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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.12.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188512034
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18851203
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18851203
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-12
- Tag 1885-12-03
-
Monat
1885-12
-
Jahr
1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.12.1885
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Erscheint täglich früh SV. Uhr. Aedcrti«« und Lrpeditioa Johannesgassc 8. Sprechstunden der Nedartion: BormiNogs 10—12 Uhr. N-chnntiag- ö—6 Uhr. «In d» «»«,,», «»,rii,>dlkr M.imlcr»«» »»«« M M»«Uu>a olchl «nuotz»« »er sür vie uä»ftt«l,e»»« «»»«er »eftt««tkn Inserate «» 8«chruta,en dt« 3 Uhr Nachmitta,«. «» S«nu- und Arfttaaeu früh b,« '»S Uhr. 3« den /iliulen für Ins.-^nnassme: Ltt« klemm, Universitälsstraße 1. 1'nut» Lösche, Katharmenftr. 23, p. nur dt« '/.L Uhr. chügrr TasMatt Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage .zdonnemrntrprei« vienelj. 4'/, MH. tucl. vnogenoho 5 Mt.. durch die P»ft bezogen k Mk. Jede einzelne Nummer 00 P Belegexemplar 10 Pf. Gebühren lür Extrabeilnaea (in Tageblatt-Formal gefalzt) »hne Postbesörderung 39 Mk. «i» Pokbesorderuag 48 Mk. Inserate Sgejpaltene Petitzeilr 20 Pf. GrShere Schrillen laut nni. Preisverzrichniß. Tabellarischer u. Zifferuiatz nach höhrrm Tarif. tlrrlamrn »Mer dem Redaeiionsftrich die4geioalt. Zeile 50 Pi„ vor den Familiennachrichten die Kgefpaliene Zeile 40 Pi. Joteraie find »e«, an die Eppesitinn za ienven. — Rabatt wirb nichl gegeoen. Zahlung pnieoumermulo oder dura, Post- naainahme. 3Z7. Donnerstag den 3. December 1885. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekaulümachuug. Da« 13. Stück des diesjährigen Gejey- und Verordnungs blattes für daS Königreich Sachsen ist bei un« eingegangen und wird bis zum 17. dieses Monats auf dem RathhauS- saale zur Einsichtnahme öffentlich auShängen. Dasselbe enthält: Nr. 55. Bekanntmachung, eine Anleihe der Baubank für die Residenzstadt Dresden betreffend; vom 24. October 1885. Nr. 5«. Verordnung, die weitere Abtretung von Grund» eigenlhum zur Erbauung einer schmalspurigen Sccundäreisenbahn von Station Willschthat der Chemnitz Annabergrr StaatSeisenbahn nach Ehren» sriederSdors mit Zweigbahn von Herold nach Thum aus Staatskosten betreffend; vom 3. November 1885. Nr. 57. Verordnung zu Abänderung der Verordnung vom 15. September 1836, die wegen des Petschirstechen» und de- StcmpelschneidenS zu führende polizeiliche Aussicht betreffend; vom 4. November 1885. Nr. 58. Bekanntmachung, die Vornahme einer Ergänzungs- Wahl für die erste Kammer der Ständeversammlung betreffend; vom 7. November 1885- Nr. 59. Verordnung über Abänderung der Verordnung vom 15. October 1874, die Besorgung der in tz. 9 des GesetzeS vom 21. April 1873 gedachten Ver- waltungsangelegenheiten betreffend; vom 21. No vember 1885. Leipzig, den 1. December 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Krumbiegcl Bekanntmachung. Nach S. 4 de» nachstehend adgevrucklea Regulativ« der Friedensstistung sind die Unterstützungen au« dieser Stiftung am Tage VeS Friedensschlusses, sonach am 2. März, zu ver theilen und fordern wir daher Diejenigen, welche um solche Unterstützungen nachsuckeu wollen, hierdurch auf, ihre Gesuche bis zum 3l. Januar 1886 mit den nöthigen Bescheinigungen bei un- einzureichen. Spätere Anmeldungen würden für diesmal unberücksichtigt bleiben müssen. Im Ucbrigrn verweisen wir auf unsere nachstehend wieder abgedruckte Bekanntmachung vom 2l. Juni 1875. Leipzig, am 2. December 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. L. Bekanntmachung. Nachdem wir die Bestimmungen des Regulativ» für die Friedensstistung der Statt Leipzig in einigen Punclen unter Zustimmung der Stadtverordnete» abgeändert haben, bringen wir das abgeänderte Regulativ nachstehend zur allgemeinen Kenntniß. tz. l. Der Zinsfuß de» StiftungscapitalS an 60,000 wird ans 5 Prccent jährlich festgesetzt. Die Zinsen lausen vom 1. Januar 187 l an. tz. 2. Die Zinsen werden verwendet zur Unterstützung solcher in Leipzig wohnhafter Invaliden und Angehörigen von Gefallenen oder verstorbenen Invaliden au» dem Kriege 1870/71, die einer Hilfe dringend bedürfen. tz. 3. Ueber die Gewährung der Unterstützung beschließt eine au» je 3 Mitgliedern des Raths und der Stadlverord neten zu bildende Deputalion. tz. 4. Die Berlhcilung der Unterstützungen findet regel mäßig alljährlich am Tage de» Friedensschlüsse» statt; au» »ahmSweise können Unterstützungen auch außer dieser Zeit »ach Ermessen der Deputation gewährt werden. tz. 5. Ueber Einnahmen und Ausgaben wird der Rath alljährlich Rechnung ablcgen. tz. 6. Abänderungen diese» Regulativ» bleiben dem übereinstimmenden Beschlüsse des Rath» und der Stadtver ordneten Vorbehalte» Leipzig, am 21. Juni 1875. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Koch. G. Mechler. Bekanntmachung. Die von unS unter dem 17. November v. I». erlassene Bekanntmachung zu Ausführung dcS tz. 76 des Reichsgesetzes vom 15. Juni 1883, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, wird, obschon wir zu deren genauer Befolgung die Vorstände der davon betroffenen Krankencaffen durch Bekannt machung vom 7. Mai lsden. Js. wiederholt dringend aus- gesordert haben, noch immcr nickt genügend in Obacht genommen, insbesondere aber hat sich gezeigt, daß auch jetzt noch Meldungen eingehen, bei denen der Tag, an welchem der Austritt bez. Ausschluß der auSacschiedciien Mitglieder geschehen ist, nickt angegeben wird. Wir weisen deshalb die Vorstände der betreffenden Krankencaffen, also der Bau- und Janungskrankencaffen. der KnappsckastScaffen wie der einge schriebenen oder aus Grund landeSrechllicber Vorschriften errichteten Hilsscaffen. einschließlich der Vertreter örtlicher Verwaltungsstelle» auSwärt» bestehender eingeschriebener Hilsscaffen, nochmal» auf unsere Bekanntmachungen vom >7. November v. IS. und 7. Mai lsdn. Js. und die im Reichsgesrtz vom 15. Juni 1883, tz. 76 und 81 getroffenen Verfügungen hin, ordnen aber, da sich ergeben hat. daß dir betreff» Austritt oder Ausschluß der Caffenmitglieder zu er stattenden Anzeigen dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Zwecke nur dann genügend entsprechen, wenn die Arbeitgeber, bei welchen die ouSgeschiedenen Caffenmitglieder zuletzt beschäftigt gewesen sind, angegeben werden, an, daß von jetzt ab bei der Meldung über da» Ausscheiden von Mitgliedern der Bau- und JnnungSkrankencaffen. der Knappschast-cassen und der eingeschriebenen oder aus Grund landeSreckllicher Vorschriften errichteten Hilfscaffe» für jede« ausgrschievrne Mitglied auch der Arbeitgeber, bei welchen, dasselbe zur Zeit seine« Au«, scheiden« zuletzt beschäftig» gewesen ist. benannt werde. Zuwiderhandlungen werde» mit Geldstrafe bi« zu 20 geahndet werden. Leipzig, den 2 December 1485. KrG»re»ver-cher«r»^»a«t brr Stadt Leipzig. Bekanntmachung. Hierdurch wird zur vssenUlchcii Kennlniß gebracht» daß die von un« mit Zustimmung der Herren Stadtverordneten in Temäßbeit unserer Bekanntmachung vom l5. October d. I beschlossene Feststellung der Breite der Promenavenstraßr aus l7 Meter nach Maßgabe VeS Plane» Nr. 2367 vor dem den vr. Engel'schen Erben gehörigen Grundstücke an der Ecke euer und der Elstrrstraße nunmehr Giltigkeit erlangt hat. nachdem bezeichnet« Plan vom l9. vor. Mvn. ab vier Wochen öffentlich ausgelcgen und Niemand gegen denselben Wider- 'pruch erhoben hat. Leipzig, den 30. November l885. Der Rath der Stadt Lei»zig. vr. Georg». Wilisch, Aff. Bekanntmachung. Laut Angabe der am 4. August 1867 in Glauchau ge borenen Johanna Martha Hartia ist deren vom Stadtrathe zu Glauchau auSgestellieS Arbeitsbuch im März ds«. I». in hiesiger Stadt verlöre» gegangen. Wir bitten, dasselbe im AusfindungSsalle anher, Obst- markl 3. 2. Etage (Stadthaus), einliesern zu wollen. Leipzig, den 30. November 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi.Reichel. vermiktkung. In der IV. Etage des Hause» ^ Grtmmaische Strage Rr. », Sellte" Re,ch«ftH». RrI l, ist eine au» ;»et A fenstrigen Zimmern nach der Reichs- Iraße, zwei dergl. und einem etnfenstrtgen nach dem Hose, »»ei Alkoven, drei Kammern und sonstige« Zubehör bestehende Wohnung vom l. April >88« an gegen einhalbjährliehe Kündigung anderweit zu vermtethen. Miethgesuchr werden aus dem Ratbhause. I. Etage, Zimmer Nr. 17. entgegen genommen, auch können ebendaselbst die ver- miethungSbevingungeu nebst Jnventarium der zu vermiethenbe» Wohnung eingesehe» werden. Leipzig, den 26. November 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Stöß Bekanntmachung. Die in tz. 3 des Regulativs für die Gemeindekrankenver ickerung zu Leipzig und Umgegend enthaltene Bestim. mung. daß Personen. welche der KraiikeiiversicherungSpflicht nicht unterliegen und freiwillig der Gemeindckrankenver- sickerung beilrclen, die Kra»ke»unkcrsiütz»iig erst nach Ablaus einer mit der EintritlSerklärung beginnenden sechSwöcbenllichen Frist gewährt werden soll, wird ausgehobc». Leipzig, den I. December 1845. Krankenvcrsicherun^amt der Stadt Leipzig. Fortsetzung des Amtlichen Theiles in der ersten Beilage. Nichtamtlicher Theil. Die österreichische Intervention. Durch die Dazmischenkniist Oesterreichs in dem serbisch bulgarischen Streite ist die Gesamnillage so wesentlich ver ändert. daß cS der Mühe lohnt, sich die Natur dieser Ver änderung und ihre voraussichtlichen Folgen klar zu mache». Bisher trug Serbien die Verantwortung für seine» Friedens« druck allein, seit de», 28. November nimmt Oesterreich an dieser Verantwortung Tbeit. Was daS heißt, ergiebt ein Blick auf de» Ga»q. welchen die Ereignisse auf der Balkan- Halbinsel seil dem Staatsstreich dcS l8. September genommen haben. Die Türkei war sich der Tragmeile jeglicher Gewalt- maßreael auf der Halbinsel bewußt, deshalb zögerte si-, von ihrem Rechte, in Ostrumclien einzuinarschire», Gebrauch zu machen; sie schreckte vor dem ersten Kanonenschuß zurück, weil sie dadurch nicht einen allgemeinen Kamps entfesseln wollte. Europa lobte die Türkei wegen ihrer Zurück haltung und in Uebcreinstimmung mit dem vorsichtigen Standpunkte der Türkei nahmen die Vertreter der Mächte Anstand, der Türkei ein Mandat zur Wiederherstellung des früberen Zustandes in Ostrumslien zu geben. Die Türkei nebst den übrigen Unterzeichnern deS Berliner Friedens be schränkten sich darauf. Rathschläge zu ertheilen und vor jedem FriedenSbruch ans der Balkanhalbinsel zu warnen unter stetem Hinweise aus die Verantwortung, welche der Friedensbrecher zu tragen babe. Diese diplomakischen Bemühungen bewirkten, baß der Friede aus der Halbinsel b!« zum l4 November, also fast zwei Monate nach dem Staatsstreich von Philippopel, be wahrt blieb, dann vermochte Serbien seinen Thatendrang nickt mehr zu Zügeln und schlug loS unter dem Borgeben, da» störrische Bulgarien, welche» den Wünschen Europa» be harrlichen Widerstand entgegensetzte, zur Pflicht zurückzu, führen. DaS war unter der Voraussetzung geschehen, daß die der Zahl nach stärkere Macht auch die militairisch Über legene se» und daß sie nur ihre Bataillone in Bewegung zu setzen brauche, um sich die Thore Sofia« z» öffnen. Diese Rechnung war falsch; Serbien hatte feine Kraft weit überschätzt; statt Bulgarien zu überwältigen, wurde die serbische Armee rum Rückzüge genvthigt und bis über Pirol hinaus in Serbien selbst bekämpft. Die Vertragsmächte sahen dem Kampse zu, ohne selbstständig einzugreifen, nur Oesterreich glaubte seinen eigenen Weg gehen zu sollen und schickte den Grasen Khevenbülier an den Fürsten von Bulgarien mit der Drohung, dem König von Serbien Beistand zu leisten fall» der Fürst von Bulgarien seinen SirgeSzug noch weiter au»- dehnen sollte. Durch diese Drobung hat sick Oesterreich von den Unterzeichnern de» Berliner Frieden» getrennt und die Ver antwortung für den serbischen Friedensbruch auf sich genommen. Oesterreich handelte im eigenen Namen, alS e» den Grasen Khevrnhüller nach Pirot sandte, und wird deshalb auch die Folgen allein zu tragen haben. Oesterreich hatte kein euro päische» Mandat, e» bandelte auch nicht im Einverständniß mit Rußland und Deutschland, al» e» den verhängnißvollea Schritt unternahm, sonst wäre es unmöglich, daß die halb- mtliche» Organe Deutschland» der Sendung de» Grafen Khevrnhüller gegenüber schwiegen und daß die russischen Blätter sie mißbilligte». Dieser Mißbilligung hat der russische Kaiser eine Kundgebung hinzugefügt, die an Deutlichkeit »ickiS u wllnschen übrig läßt. Er belobt den Krieg-minister 'antacuzcno und die im bulgarischen und ostrumeliscken -Venste verwendeten russischen Össicicre wegen der Resultate, welche sie bei Organisation der bulgarischen und ostrumeliscken -Iruvpen erreicht haben, und nimmt aus diese Weise die bul- < arischen Siege al» moralische Siege Rußlands in Anspruch. )a» geschah zwei Tage nach Annahme de- Waffenstillstände» eiten» de» Fürsten Alexander. E« verschlägt nichts, ob dieses Lob an die richtige oder alsche Adresse gerichtet ist. die Hauptsache ist, daß Rußland die bulgarische Sacke zu der seinigen macht in dem Augen blick, da Oesterreich auf die Seite Serbiens tritt. Wa» will in Anbetracht solchen Lobe« die „Trauer Uber den bruder- mörderischen Krieg", welcher der Kaiser in seinem Tagesbefehl vom 30 November Ausdruck giebt, bedeulen? Der Zweck de« s)age-besrh>» ist einzig und allein, Oesterreich zu erkennen zu geben, daß cS Rußland entgegentrat, alS eS de», Fürsten von Bulgarien die österreichisch-serbische Bundesgenosse»schasl verkündete. Und um den mächtigen Bundesgenosse» noch mehr bloßzustrllen, als eS durch die Sendung de» Grasen Kdevenhüller geschehen, ist Serbien so tacllo», den Sieger von Pirot al» Candidaten für den Posten VeS General- gouverneurS von Ostrumelien abzulehnen. Die serbische Regie- rung merkt gar nicht, daß sie durch Alle», was sie gegen Bulgarien und seinen Fürsten unternimmt, Rußland trifft und »rleidigt, gleichviel ob diese Macht mit der Person be dürften auf srrunbschastlichem Fuße siebt oder nicht. Man weiß nickt, worüber man erstaunter sein soll, über die Thorheit Gexhien» oder über da- Auftreten Oesterreich«. Durch die Maske, welche Serbien vornimmt, als wäre ihm die öster reichische Dazwischenkunft unerwünscht, wird sich Niemand täuschen lassen. Serbien will jetzt DaS niit österreichischer Biss» erreich», wo« ihm au« eigener Kraft zu erreichen un möglich war. Da» entfesselt Kräfte, welche bisher mit große« Kraftaufwand nur äußerlich Ruh« bewahrte», aber in Wahr heit nur aus den Augenblick warten, um in Action zu treten. Mit wem soll Fürst Alexander jetzt unterhandeln? Mit König Milan oder mit dem Grase» Kdevenhüller? Nach Lage der Sache ist nur die letztere Alternative möglich; wer die Fortsetzung deS Kampfes verhindert, muß auch die Bedingungen mit den Kämpfer» vereinbaren, unter welchen der Friede her- gestellt werden soll. Dem Sieger liegt eS ob, die Bedingungen u sormuliren, unter welchen er sich befriedigt erklären will. Gras Khevenbüllcr müßte deshalb die Mittelsperson sei», durch welche König Milan von diesen Bedingungen Kenntniß erhält. König Milan wird diese aber nur airnehme», wenn ne ibm vorlheilhast erscheinen, und Oesterreich wird vermuth- lich Alle» ausbielen, um sie vorlheilhast zu gestalten. Schon die Unterbrechung der Feindseligkeiten in dem kritischen Augen blick, welcher die gänzliche Niederwerfung Serbiens verhieß, war eine Hilfe von unschätzbarem Wcrthe für Serbien. Und trotzdem giebt sich Serbien be» Anschein, alS ob cS hätte zu seine,» Glück gezwungen werden müsse»; angeblich wäre eS ihm lieber gewesen, wenn eS durch den Ausmarsch des zweiten Aufgebots die Bulgaren zur Flucht genöthigt hätte. Oesterreich hat jetzt die Ausgabe, einen Frieden ru ver Mitteln, welcher nicht nur beide tämpsenke Parteien, sondern auch Rußland und die Türkei befriedigt. Bor einer so chwierigen Aufgabe steht jetzt Oesterreich, daß dadurch der Zweck der Koiistantinopeler Conserenz, den Status guo auts in Oslriinietieil herzustellen, weit in den Hintergrund gedrängt wird. Niemand von den Unterzeichnern de» Berliner Friedens hat eS gewagt, den Funken in daS Pulverfaß, genannt orientalische Frage, zu werfen; Oesterreich hat das Ungeheure mit leichtem Herzen unternommen. Giebt eS noch eine» Rückweg von der verhängnißvollen Bahn? Kaum! Der Status quo anto auf dem Kriegsschauplatz ist nichl wieder- hcrzustellen, die Bulgaren sind durch Oesterreich in einen irreparablen Nachtheil Serbien gegenüber versetzt. Serbien rüstet mit aller Kraft, statt in Ergebung den Schieds spruch Oesterreichs zu erwarten; also wa» kann auS dem ausgczwungrnen Waffenstillstand entstehe», al» ein neuer hinterlistiger Angriff Serbien» aus Bulgarien? Hat Oester reich daS wohl hinreichend bedacht? Nachdem Oesterreich Frieden geboten hat, muß e» auch den neuen Zustand, welcher durch den Krieg nvlhiq geworden ist, gestalten. Dazu gehört aber die Zustimmung Rußland», denn Rußland wird niemals dulden, daß Bulgarien durch Serbien ein Haar gekrümmt wird, nachdem Oesterreich sein Schwert zwischen i>eide Staaten geworfen hat. Eine solche Spannung kan» nicht lange künstlich aufrecht erhalten werden, eS muß sich binnen Kurzem entscheiden, ob der Einspruch Oesterreichs den europäischen Frieden wiederherzustcllen und aufrecht zu er halten oder einen russisch-österreichischen Krieg zu entzünden geeignet ist. Wir wünschen jene», fürchten aber dieses. * holten, dort plötzlich heimathlo« werden könnte. Branche« wir tl>n »an» noch »u veriheidlgea? Schon jetzt verdrängt in PelerSburg die Brsorgniß wegen de« österretchilchrn Lmlchreiten« den Groll gegen die Bulgaren. Aber man irrt dort, wenn man glaubt. Oesterreich handle so au» Feindleligkei!, und es wird unserer Politik ein Leichtes sein, Russen und Vulgaren zugleich dieses Irr- thumS zu überweisen, indem sie sich in Bezug ans Ost-Rumelien dem englischen Slaudpuncte nähert. Wir können uns. wenn Oester reich klug und verlöknlich vargeht, sogar eine Zukunft denken, in welcher sein Einfluß in Sofia nicht minder bedeutend wäre als in Belgrad, und die beiden Balkanstaate», welche bis dahin längst den Bierzehn-Tage-Krieg vergessen haben und gute Freunde geworden lein bürsten, zu Oesterreich in den herzlichsten Beziehungen stünden. Dieses Ziel Hai dem Grasen Andraffy im Jahre 1876 vorgeschwebi. Damals war es nebelhaft, phantastisch, denn es gab noch eine Türkei, mit der man rechnen mußie; heute würde e» einer ge wandte» österreichischen Politik erreichbar sein. (Das sind Verlegen- heiisausstüchte aber keine dnrch die Thatsacheu begründeten An- chauungeu. D. Red.) * Sosia, 1. December. Minister Zanow hat ferner am 38. November Nachmittag- ein Telegramm an den Großvezier ge- richte», in welchem er die von den Großmächten und namentlich vom Grasen Kdevenhüller an dem nämlichen Tage gelhanen Schritte mitlheilt. Der bulgarische Minister des Auswärtigen entwickelt darin die nämlichen Erwägungen wie in der unter gleichem Datum an die Großmächte gerichteten Llrculardepeiche und hebt zum Schluß hervor, daß er dies« Note dem Großvezier ans Befehl des bei den Vorposten befindlichen Fürsten übermittele. (Wiederholt.) * Wien, 1. December. Die „Politilche Lorrespondenz" meldet au» Belgrad, der au« Petersburg in Belgrad etngetrosfcne serbische Geiandte, General Horvatovic, sei nach Nisch abgeieist, wo die Minister zum Ministerrath versammelt find. Die Truppentrans porte an die Grenz« dauerte» sort. * Da» leitende Wiener Blatt, die „Neue Freie Presse", schließt einen Artikel zur Lage mit folgenden Sätzen: Dlr Serben übersehen, wenn sie sich von der österreichischen Freundschaft so ungeheuren, unerhörten Nutzen versprechen, da» Eine daß diese Freundschaft keineswegs die Feindschaft gegen Bulgarien ein- schließt. Wer als Beweis für die letztere die Sendung des Grasen Khevenhüller betrachtet, der beurtheilt dieselbe falsch. Oesterreich intervenirte, um Serbien zu schützen und den Frieden herbeizuiühren keineswegs aber, um die Balgaren zu schädigen (7) Man hat hier ge wartet, bl» Fürst Alexander mit ^seiner Armee aus serbischem Boden stand und der bulgarischen Waffenehre Vollaul Genüge ge» schehen war. In seiner Antwort aus die Frieden-Mahnung der Pforte hatte der Fürst ausdrücklich erklärt, er werbe nur aus leiblicher Erde Frieden schließen. Oesterreich ließ ihm Zeit, den Einmarsch durchzuführen und Pirot zu erobern; dann erst gebot e» ihm Halt. Darin liegt keine Feindseligkeit (7). umsoweniger, al» der Gegner sich schon drei Tage früher der Aussorderung der Mächie gefügt hatte Oesterreich hat kein Interesse, seindlich wider Bulgarien auszutreten L« ist vielmehr in den geoaraphischea und ethnographische» «erhält- nisten begründet, daß die Monarchie zu dem erstarkten Bulgarien in gute Beziehungen treten soll. Schon in der allernächsten Zeit kann unsere Regierung den Vulgaren zeigen, daß sie ihnen nicht seindlich gesinnt ist. Da die Lonserenz ein selige« oder vielmehr nnielige« End» genommen und durch den Widerstand England« tbat'Schlich verhindert worden ist, end« gütige Beichiüsse über Ost-Rumelien zu fassen, io wird die oft- rumelische Frage wohl gleichzeitig mit dem serbisch-bulgarischen Friedensschlüsse geregelt werden müssen. Ja Rußland ist bereit« ein sichtbarer Umschwung erfolgt, und es hat den Anschein, ol der tzvo, den man früher an der Newa so hoch ge- Leipzig, 3. December 1885. * Der Ton, in welchem die „Germania", da« Ben iner Jesnilenblatt, fvrtsäbrt, die Debatte vom Sonn abend zu erörtern, ist zu bezeichnend sür die Stimmung im Centrum, al» daß wir nicht einige Sätze daran« mitlheilen ollten; man höre: Die am Schluß unsere« ersten Artikel« wörtlich »iedergegebeue Schilderung der Jesnlte», welche vom Fürsten Bismarck in einer amtlichen Sielluag als Reichskanzler eines paritätischen Staate» dem Reichstage vorgetragen wurde, ist der Romane Eugen Sue's und der Taricaturen in gewissen Theaterpossen würdig . . . Weil wir Katholiken von.Rom abhängen, halten Sie unS für schlechtere Staatsbürger, als die Protestanten. Und wir bekenne» offen, von diesem Standpunkte au- haben Sie Recht, auch die katholischen Missionen nach Möglichkeit zu verbieten und soweit da- nicht gut geht, nach Möglichkeit wenigstens thatsächlich dies« Missionen zu de- hindern und die protestantischen zu fördern. Wir verstehen diese Gesinnung und ihre Consequenzeu, wogegen wir aber proiestirc». das ist, daß diese Gesinnung die maßgebende sein soll in einem paritätiichen Reiche, daS ohne un» Kalhoiikea nie enlstanden und auch setzt ohne unS unmöglich wäret Und ferner verbitten wir »ns, daß vom RegierungStische dieses paritätischen Reiches au» über Institutionen und Perlenen der katholischen Kirche Caricatnren vor getragen werden, wie in Ihrer Schilderung der Jesuiten ... Der Aus druck : „Ich verbünde mich zur Noth mit dem Teufel", ist unseres Wissens den Jesuiten »och nicht in den Mund gelegt worden. Sie mögen über die Jesuiten denken, was Sie wollen, aber selbst zur Zeit der Herr schaft des JesuitengesetzeS ist e» protestantische Ueberhebung, wenn am Bundestische so. wie Sie gethan, geredet wird. Ja den katho lischen Hütten wie Palästen werden Sie die Empörung in den Herze» wachruscn, und Sie dürfen überzeugt sein, daß in diesen Tagen gar manches entrüstele ZorneSmort aus Ihr Haupt geschleudert wird, aber auch manches Gebet de- Mitleid« sür Sie gesprochen, daß der Herr Ihnen verzeihen möge! Tic .Kölnische Zeitung" bemerkt zu diesem ExcurS sehr treffend: „Solche AuSbrüche sind lächerlich; in dem einen cdcr andern Palast mag man sich nach diesem oder jenem Jesuiten sehnen; in keiner einzigen Hütte deS deutschen Reiche» vermißt man die auSgewiesenen Herren im Mindesten; sie ließen sich dort überhaupt niemals sehen, und man ver liert bekanntlich nickt, waS man nie besessen. Ter Masse des katholischen Volkes sind die Jesuiten völlig gleichgiltig. dein größten Theil der Seelsorger niit Recht verhaßt »nd nur in einigen SalonS gedenkt man ihrer vielleicht mit Wehmulh". * Der katholische Pfarrer Wehn von Niederbcrg i» der Rhein p rovi nz, dessen Ausmessung Landtag »nd Reichs tag so oft beschäftigt bat. iss vom Kaiser begnadigt worden. Der betreffende ministerielle Erlaß bat folgende» Wortlaut: „Berlin, 2l. November l885. Aus die Vorstellung vom lO. Juli d. I. benachrichtigen wir En.' Hochehrwürven. daß Se. Majestät der Kaiser und König mittelst allcr- böchster Ordre vom 28. October d. I. geruht habe». Ihrem Bruder, dem katholischen Geistlichen Friedrich Wehn, die im Jalne 1874 über denselben wegen Ver gehen» wider die öffentliche Ordnung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt verhängten Strafen von drei Mo naten bezw. sechs Monaten Gesängniß zu erlassen. Wegen Aufhebung der s. Z gegen Ihren Bruder ergangene» Aus weisungSinaßregeln ist heute da» Erforderliche von unS ver anlaßl worden. Der Minister de« Innern. I. A : gez. v. ZaSkow. Der Minister der geistliche», Unterrichts- und Medicinal« Angelegenheiten. I. Ä.: gez. Greifs. An den Pfarrer Herr» Karl Wehn, Hockwürden. zu LiSdors." — Wie ultraniontane Blätter mitlbeilen. ist der Begnadigte so leibend, daß er mit de» Sterbesacramenten versehen werten mußte. * Vom Könige von Bayern war bestimmt worden, daß eine Devutation deS 16. bayerischen Infanterie- Regiment». Vesten Chef König Also >,S von Spanien war, zur Leichenfeier de» letzteren nach Madrid sich begeben solle. Wie der „Bossischen Zeitung" indeß ein Privat- Telegramm au» Passa u Hieltet, ist die Deputalion von dort nicht abgereist, weil der deutsche Gesandte in Madrid, Gras SolmS, erNärt haben soll, da» Erscheinen von militairischen Deputationen sei gegenwärtig inopportun. « » » * Wie au» Bern gemeldet wird, bat der schweize rische Bundrlrath die Frist zum Beginn der Arbeiten sür den Simplonburchsiich bi» zum 3l. December 1887 ver tängert. Wenn die genannten Arbeiten nickt vor diesem Termin begonnen werden, soll der Bund und eventuell der Canton WalliS da» Reckt haben, sich wieder in den Belitz der Eisenbabn »Lignc d'Jtalie" zu setzen, indem der west schweizerischen Gsenbahn-Gesellschast der ursprüngliche An kaufspreis und alle für Bauten, Betrieb-material und Zu bebör gemachten Ausgaben sammt Zin» zu 5 Procrnt. jedoch unter Abzug der den Actionairrn bezahlten Zinsen und Divi denden, vergütet werden.
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