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für Reichenbmnd, SieMi, Neustadt und Rabenstein. Dieses Blatt wird an jede Haushaltung der obigen Gemeinden unentgeltlich vertheilt. ^2 48. Sonnabend, den 5. Dezember 1903. Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition »Reichenbrand, Pelzmühlenstraße 47v), sowie von den Herren I. O ebse r, Barbier Kirsch in Reichenbrand, Buchhändler Clemens Bahnerin Siegmar und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Corpuszeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Bekanntmachung. Zur Kenntnis der Gewerbetreibenden im hiesigen Orte wird hiermit gebracht, daß am 1. Januar 1904 das Gesetz, betr. Kinderarbeiten in gewerblichen Be trieben (sogen. Kinderschutzgesetz) vom 30. März 1903, in Kraft tritt, wonach fremde Kinder in gewerblichen Betrieben — nicht Fabrikbetrieben — nur dann beschäftigt werden dürfen, wenn dieselben im Besitze einer Arbeitskarte sind und solche dem Arbeitgeber zuvor eingehändigt haben. Als Kinder im Sinne des Gesetzes gelten Knaben und Mädchen unter 13 Jahren, sowie solche Knaben und Mädchen über 13 Jahre, welche noch zum Besuche der Volksschulen verpflichtet sind. Die gesetzlichen Vertreter (Väter, Vormünder) werden daher angewiesen, für ihre Pflegebefohlenen vor Eingehung eines Arbeitsvertrags die Ausstellung einer Arbeitskarte bei dem unterzeichneten Gemcindevorstand zu beantragen, welcher gleichfalls darüber, in welchen Gewerbebetrieben die Beschäftigung von Kindern nicht statthaft ist, Auskunft gibt. Diejenigen Arbeitgeber, welche Kinder vom 1. Januar 1904 an beschäftigen wollen, haben zuvor die nach 8 10 des Gesetzes vorgeschriebene schriftliche An zeige anher eiuzureichen. Arbeitgeber, welche Kinder ohne Arbeitskarte in Beschäfti gung nehmen, werden mit Geldstrafe bis zn SO Mark bestraft. Reichenbrand, am 4. Dezember 1903. Der Gemeindevorstand. Vogel. Gemeindeabaahen. , Am L Dezember dss. Js. wird der 4. Termin der Gemeinde abgaben und des Schulgeldes auf 1903 fällig und ist spätestens bis zum L5. Dezember dss. Js. an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Nach Ablauf dieser Frist wird gegen «säumige das Mahn- bez. Pfändungs verfahren eingeleitet werden. Reichenbrand, am 27. November 1903. Der Gemeindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Am L«. Dezember dss. Js. wird der 4. Termin der diesjährigen Rente fällig und ist spätestens bis zum SO. Dezember dss. Js. an die hiesige Ortssteuereinnahme zu bezahlen. Reichenbrand, am 27. November 1903. Der Gemeindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Nach § 10 des Regulativs vom 9. September 1887, die Ordnung, Rein haltung und den Verkehr auf den Straßen in der Gemeinde Reichenbrand betr., ist jeder Haus- und Grundstücksbesitzer, oder deren Stellvertreter verpflichtet, bei Schneefall die Fußwege bahnmäßig vom Schnee zu befreien und bei ein tretender Glätte mit Asche oder Sand so oft zu bestreuen, als es zur Sicher heit der Fußgänger erforderlich ist. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 30 Mk. geahndet. Reichenbrand, den 4. Dezember 1903. Der Gemeindevorstand. Vogel. Bekanntmachung. Der unterzeichnete Gemeiudevorstand bringt hierdurch zur allgemeinen Kenntnis, daß der Tierarzt Herr Carl Küchler in Chemnitz als weiterer wissenschaftlicher Fleischbeschauer für den hiesigen Schaubezirk von der König!. Amtshauptmannschaft in Pflicht genommen worden ist. Reichenbrand, am 3. Dezember 1903. Der Gemeindevorstand. V-gel. Bekanntmachung. De^. lt_Deze»nber^.1OO^ wird der lV„.Terwin Gemeinoeantagen fällig. Es wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß diese Anlagen zur Vermeidung des Zwangsvollstreckungsverfahrens bis zum LS. Dezember LOOS an die hiesige Gemeindekasse abzuführen sind. Rabenstein, am 4. Dezember 1903. Der Gemeinderat. Wilsdorf, Gemeiudevorstand. Bekanntmachung. Am L«. Dezember d. I. wird der IV. Termin der diesjährigen Rente fällig und ist spätestens bis zum SO. Dezember LOOS an die hiesige Ortssteuereinnahme bei Vermeidung zwangsweiser Beitreibung zu bezahlen. Rabenstein, am 4. Dezember 1903. Der Gemcindevorstand. Wilsdorf. Oertliches. Vakenstein, am 2. Dezember 1903. Bei der hiesigen Gemeinde-Sparkasse wurden im Monate November dss. Js. 57 Einzahlungen im Betrage von 10983 Mk. — Pf. geleistet; dagegen erfolgten 30 Rück zahlungen im Betrage von 2876 Mk. 25 Pf. Eröffnet wurden 11 neue Konten, geschlossen 3 Konten. Zinsbar angelegt wurden 44700 Mk. — Pfg. Die Gesamt einnahme betrug 49386 Mk. 03 Pf., die Gesamt ausgabe 47 816 Mk. 25 Pf. und der bare Kassen bestand am Schluffe des Monats 4285 Mk. 28 Pf. Der gesamte Geldumsatz im Monat November beziffert sich auf 97 202 Mk. 28 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage von 8—12 Uhr Vorm, und 2—6 Uhr Nachm. geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Einlagen werden mit S'/2°/g verzinst und streng geheim behandelt. Am 1., 2. und 3. des Monats erfolgende Ein zahlungen werden voll verzinst. Hlabenstein. Von den hier gespielten Losen des Sächs. Pestalozzivereins wurde nur die Nr. 16669 mit einem Gewinne gezogen. Nachbarskinder. Original-Roman von Irene v. Hellmuth. (9. Fortsetzung.» Dort, wohin die Sonne ihre goldenen Strahlen sandte, schlich ein bleiches, überwacht und traurig aussehendes Menschenkind umher, ganz still und stumm, — müde und lebensüberdrüssig! Und die Augen, die sonst so fröhlich dem leuchtenden Himmelsgestirn entgegensahen, sie blickten heute so trübe, lagen tief in den Höhlen und erzählten von vielen vergossenen Tränen. Eva besorgte den kleinen Haushalt wie früher, aber sie tat es mechanisch, nicht mit der gewohnten Freudigkeit. Man sah es ihr an, die Gedanken waren ganz anderswo. Auf alle die liebevollen Fragen der Mutter gab sie nur karge Antworten, bekümmert blickte die alte Frau dem sonst so flinken Mädchen nach. Trotzdem die Patientin sich noch recht schwach fühlte, versuchte sie, aufzustehen. Sie saß im Lehn stuhl, — denn mit der Arbeit wollte es immer noch nicht gehen, — und hielt die mager gewordenen Hände im Schoß gefaltet, während Träne auf Träne darauf niederrann. Eva kniete neben der Leidenden nieder. „Nicht weinen, Mutter — nicht weinen," bat sie. „Mache mich nicht wieder weich, ich muß ja heute standhaft bleiben, muß sogar heiter scheinen. Niemand darf ahnen, wie schwer wir an der Last zu tragen haben, die auf uns liegt. Laß uns fest zusammen halten, nur so wird es möglich sein, weiter zu leben." Die alte Frau nickte. Eva öffnete das Fenster, lehnte den schmerzenden Kopf auf die Hand und schaute aus die wenig belebte Straße hinaus, wo ein paar Sperlinge eifrig nach Futter suchten. Plötzlich stoben sic auseinander vor den eilig herankommenden Tritten eines Mannes. Eva fuhr erschrocken zurück, doch zu spät, Doktor Linde, der nie vorüberging, ohne nach den Fenstern zu spähen, hatte sie schon erblickt. Sonst ging er mit freundlichem Gruß vorbei, heute kam er rasch herüber und streckte dem Mädchen mit glücklichem Gesicht die Hand entgegen. Er war derart in Eifer, daß er die Blässe nicht gewahrte, die auf Evas Gesicht lag, wie er auch nicht bemerkte, daß sie tastend nach einer Stütze suchte und sich mit der Rechten an der Lehne des Stuhles festhielt, während die Linke sich auf das heftig pochende Herz preßte, als gelte es, das rasende Klopfe» zu besänftigen. „Guten Morgen, Eva, — schon munter?" rief er fröhlich, „wie geht es Ihrer Mutter? Hatte sie eine gute Nacht?" Er warf, während er sprach, einen Blick ins Zimmer und gewahrte die Frau im Lehnstuhl und bemerkte, daß ihre Augen mit eigentümlich bangem Ausdruck an den blassen Zügen des Mädchens hingen. „Ei, ei," fuhr er gutmütig fort, „da müßte ich ja eigentlich schelten, daß Sie schon so früh aufstehen? Habe ich, Ihr Hausarzt, Ihnen denn so etwas er laubt, Frau Abendrot? Gleich legen Sie sich wieder ins Bett, und wenn ich heute Abend komme, nach Ihnen zu sehen, will ich erst prüfen, ob ich Ihnen für morgen Erlaubnis geben darf!" Er warf Eva einen lächelnden, bedeutungsvollen