzen Stiefeln ist nur noch au' er Dienst und in Gesellschaften gestattet. — Unser Vaterland hat einen schweren Ver lust erlitten: Se. Excellenz der Staatsminister und Minister der Finanzen, der Vorsitzende des Gesamt-- mimstenums, Herr v. Thümmel, ist gestern infolge eines Schlaganfalles im Alter von 71 Jahren ver schieden, wenige Wochen, bevor er in den wohlver dienten Ruhestand treten sollte. Unser Königshaus hat in dem Verstorbenen einen langjährigen Berater und Diener, unser Staat einen seiner ersten und ver dienstvollsten Beamren verloren. 36 Jahre ist er im Ministerium thätig gewesen; beinahe 5 Jahre stand er an der Spitze des Finanzministeriums. — Leipzig, 12. Fcbr. Der Geldbriesträger Breitfeld, der heute vormittags 10 Uhr einen auf den Namen Ackermann lautenden Geldbrief mit ca. 160 Mark nach Dresdner Straße 20, 4. Etage, be stellen wollte, wurde dort räuberisch überfallen. Der Versuch, dem Briefträger einen Knebel in den Mund zu stecken, mißlang. Die Räuber hatten den Brief träger eingeschlossen, so daß derselbe genötigt war, eine Fensterscheibe einzuschlagen und um Hilfe zu rufen. Ehe dieselbe jedoch kam, hatten die Räuber das Weite gesucht und konnten bis jetzt noch nicht ergriffen werden. — Meerane. In der am Sonnabend abend im „Kaiserhos" stattgefundenen sehr stark besuchten Volksversammlung sprach Reichstags-Abge ordneter Ignaz Auer über die Arbeiten des Reichs tages. In seinen Ausführungen berührte der Redner den Rücktritt des Reichskanzlers Caprivi und die Ernennung des Fürsten Hohenlohe auf diesem Posten und ging dann zum deutschen Reichsetat über, hier bei betonend, daß eine kolossale Mehrausgabe für die Marine verzeichnet ist und daß das ganze Be streben der Regierung dahin geht, das Ansehen der deutschen Kriegsflotte gleich der Landarmee zu heben. Von den dem Reichstage zugegangenen Steuer-Vor lagen hob er sodann die Tabaksteuer und den Que- brachozoll hervor und bemerkte, daß die Mehrbelastung dieser Industriezweige den Ruin derselben bedeute. Die Aenderung der Strafprozeßordnung sei höchst notwendig, aber das Wesen der politischen Prozesse wird stets ein tendenziöses sein. Auch der Befähigungs nachweis und das Hausiergewerbe seien alte Bekannte im Reichstage, Helsen aber wenig zur Hebung des Mittelstandes und des Arbeiters. Bei dem Titel „Konsumvereine" betonte Herr Auer in seiner Rede, daß dieselben vor Jahren regierungsseitig als Boll werk gegen die Sozialdemokratie empfohlen worden feien, während sie heute als „echt sozialdemokratisch" bekämpft würden. Ueberhaupt sei Alles, was bisher zur Bekämpfung der Sozialdemokratie geschehen sei, nur zum Besten der Partei gewesen und deshalb sei dieselbe zu einer jetzt gefürchteten Macht geworden, welche in nicht allzuferner Zeit von ihrem negativen zum positiven Standpunkte übergehen wird. Als so dann Herr Auer, nachdem er die Interpellation Hitze im Reichstage näher erläutert hatte, über die Um sturzvorlage zu sprechen kam, und dieselbe ausführ lich erläutern wollte, wurde ihm dies von dem über wachenden Beamten, als nicht zur Tagesordnung gehörig, verboten, weshalb er sodann über den G eist derselben referierte. In der ihm eigenen Art und Weise pries er die Sozialdemokratie als einzig helfen des Mittel zur Hebung der jetzt herrschenden traurigen Zustände und bemerkte, daß die Sozialdemokratie ein aus den sozialen Mißständen entstandenes Pro dukt sei, welches immer mehr trotz aller Bekämpfungen wachse. Nachdem noch eine Resolution gegen die Umsturzvorlage einstimmig (! ?) angenommen worden war, ging der Redner im Schlußwort näher auf die von verschiedenen nationalgesinnten Professoren und Geistlichen unterschriebene Erklärung gegen die Um sturzvorlage ein und stellte auch eine ev. Reichstags auflösung und dementsprechende Wahlen in Aussicht. Mit einem Hoch aus die internationale Sozialdemo kratie schloß die oft mit beifälligen Zurufen beglei tete Rede. Die Versammlung selbst verlief ruhig und ohne jedwede Störung und fand, da eine Dis kussion nicht erlaubt war, bereits um */s11 Uhr ihr Ende. — Welch' sonderbare Blüten die Vereinsmeierei treibt, bsDeist die Thatjachs, daß in Weida und Umgegend in der letzten Zeit SchnurrbartSvereine in's Leben gerufen worden find. — Plauen, 12. Febr. Am Sonntag nach mittag hat der Landbriesträger Bauerfeind einen Un bekannten vom Tode des Erfrierens gerettet. Der Beamte fand den Erstarrten an der von Rosenberg nach dem Unteutsch'schen Gasthofe „Zum Rosenthal" (bei der Haltestelle Pirk) führenden Straße. Er schaffte den Fremden nach dem Unteutsch'schen Gast hofe, wo der Mann liebevolle Aufnahme und Pflege fand. Nach etwa einer Stunde hatte der Fremde sich dermaßen erholt, daß er etwas Nahrung zu sich nehmen konnte. Demselben wurde alsdann ein warmes Lager angewiesen. Am Montag früh konnte der Mann, der zur Klasse der „armen Reisenden" gehörte, die Fußwanderung smtsetzen. — Ueber den Raubmord, der in der am Riß- weg zu Oberloschwitz in der Villa „Emma" an der Frau verwitweten Emma KobrzinowLky ver übt worven ist, wird noch Folgendes gemeldet: Die genannte, nahezu 64 Jahre alte Dame (am 18. April 1831 zu Saarbrücken geboren), hat seit dem vor 10 Jahren erfolgten Tobe ihres Gemahls die etwas einsam gelegene, vor 20 Jahren käuflich erworbene Villa nur allein bewohnt, obwohl letztere für zwei Familien eingerichtet ist. Dis Dame lebte feit dem Tods ihres Mannes stets in stiller Zurückgezogenheit und verkehrte in der Hauptsache dann und wann mir im Hause des Herrn Privatus Walter, der in der Nähe wohnt. Am letzten Sonnabend vormittag 10 Uhr begab sich Herr Walter in das Grundstück der Frau Kobrzinowsky, um sich nach deren Befinden zu er kundigen, da dieselbe seit dem Dienstag Abend kein Lebenszeichen von sich gegeben hatte. Herr Walter fand die Thüre der Villa verschlossen und dabei fiel ihm auf, daß Hinterbein amGartenstackst befestigten Briefkasten mehrere Zeitungen sich vorfandsn. Da der mehrgenannte Herr Walter nach wiederholtem Rufen und Pochen keinen Einlaß fand, holte er einen Stuhl und sah auf demselben stehend durch ein Fenster, daß die alte Dame in ihrer Behausung mit einge schlagenem Stirnbein und mit dem Nacken auf einem Aufivaschfaß tot auf dem Rücken lag. Herr Walter begab sich sofort zum Herrn Gemeindevorstand Weichert, welch' letzterer in Begleitung des Herrn Dr. Dörfel, zweier Ortspolizisten und eines Schlossers an den Ort der grauenvollen That sich verfügten. Als die verschlossene Hausthür geöffnet war (der Schlüssel ist von dem Raubmörder wahrscheinlich mitgenommen und dann weggeworfen worden) fand man neben der Toten ein blutbeflecktes Beil, sowie nahe dabei eine Stufenleiter und einen Borstbesen, ein Beweis wohl dafür, daß die Ermordete bei dem Ueberfall mit dem Reinigen ihrer Behausung beschäftigt war. Die Montagsnummer eines hiesigen Abendblattes fand man mit Blut befleckt vor. Sowohl in den Räumen des Erdgeschosses als im ersten Oberstock war alles durchwühlt und umhergeworfen; was der Raubmör der an Wertsachen mitgenommen haben könnte, ent zieht sich noch jedweder Schätzung, da dealte Dame über ihre Vermögensverhältnisse niemandem Mittei lungen gemacht hat. Dahinüber soll sie sich wieder holt geäußert haben, daß sie ihr Besitztum zu wohl-