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AllMjnlrger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5» Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^105 Sonntag, den 7. Mai 1882. Vom unterzeichneten Königlichen Amtsgerichte soll das zum Nachlaß der Frau Johanne Sophie verw. Oelschlägel zu Altstadtwaldenburg gehörige Hausgrundstück, Nr. 46 des Brandcatasters, Fol. 43 des Grundbuchs und Nr. 204 des Flurbuchs für Altstadtwaldenburg, welches in der Nähe des Bahnhofs, unmittelbar an der von Waldenburg nach Hohenstein führenden Landstraße gelegen ist, sich zum Betriebe eines Geschäftes eignet und am 26. v. M. durch Sachverständige auf 4750 M. gewürdert worden ist, den 16. Mai 188S Vormittags 9 Uhr in der Gräfe'schen, früher Chares'schen Restauration zu Alt stadtwaldenburg auf Antrag der Erben öffentlich versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den am hiesigen Amtsbret und in der vorgedachlen Restauration aushängenden Anschlag sammt angefügten Versteigerungsbeding ungen andurch bekannt gemacht wird. Waldenburg, den 2. Mai 1882. Das Königliche Amtsgericht. Baumbach. M. "Waldenburg, 6. Mai 1882. Was hat denn die jetzige Wirthschafts- politik mit dem Preisdrucke durch die Coneurrenz zu thun? Gegenwärtig geht ein förmliches Aufathmen durch die freihändlerischen Blätter, wenn doch wieder ein mal ein neuer Gesichtspunkt gesunden wird, der einigermaßen darnach aussieht, als laste sich von ihm ans der jetzigen Zollpolitik Eins anhängen. Die geistige Nahrung ist so dünn geworden, daß nach jedem Bissen gierig gegriffen wird, auch wenn der flüchtigste Blick genügen sollte, um seine Unver daulichkeit darzuthun. So jubelt man jetzt, weil eine Schwierigkeit der gegenwärtigen wirthschastlichen Lage darin gefunden wird, daß jede kleine Besserung in den Preissätzen sofort eine unverhältnißmäßige Ueberspannung der Gesammtproduction, in Folge dessen dann sofort wieder ein Sinken der Preise Hervorrufe, so daß die Industrie trotz aller sich etwa aufthuenden günstigen Chancen doch nicht recht zum Prosperiren komme. Die Thatsache ist richtig; aber was beweist sie? Lediglich die Nothwendigkeit eines festen, nach gewerblichen Branchen und Jn- dustriebezirken organisirten Zusammenhalts unserer Industrie, und fernerhin die Weite des Spielraums, welcher für eine vorsorgliche Regierung und eine alle Verhältnisse berücksichtigende Zollpolitik stets vorhanden sein wird. Gegen das heutige System unserer Regierung aber beweist sie gar nichts, son dern sie zieht im Gegentheil einen Punkt zur Er wägung heran, von welchem aus eine Freihandels- Politik noch viel gefährlicher erscheint als der Schutzzoll. Denn die nachtheilige Einwirkung einer rücksichtslosen Coneurrenz auf die Preise, welche beim Schutzzoll möglich ist und gegenwärtig vielfach Vorkommen mag, ist unter der Herrschaft des Frei handels stets vorhanden, und muß dort im Allge meinen maßgebend sein. Einer der wesentlichsten Unterschiede zwischen den beiden Systemen ist ja darin zu erkennen, daß ein sorgfältig durchdachtes und auf vieljährige Erfahrungen begründetes Schutzzollsystem (wie solches Frankreich besitzt) wenigstens einigermaßen eine Vorausbeur- theilung des Bedarfs ermöglicht, um dessen Befriedi gung es sich handeln kann, weil die Zerlegung des Ganzen in seine Theile den Bedarf in leidlich über sichtlicher, wir möchten sagen concreter Weise her vortreten läßt, während der unbeschränkte freie Welt handel stets eine Tendenz gehabt hat und haben muß, sich auf relativ unbegrenzte Vorstellungen von einem zu befriedigenden Weltbedarf zu stützen. Da nun in Wahrheit auch der Weltmarkt keine unbe schränkte Aufnahmefähigkeit hat, so tritt hier das jenige wirklich ein, was die Freihändler triumphirend als Wirkung des Schutzzolls verkündigen möchten: jeö^irgendwo auflauchende Besserung der Chancen treibt sofort zu schrankenloser Anspannung der Pro duction, weil ein Jeder denkt, daß ja der Welthan del das von ihm zu liefernde Plus wohl noch zu verbrauchen vermöge. Welche Qantitäten unter dem Eindruck dieser falschen Vorstellung für einen schlechterdings nicht vorhandenen Bedarf hergestellt worden sind, und wie mächtig der Einfluß dieses Faktors auf Handelskrisen rc. schon gewesen ist, davon werden gar viele Geschäftsleute ein trauriges Liedchen zu singen wissen. Unter der Herrschaft eines rationellen Schutzzolls kann es soweit doch niemals kommen; was der einheimische Markt zu verbrauchen vermag, was bestimmte Auslandsmärkte aufnehmen können, das sind doch immer einiger maßen übersehbare Größen und auch der wildesten Spekulation ist hier sofort eine natürliche Grenze gesteckt, während dieselbe beim Freihandel meist erst durch den allgemeinen Zusammenbruch gezogen wird. "Waldenburg, 6. Mai 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Von dem Abgeordneten Liebknecht, unterstützt von den Socialdemokraten, sowie von den fortschrittlichen Abgg. Lenzmann, Or. Philipps und i)r. Wendt, ist folgender Antrag auf Aushebung sämmtlicher im deutschen Reich bestehender Ausnahmegesetze ein gebracht: „A 1. Die Gesetze, betreffend den Orden der Gesellschaft Jesu vom 4. Juli 1872, betreffend die gemeingefährlichen Bestrebungen der Socialde- mokratie vom 21. Oct. 1878, ferner der Z 130a des deutschen Reichsstrafgssetzbuches (Kanzslparagraph und der tz 10 des Gesetzes, betreffend die-Verfassung von Elsaß-Lothringen vom 30. December 1871, und den § 2 des Gesetzes, betreffend die Verfassung von Elsaß-Lothringen vom 4. Juli 1879 (Diclaturpara- graphen) sind aufgehoben. § 2. Die auf Grund der vorstehend angeführten Gesetze und Gesetzpara graphen ergangenen Verfügungen von Landespoli- zeibehörden verlieren ihre Giltigkeit. §. 3. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem Tage seiner Ver kündigung in Kraft." Die „Prov.-Corr." kommt bei Besprechung des gleichzeitigen Tagens von Reichstag und Landtag auf die früheren Anträge der preußischen Regierung bezüglich der zweijährigen Budget-Berathung zurück und sagt: „Die Erfahrungen dieses Jahres sind geeignet, di^früheren Auffassungen der Regierung zu bestätigen und zu bestärken; mögen sie dazu bei tragen, die Bereitwilligkeit der Parlamente zu dem einzigen Mittel der Verringerung jener Uebelstände zu fördern." Preußen hat jetzt eine Hundesteuer, eine allge meine preußische Hundesteuer, welche mit 50 Pfennig beginnt und bis zu 15 Mark aufsteigt. Ob der Ertrag in die Kassen der Gemeinden oder der Kreise fließen solle, darüber wurde lange discutirt und man einigte sich erst, als es vollständig klar, daß die Kosten der Steuererhebung dem Ertrage der Steuer gleichkommen würden. Für die Hunde soll nämlich ei» vollständiges Standesamt eingesührt werden mit Geburts- und Sterberegistern, nur die Hochzeitsmatrikeln fehlen. Der akademische Streit, ob den Militärhunden gegenüber dem civilen Vieh insofern eine ausnahmsweise Behandlung zu Theil werden dürfte, als die für jene erhobene Steuer einer wohlthätigen militärischen Stiftung zu Gute kommen sollte, wurde in namentlicher Ab stimmung mit 160 gegen 129 Stimmen zu Gun sten der Gleichheit aller Hunde entschieden. Schweiz. Der Nationalrath zu Bern hat die Ausführung des Art. 27 der Bundesverfassung, der den unent geltlichen Elementarunterricht allen Cantonen zur Pflicht macht, mit 86 gegen nur 30 Slimmen beschlossen. Der Bundesrath ist nunmehr beauftragt worden, unverzüglich die dazu erforderlichen Gesetzes vorlagen ausarbeiten zu lassen. Russland. Der Kaiser und die Kaiserin empfingen am 3. d. den Fürsten von Bulgarien in Gatschiila und luden denselben zum Frühstück ein. Der Fürst siedelte aus dem Hotel Demuth nach dem Winter palais über. Das Minister-Comitee hat über die Judenfrage berathen und nach eingehender Verhandlung die Vorschläge des Grafen Jgnatiew einstimmig ange nommen. Es wurde beschlossen, eine strenge Unter suchung über die Ausschreitungen gegen die Juden einzuleiten, die schuldig Befundenen empfindlich zu strafen, umfassende Maßregeln gegen fernere Un ruhen zu treffen. In Bezug auf die den Juden zu gewährenden Rechte wurde beschlossen, den gebil deten Juden eine Ausdehnung der Rechte zuzuge stehen, andererseits aber gegen eine „Aussaugung der Christen durch Juden" Schutzmaßregeln zu treffen. Die Forderungen des Juden-Comitees wur- abgelehnt, weil sie im Interesse der Juden selbst unmöglich seien. Türkei. Ueber die Ursachen, welche zum Sturze Saids geführt, verlautet nichts Bestimmtes, aber man will in auswärtigen Blättern unter anderen vermutheten Ursachen auch deutschen Einfluß gewahren. Ein Wiener Blatt schreibt: „Seit der Berufung der deutschen Beamten hatte sich der Sultan eine ge wisse Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von seinen Rächen angewöhnt. Er arbeitet persönlich sehr viel und wollte alle großen Fragen selbst prüfen und erledigen. Mit den deutschen Beamten und Offizieren war auch deutscher Fleiß und Arbeitslust im Mdiz- Kiosk eingezogen, und Abdul Hamid nahm sich den greisen Hohenzollern-Kaiser zum Vorbilde. Die neue Ordnung gefiel Said Pascha ebenso wenig wie dem Kriegsminister Osman Pascha. Außerdem mag Said, der schon in der Zeit, als er noch Secretär des Sultans war, als ein großer Ruffenfreund galt, den Import von deutschen Kräften kaum mit günstigen Augen betrachtet haben." Der Nachfolger Said's, Abdurrahman Pascha, ist wenig über 40 Jahre alt. Man sagt ihm nach, daß er den fortschrittlichen Ideen Midhats Pascha zugethan sei. Bekannt ist, daß er Mitglied der Reform-Commission in Tophane war. Atts dem Mttldenthale. Waldenburg, 6. Mai. Der Herr Geheime Re- gierungsralh, Amtshauptmann Freiherr von Hausen, der für alles, dem allgemeinen Besten geltende Vereinsleben ein lebhaftes und wirksames Interesse bethätigt, hat auch Heuer den ihm übersandten Jah resbericht unseres Gewerbevereins angenommen und in einer Zuschrift an den Vorsitzenden des Vereins unter Anderem gesagt, daß er den Bericht mit um