Volltext Seite (XML)
Dresdner Aonrnal Herold für sächsische und deutsche Interessen. Prell fßr »L« Vierteljahr 1^ Tblr. 3«seruo»»grd-tz. ren fürdellNculr- «l»rr grsralte»e» Zeile G Pf. Diese, Blatt erscheint täglich Abend» und iß durch alle Post- ankaltrn de» 3»- «nd Au-landr« z» beiiehen. Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für daS Abends erscheinende Blatt werden bis 12 Uhr Mittag- angenommen. Inhalt. Der Gesetzentwurf, das Vereins« und Versammlungsrecht betreffend, und der Bericht der Deputation der zweiten Kammer. — Der Staat muß sparen. —LageSgrschichte: Dresden: Sitzung der zweiten Kammer: Waffenstillstand mit Dänemark; Aufhebung deS Blokade« zustandeS; Wahl der Friedensrichter; deutsche LnwaltSversammlung. Leipzig: Anwesenheit des Königs; Uebrrgabe der Fahne an die Kommunal garde. Aus dem Voigtlande: Eholerafurcht. Berlin. Frankfurt. Paris. — Wissenschaft und Kunst: Hoftheater: „Dir Hugonotten".— — Feuilleton. — Eingesendetes. — GefchüftSkalrnder. — Ortskalender. — Angekommeoe Reisende. Der Gesetzentwurf, das Vereins- und Dersamm- lungsrecht betreffend, und der Bericht der De putation der zweiten Kammer. Der von der Regierung den Ständen vorgelegte Entwurf zu einem Gesetze über da- Vereins- und Versammlungsrecht ist von be zeichnender Kürze. Elf kurze Paragraphen bilden da- ganze Gesetz, mit dem die Regierung eine der wichtigsten von den in der Proklama tion vom 16. März gegebenen Zusagen zu lösm gedenkt und in der That auf die freisinnigste Weife und ihrer würdig löst. Denn wir fin den in dem Entwürfe Nicht-, was an die polizeiliche Bevormundung früherer Zeiten erinnert; wir finden Nicht- darin, was das Bestreben verriethe, mit straffen Zügeln strenge Zucht zu halten. In dieser Be- ziehnung können wir namentlich auf da- neue französische Gesetz mit Stolz herabsehen. Während dort mit Aengstlichkeit Alles festgesetzt ist, waS geeignet schien, einen Mißbrauch abzuhalten, überläßt sich unser Entwurf der frohen Zuversicht, siar ein Volk bestimmt zu sein, welches daS große Recht zu achten versteht, da- ihm verliehen wird. Die Be freiung des Verein-- und Versammlung-recht- von aller polizeilichen Einmischung und Überwachung, heißt eS in den Motiven, ist aller dings ein Schritt, den selbst die freisinnigste Regierung nicht ohne Bedenken zu thun vermag, wenn sie sich nicht auf die Besonnenheit, die Selbstständigkeit und den Gemeinsinn wenigstens der Mehrheit der Staatsbürger verlassen zu können glaubt. Eben aber in dem Glauben, daß dem sächsischen Volke diese Eigenschaften nicht mangeln, hat die dermalige Staatsregierung bereit- in ihrer unterm 16. März 1848 veröffentlichten Bekanntmachung hinsichtlich deS VereinSrechtS erklärt, daß künftig nur Repressivmaßregeln wegen dessen MißbrauchS statt finden sollten, und nunmehr von diesem Standpunkte auS den vor liegenden Gesetzentwurf bearbeitet. Der Entwurf beginnt mit einer ausdrücklichen Gewährleistung de- Verein-- und Versammlung-recht- und der Aufhebung der hiermit nicht in Einklang stehenden frühem gesetzlichen Bestimmungen, wobei namentlich Art. 117 de- Kriminalgesetzbuch- erwähnt wird. Die Deputation der zweiten Kammer beantragt, daß außerdem auch noch der Theil de- Art. 93 de- Kriminalgesetzbuch- au-drücklich außer Wirk samkeit gesetzt werde, wo e- heißt: die Theilnahme an Verbindungen, — welch« überhaupt von der Staat-regieruog al- ordnung-widrig untersagt sind „wird mit Gefängnißstrafe belegt". Da da- neue Ge setz eben vorzüglich dazu bestimmt ist, der Regierung die Macht zu neh men, Vereine und Verbindungen wegen angeblicher Ordnung-Widrig keit zu untersagen, so sieht man ad« in der That nicht recht ein, wozu ein, ausdrückliche Erwähnung der Aufhebung jener Bestimmung noch dienen soll. Heißt e- doch sogleich in §. L: Nur solche Vereine und Versammlungen, deren Zwecke oder Mitte! die Bestimmungen de- KriminalgesehbuchS verletzen, sind verboten. Eine für die Freiheit de- Verein-recht- wesentliche und unerläßliche Bestimmung enthält §. 3, nämlich daß für die Aeußerungen oder Handlungen Einzelner in einem Vereine oder einer Versammlung nur diese Einzelnen selbst verant wortlich gemacht werden können. Man weiß, welche Ungerechtigkei ten gerade in dieser Beziehung von dem alten Polizeistaate au-geübt worden sind. §. 4 beschränkt da- Recht, Versammlungen zu berufen und Vereine zu gründen, auf Diejenigen, welche di-position-fähig und im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte sind, in der Absicht, wie e- in den Motiven heißt, namentlich politischen Vereinen und da- Gemein wesen oder allgemeinere Interessen besprechenden Versammlungen eine gewisse Würde zu erhalten. Die Deputation verwirft diese Beschrän kung, unserm Dafürhalten nach mit vollem Rechte. Diese- ängstliche Besorgtsein für Würde und Anstand der Versammlungen erinnert noch etwa- an frühere Zeiten, und wenn man sich einmal auf den Weg be zieht, Garantien für „eine gewisse Würde" zu verlangen, könnte man allmälig weiter geführt werden. Zudem bemerkt die Deputation sehr richtig, daß jene Bestimmung häufig unausführbar sein werde, na mentlich bei Personen, welche sich nicht an ihrem Wohnorte befinden. Auch darf man nicht vergessen, daß, was in-befondere den Verlust der bürgerkichen Ehrmrechte anlangt, noch einige sehr harte, mit dem RechtSbewußtfei» öe- Volke- kaum in Einklang zu bringende Be stimmungen bestehen. Dagegen ist die Bestimmung de- §. 5, daß Versammlungen nicht namenlo-, unter falschem oder Kollektivnamen zusammenberufen werden dürfen, im Interesse de- Publikum-, dem daran gelegen sein muß, zu erfahren, von swem e- aufgefordert wird, sich zu versammeln, vollkommen gerechtfertigt. Die- wird auch von der Deputation anerkannt. Anderer Meinung ist dieselbe hingegen in Bezug auf die Paragraph« 6, 7 und 8, welche festsetzen, daß Be rufungen zu Versammlungen oder zur Bildung von Vereinen, sowie der erfolgte Zusammentritt der Letzten», mit Angabe de- Zweck-, der Vorstände, Beamten u. s. w. der Polizeibehörde angezeigt werden müs sen. Da- Deputation-gutachten giebt un- in dieser Hinsicht eine« Be weis, wie zu weit getriebener FreiheitSeifer in Beförderung polizeilichen Spürregiment- umschlägt. Daß der Polizei al- derjenigen Behörde, welche für Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung zu sorgen hat, daran gelegen sein muß, zu wissen, wo eine größere Menschenmenge sich versammelt, ist natürlich. Sie wird dafür verantwortlich gemache, wenn Störungen der öffentlichen Ruhe vorfallen, sie muß daher auch wissen, wo sich etwa- begiebt, wa- möglicherweise zu Excessen führen könnte, um darnach ihre Maßregeln treffen zu können. WaS erscheint nun natürlicher, al- daß man gesetzlich festsetzt, daß Derjenige, welcher eine Versammlung beruft, die Polizei davon in Kenntniß setzen muß? Die Deputation ist anderer Meinung. Sie hält eine solche Anzeige für überflüssig, weil die Polizei, wenn ihr daran gelegen sei, ohnehin Kenntniß von beabsichtigten Versammlungen erhalten werde. Nun scheint aber, daß ihr allemal wird daran gelegen sein müssen,