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Großenhainer Unterhaltungs- »nv Anzeigeblatt. Gedruckt, verlegt und redigirt von Herrmann Starke. 82. 1850 Sonnabend, den 16. November Tagesnachrichten. Preuße». Die Mobilmachung des Heeres dauert fort. Was der eigentliche Zweck derselben ist, wird nach dem unerwarteten Rückzüge der Preußen in Kurhcssen immer dunkler; denn bei dieser Politik des Nachgebens gegen Oesterreich ist eine so große Armee nicht von Nöthen. Ucberhaupt kann man sich von der Ansicht noch nicht trennen, Laß alle die jetzigen Rüstungen und Truppenmärsche keinen andern Schaden bringen werden, als eine Masse Steuervermehrungen, nebst Störung in allen Geschäften theils durch Furcht, theils durch Ent ziehung der Arbeitskräfte. — Der Vorsitz im Mi nisterium ist dem Herrn v. Ladcnberg übertragen worden. — In Folge der Mobilmachung der Armee sind alle preußischen, noch militärpflichtigen Staats- Angehörigen, die sich im Auslande befinden, zurück berufen und sollen bis längstens den 15. December sich in ihrer Heimath einsinden. Hierdurch sind auch die zahlreichen Preußen in der holsteinschen Armee gezwungen, dieselbe zu verlassen, wenn sie nicht „strenger Ahndung" sich schuldig machen wollen. — Nach einer Weisung des Ministeriums sind auf der oberschlesischen Bahn bis auf Wei teres keine österreichischen Truppen mehr zu beför dern; auch sollen auf der Linie nach Wien keine telegraphischen Depeschen politischen Inhalts mehr expedirt werden. — Der Handelsminister v. d. Heydt soll sich entschlossen haben, seine Stellung aufzu- gcben, um dadurch die englische Regierung der preußischen Politik geneigter zu machen. — Die Nachrichten von dem Rückzüge der Preußen aus Hessen machten einen sehr mederschlagendcn Ein druck im Lande, vorzüglich in Berlin. — Man erfährt, daß die Mvbilisirung des Heeres sich nicht auf die Einberufung der einem Militärverbande bereits Angehörigen beschranken wird, sondern daß auch die waffenfähigen Männer vom 18. bis 34. Lebensjahre, welche entweder noch nicht zur Muste rung gewesen, oder einstweilen zurückgestcllt wur den, oder sich freiloosten, jetzt für den Militärdienst ausgehoben und eincxercirt werden sollen. Kurhessen. Die Preußen haben Fulda, ohne einen Angriff abzuwarten, verlassen; der Befehl kam von Berlin. Denselben Tag rückten die Baiern daselbst ein. Auch die Straße nach Kassel ist von den Preußen freigegeben. Hessen-Darmstadt macht ebenfalls seine Truppen mobil, um sie dem Bundestagsheere einzuverleiben. — Die blutigen Vorfälle in Mainz haben keine wei teren Folgen gehabt, so groß auch die Erbitterung zwischen dem preußischen und österreichischen Militär war. — Die Regierung hat ihre Zustimmung zur Aufstellung eines österreichischen Corps am linken Mainufer in und um Seligenstadt ertheilt. Baden. Preußen hat seine Entschädigungssumme von 2,600,000 Thaler vorläufig auf 1,870,000 Thaler herabgesetzt. Das gute Vernehmen zwischen beiden Regierungen soll wieder hergcstellt sein. Nassau. Die Gerüchte von dem Rücktritte Nassaus von der Union scheinen unbegründet ge wesen zu sein. Es soll vielmehr das Heer, 6000 Mann mit 16 Geschützen, zur preußischen Armee bei Kreuznach abgesendet werden. Sächsische Hcrzogthümcr. Der Herzog von Sachsen-Coburg war mit der Meldung nach Ber lin gereist, daß 14,000 Oestcrreicher an der Grenze seines Landes ständen. Dieselben haben sich jedoch später wieder zurückgezogen. Dem Vernehmen nach werden nun Preußen das Land besetzen. Frankfurt. Man will wissen, während der in Dresden stattfindenden freien Conferenzen werde der Bundestag und der Fürstenrath fortbestehen, den Maßnahmen des Bundestags in der kurhessi- schcn und schleswig-holsteinschen Frage von Seiten Preußens kein Hinderniß in den Weg gelegt wer den. — Hannover hat einen Commissar bei der Bundesmilitärcommission ernannt. — Der Gesandte des Kaisers von Rußland ist in Frankfurt angekom men und hat sein Beglaubigungsschreiben übergeben. Hamburg. Eine Sturmfluth von 17 Fuß 9 Zoll Höhe hat hier vielen Schaden angerichtet. Schleswig-Holstein. Der Typhus greift im dänischen Heere auf das Schrecklichste um sich. — Der Vertheidiger Friedrichstadts, Helgesen, hat vom Kaiser von Rußland und dem Könige von Schwe den Orden erhalten. — In Husum wurden mehrere Dienstmädchen und Frauen, weil sie die Gräber gefallener Schleswig-Holsteiner mit Kränzen be hangen, zu fünf Lagen Stockhaus bei Wasser und Broc vcrurtheilt. — Lippe hat seine Schuld von 7000 Thalern an die Statthalterschaft abgetragen. Oesterreich. Der Kaiser hat allen Ungarn, welche in Folge der Revolution unter das öster reichische Militär gesteckt wurden und bis zum