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Sachsen erhebt Protest im Reichsrat Aederrumpelimg r« Linder Anmögliches Labakfteuerkompromiß vraktnrolckung nasoror Lorltnvr Sokrittloitnng Berlin, 20. Nov. Der heutige Donnerstag wird im Ztcichsrat den Endkamps um das Finanz- und Wirtsckpafts- orogramm der 'Reichsregierung und den Haushalt für 1031 bringe». Die Ausschüsse treten mittags nochmals zusammen, um in dritten Lesungen die Nestpunkte bei den verschiedenen Ge setzentwürfen zu klären. In Neichsratskrcisen wird ange nommen, das? dies innerhalb von zwei Stunden möglich sein wird. Um fünf Uhr nachmittags beginnt dann die öffentliche Sitzung des Neichsrats, in der der Reichs kanzler und besonders der Rcichsaussenminister das Wort zu programmatischen Erklärungen ergreifen werden. Dr. Eurtius wird dabei, wie wir hören, eine Antwort an die Adresse Frankreichs richten und sich mit den Reden von Tardicu und Briand befassen» die praktisch das Ende der deutsch-französischen Verständigungspolitik bedeuten. Hinsichtlich »er rabaksteuernovelle kam heute vormittag ein Kompromiss zustande: Der in der Vorlage vorgeschlagenc Tabakzoll ist von 25» auf 20» Mk. bcrabgesetzt,- die Bandcrolensteuer für Pfeifentabak beträgt N Prozent, die für Zigarren 23 Prozent und für Zigaretten « Prozent. Die Materialsteuer für Zigaretten ist aus 45» Mrk für den Doppelzentner festgesetzt. Das Gesetz soll am >, Januar l»31 in Kraft treten. Mit den Aendcrungcn wurde die Vorlage gegen die Stimmen von Sachsen, Baden, Bremen und Hessen von den Ausschüssen in dritter Lesung angenommen. Tie Ncgi e r » n g hat sich mit den Beschlüssen der Ausschüsse einverstanden erklärt. Der Neichsfinanzminister teilte mit, dass die Tabakbelastung setzt schätzungsweise jährlich l.I b i s 1,5 Milliarde Mark erbringe. Die Negierung holte damit die Tabakfrage endgültig für erledigt, da ein Monopol auch keine höheren Erträge bringen würde. In der heutigen Ausschiisssitznng wird dann »och eine Aenderung des Wortlauts des 8 8 des Hanshaltgesetzes vor- lienommen werden müsse», der die Streichung von 1»» Mil lionen an den Länderüberivetsungen vorsieht. Bekanntlich soll den Ländern die Ersparnis aus der Vorverlegung des Termins der Gehaltskürzung belassen bleiben, und dos Reich wird ihnen zudem lü Millionen Vorzugs aktien der Reichsbahn übereignen. Dadurch ist die Streichung der 1»» Millionen Uebcrwetsungen eintgcrmassen ausgeglichen. Vertrauensvotum für Frist Weimar, 2». Rov. Vor den Abstimmungen im Thüringer Landtag gaben die Rcnierungoparteten eine gemeinsame Erklärung ab, in der zum Ausdruck gebracht wird, dass die Rechtsparteien die sozialdemokratischen Misstrauens- outräge gegen Staatsmiuister Dr. Frick und Staatörat Marsch! er lediglich alö S t ö r u » g s v c r s u ch e mit dem Endziel betrachteten, die Aufbauarbeit der jetzige» Landes regierung zu nutcrbinde» und unmöglich zu machen. Gegen diese durchsichtige Hältuug der Linksoppvsitio» würden die Regicruugsparteicn alles daransctzcn, die Geschäfte des Land- loges so zu beeinflussen, dass die Arbeit der Regierung uu- geslört svrtgesührt werden könne. Die Deutsche Volkspartei erklärte, dass ihr die Zustimmung zu dem Vertrauensvotum sür die Regie rung besonders auch dadurch erleichtert werde, dass sie mit den anderen Koalitionsparteien durchaus einig sei im Kamps gegen den Reichsinnenminister D r. W i rth um die weitere Gewährung der Polizei- kostcnzuschUssc. Die Bolkspartei sei entschlossen, die Thüringer Negierung auch weiterhin in diesem Kampfe ans das entschiedenste z« unterstützen. Die Nationalsozialisten sahen in dieser Vertrauenskund- gcbnng sür die Thüringer Regierung eine Demonstration gegen den Reichsinnenminister »nd gaben der Hossuung Ausdruck, dass die Thüringer KvaliiivnSparteien rücksichts los ihre» Einilnss bei der Reichsregierung anwende», um Dr. Lsirih aus dem Reichskabinett z» entfernen. Die Misstranrnsanträge wurden aus Antrag des Abg. Höscr (Landvolkp.s durch U ebergang zur Tagesprd. nnng erledigt. Das Vertrauensvotum wurde in namcnt- sicher Abstimmung In der Vorverlegung des Gehaltskürzungstermins wird Sachsen wohl auch in der Schlussabstimmung seine ablehnende Stellungnahme ausrechterhalten. Da die vom Reichskanzler ursprünglich vorgesehene schema tische N e a l st e u e r s e n k u n g in der geplanten Form nicht stattsiuden wird, wird man sächsischerseits diesem Gesetz jetzt z u st i m m e n können. Das Plafondgesetz, das eine gewisse Kontrolle des Reiches bei der Ausstellung der Länder und GemeindehauShalte vorsieht, ist in der Diskussion ausser ordentlich in den Hintergrund getreten. Ausserdem hat es insofern eine Auflockerung erfahren, als eine Eingriffs möglichkeit des Reiches in die Haushalte der Länder und Gemeinden, die eine allzu starke Beeinträchtigung der Selb ständigkeit der Länder zur Folge gehabt haben würde, nicht in der schroffen Form mehr möglich sein soll, wie ursprüng lich vorgesehen war. « Die heutige Mittagssitzung der Reichsratsausschüssc hat eine für Sachsen höchst überraschende Wendung genommen. Während bisher zuverlässig verlautete, dass die Verhandlun gen in der Tabakstcucrsrage sür eine sür die sächsische Wirt schaft cinigcrmasscn tragbare Lösung führen würden, haben die Ausschüsse heute, ganz überrascheudcrweisc. beschlossen, die Materialstcucr sür Zigaretten aus 45« Mark pro Doppel zentner fcstzusetzen. Eine solche Ucbcrbestcuerung muss naturgemäß für die Zigarettcnindustrie geradezu ruluöS sein. Infolgedessen hat der sächsische Bevollmächtigte sofort Einspruch ei »gereicht und wird in der Voll sitzung heute abend eine zweite Erklärung abgebcn, in der sich Sachsen gegen diese llebcrrumpelung schärfsten« verwahrt. Ferner wird Sachsen eine Erklärung abgebcn, in der eine scharfe Verwahrung gegen die Beeinträchtigung der sächsischen Wirtschaft bei Vergebung der Reichs au ft rüge zum Ausdruck kommen wird. Am -ie Senkung -er Realsteuern Die sächsische Staatskanzlci teilt mit: Durch die Presse geht eine Mitteilung, dass Sachsen keine Lenkung der Real steuern im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf der Reichsregierung über die Senkung der Realfteuern vornehmen wird. Diese Meldung eilt den Tat sachen voraus. Sie ist offenbar dadurch entstanden, dass jetzt in den Gesetzentwurf der Reichsregierung eine Bestimmung ausgenommen worden ist, nach der dann, wenn in einem Lande die Rcalstcuerbelastung seit Beginn des Rechnungs jahres tllLii im Durchschnitt sich nicht wesentlich erhöht hat und das Land mit schwebenden Schulden in ausserordentlichem Umfange belastet ist, die oberste Landesbehörde bc- timmen kann, dass eine Senkung der Realfteuern nicht statt- indet. Falls dieser neue Paragraph Gesetz werden sollte, würde es Ausgabe der Landesregierung sein, die erforder liche Entschlicssung zu fassen. mit 28 gegen 25 Stimme» angenommen. Der Demokrat stimmte gegen die Rechte. Der kommunistische Misstraucnsantrag wurde mit 28 gegen 24 Stimmen in namentlicher Abstimmung ab- gclehut. Hier enthielt sich der Demokrat der Stimme. Die Regierunys-jl-ung in Oesterreich Bedeutsame Beschlüsse der Ehristlich-Sozlalcn Wien, 2». Nov Am Mittwoch fand die Konstitutcrung der christlich-sozialen Fraktion im Nationalrat statt, an die sich Beratungen über das weitere Vorgehen schlossen. Zum Vor sitzenden wurde Landeshauptmann Dr. B u r c s ch wieder- gcwählt. Das Ergebnis der Beratungen war, dass der Frak- tionsvorsitzendc beauftragt wurde, sowohl mit dem Schober- block als auch mit dem Heimatblock Verhandlungen wegen einer Mehrhcitsbildung im Parlament anzubahnen. In der Entschließung, die üb'r die Beratungen ausgegeben wurde, wird ausdrücklich sestgcstellt: „Alle Mitglieder erachten sich auf das christlich-soziale Programm verpflichtet, stehen aus dem Boden der Verfassung unter Ablehnung aller Methoden gewaltsamer Aenderungen derselben. Die Mitglieder des Klubs sind durch das Programm der Partei gebunden. Keins derselben ist einer ausserhalb der Partei stehenden Gruppe verpflichtet." In diesen Sätzen ist eine deutliche Ab- l c b n » n g a I l e r P »t s ch a b s t ch t e n enthalten und gleich zeitig wird sestgestclit. dass jene Mitglieder der Partei, die in der H e i m w e h r b e w e g u n g stehen, sür sich einzig und allein die politischen Linien der Christlich-sozialen Partei für massgebend erachten. In der Umgebung Dr. Schobers verlautet, dass eine KabiiiettSbilduug mit dem jetzigen Bundeskanzler aus geschlossen erscheine: auch sür ein Kabinett mit Dr. Seipel an der Spitze besteht wenig Stimmung. Dr. Blüher legt fein Mandat nieder Wie wir erfahren, hat Abg. Blüher, der Fraktionö- vorsitzende der Deutschen Volkspartei im Sächsischen Landtag, infolge des Misstrauensvotums des Landesvorstandes wegen der Präsidentenwahl sein L a n d t a g s ui a n d a t heute niedergclegt. Sein Nachfolger ist der Parteisekretär Dieck mann. Dr. Blühers Schreiben, durch das er sein Mandat niederlegt, wurde heute vom Präsidenten Weckcl in der Landtagssitzung verlesen. Di» Lan»tagsfraktion »er Deutschen Bolkspartei nahm in ihrer heutigen Sitzung Stellung zu den bekannten Vorgängen, die mit der Wahl des Landtagsprüsidenten zu- sammenhäugen. Folgende Entschließung wurde von ihr an genommen: Die Landtagssraktion der Deutschen Volkspartei bedauert, dass die Entschlicssung des Landesoorstandes kein Verständnis zeigt sür die Gründe, die sür ihre Entscheidung bei der Laud- tagopräsidcntcnwahl massgebend waren. Jedenfalls stellen wir fest, dass unsere Entscheidung keineswegs ein Abweichcn von der politischen Linie bedeutet, die wir mit dem Kamps gegen die Sozialdemokratie zu verfolgen haben. (Bericht über die Laudtagssitzung aus Leite L.f ..So. x" na» La evnnm Märtet vraktinoltlung unsoror Sorlinor Lcdrlltloltung Berlin, 2». Nov. Das Dornicrflugzeug ist in Bordeaux heute vormittag 11,1» MEZ. zum Fluge nach der spanischen Hafenstadt La Coruna gestartet. „Do. X" wird zuerst die Gironde entlang fliegen, um das Meer zu erreichen. Es steht noch nicht fest, ob das Flugschiss den Kurs guer über den Golf von Biskaua aus die Nordwestecke Spaniens nehmen, oder ob es der Küste folgen wird. Im erstcrcn Falle wird die Entfernung sür diese Etappe rund »»», andernfalls etwa 75» Kilometer betragen. Um 11,4» Uhr MEZ. sandte „To. X" folgenden F- unkspruch: „Mit 4» Tonnen Gewicht nach La Coruna gestartet, cls Passagiere, Flugschiis und Motoren in bester Ordnung. Wir fliegen, um abzukttrzen, seit 15 Minuten über Land. Meeresküste in Sicht. Flughöhe 1»» Meter, teilweise noch niedriger. Nächtliche seanMche Luslmamver Paris, 2». Nov. Toulon war vom Mittwochabend an in tiefes Dunkel gehüllt. Die dortigen Fliegerstaffeln unter nahmen in der Nacht ausgedehnte L u s t in a n ö v c r, an denen sich sowohl schwere Bombenflugzeuge als auch Jagb- maschinen beteiligten. Sämtliche Privathäuscr dursten von 23 Uhr an kein äusserlich sichtbares Licht mehr haben. Die Automobile mussten mit abgeblendetcn Scheinwerfern ver kehren, und selbst die Eisenbalmverwaltung war gebeten wor den, die Beleuchtung der tm Weichbild der Stadt verkehren den Züge auf ein Mindestmass zu beschränken. Der General angriff der schweren Bombenflugzeuge auf die Stadt fand zwischen 4 und 414 Uhr morgens statt. Die Lust war von dem tiefen Surren der schweren Maschinen erfüllt, in das sich der Helle Ton der Jagdflugzeuge mischte. Zweck des Manövers war es, festzustellcn, ob die vollkommene Dunkelheit einer Stadt den Luftangriff behindert. Ein Beispiel sür den RevnkailonWalniiinn Stockholm, 2». Nov. „Svenska Dagbladct" beschäf tigt sich in einem Leitartikel mit der Tributsrage und ihrer Verbindung mit der Weltwirtschaftskrise. Die schwedische Zeitung kommt zu dem Ergebnis, dass der Welthandel nur durch die Deutschland aufgezwuugcne Aussubrsteigcruug ge stört werde. Vor dem Kriege habe Deutschland eine Mil liarde mehr verbrauchen können als es erzeugt habe, während es jetzt drei Milliarden mehr erzeugen müsse als es verbrauche. Dieser riesige Unterschied müsse aus die Länder znrückfallen, mit denen Deutschland in Handelsverbindnug steht. Die Zei tung führt folgendes Beispiel an: In einem Land, das von Deutschland jährlich sür 84 Millionen Mark Reparationen entgcgennimmt, wovon 2» Millionen in bar gezahlt werden, re! '-- man kürzlich auf dem Bahnhof der Hauptstadt einen Lokomotivenpark von dreißig bvpcrmodcrnen Schnell- zugSlokomotiven est. Diese Maschinen haben dort bereits seit einer ganzen Reihe von Jahren gestanden, können aber infolge des schlech ten Schienennetzes in dem betreffenden Lande nicht verwendet werden. „SvenSka Dagbladet" betont zum Schluss noch ein mal, dass die normale Entwicklung in den meisten Industrie ländern durch die unvernünftigen Reparationen gestört wirb. Ambil-uno -er polnischen Revierunv? Warschau, 2«. Nov. Wie gerüchtweise verlautet, steht eine Umbildung der gegenwärtigen Regierung bevor. General Pilsudski. so heisst cs, werde von seiner Stellung als Ministerpräsident znrttcktreien und nur das Portcsenille des Krieg smtnifters behalten. Als Rack, solger PUsndski» als Ministerpräsident wird der gegenwärtige Minister ohne Portefeuille Oberst Beck genannt. Beilegung »er MtugWeu Regierungskrise