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ML „Weißerih-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 8L Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt Innerste, welche^bei der bedeutenden Auslage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung sind«», werden nut 10 Pfg. die Spaltenzeile odet deren Slainn berechnet. -^.Ta bellarische und eomvncirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, un redaktionellen Lheile, die Spaltenzeil« SO Pfg. für die Königliche Umtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redakteur: Cart Ahne in Dippoldiswalde. Nr. 129. Sonnabend, den 31. Oktober 1885. 51. Jahrgang. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hat am Freitag die erste Hofjagd nach seiner Rückkehr aus Süddeutsch land abgehalten und zwar in der Schorfhaide. An der Jagd nahm u. A. auch der König von Sachsen theil, welcher am Donnerstag Abend in Berlin ein getroffen war und im königlichen Schlöffe Absteige quartier genommen hatte. — Die am Donnerstag stattgesundenen Urwahlen zum preußischen Abgeord netenhause standen diesmal selbstverständlich im Mittel punkte des allgemeinen Interesses. Einen vollständigen Ueberblick dieser ersten Wahlen, bei denen bereits die eigentliche Entscheidung ruht, während die Wahlen der Abgeordneten selbst nur mehr Formsache sind, wird man wohl erst nach einigen Tagen gewinnen können und nur aus den meisten größeren Städten dürfte die Entscheidung alsbald bekannt werden. Von diesen zieht natürlich die Haupt- und Residenzstadt Berlin Vie Aufmerksamkeit in besonderem Grade auf sich, nicht nur, weil hier der Kampf zwischen den politischen Parteien von jeher am schärfsten geführt worden ist, sondern auch, weil diesmal die nationalliberale Partei zum ersten Male selbstständig in den Wahlkampf ein gegriffen hat. Der Ausgang dieses Unternehmens wird jedenfalls darthun, inwieweit man künftig von der vielfach bezweifelten politischen Existenzberichtigung der gemäßigten Parteien in der Reichshauptstadt wird sprechen können. Im Uebrigen läßt sich von der nun mehr .beendigten preußischen Wahlbewegung sagen, daß sie sich im Allgemeinen in maßvollen Schranken be wegt hat, da große, politische Schlagworte fehlten, welche sonst die Massen zu erhitzen pflegen, vielleicht gestattet dieser Umstand einen Schluß auf eine ver- hältnißmäßig ruhige und deshalb ersprießliche Session. — In Berlin sind mit vorigem Sonntag endlich auch die kirchlichen Ergänzungswahlen zum Abschluß gelangt. Das Gesammtresultat derselben ist ein für die Kirchlich-Liberalen nicht besonders günstiges, denn es sind 107 freisinnige Kirchengemeindebeamte und 115 positiv-kirchliche Kandidaten gewählt worden und haben die Kirchlich-Liberalen in den die Berliner Parochien vertretenden Körperschaften also nicht mehr die Majorität. — Der braunschweigische Staatsminister Görtz-Wrisberg ist von Kamenz und Berlin am Diens tag Mittag wieder in Braunschweig eingetroffen. Eine nach Tausenden zählende Menschenmenge bereitete dem Minister einen stürmischen Empfang; Bürgermeister Nittmeyer versicherte dem Grafen Görtz-Wrisberg des unbedingten Vertrauens der Bürgerschaft, welches ihn alle Sä Bähungen vergessen lassen möge. Der Minister dankte in "bewegten Worten und betonte, man habe keine bessere Wahl treffen können, als diejenige des Prinzen Albrecht, man möge demselben das nämliche Vertrauen entgegenbringen, als demRegentschaftsrathe. Zum festlichen Empfange des neuen Regenten sind seitens der braunschweigischen Behörden und Vereine alle Vorbereitungen im Gange. — In 2 interessanten Prozessen politischer Natur ist dieser Tage das Urtheil gesprochen worden. Der eine derselben bezieht sich auf eine Anzahl von Ausländern, welche an der vor jährigen Neichstagswahl in Danzig theilgenommen und dadurch deren Ungiltigkeit herbeigeführt hatten. Sämmtliche vor der Danziger Strafkammer erschienene Angeklagte — 34 — wurden indessen sreigesprochen, weil „das Bewußtsein der Widerrechtlichkeit ausge schlossen erscheine." Der andere Prozeß ist der so genannte „Hödur-Prozeß", angestrengt gegen den Vor stand des fortschrittlichen Vereins in Hörde (Westfalen) und den Redakteur der „Hagener Zeitung," Butz. Letzterer war wegen Beleidigung des Reichskanzlers zu 200 M., die übrigen Angeklagten zu je 500 M. von der Hagener Strafkammer verurtheilt worden. Dieses Urtheil hat jetzt seine Bestätigung durch die Verwerfung der von den Angeklagten eingelegten Re vision seitens des Reichsgerichtes gefunden. — Die preußische Generalsynode ist am Dienstag geschloffen worden, nachdem von ihr vorher auch das Relikten gesetz, betr. die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Geistlichen, genehmigt worden war. — In den auswärtigen Beziehungen des deutschen Reiches bildet der Streit mit Spanien wegen den Karolinen-Inseln fortgesetzt den „dunklen Punkt." Nach wie vor lehnt Spanien die Anerkennung der deutschen Ansprüche auf diese Inseln entschieden ab, wie die spanische Antwort auf die letzte Note des Reichskanzlers vom l. Oktober klar besagt. Höchstens will sich Spanien dazu ver stehen, die Karolinenfrage einer neuen internationalen Konferenz, nach dem Vorbilds der Kongo-Konferenz, zu unterbreiten; von der Vermittelung des Papstes ist in der spanischen Antwortnote merkwürdiger Weise gar nicht die Rede. Obwohl erst die jüngsten Nach richten von den Karolinen-Inseln wiederum bekunden, daß Deutschland speziell bei Besetzung der Insel Jap den Spaniern unzweifelhaft zuvorgekommen ist, so bleibt Spanien hartnäckig dabei, daß seine Ansprüche die älteren seien und legt außerdem die Bestimmungen der Kongo-Konferenz in einer geradezu lächerlichen Weise zu seinen Gunsten aus. Unter diesen Umstän den bleibt eben nur der letzte Appell an die ja auch von Spanien im Prinzip angenommene Vermittelung des Papstes übrig; hoffentlich wird es letzterer ge lingen, die Wolken, welche die Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien so lange schon verdunkeln, wieder zu entfernen. Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich liegt das parlamentarische Schwergewicht gegenwärtig bei den in Wien versammelten Delegationen, zu deren Gunsten der Reichsrath mit seinen Arbeite» einstweilen aus gesetzt hat. Mit der eingetretenen Vertagung ist der kurze Sitzungsabschnitt des Reichsrathes, welcher am 22. September begonnen hatte, beendigt. Trotz ihrer kurzen Dauer war diese Vorsession im Abgeordneten hause eine überaus stürmische und dem österreichischen Ministerpräsidenten dürfte es leichter ums Herz sein, sich einige Monate hindurch wieder der reichsraths losen Zeit erfreuen zu können. Der Reichsrath wird kaum vor Ende Januar wieder zusammentreten; die nächsten Wochen gehören den Delegationen. Ende November aber sollen die Einzellandtage zusammen treten und der politische Chorus in 17 Landeshaupt- städten angestimmt werden. Dänemark. Die Feindseligkeit, mit welcher in Dänemark die radikale Partei der Negierung gegen übersteht und die Bevölkerung gegen die Staatsgewalt aufzuwiegeln sucht, hat in den Kopenhagener leitenden Kreisen längst den Gedanken wachgerüfen, die Zügel der Negierung straffer anzuziehe». Augenscheinlich ist diesem Gedanken durch das gegen den Ministerprä sidenten Estrup begangene Attentat Leben verliehen worden. Der Staatsrath hat nämlich ein provisorisches Gesetz über die Bildung einer unter dem Kriegsminister stehenden militärisch organisirten Gendarmerie erlassen. In den Motiven zu diesem Gesetz wird darauf hin gewiesen, daß die Civilbehörden unter den jetzigen Verhältnissen in Dänemark öfter in die Lage kommen könnten, militärische Hilfe zu requiriren und es solle daher ein militärisch organisirtes Gendarmerie-Korps errichtet werden, eigens, um die Civilbehörden in der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, Ruhe und Ordnung und bei Handhabung der bestehenden Ge setze zu unterstützen. Ein weiteres Gesetz bewilligt de» Kommunen für außerordentliche Polizeiausgaben einen Staatszuschuß. Frankreich. Für Frankreich tritt, nachdem die Wahlen und ihre Aufregung vorüber sind, die leidige Tonkinaffaire wieder mehr in den Vordergrund. Alls neuerlichen aus Tonkin eingelaufenen Nachrichten lassen erkennen, daß die nach langwierigen, blutigen Kämpfen kaum befestigte Herrschaft der Franzosen aufs Neue bedenklich erschüttert ist und daß in erster Reihe die Schwarzflaggen, trotzdem daß deren Banden schon un zählige Male zersprengt worden sind, den Franzosen das Leben immer wieder sauer machen. Erst in voriger Woche hat um den im westlichen Tonkin ge legenen befestigten Platz Thaima ein hartnäckiger Kampf zwischen den Franzosen und den Schwarz flaggen stattgefunden, welcher allerdings mit der Nieder lage der letzteren endete; auch chinesische Deserteure haben an diesem Gefechte in den Reihen der Schwarz flaggen theilgenommen. Ans Cochinchina kommen fort gesetzt schlimme Nachrichten und der Massenmord ein heimischer Christen scheint deshalb bereits zum System gediehen zu sein. Endlich soll auch der Aufstand in Annam immer bedenklicher um sich greifen. Die äußerste Linke und die Rechte in der französischen De- putirtenkammer werden daher schwerlich verfehlen, in der bevorstehenden Session die prekäre Lage der Fran zosen in Ostasien zum Vorivand heftiger Angriffe gegen das Kabinet Brisson-Freycinet zu nehmen. Balkanhalbinsel. Der gordische Knoten der Balkanfrage soll also von einer echten, wirklichen Bot schafter-Konferenz — keiner bloßen „Vereinigung" — in Konstantinopel gelöst werden. Die äußeren Um stände sind diesem Beginnen nicht ungünstig, nament lich steht die Einigkeit der drei Kaisermächte außer allem Zweifel da, Italien scheint gegen ihr Programm keinen ernstlichen Widerspruch erheben zu wollen und die Westmächte haben, wenngleich mit einigen Klauseln, gleichfalls ihren Beitritt zur Konferenz erklärt. Außer dem scheinen auch Serbien und Griechenland vor läufig Ruhe halten zu wollen, zumal da erst dieser Tage die serbische Regierung auf die gemeinsame Note der Großmächte die Versicherung ertheilt hat, daß ihr der Berliner Vertrag heilig sei und daß sie den Mächten vertraue. Nun, zum Losschlagen ist es ja immer noch Zeit! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der nächste auf der Hainsberg- Kipsdorfer Eisenbahnlinie verkehrende Theater- Extrazug wird, wie wir hören, Montag, de» 9. No vember, abgelassen werden. — Beiträge zu Gunsten der Hinterbliebenen der mit der Korvette „Augusta" untergegangenen Be satzung werden noch dankbar von dem hiesigen Post amt angenommen. Hänichen. Mittwoch, den 28. Oktober, Vormit tags in der 7. Stunde, ist im Beckerschacht zu Hänichen der 62 Jahre alte Häuer Karl Gotthelf Huh le aus Wilmsdorf, als derselbe im Begriff stand, ein Bohr loch zu besetzen und das Pulver bereits cingeführt hatte, durch Hereinbrechen der zum Schluffe vorgerich teten Parthie Oberhang am Arme getroffen und ge fährlich verletzt worden. Glashütte. Die in der letzten Sitzung des Auf- sichtsrathes der deutschen Uhrmacherschule neuge schaffene Stelle eines Buchhalters an der Uhrmacher schule ist mit heute durch Herrn Uhrmacher Richard Müller besetzt worden. — Heute wirbelten die ersten Schneeflocken recht lustig hernieder, konnten sich aber, da sie doch noch etwas zu zeitig kamen, nicht lange halte». — Das am Kirmesmontage im Gasthof „Stadt Dresden" von Herrn Musikdirektor Schubert mit der Kapelle der kgl. sächs. Pionniere abgehaltene Concert war überaus zahlreich besucht. Das sehr gewählte Programm wurde mit gewohnter Bravour vorgetragen und von einem dankbaren Publikum leb haft applaudirt. Der darauf folgende Ball hielt die Anwesenden noch lange in Athem. Dresden. Dienstag werden sich der König und die Königin, sowie die Familie des Prinzen Georg nach Sibyllenort begeben, um daselbst eine» mehr tägigen Aufenthalt zu nehmen und Jagden zu ver anstalten. — Um ein Urtheil über den Geldumlauf zu gewinnen, erläßt das kgl. sächs. Ministerium des In-