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Ausgabe L und 8 Für christliche Politik und Kultur GelchäNSftell«, Druck und Verlag, Germania, Buchdrn.lerei und «erlag 0re-den.A. I, polierttr. 17. ii-rnrui 2IV12. paltlche^lonlo Lrcsden 102ci. Bank- conto «ladibank Dresden 2Ir.SI7S7. Redakttou der Sächsischen VolkSzettnng Oresden-illisiadl l. Polierttrabe 17. gcrnriu M7I1 und Ll i)12. Nummer 111 — 31. Jahrgang krscheini «mal wvchli. mii Illnslr.GraiiSbeiiage» »Heimal uyd 8^allag^ ÜLU 13» Ätal 1832 kett'und derMnderbeilage.NlirunirekleinenLenie'.iowied^n . »I a a S o r t, D r e S d e n iM^UFUHlUUFrRO^ PVW5-WMLL-L lieiler Dr. iS. TeSezhI, Trc.dem ^8 Schadenersatz. M M Delchäslitcher r-il: W. Winkel. Dresden. Das Echo -er Kanzlerrede Europa muß eine Lösung der Reparatlonsfrage finden! London, 12. Mai. Die gesamte Ixutige Presse würdigt die Bedeutung der gestrigen Rede des deutschen Reichskanzlers, wo bei sie besonders seine Erklärung über die Unmöglichkeit einer Wiederaufnahme der Neparationszah- tun gen hervorkiebt. Besonders ausführlich sind die Berichte dec Times, der Morning Post und des Daily Telegraph. Der Berliner Timeskorrespondent hebt lxrvor, datz die Rede des Reichskanzlers sogar auf die Nationalsozialisten einen tiefen Eindruck gemacht habe. — News Chronicle erklärt, die Rede des Reichskanzlers sel vielleicht die bemerkens werteste seiner politischen Lausbahn gewesen. Er hal>e den Oelzweig, de »Adolf Hiller ihm versuchs weise überreichte, zurückgewiesen. — In der Meldung des Ber liner Reulerkorrespondenten heisst es. die Rede war eine der wirksamsten, die der Kanzler während seiner parlamentarisch,! Laufbahn gehalten hat. Paris, 12. Mai. Petit Parisien schreibt zur Rede des Reichskanzlers, Dr. Brüning verlange setzt energisch die Rechtsgleichheit für Deutschland, und zwar in Wendungen, die seltsam an gewisse von natio nalsozialistischen Führern in ihren Erklärungen vorgebrachte Forderungen erinnerten. Reichskanzler Brüning trete für die völlige Streichung der Schulden und Reparationen, sowie für das Recht Deutschlands ein, in gleiä-er Weise zu rüsten wie die anderen Nationen. Diese ziemlich entschiedene Haltung glaube der Reichskanzler setzt offenbar einnehmen zu müssen, um Ser Rechten zu gefallen und so seine innerpolitisch Stellung zu festigen, aber sie sei, wie man hervorheben müsse, auf die Dauer kaum geeignet. Regelungen in Eens und Lausanne zu er leichtern. Ter Aussenpolitik«!: des Echo de Paris erklärt, Reichskanz ler Tr. Brüning lege sich keinen Zwang mehr auf. Er umreis;« die deutsche Stellungnahme in der Abrüstung;- und Repara- twnssrage in einer Weise, die für irgendeinen Kompromiss keinen Raum mehr lasse. Er halte sich für stark genug, um For derungen erheben zu können. Neuyork, 12. Mai. Die Rede des Reichskanzlers wird von den amerikanischen Blättern in grosser Ausmachung gebracht. Bor alle.ni wird dis Erklärung des Kanzlers hrvorgehoben, das; eine Weiterzahlung der Reparationen unmöglich sei. Herald Tribüne erklärt, das; der Kanzler die Reparations gläubiger nun ebenso vor die Alternative „Streichung oder Ka tastrophe" stelle, wie es die Alliierten mit ihrem Kriegsschulden gläubiger Amerika getan hätten. Amerika werde, was die Frage der Reparationen und Kriegsschulden anlange, ebenso „vernünftig" sein, wie andere Mächte. Immerhin hah es aber ein Recht, darauf zu bestehen, das; Europa sich über das Reparationsproblem klar werde, bevor es eine Regelung der internationalen Schuldensrage mit Hilfe der Vereinigten Staaten verlangen könne. Das Echo, das die Rede des Reichskanzlers in den Haupt städten der Grossmächte gesunden hat. beweist, das; die Stel lungnahme des Kanzlers von entscheidender Bedeutung nicht nur für Deutschland, sondern für Europa gewesen ist. Insh son dere wird man die amerikanischen Stimmen beachten müssen, die ganz offen feststellen, das; die Bereinigten Staaten nur in soweit an eins Ermässigung der politisch« Schulden ihrer ehe maligen Verbündeten denken können, als diese selbst ihrs For derungen Deutschland gegenüber streich". Auch Frankreich, das an Amerika recht erhebliche Beträge schuldet, wird diesen deutlichen Wink nicht einfach übersehen können. Deutschlands Aussichten für Lausanne sind besser, als sie jemals für eine andere Konferenz gewesen sink, die die heikle Frage der Reparationen zu behandeln hatte. Die Aussicht, das; diese Konferenz zu einer endgültigen Bereinigung der Repara- tionssrage führen kann, ist durchaus begründet — wenn das deutsch Volk nicht selbst durch i n n c r p o l i t i s che D u m m , heilen die autzenpolitisch Arbeit Brünings stört. Was wir- in Entscheidung erst im Juni wtl>. Paris, 12. Mai. „Malin" vertritt heute die Ansicht, das; es für Lebrun schwierig sein werde, schon jetzt regelrechte Verhandlungen zur Lösung der Krise zu führen, die durch den Rücktritt Hs Ka binetts Tardieu gejchnfsen wurde, und meint, datz inan vor dem 3. Juni nichts Entscheidendes zu er warten habe. Tollte doch ein Fall „höherer Gewalt" cintreten, der zur un- verpiglichn Bildung eines neuen Ministeriums zwingt, so mW« dieses verfajsungsgcmätz vor die alte Kammer treten,was einen nicht auszudcnkenden Konflikt auslösen könnte. Alles, was man vorläufig tun könne, sei die Vorbereitung des Ter rain; für die spätere Regierungsbildung. — Im übrigen lan ciert Hute der „Matin" wiederum den Gedanken eines Min- derhitskabinetts, das nur aus Radikalen und Sozialrepubli- tanern bestehn sollte, weil er sich davon verspricht, das; eine solih Negierung auf eine wechselnde Unterstützung von links und rechts zählen könnte. Der sozialistische „Vopulaire" schreibt: Der bisherig« Fi- nanpninister Flanoin hat gestern in den Wandelgängen der Kammer gesprächsweise erklärt, die Regierung sei zwar bereit, die laufenden Angelegenheiten zu erledigen, sic würde aber so fort zuriiiktreten, wenn eine ernste Schwierigkeit cintreten sollte. Aus diesen Aeutzerungen Flandins ist zu entnehmen, datz die Regierung es ablehnen würde, die Verantwortung zu übernehmen, wenn die Finanzgesahr einen drohenden Charakter annehmen sollte. Man hat über die Aeutzerungen Flandins eingehend gespro chen und viel« erblickten darin, vielleicht mit Recht, eine Drohung und ein Manöver. In Paris gibt man sich gegenwärtig den Anschein, als wären für Frankreich überhaupt nur noch innenpoli tische Problem« vorhanden und als habe die Aussen politik überhaupt nichts mehr zu bedeuten. Dabei ist es ein offenes Geheimnis das; die autzenpolitischen Fragen hi der Entscheidung der Wähler am 1. und 8. Mai «ine recht erheb liche Nolle gespielt haben. Die M«hrhit des französischen Volkes will den Frieden — das ist der Sinn der Absage, die Tardieu bei hr Kammerwahl erhalten hat. Für die Konferenz von Lausanne wird cs keinen Vor teil bedeuten, das; di« neu« französische Negierung erst wenige Tage vor dem Zusammentritt der Konferenz gebildet wird. Frankreich? Andererseits wird diese Negierung mit dem Willen nach Lau sanne kommen, dem Friedenswunsch der Wähler so gut als möglich zu entsprechen. Zum dritten ist die Finanzlage des französischen Staates trat; des Goldes in den Kellern der Pariser Banken eine herzlich schlechte. Die Aussicht, bei solcher Finanzlage nach einem Scheitern der Ne- pnrationskonserenz recht erhebliche Millionen Beträge im Ok tober an Amerika zahlen zu müssen, wird das Fortschrcitcn der rechten Erkenntnis bei den französischen Staatsmännern hof fentlich beschleunigen. Times zur Lausanner Konferenz London, 12. Mai. In einem Leitartikel, der sich eingehend mit der bevor stehenden Lausanner Konferenz lwschästigt. rügt Times den Mangel an Interesse, den die sranzöischn Politiker in inter nationalen Fragen an den Tag zu legen scheinen. Es sei nicht sehr ermutigend, datz In Frankreich anscheinend so wenig Neigung bestehe, sich von innerpolitischen Pro blemen weg zu wenden und Fragen Beachtung zu schenken, die im allgemeinen Inter esse Europas liegen. Für das Gelingen der Konferenz sei eine gründlich Vorbereitung notwendig, die allerdings dadurch er schwert werde, datz die sranzösisch Kammer, von der letzten Endes die Antzcnpolitik Frankreichs abhänge, erst im Juni zu sammentreten könne. Nichtsdestoweniger müssten die Vorarbei ten energisch weiter betrieben werden. * Die Bank von England hat ihren Diskont um Prozent auf 21- Prozent herabgesetzt. ' Der türkische Botschafter in Berlin, Kemaleddin Sami Pascha, hat in der Näh von Weimar einen schweren Autounsall erlitten. Der Botschaster erlitt einen schweren Schädelbruch. " Fortschreitende Genesung Mnedonatds. Die Heilung des rechten Auges Macdonalds macht weiterhin gute Fortschritte. Man glaubt bestimmt, datz der Premierminister die Klinik etwa Donnerstag nächster Woche, also zwei Wochen nach der Opera tion, wird verlassen können. " Albert Thomas, der srühre Direktor des Interna.io- nalen Arbeitsamtes in Gens, ist Mittwoch nachmittag in Paris beig « setzt worden. Brünings Appell (Von unserer Berliner S ch r i s t l e i t u n g.) V. 6. Wie in den früheren kurzen Tagungen de« Reichstages, hat der Kanzler auch jetzt wieder die Ge legenheit wahrgenommen, um seine Auffassungen über die grundlegenden politischen Fragen Deutschlands der Welt darzulegen. Dr. Brüning hat gestern am frühen Nach mittag mit einer umfassenden Rede in die parlamentarische Debatte eingegrisfen und fand über eine Stunde lang d i e gespannteste Aufmerksamkeit des voll besetzten Hauses. Dieser Kanzlerrede ist nicht nur deshalb besonders wichtig, weil gerade jetzt aussenpolitische Verhandlungen von geschichtlicher Tragweite für das deutsche Schicksal in Genf im Gange sind und bereits für Lausanne vorbereitet werden: sie ist von besonderer Be deutung auch angesichts der inneren Lage des Reiches, das nach monatelangen Wahlkämpfen grotze innerpolitische und innerwirtschaftliche Aufgaben zu lösen hat. Der Reichs kanzler hat das Verdienst, diese grundlegenden Fragen, die miteinander in engster Verbindung stehen, in einer einheit lichen, grosszügigen Gcsamtschan und mit dem ausserordent lichen Ernste behandelt zu haben, den die Verhältnisse jetzt mehr denn je erfordern. Weit über die Grenzen Deutsch lands hinaus wird und mutz diese schwerwiegende Kund gebung des verantwortlichen deutschen Staatsmannes Be achtung finden. Mit ungeschminkter Ossenheit und sachlicher Schürfe hat der Reichskanzler Tatsachen sestgestellt, d i e v o r a l l e m b e i d e n v e r a n t w o r t l i ch e n Staats männern des Auslandes stärkste Beachtung finden müssen, wenn nicht der allzulang- fame Gang der internationalen lieber- egungen mit einem allgemeinen Chaos enden soll. 'Noch niemals zuvor sind mit der gleichen Eindring lichkeit der ganzen Welt die unabsehbaren Gefahren einer weiteren Verschleppung unausweichlicher Entschei dungen vor Augen geführt worden. Die Unterlassungen, deren sich die internationale Politik seit Monaten schuldig macht, sind in ihren verhängnisvollen Folgen bereits so weit gediehen, als datz sie nur noch Deutschland allein be rühren könnten. Es geht heute, wenn dasTempodes Handelns nicht erheblich beschleunigt wird und der Wille zu radikalen, sachgerechten Lösungen »ich! endlich die Oberhand gewinnt, um jedes Land, um die Schuldnerländer und nm die Gläubigerlündcr: cs geht heute um alles, die in das wirtschaftliche Geschehen der Welt irgendwie ver flochten sind. In all diesen Fragen ist nun, wie der Kanzler mit Recht hervorhob, genug geredet und nntersucht worden. N u n m utzgehandel tu n d e n t s ch i e d e n w e r d e n. Dies war der leitende Gedanke, der die autzenpoli- tischen Ausführungen des Reichskanzlers beherrschte. Dieser antzenpolitische Teil der Kanzlerrcde, war sorgfältig vor bereitet und formuliert worden und brachte den deutschen Standpunkt sowohl in der Frage der Abrüstung wie auch in der Reparatronssrage mit letzter Klarheit und Entschie denheit zum Ausdruck. Zur Frage der Abrüstung betonte der Reichskanzler, datz er bei seinem zweiten Ansenthalt in Eens Fortschritte in dem Willen zur Abrüstung und auch in der Anerkennung des deutschen Standpunktes habe ver zeichnen können. Aber noch schwere Auseinandersetzungen stünden bevor, die jedoch Deutschland nicht zu sännen habe. Den grundsätzlichen deutschen Standpunkt umritz Dr. Brü ning nochmals mit der eindeutigen Feststellung, datz Deutschland, nachdem es selbst mit der Abrüstung in radi kalster Form begonnen halw, die Allgemeinheit dieser Abrüstung und seine Gleichberechti gung verlange. Hinsichtlich der Neparationsfrage be tonte der Reichskanzler mit starkem Nachdruck, datz sich die bekannte Auffassung der Neichsregicrung inzwischen in keiner Weise verändert habe: dagegen habe sie auch in den Gläubigerländern an Boden gewonnen. Die völlige Strei chung aller politischen Schulden sei die wichtigste Voraus setzung für eine Rettung aus der wirtschaftlichen Not und einen neuen wirtschaftlichen Wiederaufstieg. An dem Tage, so rief der Kanzler dem Auslände zu, an dem alle poli tischen Schulden gestrichen seien, würde jedes Land reicher sein. Eingehend erörterte Dr. Brüning schlietzlich noch die im Auslände besprochene Möglichkeit einer nach einigen Jahren auszunchmcnden deutschen Restzahlung, die er mit überzeugenden wirtschaftlichen Gründen abwehrte. Es sei unmöglich — so stellte er eine unbestreitbare Tatsache fest — Schulden in Gold zu zahlen, wenn 7ll Prozent des Goldes aus zwei Gliiubigcrländcr verteilt sei. Alles kommt darauf an, datz diese Gedankcngänge. die allein den wirtschaftlichen Tatsachen und Ge setzen entsprechen, jetzt auch im Auslands zum Durch bruch gelangen. Andernialls wird die weitere Entwicklung' der weltwirtschaftlichen und innerwirtschastlick>en Verhält nisse für alle Länder und alle Völker zu wahrhast ver heerenden Konfeyuen'.cn führen Das ist der unge heure E r n ft der ge g enwärtig e n Weltlage und es ist bemerkenswert mit welch ioraenvollem Nachdruck