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Leipziger Tageblatt und 258. Anzeiger. Mittwoch, den 15. September. 1847. Bekanntmachung. Mit Rücksicht auf die gemacht« Wahrnehmung, daß. neuerlich mehrfache Fälle von Varioliden in hiesiger Stadt sich gezeigt haben, soll in diesem Jahre, damit bereits- geimpfte Personen sich revacciniren, diejenigen abdr, welche noch nicht geiürpft sind, sich annoch impfen lassen können, eine fernerweite unentgeltliche Impfung der Schutzpocken vorgenommen werden und es wird dieselbe hiermit allen unbemittelten Personen jeden Alters, welche in hiesiger Stadt, den Vorstädten und den zu der Stadt, dem Königlichen Kreisamte und der Universität gehörigen Dörfern wohnen, angeboten. Dieselbe soll von künftiger Woche an während eines Zeitraumes von sechs Wochen und zwar in jeder Woche ^ Donnerstag- Nachmittag- von L bi- 4 Uhr auf dem Rathhause allhier zwei Treppen hoch in einem daselbst linker Hand befindlichen Locale stattfinden. Leipzig, den 23. August 1847. (1^. 8.) Der Rath der Stadt Lei vr. Gross. Die Einweihung der Turnhalle am IB. September. Am 12. September wurde die neuerbaute hiesige Turn halle eingeweiht. Außer den zahlreichen hiesigen Eingeladenen waren auch Abgeordnete benachbarter Turnvereine anwesend. Die Feierlichkeit wurde mit der Jubelhymne von C. M. v. Weber eröffnet; hierauf folgte der Gesang eines Liedes durch die Turner, dem sich die Festrede des Vorsitzenden Herrn vr. Schreber anreihte. Er sagte darin unter Anderem: wir müßten uns Glück wünschen zu dem Aufschwung, den das Turnwesen wieder nähme; bei einem Volke, von dem wir noch jetzt in Kunst und Wissenschaft unsere Muster ent lehnten, bei den Griechen, habe die Gymnastik in hohem An sehen gestanden und es habe den praktischen Beweis geliefert, daß nichts geeigneter sei, neben geistiger Thätigkeit, die Doppelnatur des Menschen ebenmäßig auszubilden. Bei unS sei das anders geworden und man habe am Ende durch einseitige geistige Ausbildung den Körper und seine Ent wickelung geradezu benachtheiligt, bis Männer, wie Basedow, Galzmann, Jahn rc. den hohen Werth der Gymnastik und Turnerei wieder zur Anerkennung gebracht. Es müßte selbst dahin kommen, daß noch Greise an den Uebungen mit Nutzen für ihr physisches und geistiges Wohl Theil nehmen. Nach dem der Redner angedeutet, daß fremdartige Beimischungen der Turnerei fern bleiben müßten, schloß er mit einem Dank an Alle, welche dem hiesigen Turnverein durch ihre thätige Mithülf^förderlich gewesen wären. Der Gesang des Bundes- liedeS: „Auf Turner, laßt an diesem Tag der Weihe" rc. welche- von sämmtlichen Anwesenden gesungen wurde (es waren gedruckte Exemplare vertheilt worden) endigte den Act der Einweihung in der mit Guirlanden und der Turner fahne geschmückten Turnhalle. Nun folgten außen auf dem Platze meistens mit viel Geschick und Gewandtheit ausgeführte Turnübungen, welche der geräuschlose Abzug der Turner schaar zum Livolifestmahle schloß. k. Gustav Heinrich Wilhelm und Johanne Auguste ÄlbirhE. Nach dru bet dem Königl. Krei-amte darüber ergangenen Acten mitge- theilt von Pastor N. Volbeding.*) Allgemeines Entsetzen erregte in und außerhalb unserer Au- deu „Mittheilungen au- der Parochie Schönefeld. // p L r g. Gemeinden das schreckliche Ende der oben Genannten, welche am 16. August aus Sellerhäuser Flur erschossen gefunden wurden. — Gustav Heinrich Wilhelm, 18 Jahre alt, war ein nachgelassener Sohn des Schmiedemeisters Carl Gottlieb Wilhelm in Großböhla, dessen Mutter jetzt in Zävertitz lebt. Johanne Auguste Abicht, Tochter des Brodbäckers Heinrich Christian Abicht in den Straßenhäusern bei Volkmarsdors, wurde geb. in Volkmarsdorf den 25. Febr. 1831. Zwischen Beiden fand seit längerer Zeit ein Liebesverhältniß Statt und obwohl Wilhelm von seinen Anverwandten gewarnt wurde, das Verhältniß aufzugeben, da er durch dasselbe zu einem Aufwande veranlaßt werde, welcher seinen Verdienst übersteige, so erneuerte sich dasselbe doch wieder. Am Sonn abend den 14. wohnten Beide einem Tanzvergnügen im Odeon in Leipzig bei, und kehrten von demselben erst Sonn tag den 15. früh um 7 Uhr zurück. Diesen Sonntag sollte sowohl Wilhelm, als auch die Abicht zu Hause zu bringen, von seinen Anverwandten war es wenigstens Wil helm ausdrücklich untersagt, auszugehen. Nichts desto we niger nahmen Beide am Sonntag Abend an dem Tanze auf den drei Mohren, in Anger, Antheil. Das Mädchen in ihrer gewöhnlichen Hauskleidung. Bis nach 1 Uhr früh, Montag den 16., sollen sie in dem Saale anwesend gewesen sein. — Am Morgen des 16. August, Montag, sah die Ehefrau des Hausbesitzers Schmidt aus Sellerhausen, welche auf einem Stück Pachtfelde beschäftigt war, in einiger Ent fernung Beide liegen, ohne sich indeß näher um sie zu be kümmern, da sie der Meinung war, es seien zwei schlafende Personen. Der Erste, welcher die Entseelten, ungefähr halb 1V Uhr Vormittags, fand, war der Gutsbesitzer Herr Ax, mann aus Sellerhausen. Dieser gewahrte neben den Leich namen ein Pistol, einige Pappkästchen — in einem derselben war ein Haarband befindlich — und eine kleine Düte mit Schießpulver. Durch Herrn Axmann wurde der Gutsbesitzer und Gerichtsschöppe, Herr Fichtner, sogleich in Kenntniß von dem Geschehenen gesetzt und während durch denselben die Anzeige bei dem Königl. Kreisamt — welches die Ober gerichte ausübt — erfolgte, war der zum Flurschutz in Seller hausen anwesende Schütze als Wache zu den Leichnamen gestellt. — Die Leichname lagen in Sellerhäuser Flur an dem Fußwege, welcher von Anger nach Sellerhausen durch die Kohlgärten führt und zwar zur linken Seite dieses WegeS,