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Kantabilitöt sowie durch eine ausgesprochen einheitliche Thematik auszeichnet, doch auch wirklich in schönster Weise alle Vorzüge der Schaffensnatur seines Schöpfers: formale Ausgewogenheit, gedankliche Anmut und jugendliche Frische. Ohne Einleitungstutti beginnt der schwungvolle erste Satz (Allegro molto appassionato) mit dem gleich im zweiten Takt einsetzenden, vom Solisten vor getragenen gesanglichen Hauptthema von echt violinmäßiger Prägung. Neben diesem Thema werden im Verlaufe des von blühender romantischer Poesie er füllten Satzes noch ein ebenfalls sehr kantabler Seitengedanke und ein lied haftes, ruhiges zweites Thema bedeutsam, das zuerst durch die Bläser über einem Orgelpunkt des Soloinstrumentes erklingt und dann von diesem auf gegriffen und weitergeführt wird. Wie eines der Mendelssohnschen „Lieder ohne Worte" mutet der durch einen liegenbleibenden Ton des Fagotts an geschlossene dreiteilige Mittelsatz an, ein in weich wogendem %-Takt an uns vorüberziehendes Andante. Echt romantischer Elfenzauber wird schließlich im geistsprühenden, prickelnden Finale, das als eine kunstvolle Verbindung von Rondo- und Sonatensatzform angelegt ist und in seinem Charakter der kurz vorher vollendeten „Sommernachtstraum''-Musik des Komponisten nahesteht, in überaus poetischer, stimmungsvoller Weise heraufbeschworen. In festlichem Glanz beendet dieser besonders virtuose, dabei musikalisch ebenfalls substanzreiche Satz das Werk. über das sinfonische Schaffen des großen russischen Komponisten Peter Tschaikowski äußerte Dmitri Schostakowitsch einmal: „Tschaikowski fügt zur philosophischen Verinnerlichung in der sinfonischen Musik Beethovens jene leidenschaftliche lyrische Aussage der verborgensten menschlichen Gefühle, die die Sinfonie, dieses komplizierteste Formgebilde der Musik, der breiten Masse des Volkes zugänglich macht und nahebringt." Und tatsächlich haben gerade die Sinfonien Tschaikowskis — ganz besonders seine 5. und 6. Sinfonie, die Gipfelwerke der Sinfonik überhaupt darstellen — eine Popularität wie wenige andere Werke dieser Gattung erreicht und entscheidend dazu beigetragen, den Namen ihres Schöpfers, der daneben vor allem durch seine Opern „Eugen Onegin" und „Pique Dame", seine Ballette „Schwanensee", „Dornröschen" und „Der Nußknacker", seine sinfonischen Dichtungen, seine Klavierkonzerte, sein Violinkonzert und seine Kammermusikwerke internationalen Ruhm errang, in aller Welt berühmt zu machen. Das gesamte, äußerst vielseitige Werk dieses großen Meisters ist durchdrungen von der tiefen Verwurzelung in der Volksmusik seiner russischen Heimat, gleichzeitig aber stets überaus eng mit dem Leben und Erleben des Komponisten verknüpft. Tschaikowskis 5. Sinfonie e-Moll op. 64 entstand im Sommer 1888 und wurde noch im gleichen Jahre unter der Leitung des Komponisten in Peters burg uraufgeführt, über ein Jahrzehnt war seit der Vollendung seiner 4. Sin fonie, der die 5. in der kompositorischen Anlage wie in ihrem Ideengehalt ver wandt ist, vergangen. Nur zögernd begann er, von erfolgreichen Gastspielreisen im Ausland in den Jahren 1887/88 zurückgekehrt, mit der neuen Arbeit. „Ich bin nun endlich dabei, aus meinem stumpf gewordenen Hirn schwerfällig eine Sinfonie herauszuquetschen", äußerte er in dieser Zeit. Dennoch beendete Tschaikowski das Werk schließlich weit eher, als er gedacht hatte. Aber gerade bei dieser Sinfonie kamen dem sehr selbstkritischen Komponisten immer wieder Zweifel, sie schwankte außerordentlich in seiner eigenen Einschätzung. So schrieb er noch kurz nach der Uraufführung: „Nachdem ich nun meine neue Sinfonie zweimal in Petersburg und einmal in Prag gespielt habe, habe ich die Über zeugung gewonnen, daß sie kein Erfolgswerk ist. Sie enthält etwas Abstoßendes, ein Übermaß an Farbigkeit und Unechtheit, etwas Gewolltes, was das Publikum instinktiv erkennt . . . Bin ich denn wirklich ausgeschrieben, wie die Leute sagen?" Wie sehr Tschaikowski sich mit diesen Zweifeln an dem bleibenden Erfolg seiner 5. Sinfonie irrte, ist längst erwiesen. Dieses Werk, dessen Programm ähnlich wie in Beethovens 5. Sinfonie die Überwindung des Schicksals, des Zweifels und der Dunkelheit durch Daseinsfreude und Zukunftslicht bildet, hat seine starke, unmittelbare Wirkung auf die Hörer bis heute immer wieder unter Beweis gestellt. Mit einer langsamen, dunklen Einleitung, deren Thema das Grundthema der Sinfonie, ein in allen Sätzen wiederkehrendes Schicksalsmotiv, darsteilt, beginnt der erste Satz (Allegro con anima). Ein schnelles, rhythmisch-erregtes Thema, immer mehr gesteigert, folgt. „Zweifel, Klagen, Vorwürfe" schrieb der Komponist neben die Skizze dieses Themas. Es kommt zu einer dramatischen Durchführung - dann endet der Satz düster resignierend, verlöschend im Pianissimo der tiefen Streicher, der Fagotte und der Pauke. - Im zweiten Satz, dem berühmten Andante cantabile, erklingt eine schwärmerische, lyrische Hornmelodie voller Sehnen und Glücksempfinden. Obwohl auch hier wieder zweimal die mahnende Stimme des düsteren Grundthemas drohend eindringt, dominiert doch in diesem Satz das angedeutete Bild einer lichten Welt. - Ein rauschender, langsamer Walzer erscheint im dritten Satz, in dem freilich auch das dunkle Schicksalsmotiv wieder auftritt, an der Stelle des sonst üblichen Scherzos. — Doch das Finale bringt in seiner Wendung vom Moll zu strahlendem E-Dur, in der Veränderung des Schicksalsthemas in einen heroischen Marsch schließlich Triumph und Sieg — die Überwindung der dunklen Mächte. Nach volkstümlichen russischen Tanzepi soden im Hauptteil dieses Satzes wird das Werk in überschäumendem Jubel und Festesfreude beschlossen. Dr. habil. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, den 26. Februar 1977, 20.00 Uhr, Freiverkauf Sonntag, den 27. Februar 1977, 20.00 Uhr, AK (J) Festsaai des Kulturpalastes Dresden 6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Günther Herbig Solisten: Renate Frank-Reinecke, Berlin, Sopran Siegfried Lorenz, Berlin/Leipzig, Bariton Chor: Philharmonischer Chor Dresden Werke von Penderecki und Brahms Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1976/77 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2,85 T. ItG 009-6-77 (•hillnarnnoni 5. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1976/77