Volltext Seite (XML)
MödrufferTageblatt W Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gesp-Ucne RaumzeUe 20 Rpfg., die «gespallene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4l> Reicha. gespaltene Reklamezerle im textlichen Teile 1 NM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Borge» w-^nach MögiVi Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahme brsvorm.lOUHr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Feder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, §Da- .Wilsdruffer Tageblatt» «schein» «n «Illen Werktagen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. Irei Haus, bei Postbeftellung KM AW. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstaltcn und Poft- »oten, unsere Austräger u. ... .. .. Geschäftsstelle, nehmen zu r-d-rZ-itBeftellungcn-nt. Wochenblatt für Wllsdruff u. Umgegend gegen. Im Falle höherer «ewalt.Kriegod. sonstiger — — —— — 2-2 Betriebsstörungen besteht »ein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. Nr. 285 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 7. Dezember 1933 Männer, nicht Konferenzen! Wenn jetzt der große Faschistische Rat in Überein stimmung mit seinem Führer Mussolini beschlossen hat, das weitere Verbleiben Italiens im Völkerbunde abhängig zu machen von einer grundlegenden Reform dieser Organisation, die außerdem in kürzester Frist zu vollziehen sei, so ist das längst nicht der erste Stoß, den der Völkerbund hinnehmen muß. Auch wenn man absieht von dem immer unerquicklicher werdenden Verhältnis zwischen Deutschland selbst und der Genfer Organisation, ein Verhältnis, das so oft zu den bittersten Beschwerden und schließlich am 14. Oktober zum Bruch geführt hat, so war tzs doch vor allem die schon anfangs dieses Jahres erfolgte tatsächliche Unterwerfung des Völkerbundes unter den japanischen Willen, die dem machtlosen Bunde so außerordentlich geschadet hat. Immer war und ist es beim Völkerbund der Wider- Spruch zwischen seiner theoretischen Grundlage und der Wirklichkeit, der jeder, auch der wohlwollenden Kritik ständig neuen Stoff gab. „Förderung der Zu sammenarbeit unter den Nationen", „Gewährleistung des internationalen Friedens und der internationalen Sicher heit", „Erhaltung internationaler Beziehungen, die in aller Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit und Ehre gegründet fein sollen", „Anerkennung aller Vorschriften des internatio nalen Rechtes als Richtschnur für das tatsächliche Ver halten der Regierungen", und nun gar das Versprechen, »,die Gerechtigkeit herrschen zu lassen", — das alles steht zwar in der Einleitung zur Völkerbunds- fatzung, aber diese Satzung ist doch nichts anderes, als Artikel 1 bis 26 des Versailler Friedens- diktates! Dort die Illusionen eines Friedens des Rechtes und der Gerechtigkeit, — und hier die Realitäten des Unrechts und der Friedensstörung! Ein solcher Gegensatz, bei dem natürlich die Wirklich keiten immer die viel stärkere Seite waren, mutzte sich all mählich zu einer immer grötzeren Groteske entwickeln, und diese Entwicklung ist in letzter Zeit mit einer fast brutalen Beschleunigung vor sich gegangen. Darum auch versteht sich die von italienischer Seite gemachte Forderung Von selbst, daß eine Reform des Völkerbundes ihn vom Rahmenwerk des Versailler Vertrages und anderer Nach- kriegsverträge freimachen müsse; das aber ist bei diesem Völkerbund seinem ganzen Wesen nach unmöglich, weil er ja gerade das Versailler System erhalten sollte und er halten hat. Bei dem Beschluß Deutschlands, aus dem Völkerbund Äuszutreten, und bei dem Schritt des großen Faschistischen Rates, entweder eine schleunige Reform des Völkerbundes zu erzwingen oder ihn gleichfalls zu verlassen, bei der Tat sache ferner, daß auch die beiden großen Weltmächte Amerika und Sowjetrußland — auf feiner Pressekonferenz in Rom hat der russische Außenminister Litwinow auf die Frage, ob sein Land dem Völkerbund beizutreten gedenke, nur spöttisch mit den Achseln gezuckt — der Genfer Organisation gar nicht angehören und Japan ja schon vor Jahresfrist gleichfalls die Mitgliedschaft ge kündigt hat, kommt es heute wirklich nicht mehr daraus an, ob hier und da das sogenannte Völkerbundsverfahren durch irgendwelche Maßnahmen reformiert werden könnte oder''nicht. Die Zeit für folche Kleinigkeiten und Kleinlichkeiten, an denen höchstens noch berufsmäßige Diplomaten oder Völkerbundsprofessoren Interesse haben, ist längst vorbei. Es war recht voreilig, für den Völker bund in Genf einen neuen kostspieligen Pala st zu errichten! Der englisch-französische Versuch, von der Genfer Institution noch fo viel zu retten, wie nur möglich ist, hat die Leitung des italienischen Staates nicht daran gehindert, ein Ultimatum nach Genf zu richten, und zwar in dem Augenblick, da das Wort fallen konnte, „die Rückkehr Ruß lands nach Europa sei eine Vollenders Tatsache". Dieses Rußland aber hat die Pariser Vororts-Diktate niemals mitunterzeichnet! Die Welt ist in Bewegung geraten. Sie hat in den letzten Jahren, in der Zeit schwerer Not und steigender Krise politischer und wirtschaftlicher Art auf eine Hoff nung verzichten gelernt: daß ihr in dieser Not durch mehr oder minder große Konferenzen, durch Völkerbund tagungen und ähnliche Riesenversammlungen irgend welches Heil widerfahren und gar Rettung beschert werden könnte. Schon mit dem Viermächtepakt Meß Mussolini mitten hinein in den ständig mehr und »mehr verfaulenden Wesenskern des Völkerbundes, den er tnit harten Bezeichnungen zu belegen sich schon seit Langem sehr wenig scheut. Mit immer größerer Besorgnis blickte man von London und vor allem von Paris aus «uf Rom. Den zweiten Stoß führte dann durch die Ab wendung von Genf Adolf Hitler und der deutsche »Nationalsozialismus. Auch die Abrüstungskonferenz mußte sich selbst aufgeben dadurch, daß sie die Weiter führung ihrer Arbeit den Beratungen der leitenden Staatsmänner zu überlassen sich genötigt sah. Die Genfer Manern zerbröckeln. Nun hat auch der italienische Faschismus die Feder Augesetzt, um den Schlußstrich unter Genf zu ziehen. Denn Manner und nicht mehr Konferenzen machen die Geschichte. Dr, Pr. MWu - Eckpfeiler deutscher Mw Wei große Kultmstühpunkle werden in Ostpreußen errichtet. Auf einer Veranstaltung des Kampfbundes für deutsche Kultur in Berlin teilte Oberpräsident Koch» Königsberg im Rahmen eines Vortrages über „Ost preußen als Eckpfeiler deutscher Kultur" mit, daß in Ost preußen demnächst zwei große kulturelle Stütz punkte errichtet würden. Die Königsberger Uni versität werde Reichsuniversität und die Marienburg werde eine große nationalsozialistische Erzichungsstätte aufnchmen. Es werde dann in Zukunft kein Akademiker mehr zum Staatsexamen zugelaffen wer den, der nicht wenigstens ein Semester im deutschen Osten studiert hat. Zur Unterredung des englischen Votschasters mit dem Reichskanzler. Eine englische Stimme. Reuter meldet zu der einstündigen Unterredung, die der britische Botschafter mit dem Reichskanzler über die Abrüstungsfrage hatte, die deutsche Regierung warte jetzt auf einen Schritt der neugcbildeten französischen Regie rung in der Frage der Verhandlungen, da sie den Stand punkt vertrete, daß die kürzlichen Besprechungen zwischen dem deutschen Reichskanzler und dem französischen Bot schafter in Berlin eine Antwort von feiten der franzö sischen Regierung erforderten. Übertragung der Reichstagseröffnung aus alle Sender. Wie Berliner Blätter melden, wird die Eröffnung des am 12. November gewählten Deutschen Reichstages am Dienstag, 12. Dezember, 15 Uhr, auf alle deutsche Sender übertragen. Zur Rassenfrage. Reichsinnenminister Dr. Frick über fremde Raffen. Reichsinnenminister Dr. Frick hat eine Erklärung abgegeben, in der es unter anderem heißt: „Infolge un» richtiger Meldungen ist in Ländern des Fernen Ostens in den letzten Wochen in der Tat eine gewisse Beunruhigung über die Pläne der Reichsregierung in der Rassenfrage entstanden. Insbesondere ist in diesem Zu sammenhang in der Presse Japans und Indiens die Befürchtung zum Ausdruck gekommen, daß in Deutsch land die Absicht bestehe, die Angehörigen fremder Rassen zu deklassieren und sie gegenüber den Angehörigen der eigenen Rasse allgemein zurückzusetzen. Namens der Reichsregierung kann ich feststellen, daß derartige Nach richten jeglicher Grundlage entbehren. Als fremde Rasse ist in Deutschland am stärksten das Judentum vertreten. Obwohl der zahlenmäßige An teil der Juden in Deutschland nur 1,5 Prozent beträgt, hatten sie doch in den letzten Jahrzehnten, besonders aber seit 1918, durch den Zustrom von Juden aus dem nahen Osten einen ungeheuren Einfluß auf wirtschaft lichem, finanziellem und politischem Gebiet erlangt. Dieser übermäßigen Überfremdung Einhalt zu tun, war für das deutsche Volk eine Lebensfrage geworden, so daß seine Rassengesetzgebung nur einen Akt der Notwehr und nicht des Hasses darstellt. Darüber hinaus ist es das Ziel der Reichsregierung, das Rassen gut des deutschen Volkes zu pflegen und feine Reinerhaltung sicherzustellen. Mit diesen Be strebungen will die Reichsregierung in keiner Weise ein Werturteil über andere Raffen fällen. Sie ist sich durchaus bewußt, daß viele vom deutschen Volk rassisch verschiedene Völker eine alte und hohe Kultur vertreten. Diese herabzusetzen, liegt der Reichsregierung und dem deutschen Volk fern. In diesem Zusammenhang möchte ich vor allem darauf Hinweisen, daß Angehörige fremder Staaten in Deutschland nach wie vor ihrem Erwerb nach- gehcn können und daß ihre-r Jugend deutsche Bildungs anstalten nach wie vor osfenstehen. Was will Zialien mit -er Reform -es Völkerbundes erreichen? Die italienischen Absichten für eine Reform des Völkerbundes liegen etwa in der Richtung, daß inner halb des Völkerbundes ein entscheidendes Gremium der verantwortlichen Großmächte geschaffen werden soll. Es handelt sich natürlich in erster Linie um die Unterzeichner- Mächte des Vierer Paktes, der auf diese Weise im neuen Völkerbundrahmen ausschlaggebend würde. Man denkt ferner an die Zuziehung Rußlands, dann aber auch der Vereinigten Staaten und Japans. In de,m Schachzug Mussolinis, den er durch die Entschließung des Großen Faschistischen Rates unver mittelt machte, wird nun also auch die Bedeutung des Litwinow-Besuches klar. Die Reform des Völker bundes würde sich nach italienischer Ansicht zwar nicht gegen die Interessen der kleinen Staaten richten — die, wie immer wieder betont wurde, durchaus berücksichtigt werden sollen —, aber den unnatürlichen, nur durch Block bildung zustande gekommenen Einfluß gewisser Balkan staaten im Völkerbund zurückdrängen. Daß das auf den Widerstand Frankreichs stößt, dessen Vormacht stellung im Völkerbund auf der Ausnützung dieser Lage beruht, ist klar. Aber auch von England wird Widerstand erwartet; dieser dürfte in Form diplomatischen Drucks auf Nom bereits eingesetzt haben. Die italienische Drohung mit dem Völkerbundaus tritt ist zweifellos sehr stark. Sollte, was denkbar ist, eine klare Absage auf das italienische Ultimatum aus Genf kommen, st» dürste sie wohl verwirklicht werden. * Sie römische Aktion ein Schritt zur wirklichen Befriedung Europas. Der,völkische Beobachter" zum Beschluß des Faschistischen Großen Rates. Im „Völkischen Beobachter" nimmt Alfred Rofenberg zum Beschluß des Faschistischen Große» Rates Stellung. Knapp zwei Monate, so sagt er, seien seit dem AustrittDeutschlands aus dem Völkerbund verstrichen, und schon erhalte das brüchige Gebäude einen erneuten Stoß, von dem es sich in seiner alten Form niemals mehr werde erholen können. Er kommt dann vor allem auf die Forderung zu sprechen, daß die ganze Institution in Genf vom Versailler Vertragswert losgelöst werden soll, und fährt fort: Wenn sich diese Forderung bewahrheiten sollte, so wäre ein entscheidender Schritt zur Befriedung Europas getan worden. Es wäre vor allen Dingen jene Voraussetzung geschaffen, auf die der Führer immer wieder hingewiesen hat: daß es nicht anginge, die Unterscheidung zwischen Siegern und Besiegten für alle Ewigkeiten festzuhalten und dadurch immer wieder neue Erbitterung hervorzurufen. Wir begrüßen die Entschlossenheit des faschistischen Beschlusses und hoffen, daß er das Seinige beitragen wird zu einer Neugestaltung der politischen Lage und damit zu einer wirklichen Befriedung Europas. * Die letzte Chance des Völkerbundes. Rom, 6. Dezember. Aus bestunterrichteter Quelle wird uns versichert, daß zu der vom Großen Fascistischen Rat gefor derten Reform des Völkerbundes die italienische Regierung kei nerlei Vorschläge formuliert hat. Man will in Rom die Wir kung des Beschlusses des Großen Fascistenrates auf die aus wärtigen Regierungen abwarten und ist bereit, über die not wendige Reform des Völkerbundes ohne kleinliche Voreinge nommenheit sich zu unterhalten. In privater Unterhaltung wirb uns erklärt, daß man auf zweierlei Widerstand gefaßt sein muffe; der eine wird von den Mächten kommen, die im heutigen Völkerbund allein ausschlag gebend sind: Frankreich und England, der andere von jenen kleinen Staaten, denen Genf eine ihrer Verantwortlichkeit durchaus nicht entsprechende Bedeutung verliehen hat: die Kleine Entente. Man hofft in Rom auf die Einsicht der maß gebenden eurpäischen Faktoren und will, gestärkt durch die ge sunde Ansicht großer Nationen wie Deutschland und Rußland, dem Völkerbund ehrlich die letzte Chance geben: Entweder ein bescheideneres, aber brauchbareres Werkzeug der Politik zu wer den, oder als Hemmnis jeder ehrlichen Friedenspolitik unlerzu gehen. v Eine englische Stimme. London, 6. Dezember. Der Beschluß des Fascistischen Großen Rates, in dem Italiens weitere Mitgliedschaft von einer radikalen Reform des Völkerbundes abhängig gemacht wird, erscheint in der englischen Tagespresse in großer Aufmachung. „Mussolinis Ultimatum an den Völkerbund", heißt die fett gedruckte Ueberschrift in der Evening News. „Wenn der Völ kerbund nicht einige grundlegende Aenderungen in seiner Ma- s schinerie und seinen Geschäftsmethoden vornimmt", so schreibt dieses Blatt, „dann wird Italien dem Schritt Deutschlands und Japans folgen und ebenfalls aus dem Völkerbund austre- ten."