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MHeritz-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsölatt jur die Königliche Umishauptmannjchast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zn Dippoldiswalde. 89. Jahrgang. Sonnabend, den 5. September 1903. Nr. 104. Verantwortlicher Nedakteur: Paul Irljnr. - Druck und Verlag von Carl Jehnr in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Illustrierten Unterhaltungsblatt". Mit land, und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Die „Welberitz-Zeitung' «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeoen. Preis vierteljährlich 1M. 25 Psg., zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 1V Psg. - Alle Postan- statten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. Jnierate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes -ine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 12 solche aus unser« Amtshaupt- mannschaft mit 10 Psg die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und kompli zierte Inserate mit ent sprechendem Ausschlag.— Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten» zeile 20 Psg. Bekanntmachung. 1200 lAsi-Ir sind gegen mündelmäßige Sicherheit hypo ¬ thekarisch sofort auszuleihen. Dippoldiswalde, den 2. September 1003. Holzversteigerung. Schmiedeberger Staatsforstrevier. Restauration „zur Post" in Schmiedeberg. 10. September 1903, vorm. 1/210 Uhr: 1634 w. Stämme, 2 h. u. 16130 w. Klötzer, 338 w. gek. Derbstangen, 1223 w. Derb- stangen i. g. L., 2520 w. Reisstangen, nachm. 1/22 Ahr: 58 rm w. Brenn cheite, 2321/2 rm w. Brennknüppel, 71/2 rm w. Zacken, 383 rm w. Beste, 15>/2 rm w. Stöcke. Kahlschläge Abt. 34, 43, 64, 72, Durchforstungs- u. Einzelhölzer Abt. 1—122. Kgl. Forstrevierverwattung Schmiedeberg, Kgl. Forstrentamt Frauenstein, von Oppen. am 3. September 1003. Krause. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Ein in Turnvereinen nicht oft eintretender Fall, nämlich ein Mitglied sein eigen nennen zu können, welches vierzig Jahre lang als „Aktiver" treu zur Stange gehalten, hat der hiesige Turnverein zu ver zeichnen, da Herr Scharwerksmourer Göhler auf einen solchen Zeitraum als Mitglied zurückblicken kann, und man versäumte nicht, am Donnerstage „den Alten im Barte" auszuzeichnen und zu feiern. Am frühen Morgen schon brachte man ihm ein Ständchen, wobei der Vor sitzende, Herr Rudolf Reichel, die Glückwünsche im Namen des Vereins aussprach. Der Abend vereinte die Turner schar nochmals und zwar zu einer Doppelfeier, da zunächst durch Singen patriotischer Lieder und einer Ansprache des Vorsitzenden die Feier des Sedantages nachgeholt wurde. Sodann widmete man seine Aufmerksamkeit wieder dem Jubilar. Herr R. Reichel feierte ihn mit innigen Worten, hebt seine vielseitigen Verdienste als einstigen Vorturner und Mitglied des Turnrates, als stetigen Fahnenträger und als Ehrenmitglied hervor und überreichte ihm die sichtlichen Zeichen der Liebe und Verehrung seiner Turn genossen, welch erstere in einem schönen Sorgenstuhle und einem Rauchtische bestanden. Sichtlich gerührt sprach der Gefeierte seinen Dank in schlichten aber herzlichen Worten aus. Auf Vorschlag Herrn Stadtrates Reichel gab man auch dem jetzigen Haupttmnlehrer Thurm in Krefeld, der vor vierzig Jahren Herrn Göhler veranlaßte, in den Turn verein hier einzutreten, durch eine Karte Kenntnis von der Feier. Durch zahlreiche weitere kürzere und längere Toaste und Aussprachen, durch das Steigenlassen vieler Lieder nahm der gelungene Abend einen weiteren schönen Fortgang. — Infolge des herrlichen Wetters und der hohen Wasserwärme (15 «Ls, haben am vergangenen Donners tage in der städtischen Kaltwafserbadeanstalt 70 Personen gebadet. In der diesjährigen Badesaison ist die Anstalt bis zur Zeit von 1066 Personen benutzt worden. — Geschäftsbericht des Vorschubvereins für Dippoldis walde u. Umg. (e. G. m. b. H.) auf den Monat August: Einnahme: 50 Mk. Geschäftsanteile, 12 Mk. 40 Psg. Ein tritts- und Aufgeld, 21000 Mk. baare Einlage a. d. Bank zurück, 12231 Mk. Spareinlage, 20 Mk. Miete — 14081 Mk. Vorschüsse zurück, 234 Mk. 55 Psg. Provision, 043 Mk. 05 Psg. Zinsen. — Ausgabe: 18133 Mk. ausge liehene Vorschüsse, 16433 Mk. Einlage bei der Sächs. Bank, 7078 Mk. zurückgezahlte Spareinlage, 2 Mk. 0 Pfg. Zinsen, 156 Mk. Dividende, 100 Mk. 50 Pfg. Steuern. — Zur Feier des Sedantages wurde von der Stutz- schen Theatergesellschaft am 2. d. M. „Königin Luise" ge geben, ein historisches Lebensbild, das angefüllt ist mit ernsten Mahnungen auch für unsere Zeit und fast heraus- sordert zu einem Vergleich mit der Gegenwart. Die Titel rolle wurde mit Geschick durchgesührt von Fr. Stutz, die sich bemühte, die Seelengröße der großen Königin den Zuhörern so recht vor Augen zu führen. Leider stand sie dadurch in scharsem Gegensätze zu Herrn Schröder als Prinz Louis Ferdinand und Herrn Cornelius als Fr. v. Neichendorf, deren Worte, die begeisternd wirken können, ohne das nölige Feuer oorgetragen, fast wirkungslos ver klangen, so allerdings das Bild der Königin dem Publikum, das zahlreich erschienen, noch näher rückend. — In Reichstädter Waldung wurde von einem Hennersdorfer Sommergäste eine Abnormität von einem Steinpilz gesunden. Dieses Eremplar ist aus 2 Pilzen zusammengewachsen, auf deren Hut ein dritter mit sicht barem Stiel und Hut aufgewachsen ist. Für Interessenten ist derselbe in sterilisiertem Zustande in Kempes Restaurant zu Hennersdorf zu sehen. — Am 5. September wird in dem bei Altenberg <Erzgeb.) gelegenen Orte Zinnwald eine mit der Posthülf- stelle vereinigte Telegraphenbetriebs- und öffentliche Fern sprechstelle in Wirksamkeit treten. Die neue Telegraphen- anstalt ist zugleich Unsallmeldestelle. Dresden. Am vergangenen Dienstag, gegen 6 Uhr, kurz nach Ankunft des Kaisers hatten sich im Residenz schlosse sämtliche fremden Fürstlichkeiten — es waren außer den genannten noch Prinz Ernst von Altenburg und Prinz Rupprecht von Bayern eingetroffen — um König Georg versackmelt zu einer großen Galatafel im Prunk saale. Bei derselben saß Kaiser Wilhelm zwischen dem König von Sachsen und der Prinzessin Johann Georg von Sachsen. König Georg toastete nach der Suppe auf den deutschen Kaiser und seine erlauchten Gäste, während der deutsche Kaiser sein Glas auf das Wohl des Königs Georg und das sächsische Haus leerte. Um 8 Uhr abends erfolgte im Opernhause Galavorstellung. Es wurden zwei Akte von Verdis „Amelia" aufgeführt. Der dann unter der Leitung des Musikdirektors Herrmann-Dresden von 22 Musikchören aufgeführte Zapfenstreich, dem der Kaiser und die übrigen Fürstlichkeiten von der Eredra des Hof theaters beiwohnten, machte auf die nach vielen Tausenden zählende Volksmenge einen erhebenden und unvergeßlichen Eindruck. Das Volk brachte dem Kaiser begeisterte Huldi gungen dar, die dieser, nach allen Seiten sich verneigend, huldvoll entgegennahm. Mit diesem imposanten militäri schen Schauspiel hatte der erste Dresdner Kaisertag sein Ende erreicht. Der zweite Tag war in der Hauptsache der großen Parade bei Zeithain gewidmet; nach derselben erfolgte die Rückkehr nach Dresden, wo im Bankettsaal Galatafel statt- fand, bei der die üblichen Trinksprüche gewechselt wurden. — Abends 0.20 verließ dann der Kaiser, vom König nach dem Bahnhöfe geleitet, Dresden wieder und im Laufe der Nacht, resp. am Donnerstag morgen folgten die übrigen Fürstlichkeiten. — Nach der Parade bei Zeithain fand am Mitt woch nachmittag 7 Uhr in den Paradesälen der zweiten Etage des Residenzschlosses das Paradediner für die Generale und Stabsoffiziere des 12. (1. k. s.) Armeekorps statt. An dem Mahle nahmen der Kaiser und die übrigen hier anwesenden fürstlichen Herrschaften mit Gefolge und Ehrendiensten, sowie die weiteren militärischen Gäste des Königs teil. Für diese Tafel waren im Eckparadesaal, Bankettsaal und anstoßenden Kaffeezimmer Tafeln zu 300 Kuverts prächtig geschmückt: herrliche Porzellanaufsätze und Prunkstücke in Gold und Silber, Schätze des Grünen Gewölbes und der Hofsilberkammer, glänzten in dem Lichte Hunderter von Kerzen, die auf vielarmigen Leuchtern auf den Tafeln standen, und im Strahlenlichte der elek trischen Kronleuchter. Zwischen den Aufsätzen sah man die herrlichsten Blumenarrangements, in denen die dunkel rote Rose vorherrschte. Im Eckparadesaal war goldenes, im Bankettsaale silbernes Tafelgeschirr und im Kaffee zimmer Porzellan- und Silbergeschirr aufgelegt. Während der Tafel konzertierte die Kapelle des königlichen Schützen regiments. — Der erste deutsche Städtetag ist am Mittwoch in Dresden eröffnet worden. Vertreten sind 150 Städte. Oberbürgermeister Beutler betonte die hohe Bedeutung des Tages für die Städtekultur; er wünschte, daß er eine dauernde Einrichtung bleiben möge, um fortgesetzt städtische Interessen zu vertreten. Oberbürgermeister Adickes-Frank- furt a. M. sprach über die soziale Aufgabe der Städte. — Auf den Feldern eines Gutsbesitzers in Coschütz hatten die Hamster derart überhand genommen, daß sie zur Plage wurden und man zu ihrer Vertilgung schritt. Durch in die Hamsterbaue eingelassenes Wasser wurden die Tiere Herausgetrieben und von den lauernden Hunden totgebissen. Ueber 70 Stück gelang es in kurzer Zeit zu vertilgen. Zeithain, 2. September. Bei prächtigem Wetter be gann heute morgen 10 Uhr auf dem Truppenübungsplätze Zeithain die Parade des 12. (I. König!. Sächs.) Armee korps und der Kavalleriedivision I! unter dem Kommando des Kronprinzen von Sachsen. Der Kaiser, der König von Sachsen und die übrigen gegenwärtig in Dresden weilenden Fürstlichkeiten, die Prinzessin Johann Georg und die Großherzogin von Sachsen-Weimar trafen mittelst Sonderzuges ein. Nach dem Abreiten der Fronten der Truppen, die in zwei Treffen aufgestellt waren, begann der Vorbeimarsch. Während desselben nahmen die Maje stäten vor der Zuschauertribüne Ausstellung. Der erste Vorbeimarsch fand in Kompaniefronten bez. in Eskadron- und Batteriefronten statt. Hierbei führte der König von Sachsen das l. (Leib-) Grenadier-Regiment Nr. 100, das Schützen-Füsilier-Regiment Nr. 108, das Eardereiter-Regi- ment und das Feldartillerie-Regiment Nr. 12 vor, der Kaiser führte das ll. Grenadier-Regiment Nr. 101 und das Leib-Kürassier-Regiment vor. Um 12 Uhr begann der zweite Vorbeimarsch in Regimentskolonnen bezw. in Eskadron- und Abteilungsfronten. Das Publikum bereitete dem Kaiser und König sehr lebhafte Ovationen. Die an der Parade beteiligten Reiter-Regimenter wurden lebhaft begrüßt. Grimma, 1. September. Etwas vom Manöver war, obwohl die Uebungen in der Bornaer Amtshaupt- mannschast stattfinden, gestern und heute von hier aus doch zu erspähen, nämlich ein Drachenballon der Lust schifferabteilung. Er schien sehr nahe zu sein, stand aber über dem Bahnhof zu Lausigk, und zwar 400 Meter hoch. Von seiner Gondel aus beobachteten Offiziere das Manöoer- gelände. Der erste Aufstieg fand gestern Montag früh statt, nachdem der Ballon in ungefähr 10 Minuten mit Wasserstoffgas gefüllt worden war, der letzte heute Diens tag vormittag 10 Uhr. Um 3/4I I Uhr wurde der Ballon wieder herabgeholt, entleert und zum Transport nach Kieritzsch verladen. Obwohl der Ballon der kleinste ist, über den die Lustschifferabteilung verfügt, faßt er doch 600 Kubikmeter, hat eine Länge von 15 Meter und einen Durchmesser von 5 Meter. Entleert wiegt der Ballon 10 Zentner. Waldheim. Nachdem nunmehr an das Werk der Aufstellung des Wettinbrunnens die letzte Hand gelegt ist, soll die Uebergabe an die Stadt nächsten Sonntag, vormittags 1l Uhr, stattfinden. Aus dem Vogtlande. Innerhalb 14 Tagen sind in der Klingenthaler Gegend einem dort sein lichtscheues Gewerbe treibenden Geldmännel zwei Opfer in die Hände gefallen. Ein Mann aus Plauen büßte 45 Mk , ein Wilkauer gar 600 Mk. ein. — Der Tischlergehilfe Seidel geriet in einer Auerbacher Möbelfabrik in die Kreis säge, welche ihm den linken Unterarm völlig durchschnitt. — An Gasvergiftung gestorben ist am Montag früh in Plauen i. V. in seiner Wohnstube der 46jährige Holz- und Kohlenhändler (Invalide) Penkert. Derselbe war von seiner Schlasstätte um 4 Uhr aufgestanden, um für seine Logisleute auf einem Gaskocher Kaffee zu kochen. Er drehte den Gashahn auf, ist aber gar nicht zum An brennen des Gases gekommen; man fand den Mann früh knieend in einer Ecke der Stube unter dem Gashahn tot vor. Der Eummischlauch hatte sich an der Stelle, wo er mit dem Gasrohr verbunden war, abgelöst, so daß das Gas ausströmen konnte. Es ist anzunehmen, daß Penkert das Gas in vollen Zügen eingeatmet hat, worauf er be täubt zusammenbrach. Penkert hinterläßt eine Witwe und 5 Kinder. — In welcher Weise das „Streikpostenstehen" in Crimmitschau und sogar in den umliegenden Ortschaften von der streikenden Arbeiterschaft gehandhabt wird, dar über geben, so berichtet die „Werdauer Ztg.", folgende Vorkommnisse genügenden Beweis. Ein Fuhrwerksbesitzer wurde, als er mit seinem Geschirr nachts von Werdau nach Crimmitschau fahren mußte, bereits in Lüsten ange- halten und ausgefragt, woher er komme, und ob er Streikware fahre. Er mußte sich auch eine Durchsuchung seines Wagens gefallen lassen. Als er in der nächsten Nacht durch Crimmitschau zurückfuhr, wurde er nicht weniger als 8 Mal und in der Stadt Crimmitschau auf offener Straße von unbekannten Männern und auch Frauen angehalten, am Weiterfahren gehindert und aus geforscht, ob er Streikwaren mitführe. Den Versicherungen