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MsdrufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das ^Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpjg. Alle Postanstalten, Post- nehmens jeÄ."'ei?V" Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Mngm Falle höher» Gewalt, ' - Krieg oder lonsiiger Be- Irrebsstörungen besteht kein Anjpruck aus Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: Lie 8gelpaltene Raumzelle 2V Rpsg., die 4gespaltenc Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs«' Pfennige, die 3gespaliene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweilungsgebühr 20 Reichrpicnnige. Dor«i geichriebeneiiricheinung-. k?-« tage und Blatzvorlchristen^ werden nach Möglichkeit Fernsprecher: AMt ArtlSorUss "lk. v berücksichtigt. Anzeigen« annahmebisvorm.lüUhr. Fü, die Richtigkeit der, durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabaltantpruch erlijcht, wenn der Betrag durch Klage eiugezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 236 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Freitag, den 7. Oktober 1932 Poslicheck: Dresden 2640 Uecbilole Mincksrheiten. Diplomatie in Hemdsärmeln. Das Zwischenspiel der geplanten Fünfmächte konferenz in London ist überaus disharmonisch ge worden, aber Macdonald steckt die Abweisung ein, die von Paris aus kommt. Im übrigen müssen wir Deutsche ihm das Bedauern hierüber schon deswegen versagen, weil zwar sein Wille gut war, aber nicht gerade sehr geschickt die Art, wie er es versucht, Deutschland und Frankreich wieder an einen gemeinsamen Verhandlungstisch zu bringen, übrigens ist es ihm nicht zum erstenmal von einer französischen Regierung angetan worden, daß sie ihn als englischen Ministerpräsidenten mit einer Konferenz „aufsitzen" ließ. Zu „rechter Zeit" gab es im Januar dieses Jahres, als nach Fertigstellung des Baseler Sach verständigenberichts in Ouchy bei Lausanne eine Konfe renz der Unterzeichner des Noung-Plans stattfinden sollte, zunächst einmal eine Ministerkrise, und dann verstand es Lavals Nachfolger Tardieu geradezu ausgezeichnet, so viele Einwände, Anfragen, „Voraussetzungen" u. dergl. vorzubringen, daß aus der ganzen Geschichte nichts wurde. Die damalige Situation hat überhaupt eine gewisse Ähn lichkeit mit der jetzigen. Vor der in Lausanne anberaum ten Reparationskonferenz war die deutsche Erklärung ver öffentlicht worden, daß wir weitere Reparationszahlungen nicht mehr leisten können, — und prompt wurde dem französischen Ministerpräsidenten von Parlament und Presse empfohlen, erst gar nicht nach Ouchy zu gehen, weil das ja im Hinblick auf jene deutsche Erklärung keinen Zweck hätte. Außerdem bestände die Gefahr einer „Isolie r u n g" Frankreichs, weil England und Italien sich vielfach und recht unzweideutig für ein^ Streichung der Reparationen ausgesprochen hätten oder doch zum min desten für eine radikale Umänderung des Doung-Plans. Tardieu hat es ja denn auch erreicht, die Sache „diploma tisch" so zu „schieben", daß die Lausanner Konferenz erst fünf Monate später stattfand und bis dahin eine für Frankreich sehr viel günstigere politische Konstellation her gestellt war, man auch Macdonald und die englische Politik so gründlich eingefangen hatte, daß am Schluß der Lau sanner Konferenz der bekannte „V e r t r a u e n s p a k t" zwischen England und Frankreich abgeschlossen wurde. Es schien ein gewisses Abspringen von dieser „Entente voicliaw" zu bedeuten, daß Macdonald — trotz der eng lischen Note gegen Deutschlands Streben nach prinzipieller Rüstungsgleichberechtigung und nach nationaler Sicherheit — nun seinen Vermittlungsversuch in die Wege leitete. Deutschland kam ihm dabei sehr weit entgegen. Es war einverstanden damit, daß gar nichts vorweggenommen werden sollte, verlangte aber auch, daß man nun all seits unbeschwert mit dem Gepäck vorhergehender „Fest legungen" nach London käme. Eine wirkliche „Aus sprache" sollte stattfinden, eine „gegenseitige persönliche Fühlungnahme". Deutschlands Regierung gab also, diplo- plomatisch ausgedrückt, seine „grundsätzliche Verhand lungsbereitschaft" zu erkennen. Aber Herriot wiederholt das Spiel seines Vor gängers. Erst schlägt er Genf an Stelle von London als Tagungsort vor, dann verlangt er die Hinzuziehung von Vertretern einiger Staaten, die im französischen Fahrwasser segeln. Dann fordert er eine ausdrückliche Festlegung darauf, daß „vom Thema nicht gesprochen werden dürfe", alfo nicht von der deutschen Stellungnahme hinsichtlich unserer militärischen Gleichberechtigung in der Wehrfrage. Die kleineren Mächte werden von Paris aus mobil ge macht und drücken die „Befürchtung" aus, man werde sich in London über ihre Köpfe weg einigen, kurz — Herriot läßt den ganzen, gut geölten diplomatischen Apparat spielen, um die Konferenz zu hintertreiben. Sein Ziel ist in der Antwortnote an Deutschland genau fest gesteckt: Völkerbundrat und — auch nicht einmal unbedingt — Abrüstungskonferenz sind die Stellen, wo Deutschland mit seinen Forderungen vor den Richterstuhl der Ent scheidung zu treten habe. Und seine Weigerung, als offizieller Verhandlungspartner an der vorgeschlagenen Konferenz teilzunehmen, ist so unzweideutig, so kategorisch, daß man kaum noch von diplomatischen Verhüllungen, sondern eher von einer „Diplomatie in Hemds ärmeln" reden kann, die ganz unbekümmert und rück sichtslos nnr ans das eigene Ziel lossteuert: und herzlich gleichgültig ist, daß sie dabei auch das „befreundete" Eng land in eine wenig angenehme Verlegenheit hineinstößt. Kommt es also endgültig nicht zum Zusammentritt der Konferenz, dann wird man in Paris auch wieder bloß ein Achselzucken für den Vorwurf haben, daß durch die Alleinschuld Frankreichs auch dieser zweite Ver buch gescheitert wäre, die mit Elektrizität geladene politische Atmosphäre zu entspannen. Denn man weiß ja aus der Erfahrung des Januar, daß sich England schließlich doch dieser französischen „Politik in Hemdsärmeln" fügt. Kriegsschuldenkonferenz Anfang 1933 Das amerikanische Staatsdepartement erklärt, daß rine Konferenz über die an Amerika fälligen Kriegsschul den etwa Anfang nächsten Jahres stattfindcn werde. Man glaubt, daß die Konferenz in London abgchalten wird. Deutscher Muderheitenvorstoß. Scharfe Kritik an der Minderheitenpolitik des Völkerbundes. Der Führer der deutschen Abordnung, Gesandter von Rosenberg, hielt im politischen Ausschuß der Völkerbundversammlung eine Rede, in der er den grund sätzlichen Standpunkt der deutschen Regie rung zur Minderheitenpolitik des Völker bundes darlegte und scharfe Kritik an den bisherigen Minderheitenverfahren übte. Er führte u. a. aus: Gegenwärtig werden nur solche Beschlüsse und Ent scheidungen veröffentlicht, die entweder Fälle von ge ringerer Bedeutung berühren oder zugunsten der be teiligten Regierungen ausgefallen sind. Dagegen muß eine größere Öffentlichkeit des gesamten Verfahrens und die Bekanntgabe der Entscheidungen wesentlich dazu beitragen, den Schutz der Minderheiten wirksamer zu gestalten und bei den Minderheiten selbst das Gefühl der Sicherheit zu stärken. Die Erklärungen des deutschen Vertreters lösten eine große politische Aussprache aus. Im Namen von Polen, Rumänien, Südslawien, Griechen land und der Tschechoslowakei gab der süd slawische Staatssekretär des Auswärtigen eine ungewöhn lich scharfe, fast grobe Erklärung ab. Für die Behandlung der Minderheitenfrage sei allein der Völkerbundrat zuständig. Die fünf Mächte erklärten sich daher nicht in der Lage, das Recht des Politischen Ausschusses und der Völkerbund Versammlung zu einer allgemeinen Aus sprache und insbesondere zur Annahme von irgendwelchen Entschließungen in der Minderheitenfrage anzuerkennen. Dagegen traten die Vertreter von Holland und Nor wegen eindeutig für den deutschen Standpunkt auf Ausbau und Abänderung des bisherigen Beschwerdever- sahrens ein. Der polnische Außenminister Zaleski gab die Er klärung ab, die polnische Negierung stelle sich unein geschränkt auf den Boden der Erklärungen der fünf Der englische Geschäftsträger in Berlin, Newton, suchte das Berliner Auswärtige Amt aus und teilte mit, daß die englischen Bemühungen um das Zustandekommen der Fünfmächtelouferenz zur Besprechung der deutschen G l e i ch b e r c ch t t g u n g s f o r d e r u n g weitergingen. Entgegen der allgemeinen Annahme, hat er nichts davon mitgeteilt, daß die englische Negierung beab- sichtige, ihren Vorschlag aus Abhaltung einer Konferenz zurückzuziehen. Vertagung der Londoner Konferenz. Wie von zuständiger Pariser Stelle mitgeteilt wird, hat der englischer Botschafter Lord Tyrell am Quai d'Orsay Vorgesprächen, wo er im Auftrage seiner Negierung mit teilte, daß der ursprünglich in Aussicht genommene Zeit punkt für den Zusammentritt der geplanten Londoner Konferenz bis aus weiteres vertagt worden sei. Die Be sprechungen zwischen London und Paris würden in freundschaftlichem Geiste fortgesetzt. * Washingtons Stellung. Berlin, 7. Oktober. Berliner Blätter bringen eine Meldung aus Washington, in der es heißt, Amerika sei zwar bisher nicht aufgefordert worden, sich an den Londoner Be sprechungen zu beteiligen; es wäre aber möglich, daß man, falls Europa das wünschen sollte, einen Vertreter entsenden würde. * Die angeblichen demschen Rüstungen. Nach den französischen Geheimakten. In englischen Zeitungen werden Andeutungen gemacht über den Inhalt der französischen Aktensammlung über die angeblichen deutschen Geheimrüstungcn. U. a. werde in den Akten festgestellt, was alle Welt wisse, nämlich, daß das deutsche Heer mit Papptanks und anderen „verbotenen Waffen" übe. Hieraus wird gefolgert, daß Deutschland auch Be stände an wirklichen Tanks usw. haben müsse. Ferner werde Klage darüber geführt, daß die deutschen Polizei kräfte in weitem Ausmaß aus militärischer Grundlage organisiert seien und zusammen mit der Reichswehr „S t o ß t r u p p e n" bilden. Der Stahlhelm und ähnliche Organisationen würden eine Reserve von 600 000 „ziemlich gut ausgebildeten" Leuten stellen, von denen man glaube, daß sie moderne militärische Ausrüstung hätten. Die Zivil flugzeuge könnten sofort in Bombenflugzeuge verwandelt werden. Die weniaen erlaubten schweren Mächte. Sie habe nicht die Absicht, eine allgemeine Aussprache über die Anwendung und die Abänderung des Minderheitenschutzverfahrens herbeizuführen. In denjenigen Staaten, die sich heute als die be sonderen Beschützer der Minderheiten aufwerfcn, müßten jetzt vor allem Minderheitenschutzbcstimmungen geschaffen werden. Unerträglich sei auf die Dauer der Zustand in einem Staat, der die Minderheitenschutzverpflichtung an seiner Ost grenze übernommen hat, während seine eigenen Minderheiten an seiner West grenze im benachbarten Staat ohne jeden Schutz seien. Man erwartet allgemein, daß die deutsche Abordnung über die heutigen Erklärungen hinaus zu formulier ten Anträgen übergehen und damit eine Stellung nahme der in den Minderheitenfragen scharf getrennten Front der Staaten herbeiführen werde. Die Aussprache ergab im großen und ganzen, daß Holland, Dänemark, Österreich, Bulga rien und Ungarn eine weitgehende Verbesserung und einen Ausbau des bisherigen Minderheitenschutzes for dern. Die Erklärungen Zaleskis werden allgemein als eine Anfrage an die deutsche Regierung aufgefaßt, ob sie bereit sei, einen Minderheiten-Schutzvertrag für die polnische Minderheit in Deutschland einzugehen. Die Mnderheitenaussprakke in Genf ergebnislos abgeschlossen Die große Aussprache im politischen Ausschuß der Völkerbundsversammlung über die Minderheitenfrage ist ohne jedes sachliche Ergebnis abgeschlossen worden. Von der Annahme irgendwelcher praktischen Entschließungen und Empfehlungen und der von Deutschland geforderten Verbesserung oder Ausbau des bisherigen Minderheits verfahrens konnte abgesehen werden, da von deutscher Seite keinerlei dahingehende Anträge eingegangen waren. Festungsgeschütze könnten sofort mobil gemacht und die landwirtschaftlichen Zugmaschinen sofort inTanks verwandelt werden. Es ist wirklich schade, daß Herriot sich seine Absicht, die Aktensammlung dem Völkerbund vorzulegen, noch ein mal überlegt hat. In die trockenen Verhandlungen des Völkerbundes hätte die Bekanntgabe dieser erschütternden „Geheimrüstungen" sicherlich eine humoristische Note gebracht. * Der neue französische Abrüstunasplan. Kontrollsy st em mit Sanktionsmaß- nahmen. Der in Vorbereitung begriffene neue französische Ab rüstungsplan enthält, wie die halbamtliche französische Agentur Havas glaubt Mitteilen zu können, eine Reihe von Vorschlägen für den Abschluß von Konsultativabkom- mcn. Das Kontrollsystem soll eng mit gewissen Sanktions maßnahmen verbunden sein. Die in Artikel 5 des Ver sailler Vertrages enthaltenen Militärklauseln sollen jedoch mit einigen Abänderungen ausrechterhalten werden. Vor wichtigen Kabinettsbeschlüffen. Arbeitsvcrgcbung durch die öffentliche Hand. Das Reichskabinett hat seine wirtschafts politischen Beratungen wieder ausgenommen, nach dem umfangreiche Vorarbeiten der Ressorts jetzt fertig- gestellt worden sind. Es handelt sich dabei auch vor wiegend um die Frage, inwieweit das Arbeits beschaffungsprogramm der Landgemein de n in den Arbeitsplan der Reichsregierung eingegliedert werden soll. Dieses Programm verlangt neben der Ankurbelung durch die freie Initiative der einzelnen Unter nehmer eine direkte Vergebung größerer Aufträge durch die öffentliche Hand. Die Frage der Finan zierung spielt hier eine ausschlaggebende Nolle und das Kabinett wird jetzt zu ihr Stellung nehmen. Ferner wird sich das Kabinett mit der außen politischen Lage beschäftigen. Wenn auch das Scheitern der beabsichtigten Londoner Konferenz kaum eine Änderung in der bisherigen Haltung Deutschlands in der Gleichberechtigungssrage der Abrüstungskonferenz gegenüber mit sich bringen kann, so wird doch die weitere Stellungnahme Englands zu der französischen Ab lehnung der Fünfmächtebesprechung eventuell neue An- WM setzt die MiiMW mdie Mnsmnz fort