Volltext Seite (XML)
Rr. 281. zehnter Jahr-. Erscheint: «glich früh 7 Uhr. Inserate »erben angtnommea: tzi» Abend» v,Lonn- t«g» bi« Mittag» 1L Uhr: Marlenstraße IS. Mo zeig. in dies. Blatt,, ba« jetzt ia LL»«o Upemplarru erscheint, Anden eine erfolgreich» Verbreitung. Tonntag. st. Oktober 1888. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mltredacteur: Theodor Droblsch. Abonnement: viertelEhrlich 2Ü NM bei unentgelLlicher Lu.> frrung in'« Hauü. Durch die Kl'nigl. Pos Vierteljährlich 22 Rgr Einzelne Nummer, 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum ein«t gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge^ sandt" die Zeit» L Ngr. Druck und Nigenthmn der Herausgeber: Kikpsth 8k Neklhardt. — Verantwortlicher Rrdactenr: JullNS Vlelchardt. Dresden. den 8. Oclobrr. — S« Maj. der König hat genehmigt, daß der Ge» Heime Fimmzrath Julius Hane von Thümmel den ihm von Sr. Maj. dem Kaiser von Oesterreich verliehenen Orden der Hjfrrne« Krone 2. Klasse annchme und trage, und dem Buch halter d«i der Landrenten-, Altersrenten, und Culturrenten- bant-Verwaltung Hermann Leonhardi das Dirnstprädicat als ^.CommissionSrath" «rthe.lt — 8«. Maj. der König besuchte vorgestern Gottleuba und nahm in Begleitung des LberforstmristerS v. Kirchbach die Brandstätte Ln Augenschein. Mit herzgewinnender Leut seligkeit erkundigte sich der geliebte Landesvater bei vielen vom BrandunMcke Betroffenen selbst nach den näheren Ver hältnissen und hatte für Irden Worte des Trostes und der Aufmunterung. > — Herr Keil hat für seine Liederhalle in diesen Tagen ' «in Mitglied der Magdeburger Liederhalle, .Herrn Dittrich. für Gastspiele engagirt und hat Letzterer damit am Freitag unter rauschendem Beifall begonnen. Schlagende Witze waren seine „logischen Beweise", mit denen er sich beim Publikum ein» führte. Hier nur eine Probe der logischen Beweise. „Wir bramhen Soldaten Brauchten wir keine Soldaten, so hätten wir auch keine Artillerie, hätten wir keine Artillerie, so hätten Dir auch keine Kanonen, hätten wir keine Kanonen, so hätten So» auch kein Pulver, hätten wir kein Pulver, so brauchte »rs Berrholk Schwarz auch nicht erst zu erfinden, brauchte Berthold Schwarz das Pulver nicht erst zu erfinden, so hätte -es vielleicht der Bundestag erfunden. Der Bundestag hat «der das Pulver nicht erfunden!" u. s. w. Der Besuch ist alle Abende ein starker. Fräulein Brüning, die so beliebt ge forderte Vaudeville-Soubrette, kehrt, wie wir hören, von Stockholm wieder nach der Dresdner Liederhalle zurück. Frau NergeS entzückt durch Spiel und Stimme fortwährend. — Auf die von den Herren Brückmann «nd Wcingärt- ner in dem borgest, igen Anzeiger gebrachte Berichtigung un- serer Mittheilung über den vor einrgen Tagen daselbst rnner- halb 12 Wochen z«m dritten Mal stattgehabten Brand haben wir weiter nichts zu erwidern, als daß in unmittel barer Nähe des in Brand gerachcnen KorbeS 3 Fässer mit Lack gestanden habcn, und daß da« Feuer nicht mit eincr Kanne Wasser gelöscht worden ist, sondern die auö der be nachbarten Groß'schen Schankwrrthschaft herbeigeeilten Gäste durch vereinte Bemühungen dasselbe getilgt Haben. Es war also das Feuer keineswegs so harmlos, wie genannte Herren «S darzustellen sich bemühen, und weil wir eben wußten, daß unsere erste Mittheilung in der Hauptsache auf Wahrheit be ruhte, versagten wir eine Berichtigung. — Vergangene Nacht kam es auf der kleinen Brüder- -affe vor einem der daselbst nicht gerade im besten Ruf stellen den Häuser zwisch« mehreren Personen zu cinem heftigen Auftritte. Nachdem die sich gegrnüberstebendrn Personen sich längere Zeit umhergebalgt hatten, bemerkte man, daß Eine derselben von herzurebvltcn Gendarmen vom Kampfplatz ab- desührt und hinter die Frauenkirche geleitet wurde. Dem Ver- nehmen nach soll der Hauptexcedent ein auS Rußland gebür- tiger arbeitsloser Uhrmacher gewesen und der Exeeß zunächst dadurch hervoeaerulen worden sein, daß derselbe sich gewei- S«t hat, den Droschkenkutscher, der ihn nach dem Tempel der Lrebe gefahren, zu bezahlen. -- Am letzten Donnerstag feierte der allgemein geachtete und beliebte Kaufmann Julius Herrmann <am Elbberg) hier das Lbjatrige Jubiläum des B-ftehens seines Geschäfts, das ledrguch durch seine» Fleiß und seinen Eifer zu enem der schönsten und blühendsten unserer Stadt emporqewachsen ist Wie chm aus Anlaß dieses JubilLumS im Lauf des ganzen Tages die z hlreichsten Beglückwünschungen zu Theil wurden, so äußerte sich auch noch am Abende die Dankbarkeit und Liebe der Dresdener Sängerschaft für seine unserem großen deut schen Eängerfeste gewidmete aufrcbende Thätiakeit. die ihn leider! m der letzten Woche vor dem Feste auf ein heftiges, bedenkliches K'ankenlager wa s und sein Werk nicht so aus- führen und vollbring,n ließ, wie er es wollte, indem ihm vom Männergesanjve.ein „Orpheus" ein Ständchen und der Herz- lichste Glückwunsch und Dank dargebracht wurde. - Bei dem furchtbaren Brandunglück, von dem das arme Gebirgsstädtchen Gottleuba in d n letzten Tagen betroffen wviden ist haben die a men Bewohner insbesondere noch da durch bedeutenden Schaden erlitten, daß von den geretteten Sachen außerordentlich viel gestohlen worden ist, was bei der Nähe der böhmisch n Gienze nicht b,sonders Wunder nehmen darf. Warum hat man da nicht sofort zur nöthigen Bewach ung des Geketteten auS dem nahen Pirna Militär dahin be ordert? — AuS einem Bericht des „Boten o. d. Sächsischen Schweiz" entnehmen wir noch Folgende-: Im Rathhause ist «uch der größte Theil des städtischen Archivs niedergebrannt. L» der EhrUch'schen Rühle, welche durch Flugfeuer in Flam men aufging, hat selbst das verheerende Element die Wasser räder größtentheil« verkohlt, trotzdem daß das Wasser ununterbro chen daraufstürzte. Nur nach dreistündiger Anstrengung ist es gelungen, den der Stadtgemeinde gehörigen Dammbusch zu ret ten. Der Schaden wird bis jetzt auf ca. ILO-180,000 Thlr. geschätzt, von denen nur sehr wenig versichert ist, da Seiten der Feuerversicherungs-Anstalten dm Brandcalamitosen nur sehr ungern und zu besonders hohen Prämien die Ver- sichirung gewählt wird, da fast alle Gebäude nur weiche Dachung hatten. Dem aus Pirna stammenden Lohgerbermstr. Schulze ist für über 1000 Thlr. Leder verbrannt; fast sämmt- liches fertiges Leder wurde aus seinem Wohnhause gerettet und in ein andere» HauS gebracht, was aber später auch noch die Flammen verz-hrtrn und mit diesem das bereits ein mal dem Feuer entrissene Leder. In dieser Schreckensnacht wurde ferner eine vom Feuer betroffene Frau entbunden, wo sie nicht wußten, d m Neugeborenen die nötigsten Kleidungs- stücke zu verschaffen Schließlich sei noch bemerkt, daß das Feuer auch in d-.m, dem Rittergutsbesitzer Pfau in Giesenstein gehörigen Walke sich verbreitet hatte und nur nach vieler Mühe der Weitervcrbreitung Einhalt geschah. — Da- Aushängebild einer Meßschaubude aus dem Roß- Platze zu Leipzig, worin eine Riesendame „Alma" gezeigt wird, hat an mehreren Abenden Veranlassung zu Aufläufen und feindlichen Demonstrationen gegeben. Das nunmehr beseitigte Bild besagte, daß die Dame 400 Pid. schwer sei und 6 Schneider aulwiege. Es ist dies verletzend erschienen und hat böses Blut erregt, denn man hat sich an dem Bilde vergriffen und dasselbe durch Abschneiden der Aufziehstricke heruntergc- worfcn Vorgestern Abend war wegen dieses Bildes wieder ein ganz gel origer Tumult vor der Bude und alle« voller Menschm. Obwohl das Bild bereit- verschwunden war. sie len höchst unziemliche Aeußerungen, als deren Urheber man einen Schnridergesellen festhielt, ebenso bemächtigte man sich eines andern Schnridergesellen. der eine große Scheere bei sich trug und deshalb den Verdacht auf sich gelenkt hatte, dass er Böses im Schilde führe. — Zu Bischofswerda hat die feierliche Einweisung und Verpflichtung des neuen Herrn Bürgermeister- Sinz durch den Herrn Amtshauptmann v. Salza und Licht'nau im da- sigen Rathhaussaale unter zahlreicher Betheiligung der Bür gerschaft stattgefunden. — Zum Andenken an den letzten längern Aufenthalt der Frau Kronprinzessin in Mittweida hat der dort nahe ge legene, bisher unter dem Namm Basteiplatz bekannte Felsen, welcher während der jüngsten Anwesenheit der königl. Herr schaften in gedachter Stadt von Ihrer königl. Hoheit besucht wurde, dieser zu Ehren den Namen „Carola-Felsen" erhalten — Die Sonntagsjäger in Sachsen beginnen gefährlich zu werden. Nimrods dieser Gattung haben bei einer Treib jagd bei Plauen im Voiztlande einen Hasen und — drei Jäger geschossen, und die Söhne eines dortigm Nittergutsbe sitzerS in ihrer blinden Jagdwuth auf Hühner einen auf dem Felde pflügenden Ochsenjungen für rin Rebhuhn angesehen und angeschossen — Botanik. In diesem der Entwickelung von Ge wächsen aus den heißen Klimaten so günstigen Herbste haben auch die kicinus (Wunderbäume oder Christ Palmen) eine be deutendere Höhe und Grösse erlangt, als gewöhnlich, bis 18 Fuß Höhe. Jedermann kann, bevor in den nächsten Tagen der Frost diese so merkwürdige» einjährigen Gewächse lödtet, die selben als Mutterpflanzen de- b kannten scharf-drastischen Ricinus-Ocles im hiesigen botanischen Garten kennen lernen. Auch der ungeheuere Himalava-Hans, welcher in ihrer Nähe steht, hat in diesem Jahre wieder dieselbe Höhe wie die Wunderbäumr erreich» — Die Glücksgöttin Fortuna wendete in der jetzigen Lotteneziehung ihren Huldblick ganz besonders nach Dresden. Nachdem bersfts vorgestern die 100,000 Thaler in die Col lection des Herrn Robert Schink fielen, wurde gestern der Haupt Collection de- Herrn Ronthaler die Glücksspende von 150,000 Thalern zu Theil «nd zwar auf das Loos Nr. 7938. — In Nicgeroda brannten am 4. d. M Mittags Wohn haus, Scheune, Stellge bäuds, Schuppen und Schweineställe des Gutslb-ffitzkss Kühne, Wohnhaus, Stall- und Seitengebäu-e > und Scheune des Gulsliesitzers Eckardt und das Wohnhaus des GarlennahrurigSbcsitz crS Schobert nieder. Fast sämmtliche Gebäude waren alter Bauart und mit Strohdach versehen. Versichert soll Keiner halten. — Im Dorfe Plai irn fand man gestern in dem engen Gässchen .unweit von den l Bäcker ein neuge-orcnes aber todtcs Kind. A« der Stirn desselben bemerkte man «inen Eindruck der «uthmaßlich von der Wucht eines Steines he,rührte. — Vorgestern früh in der 9 Stunde brach in der Scheune des Gutsbesitzers t Seltner in Mühlbach bei Frankcn- brrg Feuer au-, in Fol ge -dessen nicht nur die sämmtkchen zu diesem Gute gehörigen Gebäude mit den reichen Erntet vorräthen, sondern auch die Gebäude des Hufschmiedes Otto und die des Mühlenbesitzers Beyer nietelbrannten. Bei der großen Trockenheit griff das Feuer selbstverständlich mit rapider Schnelligkeit um sich, so daß nur wenig gerettet werden konnte. — Nur irrthümlicherwrise war gestern das Poblesche Musikchor, als bei dem heutigen Turnerfeuerwehrconceue auf Neiseritz -mitwirknd erwähnt; eS spielt aber nicht ersteres, sondern ein anderes combinirtrS Musikchor. — Oefsentliche Gerichtsverhandlungen vom 6. Oclober. (Schluß.) Die Tagearbeiter Carl Gottlob Gründel und Friedrich August Meier, beide auS Coswig, sind je zu 3 Wochen Gesängniß verurtheilt. Der Schauplatz ihrer Thaten ist Zitschewig, wo am 12. März Kcesseeschmauß und Tanz war. Es entstand Scandal, eS wurde hin und her gezankt; denn die Köpfe waren schon sehr illuminirt. Meier und Gründel machten sich auf den Heimweg nach Coswig. Sie müssen auf diesem Wege nicht ganz die gerade Straße ge gangen sein; denn als die Zftschewiger aa> andern Morgen erwachten, bemerkten sie, daß an ihren Zäunen nicht bloß die Spitzen von den Latten abgebrochen waren, sonvern auch Latten selbst fehlten. Auch auf der Chaussee nach Coswig hatte ihnen ein Oöstbaum im Wege gestanden, wenigsten- lag er am andern Morgen, wie der Chauffeewärter sagt, „umge- würgt" im Straßengraben. Der Chauffoewärier ment, der Baum sei stark gewesen, und es hätte eine gewaltige Kraft dazu gehört, ihn „abzuw lrgen". Meier und Gründet leugnen Alles bestimmt weg, aber der dabei gewesene Soldat Schu- mann hat Alles auf sich genommen, im Muthwrllrn und ,w der Betrunkenheit habe er die Latten abgerissen und da er an den Baum gerannt, sei er mit ihm in den Graben ge» fallen! Da ihnen noch vorgehalten wurde» daß sie vor dem Gasthofe zu Zitschewig auch eme Pferdekrippe umgenssen hät ten, safte Schumann: „Ja, über die sind wir gestürzt!" Herr StaalSrnwalt Held ist für Freisprechung des Meier und Gründel. Der Gerichtshof war derselben Ansicht, er sprach die Klagfreisprechung aus — wegen Mangels an vollständi gem Beweise. — Der nächste Angeklagte, Handarbeiter Johann Friedrich Ernst Jentzsch auS Föedergersdo.f, sitzt schon wegen eines früheren Verbrechens (wegen Diebstahls) im Arberts- hause. Es kamen noch zwei neue Diebstähle zur Sprache, die ihm auch ein Jahr Arbeitshaus einbrachten, so daß er im August 1866 noch nicht aus Zwickau wlrderkehrt. DaS Ge richtsamt Döhlen hatte ihn verurtheilt. Er erhob Einspruch dagegen, weil e: ganz unschuldig sein will. Am 22. De- c.mber 1864 stahl er zwei Kutschern, die Kohlen aus einem Schachte bei Potschappel holen sollten, einen Pelz und ein schwarzgraues Capot; letzteres hatte er in der Schänke zu Git- tersee auf dem Leibe und verkaufte es später noch der einem Trödler in Deuben für 2 Thlr. 5 Ngr., obgleich ec 4 Thlr. dafür haben wollte. Was aus dem Pelze geworden ist, -r- fuhr man nicht. Der Gerichtshof erklärte nach kurzer Be- rathung, daß auS einem Jahre Arbeitshaus zwet Wochen Ge sängniß werden. — Die letzte Emspruchsverhanllun^, in wel cher der Goldarbeiter Carl Albert Gustav Hirche aus Leipzig wegen Unterschlagung abgeurtelt werden sollte, stet aus. — Kaum haben sich Mittags die Räume des Gerichtssaals ge leert, so füllen sie sich um 4 Uhr auf's Neue. Zwei Ange klagte treten ein. der Widersetzlichkeit beschuldigt. Heinrich Eduard Hänsel 29 Jahre alt. ist wegen Exc ß, Widersetzlich keit. Betrug und anderer Eig nthumsvergehen schon oft mit Gesängniß, Landcsgefängniß, Arbeitshaus und einmal auch mit Zuchthaus bestraft. Er spricht so dumpf in den Bart hinein, daß er sich dicht vor die Richler hinsttllen muh. Sein College Friedrich August Hausdorf aus Reichenberg bet Moritz» borg, 1842 geboren, war einige Zeit in Dresden Droschlen- kuticher. Beide wollten sich eines Abends, eS war am 10. September dieses Jahres, im Tanzsaal der Centralhalle zu Dresden gemeinschaftlich amüsiren. Hauedorf wurde von den Billeteurs an der Lasse aufgefordert, das Eintrittsgeld zu be zahlen, das er schon einmal erlegt haben wollte. Da mischte sich Hänsel hinein und begann zu drohen und zu schimpfen. Es entstand «in allgemeiner Scandal, aus dem die Titulatu ren: „Räuber, Spitzbuben, Vagabonden!" besonders heraus schallten. D-r 38jährige Stadtgendarm Alb-rt Ebuard Kind erzählt die ganze Geschichte. Er hat den Hänsel oft ermahnt, sich ruhig zu verhalten, da er eS aber durchaus nicht »hat, so faßte er ihn, um ihn nach der Bezükswache zu lranSpor- riren. Da kam Hausdorf hinzu, öffnete dem G-ndarm die Hände, so daß Hänsel loskam Hausdorf widerspricht. Er satt» er wollte bloS ein Mädchen auS seiner Heimath auS der Menge hcrausbolen, weil er glaubte, sie sei gefährdet; mit dem Gendarm will ,r gar nicht- zu thun gehabt habcn. Hän sel soll während des Transports gestoßen und geschlagen und HanStorf sich beim Abführen mit den Füßen gegen dir Tyür gestemmt haben. Laß die Beiden betrunken gewesen, will