Volltext Seite (XML)
Voigtländi scher An^ger. Sechs und fünfzigster Jahrgang. Redigirt von Advocak C. Wieprecht. Druck und Verlag von C. Wieprechts seel.. Wittwe m Plauen. Jährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt 25 Neugroschen. — Die Jnsertionsgebühren werden mit 1 Neugroschen für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhältniß des Raumes. — Mittwoch. 86» 2S. -October 1845. Die Adresse. (Beschluß.) 5) Wie Ew. rc. Befriedigung über den Wohlstand unseres Valer- landcb, so lhcilen wir auch Ihren Schwerz über das betrübende Er- eigniß, welches sich in der jüngsten Zeil in einer der wichtigsten Städte des Landes zugetragen hat. Doch wir erinnern uns auch an Ew. rc. denkwürdigen Wahlspruch, gesprochen in einer sturmbcwegten Zeit, und hoffen, daß derselbe in Sachsen nie seine Geltung verlieren, viel mehr der Lebensbaum des gegenseitigen Bertrauens, welches zeither Kürst und Vaterland verband, nach allen Richtungen hin, immer frische Zweige treiben werde. Möge dazu auch die neuerdings erfolgte Bekanntmachung des Ergebnisses der auf Ew. rc. Anordnung veran stalteten Erörterungen über jene Ereignisse beitragen! Sollte aber durch selbige der beabsichtigte Zweck noch nicht so erreicht werden, wie es Ew. rc. und unser Aller Wunsch ist, so wird cs AUerhöchstdero Weisheit gewiß gelingen, noch andere Mittel aufzufindcn, jeden Mist ton über jene Vorfälle zum Heile des gesammten Vaterlandes voll ständig aufzulöscn. 6) Wohl theilen auch wir die von Ew. rc. ausgesprochene Ucber- zeugung, daß die Grundpfeiler des Staats und alles menschlichen Wohlseins, Religion und Glaube, nicht untergraben werden dürfen. Wir werden dem Vertrauen, welches Ew. rc. in dieierHinsicht in die Stände setzen, unserer Seits zu entsprechen immer bemüht sein und unsere Unterstützung nie versagen, wenn es gilt, die Achtung für das Heiligste aufrecht zu erhalten. Gewiß aber dürfen wir hierbei von der Voraussetzung ausgehen, daß auch in kirchlichen Angelegenheiten Keinem unserer Mitbürger, er gehöre zu welcher Confession er immer wolle, vom Staate eine, unsern Zeiten und unsern Bedürfnissen nicht mehr angemessene, Beschränkung werde auferlegl werden, indem wir Solches weder mit den Zusagen unserer Constitution für vereinbar kalten, noch als ein geeignetes Mittel ansehen, ächte, wahre Religio sität im Volke zu befördern und zu erhalten. Doch — Kossen wir, von diesen Grundsätzen geleitet, noch bei gegenwärtigem Landtage auf verfassungsmässigem Wege über diejenigen Massregeln uns vereinbaren zu können, welche die tundgezebeneAufregung zu beschwichtigen, jedem Staatsbürger, ohne Rücksicht auf konfessionelle Unterschiede, den durch die Constitution verbürgten Schutz in der Gottesverehrung seines Glau bens zu gewähren, die Verfassung der Kirche den Zcitbedürfnissen an zupassen, und hiermit allenthalben den ächt religiösen Sinn, den das sächsische Volk zeither stets zu bewahren gewußt hat, von Neuem zu befestigen und für alle Zukunft zu sichern geeignet sein werden. 7) Dankbar haben wir vernommen, daß das erfreuliche Ergebniß derStaatsverwaliung gestattet, auch dießmal wieder, zurErleichterung des Landes, eine Ermäßigung verschiedener Abgaben eintrcten zu lassen. Möge die Ordnung, welche zeither in unserm Staatshaushalte ge herrscht hat und welcher, neben dem günstigen Ergebnisse der Ein nahmequellen, es zuzuschreiben ist, daß diese Erleichterung in Aussicht gestellt werden kann, auch fernerhin unsere ganze Staatsverwaltung durchdringen. Was wir dazu beitragen können, dieselbe aufrecht zu erhalten, werden wir, eingedenk der von uns übernommenen Verpflichtung, die Lasten des Volkes zu erleichtern, nie verabsäumen. 8) Daß Ew. rc. auch seit dem vorigen Landtage auf den Bau der Eisenbahnen — dieses in ter neuern Zeil auch für Deutschland so wichtig gewordenen Verkehrs - und Verbindungsmittels der Völker — ein so sorgsames Augenmerk gerichtet und dabei, so weit möglich, allen Theilen des Landes Berücksichtigung geschenkt haben, müssen wir gleichfalls mit tiefgefühltem Danke erkennen. Es wird daher auch unser eifrigstes Bestreben sein, Ew. rc. hierbei, so weit cs als noth- wcndig und zweckmäßig erscheint, milden erforderlichen Bewilligungen entgegen zu kommen, damit das begonnene Werk seiner baldigen Voll endung enrgegengeführt werde. 9) Den Gesetz-Entwürfen, welche uns bereits vorgclegt worden sind oder deren Vorlegung uns noch angckündigt ist, werden wir die sorgfältigste Beralhung nngedeihcn lassen. Wir hoffen hierbei, daß die auf die Presse bezügliche Vorlage, oder, da diese letztere nur eine ganz singuläre Bestimmung hat, eine der wegen Verwirklichung des tz. 35 der Verfassungs-Urkunde an uns gelangten Petitionen uns Ge legenheit geben werde, die der Presse am vorigen Landtage durch ein besonderes Gesetz, wenigstens in Einer Beziehung, zugestandene freiere Bewegung, mit den Bundesgesetzen vereinbar, in angemessener Weise zu erweitern. Vermissen wir aber unter den Vorlagen zur Zeit noch eine auf die Grundsätze der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit mit Staats anwaltschaft basirte Strafproccßordnung, deren baldiges Erscheinen zum lebhaftesten und allgemeinsten Wunsche des Volks und zugleich neuerdings immer mehr zum dringenden Bedürfnisse geworden ist, so vertrauen wir doch auch in dieser Hinsicht, auf Ew. rc. Weisheit und landesoäterliche Fürsorge, die einem billigen und gerechten Wunsche des Volkes nicht entgcgentreten und einem wahren Bedürfnisse desselben gewiß gern Abhilfe gewähren wird, und geben somit der Hoffnung Raum, daß die gewünschte Vorlage, wenn nicht früher, doch min destens bei dem nächsten Landtage uns zugehcn werde. 1V) Mit dankerfülltem Herzen erblicken wir in Ew. rc. wie den Mitbegründer, so den treuen Hüter unserer Verfassung. Anerkennen müssen wir namentlich, daß zeither die Freiheit der Wahlen derBolke- abgcordneten, ohne welche eine jede Verfassung eine leere Form bleiben wird, als Grundsatz festgehalten worden und, dem Geiste unserer Con stitution gemäß, unverkümmert geblieben lst. Giebt uns schon dieß eine Bürgschaft für den Ernst der Gesinnung, daß die Verfassung ein unantastbares Kleinod sei, so haben wir auch von Neuem Ew. rc. Zusicherung gewissenhafter Aufrechlhaltung unserer Verfassung ent gegen zu nehmen gehabt. Aber an Ew. rc. ernstem Willen, die Ver fassung zu schützen, haben wir nie gezweifelt, zweifelt — wir dürfen dieß versichern — kein Einziger im Volke. Zn diesem Streben Ew. rc. daher mit aller unserer Kraft zu unterstützen, werden wir stcts für eine heilige Pflicht ansehen. Doch — wir kennen auch des Voltes innige Anhänglichkeit an unsere Verfassung und fürchten darum nicht, daß der verfassungs- und ordnungsgemäße Gang im inncrn Staats-