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Freitag. Nr. ««. 23. August 1872. Weißerih-Zeitung. Amts Matt fiir die Herichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und Iraucnstei». Verantwortlicher Redatteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährl. 18'/, Ngr. Inserate, welche bei der bcdeutmden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde, den 22. August. Kaum noch zwei Tage, und unsere Sängergäste ziehen ein. Hoffentlich wölbt der Himmel sein klares Dach über unsere Stadt, und dann wird ja auch die nothwendige Feststimmung nicht fehlen. Dippoldiswalde wird, wo es gilt, seinen alten bewährten Ruhm der Gastlichkeit und Gemüthlichkeit sicher wohl zu wahren wissen. Wie aus mehrfachen Zuschriften an das Festcomitee hervorgeht, freuen sich unsere Sänger auf die frohen Fest stunden; noch gestern ist, wie wir vernehmen, die Anmeldung eines besonderen Musikchors „Apollo-Capelle" (einem bereits früher angemeldeten Gesangvereine „Apollo" aus Dresden zu gehörig) angemeldet worden, und sicher werden die fröhlichen Sänger und Musiker zur Erhöhung der Festfreude das ihrige beitragen. In den ersten Nachmittagsstunden schon darf man dem Eintreffen von Sängern entgegensehen. Die von Mit gliedern des Comitee's angestellte Probe des vom Herrn Brau meister Kießler hergestellten „Sängerbieres" ist, wie uns ver sichert wird, zu großer Zufriedenheit ausgefallen; Stoff ist genug vorhanden, und so sehen wir denn auch in dieser Richtung dem Feste wohlgerüstet entgegen. Mögen die Zu hörer von Nah und Fern dieselbe fröhliche Laune mitbringen, wie wir sie bei den Sängern wohl sammt und sonders vor aussetzen können. — Wie wir hören, hat man sich auch bei uns gegen die Feier des 2. September erklärt, woran wohl eineStheilS die Nähe des Sängerfestes, anderntheils der Vorgang der großen Städte Ursache sein mag, da man sich sagt, daß, wenn die Feier eine allgemeine werden soll, sich die kleinen Städte eher an die großen anschließen werden, als umgekehrt. Sicherlich wird alljährlich im Mai eine Feier zur Erinnerung der großen Siegeszeit stattfinden. Schmiedeberg. Zur Erinnerung an die Erhebung Deutschlands in den Jahre« 1870 u. 71 und zum Andenken an die im letzten und vorletzten Kriege Gefallenen unserer Gemeinde ist hier auf Anregung des Militärvereins ein einfacher Gedenkstein errichtet worden, dessen Einweihung und Enthüllung letztvergangenem Sonntag, den 18. August, am Jahrestage der Schlacht von St. Privat, erfolgte. An dem bei dieser Feierlichkeit veranstalteten Festzuge betheiligten sich mehrere auswärtige hierzu eingeladene Militärvereine, die hiesige Knappschaft, der Gemeinderath, Jungfrauen des Ortes und der Männergesangverein; später schlossen sich auch noch die Herren Rittergutsbesitzer und Friedensrichter Otto auf Naundorf und Shndicus Adv. Rüger aus Dresden dem Zuge an. Den Glanzpunkt der Feier bildete unbestritten die Weihrede unserS verehrten Herrn Pastor Meier, die Aller Herzen bewegte. Derselbe erinnerte zunächst die Ver sammlung an die denkwürdigen Ereignisse der letzten Kriege, wobei er der auf dem Steine verzeichneten Gefallenen gedachte, und schloß mit der Mahnung: es müsse ein Jeder, nachdem das Frankreich jenseits des RheineS besiegt wäre, mit ganzem Ernste nun auch dazu beitragen, daß daö Frankreich diesseits des RheineS überwunden werde. Nach der Enthüllung deS DenkmaleS geschah von Seiten hiesiger Militärvereinsmit glieder die übliche Ehrenerweisung, die Glocken ertönten und Böller wurden gelöst. Vor und nach der Einweihung trug der Gesangverein entsprechende Lieder vor. DaS Fest war trotz des unaufhörlichen Regens ziemlich zahlreich besucht und nahm im Ganzen einen sehr günstigen Verlauf. Dresden. Am 5. September wird der Kaiser von Oesterreich zu einem Besuche an unserm königlichen Hofe hier eintreffen und am 6. Septbr. nach Berlin reisen. — Der Errinnerungstag an die Kämpfe von St. Privat wurde in Dresden von den betreffenden Truppen der beiden Grenadier-Regimenter, sowie des Schützenregiments Nr. 108, durch einen feierlichen Gottesdienst auf dem Alaunplatz festlich begangen. In Leipzig und in fast allen Garnisonstädten fand ebenfalls Garnisonsgottesdienst, Parade rc. statt; auch in sehr vielen andern Orten angemessene Erinnerungsfeier lichkeiten. — Bei den jetzt hier stattgehabten PrüfungS- und Belehrungs-Schießen mit dem aptirten Zündnadelge wehr sind ganz außergewöhnliche Resultate erzielt worden. So hatte eine Compagnie des Schützenregiments auf 1200 Meter Entfernung in die Kolonnenscheibe — bei 400 Schuß — 75 Prozent Treffer, mehrere Compagnien zwischen 60 und 70 Prozent. Vom Leibgrenadierregiment hatte auf 800 Meter — der kleinsten unter den weitesten Distanzen — eine Compagnie von 200 Schuß 182 Treffer, d. h. 91 Pro zent auf die Kolonnenscheibe; das Regiment hatte auf 1000 Meter die besten Resultate, nämlich einen Durchschnitt von 60 bis 70 Prozent, während bei dem nachfolgenden Schießen auf 1200 Meter die allzu sehr und grell wechselnde Be leuchtung erschwerend wirkte. Freiberg. Auf den Feldern des „rothen Vorwerks" in hiesiger Nähe hat der Besitzer, Hr. Carl Ufer, jetzt eine Mähmaschine in Thättgkeit, die bei uns noch neu ist. Sie mäht — wofür die Fabrik (in Ohio) garantirt — 1 Acker Gras oder Getreide in 1 Stunde, also 10 bis 12 Acker täglich; sie wird von 2 Pferden und einem Geschirr führer, der auf der Maschine sitzt, bedient und kostet mit Transport 300 Thlr. Zwickau. Hier haben die Tischlergesellen seit 19. August die Arbeit eingestellt; sie verlangen 16 pro Cent Lohnserhöhung. Man hofft auf baldigen Ausgleich und Wiederaufnahme der Arbeit.