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Ottendorfer Zeitung. vir »Ottens-rser Zeitung" erscheint r-irnrtag, Donners- >ag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die fost bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahm« »»n bi, »«mittag 1« Uhr. Ins«rate werden mit so Pf für di» Spaltzeilr berechnet Tabellarischer Satz nach besonderem Tarif Druck und Verlag vo>. Hermann Rühle m Hroß-Gkrilla. Zür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Äroß-Dkrilla No. 113. Freitag, den 20. September 1907. 6. Jahrgang. OerUiches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, den 1). September 190?. —* Die Tage werden kürzer. Die grauen Schatten der Dämmerung senken sich immer srüher wieder auf die Erde herab, und die !chän»n Wochen, in denen die Lampe cin über- flüssiger Luxusartikel war, find nun endgültig vorüber. Jetzt tritt sie wieder als ein not wendiges Uebel in die Tagesordnung ein. Schon in den späten Nachmittagsstunden brauch,» wir ihr Licht, da uns das der Sonne wtzogen ist. Hier sei darauf hingewiescn, ja nicht im Halbdunkel zu lesen oder zu schreiben, denn nicht» ist dem Auge schädlicher, al» eine Utberanstrengung bet ungenügender Helle. Entweder man macht eine Pause, sobald es duster wird, oder man zündet sogleich die Lampe an, um keinen Augenblick zu verlieren. Ratsamer ist jedoch der erstere Weg, zumal ein kurze» Auaruhen nicht nur den Sehorganen sondern auch dem ganzen Menschen wohl tut. Daß der Sommer dahin ist, wird uns täglich deutlicher zu Gemüt geführt. Nun hört das lange Sitzen im Freien auf, da die eintretende Lühle uns hindert, wie noch vor Wochen, bis spät abends die laue, herrliche Nacht zu genießen. Früh ins Zimmer zurück! So lautet die Parole der kürzer werdenden Tage. Drinnen aber in der Stube wirds traulich und schon. Hier merkt man nichts von dem, was da draußen vor sich geht- Schlägt auch mal der Sturm an die Fensterläden und heult der Wind, so sind wir hier unter sicherem Schutz. Unser Heim ist gefeit gegen alle äußeren Feinde Wenn in ihm selbst Friede herrscht, dann kann aller Unbill der Witterung uns nichts anhaben. Das künstliche Licht, daß wir Menschen erfunden hoben, mag es zder Elektrizität, dem Gaö oder dem Petroleum seinen Ursprung verdanken, breitet seinen lichtenden Schein aus; wir können bei dem selben uns den Bcschäfligungen hmgeben, die wir gerade zu erledigen haben. So mancher Brief wird da geschrieben, der eigentlich schon längst verfaßt sein sollte, wenn nicht die "Schreiberin an den schönen Septemberabenden der vergangenen Woche, wo es noch warm Und hell war, lieber im Freien umherspaziert Wäre, als sich freiwillig in die Gefangenschaft der eigenen vier Wände zu begeben. Gute Bücher kommen jetzt zu ihrem Recht. Be lehrung und Kmzw.il zugleich sind erwünschte Dinge! Das sind alles Tätigkeiten, die wir lm Sommer mehr oder weniger liegen lasten. To haben die abnehmenden Tage auch ihr TuteS. Man muß nur die Lichtseite dieser llchtarmen Zeit herauszufindcn misten! —* Die Generalversammlung des konser- votiven Landesvereins im Königreich Sachsen findet Ivie bereit» gemeldet, Freilag den 27. d. M., lv Dre»den statt. Aus der Tages rdnung ^ben wir hervor di« Beratung und Beschluß- sasfung über die bekannten, vom Dresdner 'vns,rvativ»n Verein gestellten Anträge, als Aasigsten Punkt jedoch die Aussprache und Ttrllung»nahme zur Wahlrechttsorm. Bericht erstatter zu dieser Frage sind der Dresdner ^berbürgnmeister Beutler, von dem ja die Anregung zur Revision de» konservativen Programm» ausgegangen ist, und Geheimrat Aitz. Der engere Vorstand hat am zwölften Trptember einstimmig beschlosten, der General versammlung folgende Resolution zu empfehlen: „Die Versammlung des konservativen Landes- Vereins spricht die Erwartung aus, daß ihre vem Landtage angehörenden Parteifreunde im ^«vernehmen mit der Königlichen Staats- rsgierung in der bevorstehenden Landtagüsessio. Wahlrechtsreform zustande bringen Helsen, i'nd ersucht sie daher, in eine wohlwollende Aurteilung der Regierungsvorlage über die Wahlrechtsreform einzutreten und dahin zu v»rken, daß ein namentlich auch den Mittcl- iand und die minderbemittelten Klasten be leidigende» Wahlgesetz verabschiedet wird, ein Gesetz, das, teilweise auf Verhältniswahlen und einen mäßigen Pluralwahlrecht beruhend, eine sichere Gewähr für eine vaterländisch ge tunte Mehrheit der Volksvertretung bietet." —* In verschiedenen sächsischen Städten macht sich eine Bewegung geltend, die dahin strebt, durch eine Mastcnbeschwerde gegen die Uebelstände im sächsischen Eisenbahnwesen schleunigste Abhilfe herbeizuführen. Die Be wegung geht von Chemnitz aus und die in Vorbereitung befindliche Masten-Eingabe hat solgenden Wortlaut: „An die Generaldirektion der Königl. Söchs. Eisenbahnen richtet der Unterzeichnete die dringljchr Bitte, dem gegen wärtig schwer empfundenen Uebelstand der un gemeinen Ueberfüllung der vierten Wagenklaste durch die geeigneten Maßnahmen baldigst ab- helsen, sowie die Einführung der vierten Wagenklaste an Sonntagen und Feiertagen in die Wege letten zu wollen. —* Im Postkartenwesen bring! der erste Oktober mit der Auesührung der Beschlüste des vorjährigen W-ltpostkongresteS außer neuen Formularen eine Reihe von Erleichterungen und neuen Vergünstigungen für das Publikum Die Beschlüße des Kongrestes sür den inter nationale» V-rkehr werden auch im ländlichen Verkehr angewandt. Co mußten eigentlich bis her die von der Privatindustrie hergestellten Postkarten aus der Vsrderseite die Uederschrist Postkarte tragen, wenn auch schon seit 1901 kein Strafporto erhoben wird, wenn diese Überschrift fehlt und dis Karten richtig frankiert sind. Vom 1- Oktober an ist die Bezeichnung Postkarle aus den von der Privat- industrie hergestellten einfachen Postkarten im Inland u»d Ausland nicht mehr vorgeschrieben Nur wüsten Antwortkarten als solch» bezeichnet sein. Im Weltpostverein muß der erste Teil der Antwortkarten in französischer Sprache die Aufschrift „Carte postole amc reponse payee" und der zweite die Aufschrift „Carte postale- reponse" tragen Die deutschen amtlichen Formulare find 9 mal 14 Zentimeter groß. Für die von der Privatindustrie hergestellten Karten gilt die Vorschrift, daß sie in Form und Größe nicht wesentlich von den amtlichen abweichen. Nach dem Beschlusse des Kongresses darf vom 1. Oktober an die Größe der Post karten dieses Maß nicht überschreiten. Die Karten sollen aber auch nicht kleiner als 7 mal 10 Zentimeter sein. Die Papierstärke der privaten Postkarten darf nach den geltenden Vorschriften nicht wesentlich von den amtlichen abweichen. Der Kongreß hat diese Vorschrift durch diese Bestimmung ersetzt, daß die Post karten aus Karton oder aus Papier hergestelll sind, das so stark ist, daß die Behandlung nicht erschwert wird. Bekanntlich ist, daß am ersten Oktober auch bei gewöhnlichen Postkarten ohne Bild der linke Teil der Vorderseite dem Ab sender zu Mitteilungen überlasten wird. Wenigsten» über die rechte Hälfte sder Vorder seite bleibt der Aufschrift und den dienstlichen Vermerken der Post Vorbehalten. Bilder oder Photographien aus besonders dünnem Papier können in Zukunft auch auf der Vorderseite aufgeklebt werden, wenn sie mit der ganzen Fläche befestigt sind. —* Mit dem Nahen des Herbstes erscheint auch wieder, namentlich auf feuchten Wiesen, die Herbstzeitlose, eine sür Menschen und Tiere äußerst gefährliche Giftpflanze, von der nachdrücklich zu warnen ist. Jeder Teil der durch ihre rosafarbige, zartglänzende Blüte ausgezeichneten Pflanze enthält Colchicin, ein sehr starkes Gift, das besonders auf die Ver- dauungSorgane und Nieren einwirkt uud Magen- und Darmentzündungen ost mit tödlichen Ausgange hervorruft. —* Außerordentlich reichlich ist in diesen Jahr in Sachsen die Birnenernte ausgefallen, sodaß die Zufuhr dieser gesunden Frucht nach den Markthallen hier gegenwärtig sehr stark ist und die Verkaufspreise selten billige sind. Weniger günstig, besonders in besseren Sorten scheint im allgemeinen die Aepselernle aus gefallen zu sein. Größere Posten in vor züglicher Warr wurden dem Dresdner Markte in den letzten Tagen aus Steiermark zugesührt. Im Gegensatz zu vorigen Jahre, wo in Böhmen die Pflaumen infolge der riesigen Ernt» kaum absetzbar waren, sind dieses Jahr die Zufuhren von dort her aanz ausgeblieben. Den Bedarf, soweit die in Sachsen nur strich weise gute Pflaumenernte nicht ausreicht, liefert hauptsächlich Serbien, Baden, Hessen und die Gegend um Hamburg. Die Ver kaufspreise sind verhältnismäßig billig und stellten sich zurzeit im Großhandel aus 7 bis 10 Psg. sür 1 Pfund. Nur läßt die Süßigkeit der Früchte vielfach zu wünschen übrig, was aus zu wenig Sonnenschein zurückzuführen ist. Dresden. Hier wurde ein 33 Jahre alter Arbeiter wegen Einbrvchsdiebstählen von der Kriminalpolizei fcstgenommen. Bei Durchsuchung seiner Wohnung wurden 2 Ballen Leder, die er in einer Fabrik gestohlen hatte, vorgefunden. Radebeul. Am Dienstag stürzte an der Schleuse in der Leipziger Straße ein Schacht ein. Ein Mann wurde getötet, er war ver heiratet und hinterläßt zwei Kinder. Außerdem wurde noch ein Arbeiter verletz!. Es wird angenommen, daß das Holzgerüst nicht in Ordnung war. Kamenz. Zwei renitente russische Stein arbeiter wurden am Dienstag nachmittag durch den Herrn Gendarm Diener in das Königliche Amtsgericht eingeliefert. Dieselben waren im Sleinbiuche im Scheckthal beschäftigt und halten am Montag in der 11. Abendstunde nach vor ausgegangenem Streite den Kantiner und noch eine weitere Person mit Messern gestochen und mit Bierflaschen geschlagen, sodaß dieselben mehrfache Verletzungen auswiesen. Pulsnitz. Beim Anbringen oon Lampen an dem Hause des Herrn Rechtsanwalt Eißner hier Polzenberg stürzte am Montag nachmittag drr Maurer Ernst Möge! aus Lichtenberg von einer 7 Meter hohen Leiter herab, indem die Leiter in 3 Teile zerbrochen war. Möge! er hielt eine Verletzung des Auges, sowie eine Wunde im Kopf, welch letztere durch Eindringen eines Stücks Leiter herbeigesührt worden ist. Cunnersdorf bei Schönfeld. Am zweiten Wahltage erschien in Cunnersdorf von vierzehn Wählern nicht ein einziger an der Wahlurne. Kreischa. Der hiesige Gemeinderat wird im kommenden Winter eine Rodelschlittenbahn in unsern» durch seine elektrische Straßenbahn (Niedersedlitz—Kreischa) leicht zu erreichenden Orte anlegen lasten, da der im Vorjahre da mit unternommene Versuch allgemein Anklang gefunden hat. Grimma. Auf dem Manöverselde der 24. Division hatte am Dienstag König Friedrich August lbei Seelingstädt das Mißgeschick, mit dem Pferde zu stürzten. Glücklicherweise hatte der Sturz keine üblen Folgen. Sofort bestieg er ein anderes Pferd und war selbst dabei tätig, den Durchgänger einzufangen. Trebsen. In der Trebsener Papierfabrik von Wiede und Söhne zu Pauschwitz verun glückte am Mittwoch der 59 Jahre alte, hier wohnhafte Fabrikmaurer August Woif. Letzterer hatte zum Zwecke des Entfernens von Kessel stein einen Dampfkessel leer gestellt und in das Dampfverbindungsrohr zu dem anderen Kessel einen Holzspund geschlagen. Während W. in den Kessel gestiegen war, jwurde der Spund plötzlich infolge des Dampfdrucks heraus' geschleudert und der Mann durch den aus strömenden Dampf sowie durch Master am ganzen Körper verbrüht. Der Schwerverbrannte wurde sofort in das Leipziger Stadtkrankenhaus übergeführt, wo er am Nachmittag auch ver storben ist. Freiberg. Ein Soldat des hiesigen Jägerbataillons Nr. 12 fiel beim Manöver in der Nähe von Pirna so unglücklich auf den Büchsenlauf seines Vordermannes daß der Lauf das Auge traf, welches sofort auslief. Chemnitz. Am Mittwoch nachmittag in der 5. Stunde stürzte ein 28jähriger, unver heirateter Handarbeiter, gebürtig aus Glött in Oberbayern, beim Abtragen eines Schornsteines der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz infolge Lockerns des Jnnengerüstes etwa 30 Meter in den Schornstein herunter und er litt so schwere Verletzungen, daß er kurz nach seiner Einlieferung in das Stadtkrankenhaus verstarb. — Vor der Chemnitzer Strafkammer hatten sich der 1847 zu Hopfgarten geborene „Bau unternehmer" Friedrich Hermann Büttner und ein Kollege von ihm, der zu Dresden 1869 geborene Friedrich Hanßke zu verantworten. Die beiden sogenannten „Bauunternehmer" halten ganze 900 Mark zur Verfügung. (!) Damit kauften die bereits vorbestraften An geklagten drei Grundstücke im Werte von 23 000 M., worauf sie mit dem üblichen Bauvorschuß einer .Leipziger Bank zu bauen anfingen. Da sie die Versicherungsbeiträge im Beirage von 587 M. nicht an die zuständig« Kaste abführten, erhielten sie je 2 Monate Gefängnis. Leipzig. Auf der Gießerbrücke in L.-Lindenau fuhr ein auf dem dort befindlichen Jndustriegl-is der Königlich Sächsischen Staats- bah» abgestoßener Güterwagen an ein zur Legung von Gasrohren ausgestelltes Gerüst. Letzteres stürzte dadurch zusammen. Der da rauf beschäftigte 28 Jahre alte Maurer Johann Götz aus Coburg. L. - Schleußig, Köuneritzstraße 85, wohnhaft, stürzte etwa acht Meter mit herab. Er erlitt Verrenkungen beider Fußgelenke. Man brachte den Verletzten nach sesner Wohnung Ein I8jährig»r Arbeiter der sich gleichfalls auf dem Gerüst befand, sprang noch rechtzeitig ab. Er trug ernstlichen Schaden nicht davon. Werdau. Zu dem gemeldeten Familien drama ist noch zu berichten; daß die Schwieger mutter des nach vollbrachier Tat freiwillig aus dem Leben geschiedenen Tischlers P. Fugmann nach Entfernung der aufgefundenen Kugel in der Schulter aus dem Stadlkrankenhause ent lasten werden konnte, während die Tochter, Frau Fugmann, dem Kreiskcankenstift Zwickau zur weiteren Behandlung überwiesen wurde. Sie wurde von ihrem Manne in den Kopf geschossen und die Kugel konnte noch nicht aufgefunden werden. Der Selbstmörder F. hinterläßt drei noch unerzogene Kinder im Alter von vier Wochen bis zu drei Jahren. Wernsdorf bei Glauchau. Mit der Sense auf dem Fahrrad wollte der Arbeiter M. von Wernsdorf zum Kleemähen fahren, auf der Dorsstraße verlor er die Gewalt über das Rad und stürzte. Dabei fuhr er mit der Hand in die Schneide der Sense und zerschnitt sich die Hand bis auf den Knochen. Mit starkem Blutverlust wurde er heim getragen. Plauen. Dec Gutsbesitzer Gerbeth im nahen Oberlosa wurde von zwei wildgewordenen Ochsen geschleift, sie rasten mit ihm schließlich in den Dorsteich hinein. Er wurde aus dem Master gerettet, sein Zustand ist bedenklich. Plauen. Mit einer Schußwunde in der Schläfe wurde cin 19 jähriger Zeichner in den städtischen Anlagen Plauens hilflos auf gefunden. Er war bisher noch nicht imstande, anzugeben, wie er zu der Verletzung gekommen ist. Selbstmordversuch halten seine Angehörigen sür ausgeschlossen, da nicht die geringste Ursache dazu vorlag. Gegen die Annahme eines räuberischen Ueberfalles aber spricht der Um stand, daß alle Wertsachen bei dem schwer Verletzten vorgefunden wurden. Oberreichenbach. Auf dem Bahnüber gang« in der Flur Oberreichenbach ist bei ge schlossener Schranke ein unbekannter Arbeiter bei der Kreuzung des Dresden—Plauenschen Pcrsonenzuges mit dem Reichenbach—Zwickauer Güterzuge überfahren und sofort getötet worden.