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Unverlangte SchrislMSe werden nicht aufbewahrt Rote KüegserMmng an TWingen «in Schreiben Severinys - Feindschaft veven den Minister Friü vraktmolckuao unzsror Berlin, 1«. März. Der Retchstnnenmtnister Severing hat heute au da» thüringische Staatsministerium folgendes Schreiben gerichtet: Auf mein Schreiben vom 17 Februar habe ich bis heute eine Airtwort nicht erhalten. Dagegen hat nach bisher un widersprochenen ZettungSmeldungen das Mitglied des thüringischen Staatsmintsteriums, Herr Minister Frick. in einer öffentlichen Versammlung erklärt, daß ich auf eine Antwort lange warten könne. Diese Haltung des Herrn Staatsministers Frick hat mich veranlaßt, für den Ge schäftsbereich meines Ministeriums Anordnung dahin zu treffen, haß Anfragen und Schreiben des thüringischen Staatsministeriums nicht früher beantwortet werde», bis eine Antwort aus mein Schreiben — ans die ich übrigens keineswegs „warte" — eingegangen ist. Gleichzeitig sind die zuständigen Stellen meines Ministeriums angewiesen worden, alle UeLerweisungen aus Fondsmitteln des Reichs innenministeriums an Thüringen einstweilen cin- zustelle». Schließlich mache ich darauf aufmerksam, daß mir Nach richten zugegangcn sind, die begründete Zweifel darüber er wecken, ob die Voraussetzungen sür die Gewährung eines R e i ch s z u f ch u s s e s sür Polizciz wecke von seiten des thüringischen Ttaatsministeriums noch erfüllt sind. Ach bin daher nicht in der Lage, weitere Zusclmßzalilungen an- zuweissn, wenn nicht vom thüringischen Staatsministelinm der bündige Beweis dafür erbracht werden kann, daß von ihm die Grundsätze sür die Gewährung des Rcichüznschnsscs in vollem Umfange beachtet werden. gez. Severing. Damit ist die schon seit einigen Tagen erwartete offizielle Kriegserklärung des Reichsinnenministers nicht nur gegen den thüringischen Innenminister Dr. Frick selbst, soudern auch gegen das gesamte Land Thüringen erfolgt, und es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß dieses Schreiben weittragende Folgen haben wird. SvrUnvr Sadriltlollnng Die Nichtbeantwortung des Severingbriefes von Anfang Februar an den thüringischen Innenminister war bekanntlich deshalb erfolgt, weil man tn Weimar das Gefühl hatte, daß Severing in seinem Briefe nicht die gebührenden Formen iunegchalte« hatte. Wenn man sich recht erinnert, apostrophierte er Dr. Frick in einem dienstlichen Schreiben als den „national sozialistischen Innenminister", und auch sonst war sein Brief so abgefaßt, daß aus ihm eine starke Animosität des sozial demokratischen Reichsinnenministers ohne weiteres heraus- gelesen werden mußte. Es wird nun eine Streitfrage sein, deren Austragung bald zu erwarten ist, ob ein Länder- mintster gehalten ist, derartige mißtrauencrfüllte und formal anfechtbare Schreiben zu beantworten. Dr. Frick steht be kanntlich auf dem Standpunkt, daß er dies nicht zu tun brauche, und hat dieser Meinung auch öffentlich Ausdruck gegeben. Gegen die Absicht -es Reichsinnenministers, auf Länder mit anderer innenpolitischer Konstellation als in Preußen dadurch einzuwirken, daß er ihnen zustehende Mittel sperrt, müssen gerade vom Gesichtspunkt der Selbständigkeit der Länder erhebliche Bedenken geltend gemacht werden. Auch muß nun beschleunigt die Frage geklärt werden, ob ein solches Vorgehe« verfassungsrechtlich möglich ist, falls es sich, wie es bet Herrn Severing den Anschein hat, nur auf parteipolitische Verärgerung und Gerüchte stützt. So wird behauptet, Dr. Frick batte die Absicht, die Thüringer Landespolizct gleichsam zu einem nationalsozialistischen Stoß trupp zu machen. Auch sollen Nationalsozialisten angeblich bet der.Thüringer Polizei nur zum Zwecke kurzfristiger Aus bildung im Waffenhandwerk eingestellt worden sein. Es wird sich ja bald Herausstellen, was an diesen Gerüchten ist. Auf der anderen Seite muß es aber jedem Lande unbenommen bleiben, im Rahmen der Verfassung seine polizeilichen Ver hältnisse so einzurichten, wie es der Wunsch der Landtags- mchrheit ist. Preußen hat eine stark sozialistisch orientierte Landespolizei: warum sollte Thüringen nicht eine stark rechtsstehende Polizei haben? SindmbiirsS Kmibgkbimg wir» Mattkkt Rededuell Rademacher-Moldenhauer zur Finanzfanieruns Heftige Debatte im Reichstag SUmmnngodllö nnssror SorUavr Sokritlioltung Berlin» 19. März. Im Plenum stimmten heute bei der Abstimmung über den PlakatierungSantrag der Hindenburg- erklärung zum Noungplan bei 26 Enthaltungen nicht weniger als 199 Abgeordnete gegen den Antrag der Regierungs parteien, der mir eine Mehrheit von 78 Stimmen auf- zubrtngen vermochte. Die Begründungen waren ver schieden. Die Wirtschaftspartei lehnte den Antrag ab, well er zu viel Geld koste. Die Deutschnationalen wollen Hinden- burg nicht in die parteipolitischen Kämpfe um die Tribut gesetze noch mehr als es schon geschehen ist, hinetngezogen wissen. Aehnlich verhalten sich die Christlich-Nationalen. Die Nationalsozialisten gaben insbesondere ihrer Empörung Aus druck, daß dieser Hinüenburgantrag von dem Sozialdemokraten Dittmann unterzeichnet worden ist, der mährend des Krieges mit den Flottenmeutcreien in Verbindung stand. In der Tat kann man es als unerhörte Provokation bezeichnen, daß gerade Herr Dittmann von seiner Fraktion für die Unterzeichnung des Antrags auserschcn wurde, derselbe Mann, der während des Weltkriegs dauernd bemüht war, die alte deutsche Armee zu zermürben, an deren Spitze der Generalfeldmarschall von Hindenburg stand. Schon aus der heutigen parlamentarischen Konstellation begreift man die tiefe Tragik, die die ehrwürdige Gestalt des greisen Reichs präsidenten umgibt. Nach Erledigung dieses Punktes der Tagesordnung be gann der Kampf um die F i n a n z r c f o rm auch im Plenum des Reichstages, und zwar mit einem Rededuell zwischen dem sächsischen Industriellen Dr. Ra de mach er (D.-N.» und dem Rctchssinanzmtntstcr Dr. M v l d e n h a u e r. Parlamentarisch gesehen rächt es sich heute, daß die Volks- vartei seinerzeit bereit war, sür Dr. Hilserding in die Bresche zu springen. Dr. Molöenhaucr muß nun die allzusehr be gründeten Angriffe über sich ergehen lassen, und er kann nicht einmal, schon aus Koaltttonsrückstchten, immer auf Hilserding verweisen. Der deutschnattonale Redner vertrat besonders die Ausfassung der schwer notleidenden Wirtschaft. Dr. R a d e- mach er hat recht» daß hier mit Stückwerk nichts mehr zu schaffen Ist. Hier müssen grundsätzliche Eingriffe vor- geuommen werben, die ihrerseits wieder grundsätzliche Um wälzungen mirtschafts- und sozialpolitischer Vorstellungen be deuten. Dr. Mo 1 denhauer, der sofort antwortete, fehlte cs gewiß nicht an treffenden Gegenargumenten. Was soll nun schon et« Netchssinanzmtntster tun, der die Erbschaft eines HUserdtng antreten muß? Er muß alle Versprechungen seines Vorgängers Lügen strafen und mit dem Rotstift etnhergehen und alle irgendwie erreichbaren Posten zusammenstreichen. Er muß das Odium einer rücksichtslosen Spar diktatur aus sich nehmen, wenn er nicht schon zum nächsten Ultimo wieder scheitern will. » Berlin, 19. März. Aus der Tagesordnung steht der von den Sozialdemokraten, Demokraten, vom Zentrum und der Deutschen Volkspartet etngebrachte Antrag aus öffent lichen Anschlag der Kundgebung des Reichspräsidenten vom 18. März zum Noungplan. Abg. Oberfohre» sD.-N.» gibt folgende Erklärung ab: Die Reichstagsfraktion der Deutschnattonale» Volkspartet sieht tn dem Anträge einen parteipolitischen Akt. durch den die Antragsteller den Versuch machen, ihre eigene Verantwortung vor der breitesten Oeffentltchkeit auf den Herrn Reichspräsidenten abzuschieben, das Staatsoberhaupt in den parteipolitischen Kamps hineinzuziehen und sein weltgeschichtliches Ansehen für sich auszunntzen. (Lärmende Zurufe und Unruhe bei der Mehr heit.» Von unserer Ueberzeugung, daß der Herr Reichs präsident in seiner Kundgebung von einer irrigen Auf fassung der gesamten Lage und der Folgen des Aoung- plancs ausgeht, können wir uns auch nicht durch die Gefühle der Verehrung abbringen lassen, die wir seiner historischen Persönlichkeit schulden. Unser „Nein" gilt dem gekennzeichneten Charakter des Antrages der KoaltttonSparteien. (Unruhe links. Beifall rechts.» Abg. Stöcker (Komm.): Wir könnten eigentlich dem An träge zusttmmcn, denn damit wird den Massen auf dem Lande gezeigt, daß auch Hindenburg in die Reihe derer gehört, die das internationale Finanzkapital zur Auspressüng des deut schen Volkes benutzen. (Präsident Löbe ersucht den Redner, sich tn seinen Ausdrücken zu mäßigen.» Wir beantragen eine Ergänzung dahin, daß mitangeschlagen wirb die Drohung des Reichspräsidenten, mit Hilfe des Art. 48 die Zoll- und Stcurr- gesctzc burchzuführen, wenn der Reichstag damit nicht bis zum 1. April fertig wird. (Unruhe.» Abg. Drewitz (Wirtsch.-P.»: Wir bekennen uns zu der vom Reichspräsidenten in seiner Kundgebung ausgesprochenen Mahnung zur Einigkeit, aber mit Rücksicht aus die schlechte Finanzlage lehnen wir den öffentlichen Anschlag ab. Abg. Hepp (Chrtstl.-Nat.»: Die Christltchnattonalen folgen der Mahnung des Reichspräsidenten zur Einigkeit, aber die verlangte Plalatierung Stent nicht dazu, die von ihm erhobene Mahnung zu erfüllen, weil damit die Autorität des Reichs präsidenten für die Bounggesetzgebung gemißbraucht wird. Wir werden dem Antrag nicht »»stimmen. Abg. Straßer sNat.-Soz.) erklärt, Hindenburg sei für die Nationalsozialisten und Frontsoldaten die Verkörperung der alten Armee. Der vorliegende Antrag sei aber unterschrieben von den Parteien, die planmäßig die «lte Armee Zerstört hätten. Wenn jetzt Dittmanns Unterschrift in Verbindung mit dem Namen Hindenburg erscheine, so sei das eine Persidie. (Präsident Löbe rügt diesen Ausdruck.» Der kommunistische Ergänzungsantrag wird gegen Kom munisten und Nationalsozialisten abgelehnt. In nameutlicher Abstimmung wird der Antrag aus ösfent- lichen Anschlag der Hindenburg-Kundgebuug mit 218 gegen 190 Stimmen bei 28 Stimmenthaltungen augeuommeu. Es folgt die erste Beratung des Entwurfs aus Ver längerung der Pacht? chutzorünung bis zum 80. September 1831. Die Vorlage wird mit den dazu ge stellten Anträgen dem Siedlungsausschutz überwiesen. Aus der Tagesordnung steht dann die erste Beratung der Zoll- und Steuer vorlagen. die zum finanziellen Deckungsprogramm der Regierung ge hören. Eine Vorlage verlangt die Erhöhung des Benzinzolles von 6 aus 10 Mark und die Einführung eines Bcnzolzolles von 10 Mark. Dafür soll nach der Regierungsvorlage der Zuschlag zur Krastsahrzengsteuer ans 10 Proz. herabgesetzt werden, während der Reichsrat 15 Proz. beantragt Die in einer weiteren Vorlage verlangte Aendc- rung der Tabaksteuer soll durch Verkürzung der Zahlungsfristen und Aufhebung der Tabaksteuerlager 32 Mil lionen eiubrtngeu. Abg. Rademacher (D.-R.) erklärt, die Annahme der Bonnggesetze finde ihren ersten organischen Ausdruck in den heute eiiisetzcnden Verhand lungen Uber die Verteilung der Lasten. Die kl n w a h r h a f t t g k e i t, so fährt der Redner fort, die die Mungfrage im Verhältnis zum Auslande be herrscht hat, beherrscht in gleicher Weise die inneren wirt- schastspotitischen Voraussetzungen. Alle Versuche Schachts und des Zentrums, die Deckungsfrage vor der Annahme der ?)ounggesetze zu lösen, sind gescheitert. Die Deutsche Volks partei war hierbei zu einer passiven Nolle verurteilt, da sie, gefesselt durch ihre eigene Außenpolitik der letzten Jahre, keinerlei Bewegungsfreiheit mehr hatte. Aus den Ver sprechungen der Ministerroden gelegentlich des Volks begehrens, besonders der Rede des Außenministers Curtius unter dem Thema „Was im Haag erreicht wurde", ist das Gegenteil geworden. Eine Entlastung von 915 Millionen Mark hatte der Reichskanzler in seiner Rede vom 12. De zember dem deutschen Volke und der deutschen Wirtschaft ver- Lord Valfour ? London, IS. März. Der ehemalige Premierminister und konservative Führer Lord Balsour ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Lord Arthur Balsour» ei» gebürtiger Schotte» trat 1874 erstmals tn das Unterhaus ein und wurde 1887 mit der Regierung Irlands betraut. In den Jahren 1801/92 und 1895/1902 hatte Balsour die Führung der Konser vativen im Unterhaus. Nach Salisburys Rücktritt wurde Balsour Ministerpräsident. 1906 gab Balsour die Führerschaft seiner Partei auf. 1915 war er im Koalttions- kabinett erster Lord der Admiralität. In den Jahren 1916 bis 1919 war er Minister des Aeußeren. Nach seinem Rück tritt wurde er dann Lordpräsident des Geheimen Rates. 1921 war er Führer der englischen Abordnung der Washingtoner Konferenz. Im Jahre 1922 schied er nach seiner Erhebung zum Peer von England als Earl Balsour aus dem Unterhaus aus. Balsour, der schon längere Zeit die Absicht hatte» sich vom politischen Leben zurückzuziehen, trat mit der Parta- mentsauflösung im Mat 1929 noch vor dem Sturz des Kabi netts Bald win, dem er als L o r d p r ä s t d e n t des Ge heimen Rates angehörte, zurück und schied aus dem Ober haus aus und befaßte sich in letzter Zeit mit der Heraus gabe seiner Memoiren. Während des Krieges hat Lord Balsour als Minister des Aeußeren den Widerstandswillen der englischen Nation und der Alliierten er folgreich auszuputschen verstanden. Man wird sich noch der häufigen „Kriegsziel"-Neden er innern, die Muster beispiele sind für de» englischen „eont", für jene bigotte Einkleidung des herrschiüchtigsten Imperialismus. Uns erscheint es als ein Zeichen des schlechte« Gewissens, wenn er im mer und immer wieder erklärte: „Wir gingen niemals in den Krieg sür selbstsüchtige Zwecke, und wir werden den Krieg auch nicht um selbstsüchtiger Zwecke willen zu Ende kämpfen." Er war einer von denen, die Deutschland vom Militarismus erlösen zu müssen glaubten, und fand sich tn der Gemeinsamkeit solcher verlogenen Ideologie mit Wilson. Aber diese schönen Redensarten wußten leider die öffentliche Meinung der ganzen Welt gegen uns nur allzugut zu gewinnen, und der Erfolg gab Lord Balsour recht. Für sein Volk war seine propaaanötsttschc Arbeit, die er meisterhaft beherrschte, von unüberschätzbarem Nutzen: wir Deutsche können in ihm weniger den ritter lichen Gegner sehen, als einen jener mit vergifteten Waffen kämpfenden Gehetmüiplomaten, die Deutschland schlau zu umgarnen verstanden und denen unsere allzu harmlosen PoÜtker nicht HZwachsen waren.