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WM lst mest über Trevlranus Ser „Ainos" fordert Entlassung des Ministers Pari», 11. August. Die Rede des RetchSmintsterS Tre» »tranuS hat in Paris wie eine Bombe eingeschlagen, tzchon die Montagfrühpresse beschäftigte sich eingehend mit den lludsührungen des Ministers, di« es al» eine offene Drohung an die Adresse Frankreichs und Polens hinstellte. Der »Demos" hat ebenfalls die Gelegenheit nicht rorübergehen lassen, wieder einmal ausfallend zu werden, kenn Treviranus von der für das Reich notwendigen Frei heit gesprochen habe, so könne man dem nur gegenüber halten, daß Deutschland schon jetzt frei sei, allerdings im Nahmen der Verträge. Die Auseinandersetzungen TreviranuS bedeuteten nichts mehr und nichts weniger als die Freiheit, für einen Krieg zu rüsten, das linke Rheinufer militärisch »u organisieren und sich der T r i b u t - a h l« n g e u zu ent- ziehen, die zu leisten sich Deutschland freiwillig durch die Unterzeichnung des NoungplaneS verpflichtet habe. Mn deutscher Minister dürfe außerdem der letzte sein, von der Mißachtung des Reiches zu sprechen, denn das Deutsche Reich verdanke seine Stellung lediglich der offensichtlichen Ver gewaltigung des Rechtes seit 47 Jahren s?) und der Unter drückung nichtdeutscher Volksstämme im Westen, Norden und Osten M. Das imperialistische Deutschland sei nach vierjährigem tkieg vernichtet worben, einem Kriege, den e» mit den darbarischsten Methoden und den verachtungSwertesten Ver letzungen sämtlicher Menschenrechte geführt habe i!j. Al» Intwort könne man dem deutschen Minister nur di« Worte entgegenhalten, die Poincars am Sonntag gesprochen Hab«, als er erklärt«. Frankreich sei es seinen Toten schuldig, von niemandem offen oder hinterrücks die bestehenden Ver träge ändern zu lassen. Die Auslegung der deutschen Presse, wonach Treviranus nur seine persönliche Auffassung ge geben habe, sei nicht maßgebend. Entweder teile das Reichs- kablnctt die Ansicht TreviranuS', oder es teile üc nicht. Im ersten Falle sei Frankreich über die Ziele der deutschen Politik unterrichtet, und im zweiten hätten Brüning und die übrigen Mitglieder der Rctchsregierung die Pflicht, sich offen gegen Treviranus anszusprechen. Man werde es unter den gegenwärtigen Umständen in Frankreich nicht ver stehen. wenn er dennoch Mitglied einer Regierung bleibe, die entschlossen sei, die EntspannungS- und AnnähernngSpolitik EtresemannS fortzusehen. Das »Journal des DsbatS" wendet sich ebenfalls in scharfen Worten gegen die Ausführungen TreviranuS', die eS als einen Appell an den Krieg und die Macht hinstellt. Tre- biranirs habe eindeutig erklärt, daß er nur in einem Krieg die Verwirklichung seiner Wünsche sehe. Berliner Antworten an die Barts« Messe Berli«, 11. August. Zu der Aufregung, die die Red« deS Reichsministers TreviranuS in der Pariser Presse verursacht hat, schreibt sogar die „Voss. Ztg.": Der Wortlaut der Rede gibt zu Beschwerden aus Warschau ober Paris oder gar Lon don nicht den geringsten Anlaß. Wir finden in der TreviranuS- rede nichts, was nicht vor ihm andere deutsche Politiker in verantwortlicher Stellung, was nicht auch Stresemaun ge sagt hätte. Auch der Sozialdemokrat Dr. Brettschetd hat einmal ähnlich gesprochen. Kei« Deutscher wird jemals die Grenzziehung i« Oste« als gerecht oder zweckmäßig anerkenne«. — Da» »B. T." nimmt u. a. wie folgt Stellung: Minister TreviranuS hat in seiner Rede auf die heute schon so ziemlich in ganz Europa anerkannte Tatsache hingewiesen, daß die un- gelöste Korriborfrage eine europäische Sorge und Gefahr bleibt. Er hätte sich dabei u. a. sogar aus ernsthafte fran zösische Politiker berufen können, wie den Grafen d'O r me s s o n, der — man mag über seinen Lösungsvorschlag denken wie man will — -och offen die Unhaltbarkeit, Un gerechtigkeit und politische Unzweckmäßigkeit des jetzigen Zu standes zugegeben hat. „Vis zum letzten Blutstropfen" Di« polnische« Legionär« gegen Grenzrevisiou Warschau, 11. August. Der gestern in Radom abgehaltene neunte Kongreß der polnischen Legionäre hat eine Ent schließung angenommen, in der erklärt wird, daß die Legionäre, getreu der Tradition, unter der Führung des Marschalls Pilsuüskt ihre Anstrengungen zur Herstellung neuer Formen -es politischen Lebens in Polen fortsetzen wollen. Die Entschließung betont die Solidarität der sozialen und wirtschaftlichen Elemente als Grundlage einer Staats entwicklung im Sinne des schöpferischen Inhaltes der demokratischen Ideen und verurteilt jede Inanspruchnahme äußerer Faktoren in dem inneren Kampf um neue Formen des staatlichen Lebens. Der Kongreß begrüßt die Tatsache, daß in diesen Tagen zum ersten Male seit der Wieder herstellung Polens die Flagge des Staatspräsidenten auf dem Meere weht, als „Symbol und Beweis dafür, daß die Auf rechterhaltung des Zuganges zum Meer die un erschütterliche Grundlage der Macht des polnischen Staates ist". In der Uebcrzeugung, daß „die Grenzen des polnischen Staates unanfechtbar sind", erklärt der Kongreß, daß die Legionäre „wie bisher bereit sind, bis zum letzten Bluts tropfen für die Unversehrtheit der Grenzen zu kämpfen". Rem Nerdtmdlimie« der Rechtsparteien Trevieanus versucht die Einigung - Die Bolkspartei lehnt ab Berlin, 11. August. Am DienStagnachmtttag werden tmschen der Konservativen Bolkspartei, der Deut schen VolkSpartet und der WtrtschaftSpartei Heue Verhandlungen stattfinden, die dem Versuche gelten, größere Teile der bürgerlichen Front zusammenzufassen. Aehnttche Verhandlungen haben bekanntlich schon am ver gangenen Donnerstag stattgesunden, ohne indessen zu einem Ergebnis zu führen. An den bevorstehenden Besprechungen werden voraussichtlich für di« Volkskonservativen Minister TreviranuS, für die Deutsche Volkspartei Dr. S ch o l z «nd fük die WtrtschastSpartet der Abgeordnete Sachsen- »erg, der am Dienstag wieder nach Berlin »urückkehrt, teilnehmen. Bon volkSparteilicher Seite wird hierzu erklärt, daß der Bersuch» in diese« Besprechungen ein neue» Parteigedilde z» gründen» aussichtslos sei« müsse, die Volkspartei ist entschlossen, selbständig und unbeschwert in den Wahlkampf hineinzugehen, nachdem ihre Bemühungen am vergangenen Donnerstag negativ zum Abschluß ge kommen sind. Nach allgemeiner Auffassung in volkspartei- ichen Kreisen kann es sich bei den neuen Besprechungen Höch ens darum handeln, die bisherigen losen Vereinbarungen über einen Burgfrieden während des Wahl kampfes zu vertiefen. Grundsätzlich wird darauf hin- stewicscn, daß alle Bemühungen aus stärkste Zusammenfassung der staatsbürgerlichen Kräfte nur bann von Erfolg begleitet sein können» wenn die Möglichkeit einer Einbeziehung der Deutsche« StaatSpartet aus gleichberechtigter Grundlage erhallen bleibt. Die Einladung von Treviranus ist übrigens an Dr. Echolz persönlich gerichtet, der also auch lediglich unter tigener persönlicher Verantwortung an diesen Verhandlungen tetluehmen wirb. Unterstrichen wird die Stellungnahme der BokkSpartct durch einen Aufruf, den der Parieivorsitzende Dr. Scholz unter der Ueberschrift »Die Deutsche VolkSpartet selbständig im Wahlkampf" in der »Naiionalliberalen Korrespondenz" peröffentlicht. Darin heißt eS ebenfalls, baß eS für die Deutsche VolkSpartet gelte, unbeschadet etwaiger wach den Wahlen sich ergebender Möglichkeiten den Wahlkamps allein zu führen. Die Gefahr der Zerstörung alles bisher Er reichten durch die extremen Elemente rechts und links sei riesengroß. In diesem Abwehrkamps hätten Stimmungen und Schlagworte keinen Raum. Es gelte vielmehr, die kon kreten Aufgaben dem deutschen Volke vor Augen zu stellen: Die Durchführung der von der gegenwärtigen Regierung be gonnenen großen Reformen zur Wiederherstellung gesunder Grundlagen für Staat und Wirtschaft. Sie Sammlungsbeltntmngen der Ritteivarteten Berlin, 11. August. Die Mitteilungen über Sammlung», bestrebungen zwischen Deutscher VolkSpartet und Staats- partci in Württemberg und Baden werden von unterrichteter Seite bestätigt. Entgegen anders lautenden Berichten sind aber irgendwie endgültige Vereinbarungen noch nicht getroffen worden. Reichsmtnister Dr. Curtinv hat die ihm in Baden angebotene Spitzenkandidat»!: auf der Sammelliste noch nicht angenommen. Am 17. August soll in Wiesbaden ein südwest deutscher Vertretcrtag der Deutschen VolkSpartet stattfinden, auf dem alle diese Fragen geklärt werden dürften. Sie Demokraten beraten Wer die «andtdateastage Berlin, 11. August. Der ParteivorstanS der Deutsch- demokratischen Partei hält zusammen mit dem vom Reichs- partetauSsHuß eingesetzten Wahlausschuß am Dienstag im Reichstag eine Sitzung ab, in der Kandidatenfragen beraten werden. Die Dresdner Kandidaten -er SPD. Am Sonntag tagte in Dresden der Unterbezirk». Parteitag Grotz-Dresden der SPD. und beschäftigte sich mit der Ausstellung der RcichstagSkandidatcn. Es wurden die bisherigen Kandidaten wieder vorgrschlagc», nämlich Abg, HcrmannFlcißner.ToniSender.ArturArzt. Margarete Stcgmauu. . . . . . Aktive Ostpolitik Die Ost-Rode des RetchSmintsterS Treviranus hat ein» geschlagen. Nicht so sehr wegen der darin enthaltenen Be- stättgung, daß das Reich nach Osten hin keine Verzichtpolitik treiben, sondern seine Unzufriedenheit mit den dort geschaffe nen Grenzverhältnissen so lange bekunden und für eine Revision so lange kämpfen will, bis unsere berechtigten Wünsche erfüllt sind. Dergleichen haben wir schon in vielen Reden, auch von verantwortlichen Mitgliedern der Regie rung. gehört. Aber der Ton ist eS. der hier eine ganz neue Musik macht. Einen hinreißenden, von glühendem Tat- willen beflügelten Rhythmus, Fanfarenstöße, die auch die langweiligsten Schläfer aufwecken müßten. Nach den trockenen und lehrhaften, jede positive Zielangabe ängstlich vermeiden- den Exposss über Außenpolitik, mit denen der Reichstag seit StresemannS Tod traktiert wurde, schneidet der hier aus- klingende neue Ton um so greller in die monotonen Melodien de» europäischen Konzerts. „Mir wollen wirklich frei sein, weil kein Gemeingefühl unter den Völkern der Welt gedeihen kann, wenn bas Recht gebeugt, wenn das Gesetz de» Raumes vergewaltigt, wenn sittlich unbeherrschte Macht un gleich verteilt ist" — das ist in ein paar knappen Formu lierungen die deutsche Antwort aus Briands paneuropäische Sirenenklänge, die uns langsam einlullen wollen, damit wir mit der Herrschaft des Unrechts in Europa unseren Frieden machen. »Di« Zukunft des polnischen Nachbars kann nur gesichert sein, wenn Deutschland und Polen nicht durch un gerechte Grenzziehung in ewiger Unruhe gehalten werden. Ostdeutschland» Blutstockung bleibt eine europäische Sorge und Gefahr" — das ist, ebenso scharf Umrissen, der Inhalt unserer Ostpolitik und di« notwendige Warnung an Polen, dessen Raubgelüste in letzter Zeit allzu frech den nimmer- satten Mund geöffnet haben. Minister TreviranuS ist sich bei seiner Rede sicher bewußt gewesen, daß er in ein Wespennest sticht. Die feind lich gesinnten Nachbarn sind eine so deutliche Sprache aus deutschem Munde nicht mehr gewöhnt. Und die Polen sind besonders empfindlich gegen jede Bekundung des deutschen Lebenswillens im Osten. Sie haben schon ein hysterische» Wehegeschrei angestimmt, als der Reichspräsident sich erlaubte, während der Rheinlandbefreiungstage an der zerrissenen Wetchselgrenze zu weilen. Und sie denunzieren jede nicht amtliche deutsche Stimme, die vom Unrecht des Korridors und von der Verstümmelung OberschlesienS spricht, als drohende Kriegsgefahr. Mit um so größerer Wut fallen sie nun über den Minister her, der nicht als Amateurpolitiker auftritt, sondern in seinem neuen Amte als Reichskommissar für die Osthtlf« ein gewichtiges Wort in der Ostpolitik mitzusprechen hat. Natürlich wird wieder bas Kriegsgespenst an die Wand gemalt, und alle die wohlbekannten Sprüche werden aus gewärmt vom »letzten Tropfen BlutS", mit dem Polen die geraubten Gebiete verteidigen will. Die Walze ist zu ab geleiert, als daß sie bei uns noch Eindruck machen könnte. Im Grunde enthält die Treviranus-Nebe nichts, was den Polen nicht schon hundertmal in diplomatischer Form gesagt worden wäre. Aber diese Sprache verstehen sie offenbar nicht, weil sie von ihrem Marschall Pilsudski an einen gewissen Sauherdenton gewöhnt sind, dessen man sich im übrigen Europa nur in den übelsten Kaschemmen bedient. Deshalb war es von deutscher Seite sehr notwendig, einmal Fraktur zu reden. Was in TreviranuS' Worten drohend klingt, ist nichts weiter als die gebührende Antwort auf die frechen Drohungen, die fortwährend von amtlicher oder halbamtlicher polnischer Sette gegen Deutschland ausgestoben werden. Wenn von Gdingen aus staatliche Funktionäre die Eroberung ganz Ostpreußen» für Polen in Aussicht stellen, wenn der General Haller in Posen die polnisch sprechenden Deutschen im Reichsgebiete zum Landesverrat ermuntert und ganz Schlesien bis Breslau für den Weißen Adler in Anspruch nimmt, wenn polnische Flieger ohne Unterlaß militärische Erkundungsflüge über deutschem Boden unternehmen, so sind das Tatsachen, die unter früheren Verhältnissen einem unabhängigen Volke gegenüber den casus dolli hätten be deuten können. In unserer jetzigen Lage wollen wir uns wenigstens das Recht Vorbehalten, unsere unverrückbaren histo rischen Ansprüche im Osten anzumclden, wie und wann eS uns beliebt. Mag man in Warschau darüber zetern, so ist und bleibt das doch die Lehre aus der TreviranuS-Rede. Noch schneller als Polen hat. wie ebenfalls zu erwarten war, Frankreich reagiert. Dort ist man seit der Rhein- Heule: iterari8cke Umsctisu 8eite 7