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Sonntag Nr. 254. 10. December 184?. MM Deutsche Allgemeine Zeitung. > «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Uebevbtiek. Deutschland. * teipna. Die Ergänzungswahlen der Stadtverordneten. Karlsruhe. Gesetzentwurf über die Schullehrergehalte. "Sraun- schweig. Der Anschluß des Harz - und Weserdistricts an den Zoll verein. Der Antrag auf Reform des Criminalverfabrens. -f Wies baden. Ernennung eines Staatsministers. -j-Zkrankrurt a. M. Der Antrag wegen Motivirung ablehnender Senatsbeschlüsse. Der Ver ein gegen Lhierquälerei. Preutzen. "Wertin. Erfoderung von Gutachten über Aufhebung des Personalarrcsts als Exccutionsmittcls. ' Posen. Das Attentat. Der Obcrpräsident v. Beurmann. Die Eisenbahnen. Die Verhältnisse zu Rußland. Rußland und die griechische Frage. Die Eisenbahnen. ZVefterreich. * Presburg. Stürmische Reichstagssitzung in Betreff der Kroatenfrage. Spanien. * Paris. Olozaga. Serrano. Die Präsidentenwahl. Aus Olozaga's Rede in Betreff der Nationalgarde. Der Gesetzentwurf über die Ayuntamientos. SevDPritannien. Der englische Gesandte in Mejico hat seine Pässe verlangt. Die Streitigkeiten in Canada. Berichte von Neuseeland. Aus Westindien sollen die Truppen abbcrufen werden. Frankreich. Die Legitimisten. Geistliche Censur. Klosterzucht, s Pa ris. Die Legitimisten in Algerien. NuHland und «ölen. * Jurburg^ Die Ausführung des Ukases in Betreff der Juden. Petersburg. Niederlage der Russen gegen die Avaren. Vriechenlavd. Ein Bruder des KalergiS soll aus Rußland ver bannt sein. Ivstindirn und «hina. Die Wirren in Lahore. — Englische Pro klamation gegen den Opiumhandel. Siamesische Kriegsschiffe bringen den Tribut nach China. Drafilirn. *kkw Janeiro. Stiftung eines Irrenhauses zum Anden kenan die Vermählung des Kaisers Krankheit der Prinzessin Januaria. Handel und Industrie. * Kiet. Eisenbahn von Elmshorn nach Glückstadt. — Berlin. ! MukÜNtzsiAUP«-«. Deutschland. * Leipzig, s. Dec. In unserer Stadt und ihren Localblättern haben jetzt die neuesten Ergänzungswahlcn zu der Stadtver ordnetenversammlung viel Redens ! und viel Bewegung verursacht. Seit der Reform des städtischen Gemeinwesens im Jahr 1830 hatte der gcwcrbtreibcnde Bürgerstand fast aÜein ein regeres Jntcrcsse an der Vertretung der Gcmcindeangelegcnhcitcn bewährt und namentlich an der direkten und indirekten Besetzung der Gemeindebehörden thäti- gen Antheil genommen. Es ist nicht ist Abrede zu stellen, daß dabei im Allgemeinen sehr umsichtig verfahren wurde, daß sich viele nütz liche und achtungswerlhe Kräfte im städtischen Gemcindewescn hervor- gethan haben und gute Erfolge geärntet worden sind. Uebrigens ge hörte immer der größere Theil der Stadtverordneten den Ständen der Juristen und deS Handels an, wie denn schon die Stadtverfassung bei Anordnung des Wahlrechts dem Handelsstand und dann wieder den Hausbesitzern einen bestimmten Antheil sichert, auch die Gcwerb- treihenden selbst auf Lie vorzugsweise Befähigung Rücksicht nahmen. Bei den neuesten Wahlen nun hatte sich eine große Anzahl von Wäh lern aus dem Handelsstande, die sich zcithcr nicht oder nicht eifrig um die Wahlen gekümmert, entschlossen, einen lebhaften und auf stärkere Vertretung des Handelsstandes wie auch sonst auf Ergänzung der Stadtverordneten durch neue Elemente gerichteten Antheil an den Wah len zu nehmen. Es kamen von dieser Seite ungewöhnlich viele und Übereinstimmende Stimmzettel ein. Was dabei von persönlichen Ein flüssen, besonder» Umtrieben, Coterien u. dcrgl. behauptet worden ist, das können wir um so eher dahingestellt sein lassen, als wir auch DaS dahingestellt sei» lassen, was ganz ebenso der entgegengesetzten Seite und ihrem früher» Verfahren vorgeworfcn wird. Genug, das Resul tat deS eifrigen und einigen Stimmens auf der einen und eines Man gels an Eifer und Zusammenwirken auf der andern Seite war eine Wahl, die auf lauter juristische und handeltreibende Gemeindeglieder ssel und nicht einen einzigen Gewerbtreibenden traf. Das hat nun vie'-n Unmuth unter Letzter» erregt und zu harten Vorwürfen gegen die für diesmal siegreiche Seite veranlaßt. Wir glauben, mit Unrecht. Wir tadeln sie selbst, daß sie nicht schon früher einen reger» Theil an dem städtischen Gemeinwesen genommen und daß sie bei ihrer Abstim mung einigen hochverdienten und wahrhaft ausgezeichneten gewerblrri- benden Bürgern, die unter allen Umständen bei keiner Wahl in Leip zig übergangen werden sollten, ihre Anerkennung zu zollen nicht un parteiisch, ja nicht klug genug gewesen sind. Aber nicht tadeln kön nen wir sie, daß sie von ihren Bürgcrehrenrcchten einen eifrigen und auf eine kräftige Vertretung ihrer Interessen gerichteten, ihren Ansich ten entsprechenden Gebrauch gemacht haben. Jeder Andere hat das selbe Recht, Alle sind eigentlich verpflichtet, cs zu üben, und ein weit größerer Fehler im Gemeinwesen, als selbst ein schlimmerer Partei geist, als hier sich gezeigt hat, ist eine Indolenz, die von ihren Rech ten gar keinen oder einen gedankenlosen, den Erfolg dem Zufall an- hcimstcllendcn Gebrauch macht. Wir finden, wenn in dieser Sache zu Tadel Stoff ist, cincn solchen weit mehr gegen die andere Seite zu richten, die sich einer zu großen Sicherheit überlassen und sich nicht eifrig und cinmüthig genug ihrer Rechte bedient zu haben scheint. Wir würden uns freuen, wenn dieser Vorgang zu einem recht thätigcn Wett eifer in umsichtiger und eifriger Ausübung der politischen Rechte An laß gäbe. Aber beklagen würden wir ihn, wenn er Spaltungen und Zerwürfnisse unter Klassen hcrbeiführte, die es gewiß viel besser mit einander meinen, als der erste Unmuth glaubt, und die jedenfalls ein ander brauchen, die, wie Alle im Volke, nur durch Eintracht stark sind. Und auch Das würden wir beklagen, wenn mehr und mehr das Au genmerk der Wähler nur darauf gerichtet würde, nur eben ihren Stand aus seiner Mitte vertreten zu sehen, statt daß aus allen Ständen Die gewählt werden sollen, denen man zutraut, daß sie cs redlich mit der Stadt meinen, gründliche Einsicht in ihre Bedürfnisse haben und die begründete Ucberzcugung geschickt und kräftig zu vertreten wissen. Die jetzt Gewählten aber haben eine schöne Gelegenheit, die Keime der Span nung und des Unmuths zu ersticken, wenn ^sie durch ihre Handlun gen den Beweis geben, daß sie sich nicht als Vertreter einer einzelnen Klasse, sonder» als Vertreter der Stadt betrachten uNd das Interesse der gewerbtreibenden Stände so treu und wohlwollend bedenken, als wären sie aus deren Milte hervorgegangen und durch deren Vertrauen berufen. Den Anhängern der jetzt siegreichen Seite aber möchten wir zurufen, daß sie sich ihres Sieges nicht überhebcn und am wenigsten durch geringschätzigen, unwürdigen Spott gegen sehr achtbare Bürger klassen den Stachel dcs Unmuths tiefer in die Herzen drücken mögen. Wer seinen Witz nicht bei sich behalten kann, der trage ihn seinen Freunden vor, aber lasse ihn wenigstens nicht ins Tageblatt setzen. Karlsruhe, 5. Dec. In der zweiten Sitzung der ersten Kam mer ist derselben ein Gesetzentwurf in Betreff der Besserstellung der Volksschullehrer vorgclcgt worden, wonach vom I. Jan. 1844 an der niedrigste Gehalt eines Hauptlchrcrs der ersten Klasse, außer der freien Wohnung und außer dem Schulgeld, auf jährlich 175 Gulden, und ebenso jener eines Hauptlchrers der zweiten Klasse auf 200 Guldcn erhöht wird. Die Gemeinden haben diese Erhö hungen in so lange vorschüßlich zu bezahlen, bis über ihre Ansprüche auf Beiträge aus Fonds oder aus der Staatskasse entschieden ist. Zur Begründung dieses Entwurfs heißt cs: „Die Nothwendigkcit der Besserstellung eines großen Theiles der Volksschullehrcr ist allerseits an erkannt. Von 1931 Hauptlchrern, welche an den katholischen und evangelischen Volksschulen angcstcllt sind, gehören 596 katholische und 195 evangelische Lehrer der ersten Klasse, ferner 542 katholische und 277 evangelisch« der zweiten, 161 katholische und 68 evange lische der dritten und endlich 50 katholische und 42 evangelische Leh rer der vierten Klasse an. Das Einkommen eines katholischen Hauptlchrcrs, einschließlich dcs Schulgeldes und der Wohnung, be trägt durchschnittlich in der ersten Klaffe 227 Fl. 47 Kr., in der zwei ten 292 Fl. 25 Kr., in der dritten 403 Fl. 10 Kr., und in der vierten Klaffe 606 Fl. 19 Kr. Das Einkommen eines evangelischen Haupt- lehrcrs beträgt ebenso in der ersten Klaffe 228 Fl. 5 Kr., in der zwei ten 309 Fl. 46 Kr., in der dritten 400 Fl. 46 Kr. und in der vier ten Klasse 662 Fs. 32 Kr. Der Gesetzentwurf schlägt vor, die nie drigsten Normalgehalte eines Lehrers der ersten Klaffe von 140 Fl. aus 175 Fl., und eines Lehrers der zweiten Klasse von 175 Fl. auf 200 Fl. zu erhöhen; im klebrigen aber lediglich die Bestimmungen der bisherigen Gesetzgebung bcizubehalten. Hiernach wird ein Theil deS durch die Gehaltserhöhung entstehenden und beiläufig auf 42,937 Fl. berechneten Aufwandes auf die Gemeinden und ein Theil auf die Staatskasse fallen. Diese Theile selbst mit einiger Gewißheit zu er mitteln, ist ohne Untersuchung des Vermögensstandcs einer jeden ein zelne» Gemeinde nicht mögliche. Der auf die Staatskasse fallende Be-