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Dresdner Journal : 11.10.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189910114
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18991011
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18991011
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-10
- Tag 1899-10-11
-
Monat
1899-10
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 11.10.1899
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ve,n««-ret». Mk Dre«d<n vierteljährlich: 2 Mart üO Ps., bei den Kaiser- Uch deutjchrn Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer» halb des Deutschen Reichet Poft- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der kann- und Feiertage abend». Ytrnspr.-Anschluß: Nr 1LSS ZreMer S Joumal. »nkünfti,««,»gebühre«: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift LV Ps. Unter „Eingesandt" di« Zeile bt> Ps. vei Tabellen- und Zifsernsatz entsprechender Ausschlag. Heru«»geber: Königliche Expedition de« Dresdner Journals Dresden, Zwmgerstr. 20. Fernspr.-Anschlub: Rr. 1L»L 237.Mittwoch, den u. Ottober abends.18SS. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Kammerdiener Max Schließer und der Stallwachtmeister Jobann Paul Fuchs das von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzoge von Baden ihnen verliehene Verdienstkreuz vom Zäh- nnger Löwen annehmen und tragen. Die Kölnische Unfall-VersicherungS-Actien- gesellschaft zu Köln a. Rh. ist auch hinsichtlich der Einbruch-, Diebstahl-, Kaution--, Garantie- und Sturmschäden - Versicherung zum hierländischen Ge schäftsbetriebe zugelassen worden. Dresden, den 7. Oktober 1899. Ministerium des Innern, Lbtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. E vr. Bodel. Effler. Ernenannge«, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Zm Geschäftsbereiche de» Mtntftert««» »er Finanzen. Mi der Postverwaltunfl sind ernannt worden: Fichtner, zeither Postkossirer, al» Postdirektor in Pulsnitz; Bartsch, Götz, Rolle und Will, zeither Postassistenten, als Ober- Postassistenten im Bezirke der Kaiser!. Ober - Postdirektion zu Lhemnitz; Loren», zeither Telegraphenassistent, Blochwitz, Messer und Würsel, zeither gegen Tagegeld beschäftigte Postassistenten, als elatmäßige Postassistrnten im Bezirke der K-iserl. Ober-Postdirektion zu Leipzig; Rötzsch, Schneider und Eolonialwaarenhändler, als Postagent in Laußnitz. Nichtamtlicher Teil. Sächsische Landtagswahlen. Die Ergebnisse der gestern vorgenommenen Er gänzungswahlen (Abgeordnetenwahlen) zur Zweiten Sammer der Ständeversammlung liegen jetzt voll ständig vor. Es sind gewählt worden: Im s Wahlkreise der Stadt Dresden: Rechtsanwalt vr. jnr. Stöckel-Dresden (kons.) mit 63 von 88 abgegebenen Stimmen. Im ». Wahlkreise der Stadt Leipzig: Maurermeister lintt-Lerpzig (kons.). Im b. Wahlkreise der Stadt Leipzig: Geh. Hofrat vr.jur. Schober-Leipzig (kons)-* Im Wahlkreise derStadtZwickau: Stadtrat Hei tzig- Zmickau (natlib). Im 4. städtischen Wahlkreise (Neustadt, Sebnitz rc.): Kechlsanwalt vr. Spieß-Pirna (Ordnungspart.). Im 6. städtischen Wahlkreise (Freiberg rc.): Stadtrat Mor. Braun-Freiberg (natlib.). i- Im 7. städtischen Wahlkreise (Meißen, Lommatzsch rc.): Bürgermeister Rüder-Roßwein (kons.).* Im 8. städtischen Wahlkreise (Riesa, Oschatz rc.): Bürgermeister Härtwig-Oschatz (kons.) * Im 10. städtischen Wahlkreise (Mittweida, Franken- berg rc): Zigarrensabrikant Schieck-Frankenberg (natlib.). Im 14. städtischen Wahlkreise (Meerane, Walden burg rc.): Stadtrat Fabrikbes. Reinhold-Meerane (nailib). Im 17. städtischen Wahlkreise (Stollberg rc): Baurat Uhlmann-Stollberg (fortschr).* Im 18. städtischen Wahlkreise (Zschopau, Marien berg rc.): Bürgermeister vr. Schöne-Oederan (natlib.)* Im 19. städtischen Wahlkreise (Annaberg, Buchholz rc.): Etadtrat A Gräse-Annaberg (lib). Im 22. städtischen Wahlkreise (Treuen rc): Justizrat Opitz-Treuen (kons.).* Im 3 ländlichen Wahlkreise (Reichenau, Herrnhutrc): Kommerzienrat Preibisch-Reichenau (natlib.).* Im 8. ländlichen Wahlkreise Kamenz, Königsbrück rc.): Buttbesitzer Mich. Kockel-Crostwitz (kons.).* Im 13. ländlichen Wahlkreise (Altenberg rc): Oeko- nomierat Andrä-Braunsdorf (kons). Im 17. ländlichen Wahlkreise (Wilsdruff, Nossen rc): Sut-besitzer E. Horst-Mulda (kons.).* Kunst und Wissenschaft. ' Beobachtungen, die Fr. Goltz an einem Affen mit verstümmeltem Großhirn gemacht hat, finden wir in ber „Naturw. Wochenschr." besprochen. Die mitgeteilten Beobachtungen, die sich auf einen Zeitraum von 11 Jahren erstrecken, beziehen sich auf einen weiblichen Affen (Rhesus), besten Gehirn in einer zweimaligen Operation der Rinde de» linken Stirn- und Scheitellappens beraubt wurde. Beim ersten Eingriff wurde in der Narkose durch scharfe Schnitte der Stirnlappen, beim zweiten, der 10 Wochen später stattfand, der Scheitellappen bis an den Hinter- Hauptslappen entfernt. Nach beiden Operationen zeigte sich eine deutliche Lähmung der ganzen rechten K rp^r- seite. Nach dem Erwachen aus der Narkose war da« Bewußtsein sofort wieder vorhanden, und schon zehn Minuten nach der zweiten Operation konnte das Tier Speisen zu sich nehmen, wobei allerdings Teile davon aas dem rechten Mundwinkel herausfielen. Die Sehkraft des rechten Auges war gestört, sooaß davor gehaltene Eeqenftände nicht wahrgenommen wurden; doch dauerte diese Störung nur kurze Zeit (wie lange, wird nicht an gegeben). Die bald nach der Operation wieder auS- geflihrten Greifbewegungen wurden anfangs ausschließlich mit der linken Hand vollzogen. Ungefähr drei Wochen nach der »weiten Operation konnte das Tier ohne Schwierigkeit umhergehen, wobei die rechtsseitigen Glied maßen in ähnlicher Weise unbeholfen medergesetzt wurden, wie dies von Hunden mit demselben Hirndefekte bekannt ist In gleicher Weise vermochte da« Tier im Käfig umher- zsklettern, wobei ebenfalls der rechte Fuß, wenn auch in geschickter Weise, benutzt wurde, während die rechte Hand häufig vorbeigriff Diese Bewegungsstörungen er» sichren im Laufe der Zeit eine bedeutende Besserung, wenn auch eine gewisse Unbeholfenheit und Unsicherheit der Im »2. ländlichen Wahlkreise (Rötha, Zwenkau w.): Gutsbesitzer R. Sch lag-Lippen»orf (kons.). Im 23 ländlichen Wahlkreise (Leipzig l): Ritter,ntt- Pachter Töpfer-Böhlen (B d. Landw). Im 2b. ländlichen Wahlkreise (Borna, Lausigl w): Gut-pachter Ed Rößnrr-Oberpickenhain (kons).* Im 26. ländlichen Wahlkreise (Leisnig, Mü,eln,c): Gutsbesitzer E. Däberitz-Doberschwitz (kons). Im 28. ländlichen Wahlkreise (Mittweida, Colditz ,e): Gutsbesitzer Harter-Neudörschen (kons.).* Im 34. ländlichen Wahlkreise (Marienberg, Anna berg rc.): Geh. Regierungsrat v. Kirchbach-Dresden (kons). Im »7. ländlichen Wahlkreise (Hartenstein, Wilden» felS rc): Fabrikant Engelmann-Mülsen St Michela (kons.) Jm»8. ländlichenWahlkreise (Hohenstein, Blauchau rc.): Gutsbesitzer Iuliu» Thieme-Franken (kons). Im SS. ländlichen Wahlkreise (Meerane, Werdau rc). Gemeindevorstand Leithold-Tettau (kons.).* Im 42 ländlichen Wahlkreise (Schwarzenberg rc.): Hammerwerksbesitzer Edler v. Quersurth - Schönheider hammer (kons.). Im 43. ländlichen Wahlkreise (Auerbach, Falken stein rc): Fabrikant Wolff-Rodewisch (natlib.). Im 4b. ländlichen Wahlkreise (OelSnitz, Schöneck re.): Rittergutsbesitzer Bunde-Erlbach (kons). Die mit * bezeichneten Abgeordneten haben den betreffen den Kreis schon bisher vertreten Hiernach haben die Sozialdemokraten weitere vier Sitze im Landtage verloren. Drei der Mandate sind an die konservative Partei bez. den Bund der Land wirte, eines ist an die Nationalliberalen gefallen. Die Sozialdemokratie hat in der Zweiten Kammer jetzt nur mehr vier Vertreter. Im übrigen haben die Konservativen wie die Nationalliberalen ihre bis herigen Kreise behauptet. Den Verlust, den die nationalliberale Partei im 19. städtischen Wahlkreise, wo der mehr links stehende Kandidat siegreich war, erlitten hat, wird ausgeglichen durch den Ge winn des Wahlkreises der Stadt Zwickau. Konser vative und Nationalliberale standen sich im 3. und im 34. ländlichen Kreise gegenüber, in jedem dieser Kreise blieb eS aber bei der bisherigen Parieivertretung. Dieses Ergebnis ist das verhältnismäßig beste und kann ebenso befriedigen wie der Wahlausgang in den vier Kreisen, in denen konservative Doppelkandidaturen sich nicht hatten verhindern lassen. DaS ganze Er gebnis der Ergänzungswahlen bedeutet den Sieg der Ordnungsparteien, wird also von allen patriotisch Ge sinnten mit großer Befriedigung ausgenommen werden. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser hörten gestern im Neuen Palais von 9 Uhr vormittag« ab den Vortrag de» Chefs des Militärkabinetts, General« der Infanterie v. Hahnke und demnächst den des Chefs des Admiral- stabes, Kontreadmirals Bendemann. Um 1 Uhr nahmen Se. Majestät militärische Meldungen entgegen Gelegent lich derselben meldeten sich auch die Königl. Sächsischen Generale o. Kirchbach und Meißner. Abends um 8 Uhr fand bei Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin in der Jaspisgalerie eine Abendtafel statt. Hierzu waren geladen Ihre Majestäten die Königin Wilhelmina und die Königin-Mutter der Niederlande, die Prinzen Friedrich Heinrich und Joachim Albrecht von Preußen, Herzog Albrecht von Württemberg, die Mitglieder der Fürstlichen Familie zu Wied, Prinz Bernhard Heinrich von Sachsen- Weimar und Prinz Chlodwig von Heßen-PhilippSthal- Brrchfeld, die Damen und Herren der Umgebungen und Gefolge und der Ehrendienst der Allerhöchsten Herr schaften, die Kabinettschefs, ferner Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, Staatssekretär, StaatSminister Graf v Bülow, HauSminister v Wedel, Gesandter vr. van TetS van Goudriaan mit Gemahlin und die Herren der Gesandtschaft. — Ihre Majestät die Kaiserin statteten gestern vor mittag Ihren Majestäten der Königin und der Königin- Mutter der Niederlande im Stadtschloß zu Potsdam einen Besuch ab — Gestern nachmittag fuhren Ihre Majestäten die Königin Wilhelmina und die Königin-Mutter rechten Extremitäten niemals gänzlich verschwand. Die« zeigte sich auch in der ausschließlichen Benutzung der linken Hand, sobald es sich darum handelte, dargereichte Gegen stände zu ergreifen. Mit der Zeit gelang eS jedoch durch Abrichtung, das Tier zur Ueberwindung der Schwierig keiten, die der Gebrauch der rechten Hand verursachte, zu veranlaßen, sodaß eS infolge der steten Gewöhnung nur noch mit der rechten Hand einzelne Gegenstände ergriff. Indessen blieb auch bei der Ausführung dieser und anderer, besonders feines MuSkrlgefühl voraussetzenden Bewegungen die Inferiorität der rechten Körperfeite bis zulatzt zu erkennen. DaS Gehör sowie das Schmeck- und Riechoermögen zeigten keine merkliche Einbuße; dagegen war eine Abstumpfung der Hautempfindung deutlich vor handen. Leise Berührungen der Extremitäten, die da« Tier auf der linken Seite sofort wahrnahm, wurden auf der rechten Körperseite nicht bemerkt; auf stärkere Reize erfolgten dagegen sofort Abwehrbewegungen, die zugleich erkennen ließen, daß auch die Lokalisation de« Hautreize« vorhanden war. Au« dem Angeführten geht hervor, daß die Entfernung der betreffenden Großhirnrinde beim Affen dieselben Erscheinungen nach sich zieht, die beim Hunde mit gleichem Rindenverluste beobachtet werden. * In einer der letzten Sitzungen der Acadömie de Mödecine in Paris machte Pros Laborde bemerkens werte Mitteilungen über 14 neue Beobachtungen an Ertrunkenen und Erstickten, die durch rhythmische« Ziehen der Zunge wieder ins Leben zurückgerufen worden waren Von besonders hohem Interesse hierbei war, daß einzelne Individuen nach sehr geraumer Zeit, nämlich nach 20, 40 Minuten, ja einer und zwei Stunden wieder in« Leben zurückgerufen werden konnten, und zwar nachdem sie bi« zu einer Stunde im Wasser gelegen hatten, sowie keine«wegS von experimentierten Leuten, wie z. B. von Zollbeamten Wesentlich bei diesen Wieder erweckungen ist, daß den Leben«retter die Kraft nicht Emma vom Potsdamer Stadtschloß au« nach dem Pfingst berge Dort verließen Sie den Wagen und bestiegen den Belvedere-Turm. Nach kurzem Aufenthalt fuhren Sie durch die Anlagen nach San«souci, durch die Gärten nach der Friedentkirche und besuchten sodann da« Mausoleum Kaiser Friedrichs Von dort fuhren die Königinnen um ü Uhr wieder nach dem Stadtschloß zurück. — Die Erkrankung de« Reichskanzler» Fürsten zu Hohenlohe ist leichter Natur und dürfte bald ge hoben sein. — Während die Invalidität»- und Altersversicherungs- anstalten im Anfänge ihrer Thätigkeit sich der Lösung der ihnen mittelbar gestellten Aufgabe auf dem Gebiete der Arbeiterwohnungsfrage nur mit Zögern wid meten, zeigt doch die bedeutende Summe, die jetzt schon für die Arbeiterwohnungen von ihnen aufgewendet worden ist, daß in den letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit auf diese wichtige sozialpolitische Frage seitens der An stalten verwendet worden ist. Man hofft nun, daß da» neue, am Anfang nächsten Jahre» in Kraft tretende Jnvaliden- versicherungsgesetz fördernd auch auf dies« Entwickelung einwirken wird. Je länger die Versicherungsanstalten in Thätigkeit sind, um so größer wird ihr Vermögen. E» ist jetzt schon in der Gesamtheit auf über eine halbe Milliarde angewachsen. Nach dem alten Gesetze war den Anstalten gestattet, bi» zu einem Viertel de» Vermögen» für den in Rede stehenden Zweck anzulegen. Der danach zur Verfügung stehende Betrag wuchs auch ohne Gesetze«- änderung von Jahr zu Jahr. Jetzt ist aber noch durch da« neue Gesetz die verfügbare Quote bedeutend erweitert worden und e« ist anzunehmen, daß, nachdem die Gesetz geber von neuem bei den entsprechenden Beratungen und Begründungen ihre auf Förderung der Lösung der Arbeiterwohnungsfrage gerichtete Absicht kundgegeben haben, die Versicherungsanstalten sich mit um so größern, Eifer auf die Verwendung des verfügbar gewordenen höheren Betrages in der angegebenen Richtung legen werden. Man wird also nicht fehlgehen, wenn man vom Beginn des nächsten Jahre» ab auch eine erhöhte Thätig keit auf diesem sozialpolitischem Gebiete erwartet. Jeden falls ist dieser Fortschritt in der ArbeiterwohnungS- fratze eine weitere Illustration der Behauptung sozial politischer Dilettanten von dem Stillstände in der Sozial politik. — In der Nachmittagssitzung de» sozialdemokra tischen Parteitags am Montag wurde die Diskussion über die Nichtregistrierung de»Löbtauer Urteils in der Lifte der Gemaßregelten noch weiter fortgesetzt. Ledebour erklärte, auf dem Tadel des Parteivorstande» müße er unbedingt bestehen. Die Löbtauer gehörten in die Liste der Klaffenkampfopfer. Auch dem Parteivorstande müße, wenn er einen Atzler mache, der Kopf gewaschen werden. Auer bat um Ablehnung sämtlicher Anträge zu dem Parteiberichte. Man solle dem zukünftigen Partei vorstand das Vertrauen entgegenbringen, daß er aus der Debatte die notwendigen Konsequenzen ziehe. Hierauf wurden sämtliche Anträge abgelehnt und wurde dem Parteivorstand die beantragte Entlastung erteilt. Aus dem Kassenbericht von Gerisch ist noch zu er wähnen, daß von den 254 743 M Parteieinnahmen 137 767 M verzeichnet sind unter „Mann im Mond", „Nordische Wasserkante", „Vorwärts - Buchhandlung", „Ueberschuß her Löbtauer Sammlung". Es folgte der Bericht über die parlamentarische Thätigkeit, erstattet von Hoch. Redner sagte u. a.: „Wir traten einmal für einen weiteren Ausbau der Arbeiterschutzgesetze ein, um die Arbeiter vor der Verelendung zu bewahren oder sie aus der Verelendung zu reißen und sie dadurch um so widerstandsfähiger zu machen Die Gefahr, daß durch eine solche Taktik die Arbeiter verwirrt werden, die Gefahr, der die Theoretiker erliegen können und zum Teil, meiner Ansicht nach, auch erlegen sind, wird in der Praxi« durch die Scharfmacher hintangehaltcn, die fort und fort Hetzen und so den Arbeitern die Notwendigkeit des Zusammenschlusses aller Proletarier immer wieder vor Augen führen. In allen wichtigen Fragen konnte eine Ver ständigung in der Fraktion glatt hergestellt werden." Witte- München verlangte eine Interpellation im Reichstage, weil die reichsgesetzlichen Bestimmungen über die Flugblatt verteilung zur Wahlzeit durch partikulare Polizeiverord« nungen in Bayern und Sachsen anulliert würden. Tauscher-Stuttaart beantragte Aushebung des Jmpf- oerlatzt, um vre Wiederbelebungsversuche Mittel« Ziehen der Zunge möglichst lange fortsetzen zu können. Laborde machte die Ansicht gellend, daß sie wenigstens drei Stunden lang ausgeführt werden müßten, bi« man an den wirklichen Eintritt des Todes glauben dürfe. Da so lange, unausgesetzte Anstrengungen natürlich beinahe außer dem Bereiche der Möglichkeit menschlicher Kraft liegen, hat Laborde zwei Apparate erfunden, von denen der eine durch ein Uhrwerk, der andere durch Elektrizität bewegt wird und die in sinnreicher Weise den rhythmischen Zug der Zunge mechanisch ausführen. * Die Elektrizität al« Schmerzenstiller erscheint wirklich zur Wahrheit werden zu sollen. Man hat schon manche« mehr oder weniger Phantastische über die schmerz stillende Wirkung de« elektrischen Strome« geschrieben, aber eigentlich wissenschaftliche Thatsachen haben bisher leider fast ganz gefehlt. E« ist daher von großem Inter esse, zu vernehmen, daß bei der letzten Jahresversammlung der amerikanischen Vereinigung zur Förderung der Wißen- schäften ein angesehener Physiolog zu diesem Thema da« Wort ergriffen hat und nach seinen Erfahrungen der Ver wendung der Elektrizität al« Anästhetikum eine große Zukunft voraussagt. vr. Scripture hat eine durchau« neue Thatsache von sehr großer Bedeutung entdeckt Er fand nämlich, daß ein elektrischer Wechselstrom, der 5000mal in der Sekunde wechselt, die Nerven de« mensch lichen Körper« nicht mehr schmerzhaft erregt, auch nicht mehr eine Zusammenziehung der Muskeln, wie sie bei ge ringerer Frequenz des Stromes eintritt, erzeugt, sondern vielmehr an der betreffenden Hautstelle, wo er eingesetzt wird, eine gänzliche Unempfindlichkeit hervorruft. Es wurven bereits Versuche gemacht, einen starken Wechsel strom an dem oberen Kiesernerv entlang zu senden, um so die Zahnnerven von der Verbindung mit dem Gehirn abzuschneiden, für diesen Fall aber war die Frequenz des Strome» noch nicht hoch genug, um die Zusammenziehung zwange». Bebel betonte, der Antrag auf reichtgesetzlich« Regelung de» Submission»wesens durch Einführung eine» Minimallohne» sei unmöglich, „bevor wir die Frage erörtert haben, ob e» möglich ist, einen gesetzlichen Minimallohn einzuführen, und wie da» zu geschehen hätte. Man kann nicht für Berlin und für Buxtehude den Minimallohn in gleicher Höhe festsetzen" Ferner bat er, den Antrag auf Aushebung de« Impfzwang«» abzulehnen. In betreff der Anträge über da« Verhalten der Polizei müßte da» erforderliche Thatsachenmaterial unterbreitet werden, um mit Erfolg im Reichstage solche Anträge begründen zu können Adler-Harburg wie» auf die Schwierigkeiten, hin, welche die hannoversche Sabbathordnung der Flugblattverteilung entaegenstellt. Eichhorn-Dresden brachte nochmal» die sächsischen Ver hältnisse zur Sprache, insbesondere auch die Auslegung de« groben Unfugparagraphen. So sei jemand wegen groben Unfugs bestraft worden, weil er bei einem Leichenbegängnis keinen Cylinderhut getragen (Heiterkeit) habe, ein anderer deshalb, weil er wegen schlimmer Füße „Babuschen", grüne Filzschuhe, getragen habe. (Heiterkeit ) Dabei wurde in der Begründung dieser Urteile in der ungeniertesten Weise ausgesprochen, daß die Verurteilung deshalb erfolgt sei, weil es sich um einen Sozialdemokraten handelte. „Material soll die Fraktion von uns soviel haben, daß sie darin ersäuft". (Heiterkeit) -vr. Winter-Beuthen beantragte, der Fraktion nur generell den Auftrag zu geben, im Reichstag die landesgesetzlichen polizeibehördlichen, der Reichsgesetzgebung widersprechenden Beschränkungen der Zeitungsverbreitung und Flugblattverteilung am Sonntag zur Sprache zu bringen Leber-Jena brachte die weimari- schen Verhältnisse zur Sprache In Sachsen-Weimar könne jeder Dorfbürgermeister, unbeschränkt durch ein Vereins gesetz, nach Belieben eine Versammlung verbieten Ein fach werde jetzt alles verboten E» wurde hierauf der Antrag Winter angenommen und der Antrag in Betreff de» Submissionsverfahren» und des Minimallohnes ab gelehnt. Ebenso wurde der Antrag auf Aushebung de» Impfzwanges abgelehnt Der Vorsitzende Blume kon statierte im Namen de« Bureau«, daß gegen die bisherig« Thätigkeit der Parteileitung kein Einwand erhoben sei. Man ging hierauf über zur Beratung über die Mai feier. Pfannkuch beantragte eine Resolution, welche e» den Arbeitern und Arbeiterorganisationen zur Pflicht macht, neben den anderen Kundgebungen für die all gemeine Arbeitsruhe am 1. Mai einzutreten und überall da, wo die Möglichkeit zur Arbeitsruhe vorhanden ist, die Arbeit am 1. Mai ruhen zu laßen Die Resolution wurde einstimmig angenommen. Hierauf referierte Lieb knecht über den nächsten internationalen Kongreß. Eine Resolution, welche die deutschen Genoßen zur Be kundung de« internationalen Solidarität« gefühl» zu mög lichst zahlreicher Beschickung de« im Herbst 1900 zu Pari« sich versammelnden Kongreße« ausfordert, wurde ein stimmig angenommen nach der Befürwortung durch Lieb knecht Derselbe führte au«, es sei nicht möglich, in Deutschland aulländischen Gästen ein sicheres Asyl und die für einen internationalen Kongreß notwendige Freiheit der Debatte zu gewähren. Man habe deshalb an die französischen Genoßen daS Ehrenamt abaeben müßen. Die französischen Genoßen hätten bei einer Vorbesprechung im Mai zuerst verlangt Abtrennung eine« gewerkschaft^ lichen Kongreßes vom eigentlichen Kongreß. Dre Spaltun unter den französischen Sozialdemokraten aus Anlaß des Eintrittes Millerands in da« Ministerium habe für den Augenblick den Kongreß in Frage gestellt Aber da« Verständigungskomitee habe sich über die Vorschläge geeinigt, die in Brüssel für den internationalen Kongreß au«ge- arbeitet sind Derselbe werde von den bisher noch streitenden Parteien in gleicher Weise begünstigt werden. Ein Einigungskongreß der französischen Sozialisten werde ver mutlich noch m diesem November stattfinden. Die Sitzung schloß, nachdem noch über die MandatSprüfung Bericht erstattet und die sämtlichen Mandate für giltig erklärt worden war. Es sind 233 Personen anwesend, außerdem 7 auswärtige Gäste. — Am Dienstag sprach Bebel über die Angriffe auf die Grundanschauungen und die taktische Stellungnahme der Partei. Er hatte eine Resolution eingebracht, welche betont: „Die bisherige Entwickelung der bürgerlichen Gesellschaft giebt der Partei keine Veranlassung, ihre Grundanschauungen über dieselbe auftubeben oder zu ändern. Die Partei steht nach wie der Gesichtsmuskeln zu vermeiden. Immerhin scheint der Versuch nur infolge einer technischen Unvollkommen heit, die unschwer zu beseitigen sein wird, gescheitert zu sein, und es liegt der Schiuß nahe, daß in gar nicht langer Zeit der elektrische Wechselstrom hoher Frequenz al« das vollkommenste Hilfsmittel zur Vornahme schmerzloser Operationen dienen wird. Vorläufig ist freilich ein starker Wechselstrom schwer zu beschaffen, da sich aber in der Ent wickelung der Elektrizitätswerke immer mehr die Neigung zeigt, dem Drehstrom einen größeren Wirkungskreis ein zuräumen, so ist die Zeit vielleicht nicht fern, in der der Chirurg den nötigen Strom direkt aus einer Leitung wird beziehen können. * Der offizielle Bericht über den Tuberkulose- Kongreß ist von der Kongreßleitung (redigiert von vr. Pannwitz) jetzt heraus gegeben worden Er umfaßt einen stattlichen Oktavband von rund 550 Seiten, dem Karten und Pläne beigegeben sind. Den Kern bildet die Wieder gabe der Vorträge und der Erörterungen, die sich daran schloßen. Jedoch ist der Herausgeber vr. Pannwitz auch denjenigen Teilnehmern de« Kongreßes, die Vorträge an gemeldet hatten, aber nicht zu Worte kamen, gerecht ge worden. Er hat Berichte auch über diese Vorträge oder die Leitsätze der Verfasser dem Kongrrßberichte einverleibt Dankenswert ist die Beigabe eine« sehr sorgfältig ge arbeiteten alphabetischen Sach- und Namen-Register» * Geh. Rat Prof. Robert Koch weilt nach den neuesten Nachrichten gegenwärtig mit seiner Begleit ung zum Studium der Malaria und anderer Krank heiten in Batavia. * E« ist etwa ein Jahr her, daß Prof Hofer be deutende« Aufsehen durch die Entdeckung de« Erreger« der Kreb-pest hervorrief. Nunmehr macht er in der „Allgemeinen Fischerei-Zeitung" wichtige Mitteilungen über
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