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Illustriertes Fachjournal für die Voll-, Jaumwoll-, Seiden-, feinen-, ?anf- und Jute-3nöustrie sowie für den Textil-Maschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur. Redaktion, Expedition u. Verlag;: Leipzig, Brommestraße 9, Ecke Johannis-Allee. —— Fernsprech-Anschluß: No. foj8. Chefredakteur und Eigentümer: Theodor Martin in Leipzig. Organ der Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. .V 11. XXVI. Jahrgang. Nachdruck, soweit nicht untersagt, ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Leipzig, 15. November 1911. Gespinstfasern, i Verfahren zur Herstellung von künstlichen Fäden und ähnlichen Gebilden insbesondere von künst licher Seide aus Zelluloseacetat von den Fürst Guido Donnersntarck’schen Kunst-Seiden- <(• Acetatwerken in Sydoivsaue, Kr. Greifenhagen. (D. R.-P. Nr. 2}’]^').) Obwohl die für Verarbeitung zu Kunst fäden aller Art höchst wertvollen Eigenschaften der Acetylzellulose allgemein anerkannt sind, ist es bisher noch nicht gelungen, Kunstfäden, insbesondere Kunstseide, aus Zelluloseacetat in industriell befriedigender Weise herzustellen. Wählt man nämlich den durch die Kunst seidenindustrie gewiesenen Weg, Zelluloseacetat lösungen unter Druck durch geeignete feine Öffnungen in Fällbäder eintreten zu lassen, so beobachtet man meist, selbst bei Verwendung langer Fällstrecken im Spinnbade, daß das ent stehende Fadengebilde so geringe Festigkeit auf weist, daß die fabrikmäßige Herstellung von Fäden auf diese Weise ausgeschlossen erscheint. Versuche haben ergeben, daß man beispielsweise bei Verwendung einer Lösung von Acetylzellu lose in Acetylentetrachlorid und eines aus Wasser oder Alkohol bestehenden Fällbades nur unver arbeitbare Fadenbruchstücke erhält. Bei Ver wendung von Chloroform als Lösungsmittel sind die Ergebnisse noch schlechter. Bessere, wenn auch keineswegs vollwertige Fäden werden bei Verwendung von Eisessig als Lösungsmittel und Wasser als Fällmittel erhalten. Die beiden ersten Beispiele unterscheiden sich von dem dritten dadurch, daß die zur Her stellung der Spinnlösung verwandten Lösungs mittel mit Wasser nicht mischbar sind. In allen Fällen aber zeigte es sich, daß nach dem Durchgänge der Fäden durch die Fällbäder im Innern der erzielten Fadenstücke noch große Mengen unveränderter Spinnlösung enthalten waren, d. h. daß die immerhin ver hältnismäßige kurze Zeit, während der die Fäden im Spinnbade verweilten, nicht genügte, um die in die Fällflüssigkeit gespritzten Flüssigkeits strahlen durch und durch zu koagulieren. Es bildete sich vielmehr immer nur eine mehr oder weniger dünne Oberflächenhaut, die dem Ein dringen der Fällflüssigkeit ins Innere des so gebildeten Schlauches solchen Widerstand ent gegensetzte, daß die Erstarrung des Gebildes nicht genügend schnell fortschreiten konnte, um das Reißen das Fadens durch sein Eigengewicht zu verhindern. Bei dem angeführten dritten Beispiel waren die Ergebnisse allerdings besser, und zwar deshalb, weil sich das Lösungsmittel in der Spinnlösung leicht mit dem Wasser des Fällbades mischt. Auch ist die Durchdringbar keit der zunächst gebildeten Oberflächenschicht für Eisessig besser als beispielsweise für Acetylen tetrachlorid. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich das Prinzip, dessen Beobachtung allein zu einer befriedigenden Spinnmethode für Zelluloseace tatlösungen führen kann; die Wahl des Lösungs mittel für Herstellung der Spinnlösung einerseits und der Fällflüssigkeit andererseits muß so ge troffen w’erden, daß Lösungsmittel und Fällflüssig keit leicht mischbar sind und daß das Lösungs mittel leicht durch dünne, ausgefällte Zellulose acetatschichten hindurch zu diffundieren vermag. Bei den Kombinationen Acetylentetrachlorid und Wasser oder Chloroform und Wasser ist keine der Bedingungen erfüllt, bei der Kombination Acetylentetrachlorid und Alkohol nur die erste, bei Eisessig und Wasser die erste Bedingung voll kommen, die zweite zwar besser als bei den vorge nannten Beispielen, aber noch nicht vollkommen. Wie die Patentschrift mitteilt, wurde nun gefunden, und darin besteht das Wesen der Erfindung, daß diese Bedingungen in vorzüg licher Weise erfüllt werden, wenn man in der zuletzt erwähnten Kombination die Essigsäure durch Ameisensäure ersetzt. Die Spinnresul tate übertreffen die mit Essigsäurelösung er zielten bedeutend. Nebenher werden noch andere gewichtige Nachteile, die der Verwendung der Essigsäure als Lösungsmittel beim Verspinnen von Zellu loseacetat anhaften, völlig vermieden. Hier ist in erster Linie der Umstand zu nennen, daß die Löslichkeit der Acetylderivate in Essig säure viel geringer ist als in Ameisensäure. Durch Wasser ausgefälltes und getrocknetes Zelluloseacetat, also das gewöhnliche Handels produkt, löst sich nur so schlecht in Essig säure, daß an eine Verspinnung solcher Lösungen nicht gedacht werden kann. Die Verwendung der Essigsäure ist also auf Verspinnung von mit Essigsäure verdünnten Reaktionsgemischen der Acetylierung praktisch beschränkt. Außer dem haftet auch diesen Lösungen stets der Übelstand großer oder geringerer Trübung an, die bei Anwendung von Ameisensäure völlig wegfällt. Aus gefälltem und getrocknetem Zelluloseacetat sowohl wie durch Verdünnung des Reaktionsgemisches der Acetylierung lassen sich leicht innerhalb der durch die Verspinn barkeit gegebenen Grenzen beliebig konzen trierte wasserklare Lösungen herstellcn, die gegen Feuchtigkeit, im Gegensatz zu den Eis essiglösungen, völlig unempfindlich sind. Die Ausführung des Verfahrens erfolgt in der aus der Kunstseidefabrikation allgemein bekannten Weise. Selbstverständlich können zu beliebigen Zwecken geeignete Zusätze zur Spinn lösung w'ie auch zum Wasser des Fällbades gemacht werden. Beispielsweise sei die Zugabe von Ätzkalk zur Fällflüssigkeit erwähnt, um die Säure zu binden. 44