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MsdrufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Dar .Wilrdruffer Tagkblall» ««schein« an -Urn Werdlnxcn nachmittags 8 Uhr. Briugspr-i« : Bei Abholun, in der GeichSst-strll-und den Ausgabestellen 2RM. im Mona«, d«, -uftellunz durch di« Boten r,3VAM., »ei Poftdesteilung 2 RW. zuzüglich Abtrag. , ,, ,, gebühr. Einzelnummern IbApsg.AllcPostanftalten Wochenvlatl für Wilsdruff u Umaeaend Postboten und uasereAus. tragerund GeschästssteUen ! u 2-2 nehmen zu jeder Zeit De. fteünngen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Bücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto bestiegt. für Bürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen ^Reichs- Pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. 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Mitten hinein in die bedrohlich anschwellende Flut der deutschen Finanznöte. Und ebenso unerfreulich wie der Zustand dieser Finanzen sind die Mitteilungen, die über die Pläne des Ministers und die Art, in der er jene finanzielle „Wassersnot" bändigen und bezwingen will, verlauten. Also zunächst einmal soll mit größter Beschleunigung der Reichsetat für 1930/31 ausgestellt und bei den gesetzgebenden Körperschaften ein gebracht werden, daneben aber noch ein Nachtragsetat für das jetzt laufende Haushaltsjahr, da die Einnahmen längst nicht die vorgesehene Höhe erreichen, andererseits die Ausgaben weit über den Voranschlag hinausgegangen sind und immer noch weiter hinauswachsen. Und über diesen beiden Etats steht, deutlich lesbar für jeden Steuerzahler in Deutschland, der Spruch, den Dante in seiner „Göttlichen Komödie" über den Eingang zur Hölle setzte: „Ihr, die ihr hier eintretet, — laßt alle Hoffnung fahren!" Die Hoffnung darauf nämlich, daß es in absehbarer Zeit zn einer Steuersenkung kommt. Daß am 1. April, also am Ende des laufenden Haus haltsjahres, ein Defizit von mindestens 450 Millionen durch scharfen Rückgang der ordentlichen Einnahmen vor handen sein wird — damit rechnet man schon heute als mit einer feststehenden Tatsache. Andererseits sind während dieses Jahres die Ausgaben um 250 Millionen erhöht worden, aber auch nur im ordentlichen Etat des Haus halts. Im außerordentlichen ist cs nämlich durch die Zuschüsse, die man an die Arbeitslosenversiche rung abführte, bisher auch schon zu einer Mehrausgabe vor über 200 Millionen gekommen. Aus dem vorigen Jahr ist auch noch ein Defizit von 154 Millionen vorhanden, einiges kommt noch hinzu — kurz: weit, weit höher noch als der Reichskanzler in seiner letzten großen Reichstags rede darlcgtc, ist das Defizitim R c i ch s h a u s h a l t schon heute. Man spricht von über 600 Millionen. Nicht mehr, wie damals, von 200 Millionen. Und dabei sind »och nicht einmal die kostspieligen kurzfristigen Schulden der Reichskasse, so die letzte 350-Millioneu-Anleihe, nur öer berühmte Tropfe» auf den glühend heißen Stein. Wo bleibt da Raum oder Möglichkeit für die an gekündigte Steuersenkung? Wie soll durch Herabsetzung der direkten Abgaben ein für den Steuerzahler tragbarer Ausgleich für die Vermehrung der indirekten Belastung geschaffen werden, wenn der Staat mehr Gesamtein nahmen haben muß und fordert? „Laßt alle Hoffnung draußen!" Ja, aber da sind doch noch die Ersparnisse, die mit der Einführung des Young-Plans in Höhe von etwa 464 Millionen kommen sollen! Auch hier muß man wie der das Dante-Wort zitieren. Diese Ersparnisse werden im laufenden Etatsjahr restlos dafür verwandt werden, un, das oben skizzierte Defizit mit decken zu helfen. Und leider gilt das Dante-Wort hierin auch für das kommende Etatsjahr, denn dann müssen jährlich 450 Millionen einzig und allein deswegen als Ausgaben in den Reichs haushalt eingestellt werden, un, auf diese Weise den auf fast zwei Milliarden angeschwollenen außerordentlichen Etat abzubauen, ein Ziel, dem der Reichssinanzminister auch uoch mit anderen, bisher noch nicht näher bekannten, sicherlich aber sehr radikalen Vorschlägen gleichfalls in schnellem Schritt zustrebt. Aus den Zoll- und den Tabak steuererhöhungen, zu denen noch zweifellos sehr bald auch eine Heraufsetzung der Biersteuer kommen dürfte, werden ja im kommenden Haushaltsjahr beträchtlich höhere Steuereingänge erwachsen, vielleicht ist deswegen hier und da auch eine kleinere oder größere Reform im Steuer system möglich, vielleicht. . . Aber wenn jemand in Deutschland eine Wette vorschlägt, daß es nicht zu einer Erleichterung der Gesamtsteuerlast, zur Steuersenkung im allgemeinen Sinne kommt, dann wird er bald wohl nie manden finden, der diese Wette halten würde. Wenn nicht der „Radikalismus" des Reichsfinanzministers auch einen entsprechend scharfen Angriff auf die Ausgabenseite wenigstens des kommenden Reichshaushalts unternimmt. Hoffentlich braucht man nicht auch bei diesem Wunsch gleich wieder an das Dante-Wort zu denken! Die „Monte Cervantes" verloren Hamburg, 23. Januar. Die Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrtsgesellschast hat am Donnerstagnachmittag folgen des Telegramm vom Kapitän des Dampfers Monte Cervantes erhalten: „Monte Cervantes bei Ushuaia (Feuerland) aufgelaufen, Pasiagiere und Besatzung in Booten, Dampfer voraussichtlich verloren. Der Unfallort liegt 8 Seemeilen von Ushuaia entfernt. Berlin, 23. Januar. Die Monte Cervantes war das letz te Schiff der von der Hamburg-Süd in den Verkehr nach Süd amerika eingestellten Klasse von großen Motortouristendampsern. zu denen noch die Monte Sarmiento und die Monte Clivia ge hören. Diese Schiffe waren für die sogenannte Einheitsklasse ein gerichtet und haben außer den regelmäßigen südamerikanischen Berlin, 23. Januar. Von Nachwirkungen der Ferienfreude war nichts Wesent liches zu merken, als heute die Reichsboten in ansehnlicher Zahl sich wieder versammelten, um ihres hohen Amtes erneut zu walten. Die Weihnachtspause hat wenig Stillstand in der politischen Bewegung gebracht. Die ganzen Wochen der Muße wurden nicht allein reichlich ausgefüllt durch die üb lichen Parteihäkeleien, sondern nebenbei auch durch einige erheblichere Ereignisse, wie man Wohl die Kämpfe im Haag, das Offenbarwerden der grimmigsten Finanzbeschwerlich keiten im Reiche usw. bezeichnen darf, einige Minister- Wechsel gar nicht mitgerechnet. Zunächst sollen jetzt das Zündholzmonopol und die damit verbundene Kreuger-Anleihe bis zum 1. Februar fix und fertig werden. Länger kann und darf die Negierung nach den erteilten Zusagen nicht warten. Ein kommunistischer Vorstoß zur Änderung der Tagesordnung wird abgeschlagen, ebenso ein deutschnationaler Antrag auf Zurückstellung des Zündholzmonopols, da das Haus die Richtigkeit der heiter aufgenommenen Erklärungen des Prä sidenten Löbe anerkannte, man werde bei Annahme dieses Antrages nur die Zahl der Arbeitslosen vermehren, denn außer dem besagten Gegenstand steht wirklich nichts auf der Tageskarte des Reichstages. Freilich muß man nicht denken, es mangele dem Reichs tag an Stoff für die nächste Zeit. Vielleicht die wichtigste aller Sitzungsperioden wird jetzt eingeleitel. Der im Haag abgeschlossene Young- oder Neue Plau soll bis zum 20. Fe bruar verabschiedet werden, um ihn bis zum 20. März, falls er nicht mittlerweile zu Schaden gelangt, in Kraft setzen zu können. Drei Monate später soll die entsprechende Räumung deutsche» Bodens von fremden Truppen vollendet fein. Dr. Moldenhauer, der seine Jungfernrede als Reichs finanzminister im Reichstag hielt, und sein Kollege Dr. Cmrtius werden reichlich zu tun bekomme», denn sie haben wohl in erster Linie die Abmachungen im Haag der wider strebenden Opposition mundgerecht zu machen, wobei nicht sicher ist, ob ihnen das gelingen wird. Moldenhauers Auf treten war kurz. Er kündigte die Verschiebung seiner Ab sicht, über die gesamte Kassenlage des Reiches bei nächster Gelegenheit zu sprechen, an. Dies könne er einst weilen wegen des verzögerten Abschlusses tm Haag nicht ausführen. Damit wurden von ungefähr die Gefahren des Reichshaushalls für 1930 in Blicknähe gerückt. Und Dr. Schacht? Auch ihm und der Umgestaltung des Reichsbankstatuts wird der Reichstag einige, wenn nicht gar viele Stunden widmen. Zwischendurch laufen noch Angelegen heiten, die nicht auf die leichte Achsel zu nehmen sind, z. B. das Republikschutzgesetz und, wenn nicht alles trügt, sogar das Gespenst einer Regierungskrise. Heute weiß niemand, ob es nur einen flüchtigen Astral leib tragen wird oder sich unter Umständen ganz und gar materialisiert. io. Fahrten zahlreiche Vergnügungsreisen im Mittelmeer und nach Skandinavien gemacht. Bei einer Spitzbergenfahrt im Sommer 1928 erhielt der damals noch ganz neue Monte Cervantes be kanntlich ein großes Leck infolge Eispressung, so daß ihm der von der Rettung der Nobile-Expedition zurückkehrende russische Eis brecher Krassin Hilfe bringen mußte. Ein Zufall hat es gewollt, daß der Dampfer, nachdem er schon im hohen Norden an der Grenze menschlicher Siedlungen eine schwere Havarie erlitten hatte, nun im äußersten Süden verloren gehen muß. Ushuaia ist nämlich die südlichste Stadt der Welt. Sie liegt am Fuße der Kordillieren Valdivia im argentinischen Teil von Feuerland, un weit der chilenischen Grenze. Der Monte Cervantes hatte außer halb seiner regelmäßigen Pasiagierfahrten eine Vergnügungs fahrt für eine südamerikanische Reisegesellschaft nach dem Feuer land unternommen, wo sich übrigens die Berge befinden, die ihm und seinen Schwesterschissen den Namen gegeben haben. Der Beagle-Kanal ist berüchtigt wegen seiner schweren Weststürme, die dort säst während des ganzen Jahres toben und nun mögli- Gitzungsberichi. (124. Sitzung.) OL. Berlin, 23. Januar. Nach Eröffnung der ersten Sitzung nach den Weihnachts ferien wird ein kommunistischer Antrag auf sofortige Bera tung des kommunistischen Ersuchens aus Aufhebung des De- monstrationsvcrbotcs abgelehnt, ebenfalls ein deutschnationaler Antrag, das Zündholzmonopolgesctz von der Tagesordnung abzusetzen. Die Beratungen über das Zündholzmonopol werden eingcleitet durch den Reichsfinanzminister Doktor Moldenhauer. Der Minister betont hierbei, die Anleihe sei an die Bedingung geknüpft, daß das Monopol am 31. Januar dieses Jahres verabschiedet würde. Deshalb bitte er um Beschleunigung der Beratung. Abg. Dr. Hertz (Soz.) erklärt, daß die Zustimmung der Sozialdemokratie zum Gesetz davon abhängen werde, daß die ursprüngliche Vorlage wiederhergestellt wird bzw. die Ab schwächung des Reichsrates in der Frage der Konsum genossenschaften angenommen würde. Abg. Dr. Rademacher (Dtn.) hält den vorliegenden Ver trag für unwürdig. Weitere Teile der deutschen Wirtschaft würden verpfändet, um eine kleine Anleihe zu erhalten. Die deutsche Wirtschaft wird von den Steuerlasten fast erdrückt, aber den ausländischen Monopolgewinn läßt man steuerfrei. Die Sonderbehandlung für die Konsumgenossenschaften erklärt Dr. Rademacher für eine rein politische Liebesgabe. Abg. Dr. Neubauer (Komm.) meint, daß man einem aus ländischen Trust aus Kosten der breiten Massen zehn Millionen Gewinn zuschanzi. Der Abgeordnete wird zur Ordnung ge rufen, als er mehrfach von bewußten Lügen der Regierung spricht. Abg. Beythicn (D. Vp.) erklärt den Gesetzentwurf für höchst unerfreulich, da mit ihm ein deutsche. Industriezweig dem Auslandskapital ausgelieseri wird; aber auch vorher schon war die deutsche Zündholzindustrte fast zugrunde ge richtet durch die Schleuderkonkurreirz von Sowjetrutzland. Unannehmbar ist für die Deutsche Volkspartei die Sonder behandlung der Konsumgenossenschaften. Abg. Borrmann (Wirtschaftspartei) metnl, inan hätte auch ohne dieses Gesetz über die Finanzkalamität hinweg kommen können. Die Bevorzugung der Konsumvereine lehnt der Redner auf jeden Fall ab. Abg. Rauch-München (Bayer. Vp.) sprlchi gegen die Vor zugsbehandlung der Konsumvereine. Eine solche steht in Widerspruch mit der Reichsverfassung. Deshalb hat das Gesetz verfassungsände.rnden Charakter Die Bayerische Volkspariei behält sich die endgültige Stellungnahme vor. Abg. Fischbeck (Dem.) hält die Bedingungen für die Kreuger-Anleihe nicht für so günstig, wenn man die Vorteile berücksichtigt, die der Schwedentrust aus dem Monopol zieht. Die Demokraten behalten sich vor, Anträge zugunsten des Kleinhandels einzubringcn. Abg. Stöhr (Nat.-Soz.) findet oie verlangte Vorzugs stellung der Konsumgenossenschaften für unerträglich. Wird sie beibehalten, so werden die Nationalsozialisten gegen das ganze Gesetz stimmen. Die Vorlage wird nunmehr dem Hausyal!sauSschuß überwiesen. — Nächste Sitzung: Montag. 27. Januar mit der Tagesordnung Zweite Lesung des Zündholzmonovels. cherweise diesen schweren Verlust für die deutsche Schiffahrt ver ursacht haben. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß der Monte Cervantes in eine der im ganzen Feuerland-Archipel üblichen stundenlang anhaltenden Hegel- und Nebelböen geraten ist, so daß der Schisfsleitung die Orientierung unmöglich wurde, zumal in den engen Kanälen der Südspitze des Feuerlandes Strömun gen herrschen, die selbst große Schiffe in unerwartet starker Weise zu versetzen vermögen. Das etwa 14 000 Tonnen große Schiff war bei Lloyd versichert. Es dürfte einen Wert von ungefähr 10 Mill. Mark gehabt haben, wenn man berücksichtigt, daß dieser Dampfer der Touristenklasse nicht mit der kostspieligen Einrich tung für Passagiere 1. und 2. Klasse ausgerüstet war. Hamburg, 23. Januar. Obwohl über die Ursachen der Strandung der Monte Cervantes noch keine bestimmten Nachrich ten versiegen, wird angenommen, daß wahrscheinlich Meeres strömungen den Dampfer von seinem Kurse abdrängten. An Bord des Schiffes befanden sich drei ortskundige Lotsen, die dem Kapi tän zur Führung des Schiffes beigegeben waren. Die Aussetzung der Pasiagiere vollzog sich in Ruhe und Ordnung. Es handelte sich um 100 Fahrgäste, fast ausschließlich Südamerikaner, die sich auf einer Studienreise nach Feuerland befanden. Man hofft, daß die Monte Sarmiento in etwa vier Tagen in Ushuaia eintresfene wird, um die Schiffbrüchigen aufzunehmen. Freigaben und Liquidationsüberschüffe. Die Nebenlösungen des Haager Abkommens. Im Rahmen der finanziellen Fragen des Haager Abkommens sind, wie die dem Außenministerium nahestehende Deutsche diplomatisch-politische Korrespon denz betont, eine Reiye von Einzelheiten festgelegt worden, die bei der bisherigen Berichterstattung hinter den großen, grundsätzlichen Fragen stark zurückgetreten waren. Dahin gehört zunächst die Umgestaltung des bis heriaen Recoverv-Acts. Nack den neueu. Haaacr