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reiöerger Anzeiger und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. ^K64. Urscheln« t. -irlber- j«». wochmt. Nd. KU. kür dm <md. Tag. Inser wnten bl« V. ll ll für nLchfte Nr. -ngm. ! Freitag, 1S. Mörz. Du« d^rrdrU^krU » ««. x»«n Ne gef-o Ume Zeile «»er dm» N«im ml« 10 Pf«. »««chnt«. 1875. AbonnemtnIs-EiiUadung. D!« großen polittschen Neugestaltung« der letzten Jahre wie nicht minder da» «ehr und mehr sich fühlbar machend« Bedürfniß, die Stadt Freiberg ihrer wachsenden Bedeutung entsprechend auch in der Presse angemessen zu reprasenttren, haben uu« bestimmt, vom 1. April d. I. an den „Freiberger Anzeiger" in größere« Format erscheinen zu lassen und in du Redaktion «Kun bewährten Fachmann zu berufen Die politische Tendenz des Blatte» erfährt keine Veränderung, wobl aber gewahrt da» grüßen Format unt di» Mvglichkeit, den vaterländische«, provinzielle«, kommunalen und industrielle« Interessen im wetteren Umfange gebührende Sorgfalt zu widmen und durch «in reichhaltiges Feuilleton von inuressamen Novellen und Erzählungen auch für di« Unterhaltung unserer Leser Sorge zu tragen. Trotz der hierdurch bedingten sehr wesentlichen Mehrausgaben wird nur da- Abonnement vierteljährlich um 2b Pfennig» erhöht- Mr geben uns der frohen Hoffnung hin, daß der Leserkreis d«S „Freiberger Anzeigers" mit diesen Veränderungen sich sehr bald befreunden und dem Blatte auch im neuen Gewandt das alte Wohlwollen bewahren werde. -i- Freiberg, den 18. März 1875 Fast auf alle« Gebieten deS staatlichen Lebens erfreut sich di» deutsch» Politik etn»r Zustimmung der Nation, wie st» eben um in gesunden Staatswesen anzutreffen ist. Neben glänzenden militärischen Erfolgen stehen in der That auch großartige Re formen auf wirtschaftlichem Gebiete. ES ist durch Handelsver träge, Zollaufhebungen, Umgestaltung des PostwestnS rc. bet un« umndltch viel geschehen Jetzt ist man dabet, auch da- Lele- -rapheuwesen seiner Mängel zu entkleiden, um e- finanziell er giebiger zu «rachen. Di« Einfügung drffilben in das Ressort d«S gtniale» GeneralpostdirrktorS Stephan bietet hinreichend» Bürg schaft, daß bei Nt»g»staltung dieses wirthschastltchen Zw«ig«S auch di» Jnterrffen d»S Publikum» ihr» Berückfichttzung finden werden. Die» Alle» in Betracht gezogen, muß man sich nur wundern, wie auf einem Felde dieser materiellen Interessen sich »ine förm liche Reaktion so mächtig zu machen wußte, daß fie selbst die oberste Behörde erfassen konnte. Wir meinen die jüngste Eisenbahn-Politik und da» Rrich«- Eisenbahnamt. Seit Jahresfrist sind von Seiten der deutsche.« Vahnvervaltungen dir eindringlichste« Vorstellungen um Erhöhung der Tarife beim Bunde-rath unternommen worden und haben «S iu der That bewirkt, daß diese Behörde den vorgetrazenen «lagen Gehör schenkte und die Erhöhung der Tarife für Personen wie auch für den größten Theil des Güterverkehrs bi- zu einem Fünftel der früheren Sätze ringeführt worden ist. Wie gesagt, e« ist unglaublich, daß mitten in der großen Arbeit der Regierung auf materiellem Gebiet dies« v»rd«rblich» Ll«inigk«it so gemüthlich Platz greifen konnte. Das deutsche Eisenbahnwesen hat sich schon immer durch eine gewisse Talentarmuth ausgezeichnet und aus eigenem Geiste ist da blutwenig geschehen, um der großen Aufgabe für di» allgemeinen Interessen gerecht zu werden. Da» Best» hat man erst von anderen Staaten übernommen und wo möglich nur dann, wenn es mehr im Bortheil der Verwaltung als de» Publikums war. Den zweifelhastrn Ruhm dieser Verwaltung zu mehren, ist durch die neu» Tarifordnung wirklich gelungen. Nachdem diese Verwaltungen, zumeist au» Elementen der Schreibstube und des BeamtenthumS zusammengesetzt, in den fettrn Jahren mit Anlage neuer Strecken, mit dem vetrirbSmaterial und den StationSbauten so gewirth- schastet hatten, daß st, den riesig gewachsenen Verkehr nur noch mit Anstrengung gewachst» waren, wußt»u st» nach Einsetzung d«S ReichStisenbahnamt«« nicht« Besser»» zu thuu, al» -«horsmast zu Men, durch Preissteigerung diesen aufdringliche« Verkehr wi«d«r zu mäßigen. E» war ja so gemüthlich, so lang» da» deutsche Publikum die Eisenbahn»» in d«r Fr»«d« üb«r d»r»n Vorhandensein b»nutzt» und e» paßt, den Verwaltung«» durchaus nicht, daß st, sich d»m mächtig gewordenen Berkehr gegenüber al» im Dienst deffübeu stehend betrachten sollten, und zwar mtt der Verpflichtung, dies« wachsenden Anforderungen immer gerecht zu werden. St» wollt« die Einnahmen davon, aber nicht bi« Arb«tt»last. Deshalb er baten fie di« Tartf«rhvhung und erhielten fie auch im unbegreif lichen Mitgefühl ihrer obersten Behörde. Denn über die zur Vertheidtgung der Tariferhöhung beige- brachten Gründe: Bertheuerung der Kohl«, Lisemnaterialten, Arbeitslöhne u. s. w ist doch ernstlich nicht zu reden. Man «whm, nur an, daß die brutsch» Postverwaltung erklären würde: der Hafer ist so theuer geworden, die neuen Briefkasten kost« jetzt viel mehr, dir Gehalte haben erhöht werden müssen — folglich müssen di« Briefbestellungen um »in Viertel oder Fünftel bis auf Weiteres vertheuert werden. Daß ist so undenkbar, daß davon zu reden lächerlich erscheint. Und die deutschen Etsenbahnen haben e» doch nicht gescheut, al» Verkehrs-Institut» nach solch»» Gedanken zu handeln und dem Publikum plaufibtt zu machen, daß sich'»im zeitweise Berlhtuerung de» Betrieb-mat,rial» durch eine Besteue rung des Verkehr» auSzugletch« habe, während der unantastbar» Grundsatz für fie wie für di» Post laut« muß: dieErleichte- rung de« Verkehr« vermehrt denselben und di» Vermehrung macht ihn am einträglichste». E» ist ihnen aber gelung«, diesem Grundsatz untr»» zu wer den und ihre Berwaltung-fähigkett auf Kost« de« Publikum«, ja des ganzen deutschen WtrthschastSmarkleS durch die Tariferhöhung belohnt zu sehen. In der Krisis, wrlche jitzt im gesammt« Se- schästSleben eingetreten ist, verwalte» sie behaglich Wetter, ohne zu begreifen, daß sie mit dieser unglücklichen Rothmaßrrgel für ihr« Aktionäre nur «ine Täuschung auf Galgenfrist hervorbringen und daß sich in der nächsten Zeit ein solche« Attentat aus da« wirthschaftlich« Leben de« Volke« bitter rächen wird. Di» Rech- nung-auSweise werden ja ergeben, wa« di» meiste« Eisenbahn« durch ihre Tariferhöhung« erzielt hab« und wie die Summ» de« Mehrertrag« durch den Aufschlag dem Abgang im Güter- u«d